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"Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter die Definition des Arzneimittels nach der Funktion fällt, von Fall zu Fall zu treffen; dabei sind alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen, insbesondere seine pharmakologischen Eigenschaften. Das Produkt muss die physiologischen Funktionen nachweisbar und in nennenswerter Weise durch eine pharmakologische Wirkung wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen. Darin liegt das wesentliche Kriterium, auf dessen Grundlage, ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses, zu beurteilen ist, ob ein Funktionsarzneimittel vorliegt (EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - Rs. C-319/05 - Slg. 2007, I - 9811 Rn. 55 und 59, vom 15. Januar 2009 - Rs. C-140/07 - Rn. 39 ff. und vom 30. April 2009 - Rs. C-27/08 - Rn. 18 ff.; vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 - BVerwG 3 C 23.06 - a.a.O. Rn. 17 m.w.N.; s. zur Rechtsprechung des Senats im Übrigen Rennert, a.a.O. S. 1183). ... . Ein Produkt kann nicht als Funktionsarzneimittel angesehen werden, wenn es aufgrund seiner Zusammensetzung einschließlich der Dosierung seiner Wirkstoffe und bei bestimmungsgemäßer Anwendung die physiologischen Funktionen nicht in nennenswerter Weise durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen kann (EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - Rs. C-140/07 -., Rn. 38 bis 45). Maßgeblich für die Beurteilung ist demnach die normale Anwendungsweise (so bereits EuGH, Urteil vom 29. April 2004 - Rs. C-150/00 - Rn.75; noch einmal bestätigt mit Urteil vom 30. April 2009 - Rs. C-27/08 - Rn. 22). Weiter hat der Europäische Gerichtshof geklärt, dass die Zweifelsregelung in Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG nicht auf ein Produkt anzuwenden ist, dessen Eigenschaft als Funktionsarzneimittel wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist (EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - Rs. C-140/07 - Rn. 26 und 29; ähnlich bereits Urteil vom 15. November 2007 a.a.O. Rn. 61). ... c) Der fehlende Nachweis einer pharmakologischen Wirkung kann durch andere Kriterien zur Bestimmung eines Funktionsarzneimittels nicht ersetzt werden. Zwar hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die in seiner Rechtsprechung entwickelten Kriterien der Modalitäten des Gebrauchs eines Produkts, des Umfangs seiner Verbreitung, der Bekanntheit bei den Verbrauchern und der Risiken, die seine Verwendung mit sich bringen, für die Entscheidung, ob ein Produkt unter die Definition des Funktionsarzneimittels fällt, weiterhin relevant sind (EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - Rs. C-140/07 - Rn. 31 bis 37). Damit ist aber nur gemeint, dass sie ergänzend - gleichsam als Korrektiv - heranzuziehen sind, wenn eine pharmakologische Wirkung positiv festgestellt worden ist. Wenn eine solche Wirkung ausgeschlossen ist, kann die Arzneimitteleigenschaft nicht allein aufgrund dieser weiteren Kriterien bejaht werden (vgl. - bezogen auf das Kriterium der Gesundheitsgefährdung - EuGH, Urteil vom 30. April 2009 - Rs. C-27/08 - Rn. 23 bis 27). Sie haben keine für ein Arzneimittel nach der Funktion konstitutive Wirkung. Nichts anderes gilt für den Fall, dass eine pharmakologische Wirkung weder positiv feststeht noch sicher ausgeschlossen werden kann. Um einen solchen Fall geht es hier. Die pharmakologische Wirkung einer Tagesdosis von bis zu 3,99 mg Monacolin K ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen, aber auch nicht mit Gewissheit zu verneinen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kommt ein Rückgriff auf die ergänzenden Kriterien auch in solchen Grenzfällen nicht in Betracht; denn danach ist die Richtlinie 2001/83/EG nicht auf ein Produkt anwendbar, dessen Eigenschaft als Funktionsarzneimittel wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist, ohne dass sie ausgeschlossen werden kann (EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - Rs. C-140/07 - Rn. 26 und 29). Es verbietet sich deshalb, ein Produkt bei dem bloßen Verdacht einer pharmakologischen Wirkung anhand dieser Kriterien als Funktionsarzneimittel einzuordnen. 2. ... Nach Art. 1 Nr. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2001/83/EG sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind (sog. Präsentationsarzneimittel, vgl. Beschluss des Senats vom 25. Oktober 2007 a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Ein Produkt erfüllt diese Voraussetzungen, wenn es entweder ausdrücklich als ein solches Mittel bezeichnet wird oder aber sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (EuGH, Urteil vom 15. November 2007 a.a.O. Rn. 46). Zwar wird das Produkt der Klägerin als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet; und der Senat hat wiederholt betont, dass ein verständiger Durchschnittsverbraucher im Allgemeinen nicht annehmen werde, dass ein als Nahrungsergänzungsmittel angebotenes Produkt tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn es in der empfohlenen Dosis keine pharmakologische Wirkung habe (s. etwa Urteil vom 25. Juli 2007 - BVerwG 3 C 21.06 - a.a.O. Rn. 40). Trotz der Bezeichnung können aber andere Umstände hinzutreten, die ein Produkt gleichwohl als Arzneimittel erscheinen lassen, namentlich die Art der Bewerbung oder die preisende Nennung von (vermeintlich) arzneilich wirksamen Bestandteilen (vgl. insbesondere - zur Internet-Werbung - Urteil vom 16. Mai 2007 - BVerwG 3 C 34.06 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 47 Rn. 24 = LRE 55, 311; dazu Rennert, a.a.O. S. 1182). Ein solcher Fall kommt hier in Betracht. Der Beklagte hat auf Produktbeschreibungen im Internet hingewiesen, die rot fermentierten Reis als traditionelles Heilmittel gegen verschiedene Krankheiten bezeichnen, ihm wegen der enthaltenen Monacoline eine physiologische Wirkung bescheinigen und dosisabhängig die Senkung des Cholesterinspiegels sowie eine Fettstoffwechselstabilisierung versprechen. Das Berufungsgericht wird dem nachzugehen und zu klären haben, ob durch die Werbung für das Produkt die Definition eines Präsentationsarzneimittels erfüllt ist. Der Einwand der Klägerin, nicht für beliebige Veröffentlichungen zu rot fermentiertem Reis in die Verantwortung genommen werden zu können, gilt jedenfalls nicht für die eigenen und die Produktbeschreibungen des Herstellers, dessen Internetadresse ebenfalls auf dem Packungsetikett angegeben ist." |
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