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OVG Lüneburg Urteil vom 20.06.1996 - 10 L 780/94 - Einstufung eines Hautpflegemittels mit 1%igem Clotrimazol-Anteil als Arzneimittel
OVG Lüneburg v. 20.06.1996: Zur Einstufung eines Hautpflegemittels mit 1%igem Clotrimazol-Anteil als Arzneimittel
Das OVG Lüneburg (Urteil vom 20.06.1996 - 10 L 780/94) hat entschieden:
- Haut- und Nagelschutzpräparate mit einem Anteil an Clotrimazol in Höhe von 1% sind wegen der Mykosen heilenden Wirkung ungeachtet ihres Einsatzes zum Schutz vor Pilzbefall Arzneimittel iSd § 2 Abs 1 AMG und keine kosmetischen Mittel nach § 4 Abs 1 LMBG (LMG) (aA OVG Münster, Urt. v. 29.3.1995 - 13 A 3778/93 -, ZLR 1995, 555).
- Liegt ein Arzneimittel nach der Funktion (Art 1 Nr 2 Abs 2 der Arzneimittel-Richtlinie 65/65/EWG (EWGRL 65/65) in heilendem oder verhütendem Sinne vor, so sperrt § 2 Abs 3 Nr 3 AMG im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes die Verweisung auf die Prüfung nach § 4 Abs 1 LMBG (LMG), ob ein kosmetisches Mittel vorliegt.
Siehe auch Nagelpilz - Behandlungsangebote für Nagelpilzerkrankungen und Arzneimittelwerbung - Werbung für Medikamente, Heilmittel und medizinische Behandlungen
Tatbestand:
Die Kläger betreiben Fußpflege- bzw. Kosmetikpraxen.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit vertreiben sie u.a. die Präparate der Firma G. "G med. Nagel- und Hautschutzcreme" und "G med. Nagel- und Hautschutzöl". Inhaltsstoffe beider Präparate sind Weizenkeimöl, Panthenol, Bisabolol und Clotrimazol, letzteres in 1 %iger Konzentration. Die Präparate werden auf den jeweiligen Verpackungen wie folgt beschrieben:
"Schützt wirkungsvoll vor Pilzbefall, pflegt Nägel und Haut elastisch und schön... Enthält wertvolles Weizenkeimöl und ausgesuchte hochwertige Pflegestoffe für Nägel und Haut. Der bewährte Wirkstoff Clotrimazol verhindert Pilzbefall. Brüchige, spröde Nägel werden elastisch und schön und erhalten einen natürlichen Seidenglanz. Regelmäßig täglich ein- bis zweimal aufgetragen und einige Minuten einmassieren, bis nur noch ein leichter Rückstand spürbar ist. Nägel und Haut erholen sich und zeigen bald ihr natürlich gesundes Aussehen."
Ein Zulassungsverfahren nach dem Arzneimittelgesetz hat die Herstellerfirma nicht betrieben, weil es sich ihrer Ansicht nach bei den Präparaten um bloße kosmetische Mittel zur Vorbeugung gegen Pilzbefall handele.
Mit Bescheiden vom 26. November 1991 untersagte die Beklagte den Klägern unter Anordnung der sofortigen Vollziehung das weitere Inverkehrbringen der Präparate, weil es sich bei diesen wegen des in ihnen enthaltenen Wirkstoffes Clotrimazol um Arzneimittel handele, die ohne eine entsprechende arzneimittelrechtliche Zulassung nicht in den Verkehr gebracht werden dürften.
Zur Begründung ihrer hiergegen erhobenen Widersprüche führten die Kläger aus, dass es sich bei den Präparaten nicht um Arzneimittel, sondern um kosmetische Mittel handele, die nur dann unter das Arzneimittelrecht fielen, wenn sie überwiegend dazu bestimmt wären, Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu lindern oder zu beseitigen. An einer solchen Zweckbestimmung fehle es indessen angesichts der ganz überwiegend vorbeugenden und pflegenden Wirkung der Präparate.
Die Klägerin zu 1) hat bei dem Verwaltungsgericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 23. Januar 1992 - 1 B 1305/91 - abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat der erkennende Senat zurückgewiesen (Beschl. v. 25.3.1992 - 10 M 902/92 -).
Die Bezirkregierung B. wies die Widersprüche der Kläger mit Widerspruchsbescheiden vom 13. August 1992, den Klägern zugegangen am 28. August 1992, zurück. Sie bestätigte die Beurteilung der Beklagten und begründete dies u.a. damit, dass die pflegerische Wirkung der Präparate angesichts des verwendeten Wirkstoffes Clotrimazol, der Kennzeichnung und der antimyzetischen Eigenschaften der Präparate nicht im Vordergrund stehe.
Zur Begründung ihrer daraufhin am 25. September 1992 erhobenen Klagen haben die Kläger noch einmal umfänglich die pflegerischen und vorbeugenden Eigenschaften der Präparate hervorgehoben.
Die Kläger haben beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 26. November 1991 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide der Bezirksregierung B vom 13. August 1992 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Sie hat sich auf die Begründung der angefochtenen Bescheide bezogen.
Auch der Herstellerfirma der Präparate ist deren weiteres Inverkehrbringen untersagt worden. Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Minden mit Gerichtsbescheid vom 18. Oktober 1993 - 4 K 4161/91 - abgewiesen, weil es sich bei den Präparaten um Arzneimittel handele. Das OVG Münster hat auf die Berufung der Herstellerfirma mit Urteil vom 29. März 1995 - 13 A 3778/93 - den angefochtenen Gerichtsbescheid sowie die Ordnungsverfügung des Regierungspräsidenten D in der Fassung des Widerspruchsbescheides aufgehoben, weil es die streitigen Erzeugnisse als Kosmetika und nicht als Arzneimittel bewertet hat. Das Urteil ist rechtskräftig geworden.
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid als unbegründet abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass die Präparate "G med. Nagel- und Hautschutzcreme" und "G med. Nagel- und Hautschutzöl" gemäß § 21 Abs. 1 AMG zulassungspflichtige Fertigarzneimittel (§ 4 Abs. 1 AMG) im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG seien. Da die erforderliche Zulassung nicht vorliege, habe die Beklagte das Inverkehrbringen der streitigen Präparate gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 1 AMG zu Recht und ermessensfehlerfrei untersagt. Zur Begründung hat sich das Verwaltungsgericht auf die Entscheidungsgründe des erwähnten Gerichtsbescheides des Verwaltungsgerichts Minden bezogen. Danach sei für die Abgrenzung der kosmetischen Mittel von den Arzneimitteln (§§ 4 LMBG, 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 3 AMG) die objektive Zweckbestimmung, mithin die allgemeine Verkehrsauffassung, entscheidend. Danach würden die vorliegenden Präparate in der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und beim Verbraucher als Arzneimittel eingeordnet, weil sie als Hauptwirkstoff 1 % Clotrimazol enthielten, der als Breitspektrum-Antimykotikum schon im Jahre 1990 in der gleichen Konzentration in mindestens 18 Mitteln gegen Fußpilz in den Verkehr gebracht worden sei, die beim Bundesgesundheitsamt als Arzneimittel registriert worden seien. Ferner bewirke die Bezeichnung "med.", dass der Verbraucher den Eindruck gewinne, dass die Erzeugnisse eine arzneiliche Wirkung hätten. Demgegenüber sei die von der Herstellerfirma angegebene kosmetische Zweckbestimmung "Pflegt Nägel und Haut" eindeutig ein Nebenzweck, der zwar mit dem arzneilichen Zweck beider Präparate verbunden sei, aber nicht überwiege und daher die objektive Zweckbestimmung der Mittel nicht ändere. Art. 1 der Kosmetik-Richtlinie vom 30. Dezember 1989, der bei der Auslegung des § 4 LMBG zugrunde zu legen sei, bestimme, dass es sich dann um kosmetische Mittel handele, wenn diese ausschließlich oder überwiegend dazu bestimmt seien, den menschlichen Körper zu schützen. Da auch ein ständiges Auftragen von Clotrimazol auf die Haut nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht unbedenklich sei, sei der arzneiliche und nicht der kosmetische Zweck der Präparate zwar wegen der im übrigen verwendeten Stoffe nicht ausschließlicher, jedoch überwiegender Anwendungszweck. Gerade der tatsächliche Anwendungszeitraum, der in der Regel vier bis fünf Wochen nicht überschreite, sei entscheidend dafür, dass der Verbraucher die Präparate offensichtlich überwiegend zu Heilzwecken anwende. Konkreter Anhaltspunkt für die Einordnung der Präparate als Arzneimittel sei ferner die Gebrauchsanweisung. Dieser sei zu entnehmen, dass sich Nägel und Haut erholten und bald ihr natürlich gesundes Aussehen zeigten. Mittelbar bringe die Herstellerfirma damit zum Ausdruck, dass die Präparate überwiegend dann eingesetzt würden, wenn die Nägel und Haut sich in einem krankhaften Zustand befänden, so dass auch nach der subjektiven Zweckbestimmung durch die Herstellerfirma die Anwendung der Präparate als Heilmittel und nicht als Pflegemittel im Vordergrund stehe.
Gegen die am 29. Dezember 1993 zugestellten Gerichtsbescheide haben die Kläger am 26. Januar 1994 Berufungen eingelegt.
Sie halten die angegriffenen Bescheide nach § 69 Abs. 1 AMG für rechtswidrig und fühlen sich in ihren Rechten am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 14 GG verletzt. Sie halten ihre streitbefangenen Präparate nicht für Arzneimittel, so dass diese Erzeugnisse keiner Zulassung durch das Bundesgesundheitsamt bedurft hätten. Vielmehr handele es sich um kosmetische Mittel nach § 4 Abs. 1 LMBG. Sie würden in ihrer Rechtsauffassung durch das Urteil des OVG Münster vom 29. März 1995 bestätigt.
Auszugehen sei gesetzessystematisch - es greife die Ausschlussklausel des § 2 Abs. 3 Nr. 3 AMG - vorrangig von § 4 Abs. 1 LMBG. Danach dürften Kosmetika neben pflegenden Eigenschaften auch krankheitsvorbeugend - nicht aber heilend - wirken. Die krankheitsvorbeugenden Wirkungen dürften sogar überwiegen, ohne dass die Einordnung als Kosmetikum entfalle, weil in § 4 Abs. 1 letzter Halbsatz LMBG das Wort "vorbeugen" fehle. Es gebe eine (Re-)Infektionsgefahr für Fuß- und Nagelpilz. Der Stoff Clotrimazol wirke hiergegen ebenso vorbeugend wie etwa Wirkstoffe mit einer vorbeugenden oder verhütenden Wirkung gegen Karies oder Parodontose. Clotrimazolhaltige Präparate seien zur Vorbeugung gegen Pilzinfektionen, zur Mykoseprophylaxe einschließlich der Rezidivprophylaxe geeignet. Clotrimazol sei bei äußerer Anwendung nicht verschreibungspflichtig (§ 48 AMG) und dürfe deshalb in Kosmetika verwendet werden (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 LMBG). Die zusätzliche Verwendung von fungistatischen, fungiziden oder antimykotisch wirksamen Stoffen in.Fußpflegemitteln sei ein übliches Verfahren zur Vorbeugung und entspreche der allgemeinen Verkehrsauffassung. Die streitigen Präparate würden zur Prophylaxe auf der gesunden Haut sowie auf intakten Nägeln eingesetzt. Die relevanten Verkehrskreise würden aus der Angabe des Stoffes Clotrimazol nicht auf ein Arzneimittel schließen, weil die Stoffbezeichnung für den Verbraucher keine diesbezügliche Aussagekraft habe. Insbesondere sei in diesem Zusammenhang die Verwendung des Wortes "medizinisch" bzw. "med." nicht irreführend, wie sich aus zahlreichen Beispielen ergebe. Die Bezeichnung der Präparate würde auf die Nagel- und Hautschutzfunktion, also die pflegenden Eigenschaften, deutlich hinweisen. Clotrimazol zeige bei der beschriebenen äußeren örtlichen und - anlassbezogen - zeitlich beschränkten Anwendung keine nennenswerten Nebenwirkungen, da Clotrimazol nicht systemisch wirke und Nebenwirkungen häufig auf die verwendeten Hilfsstoffe zurückzuführen seien. Sie seien oft nur vorübergehender Natur oder von den Symptomen der Pilzerkrankung selbst nicht abzugrenzen. Außerdem gebe es in Deutschland für clotrimazolhaltige Präparate keine Zulassung mit oraler oder parenteraler Anwendung. Die anlassbezogene und zeitlich beschränkte Anwendung der Präparate spreche auch gegen einen Heilzweck. Selbst eine Langzeitanwendung sei unschädlich, da es durch Clotrimazol zu keiner - antibiotikatypischen - Resistenzbildung komme, weil es eine solche bei Pilzen nicht gebe. Die streitbefangenen Präparate könnten daher nicht mit clotrimazolhaltigen Arzneimitteln verglichen werden, weil deren salbenhaltige Grundlage allein als Träger für den Wirkstoff Clotrimazol und nicht wie hier selbständig zu Pflegezwecken diene. In Arzneimitteln sei Clotrimazol zum Teil auch in höherer Konzentration enthalten. Auch die subjektive Zweckbestimmung spreche für die Einordnung der Mittel als Kosmetika und gegen ihre heilende Wirkung. Soweit in der Bewerbung die "Erholung" von Haut und Nägeln bzw. die Wiederherstellung ihres "natürlich gesunden" Aussehens angesprochen werde, würden die überwiegend pflegenden Substanzen der streitgegenständlichen Präparate Haut und Nägel wiederherstellen können, ohne dass eine Pilzerkrankung vorliege.
Auch nach arzneimittelrechtlichen Gesichtspunkten handele es sich bei den streitbefangenen Präparaten nicht um Arzneimittel. Clotrimazol sei allein als Stoff nicht als Arzneimittel geeignet. Welche Wirkungen eines Stoffes in einem fertigen Produkt zum Tragen kämen, bestimme vielmehr der Hersteller durch die Art der Zubereitung, die Dosierung und die Auslobung. Clotrimazol sei als hochspezifisches Antimyzetikum wegen der hervorragenden Selektivität seiner Wirkung auf Pilze auch zu anderen als arzneilichen Zwecken geeignet. Die Wirkungen von Clotrimazol könnten ebensogut zu prophylaktischen wie zu therapeutischen Zwecken insbesondere bei der Langzeittherapie von Mykosen genutzt werden. Daher sei die Einordnung als kosmetisches Mittel oder Arzneimittel abhängig von der überwiegenden Zweckbestimmung des Mittels. Der weite Pflegebegriff des § 4 Abs. 1 LMBG umfasse auch die Herbeiführung oder Wiederherstellung einer normalen Beschaffenheit von Haut und Nägeln, sofern die Abweichung von der normalen Beschaffenheit nicht Krankheit sei bzw. die Linderung oder Heilung von krankhaften Abweichungen nicht überwiege. Da die streitigen Präparate den weiten Pflegebegriff des § 4 Abs. 1 LMBG erfüllten, könne es nicht mehr darauf ankommen, ob auch der weite Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 AMG ausgefüllt sei, weil ein Produkt nur Kosmetikum oder Arzneimittel sein könne. Im übrigen hänge es von der subjektiven Zweckbestimmung durch den Hersteller ab, ob Clotrimazol als prophylaktisches Kosmetikum zur Verhütung von Pilzbefall oder als therapeutisches Arzneimittel zur Behandlung von Mykosen eingesetzt werde. Bei den weiteren Stoffen der streitigen Präparate wie Weizenkeimöl, Panthenol und Bisabolol handele es sich nicht wie bei Arzneimitteln neben dem Hauptwirkstoff Clotrimazol um Hilfsstoffe, die auch pflegende Eigenschaften haben könnten, sondern um selbständig wirksame Stoffe. Sie könnten nicht wie bei § 10 AMG in wirksame und sonstige Bestandteile eingeteilt werden. Der Hinweis auf die "Rote Liste" gehe fehl, weil die dort aufgeführten clotrimazolhaltigen Arzneimittel vom Hersteller zur "Therapie von Mykosen" in den Verkehr gebracht worden seien. Kosmetische Mittel mit antimyzetischer Wirkung würden dort nicht aufgenommen. Auch wenn clotrimazolhaltige Präparate als Antimyzetika angesehen würden, seien sie entgegen der Auffassung der Beklagten keine Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 AMG (Desinfektionsmittel zur Anwendung am Menschen). Denn kosmetische Präparate (Schuppenshampoos) mit dem antimyzetisch wirkenden Stoff Climbazol ("Crisan") der Firma Wella enthielten in der Produktbeschreibung die Aussage, dass die Präparate neben der Reinigung und Pflege auch zur Verhütung der von Pilzen verursachten Schuppenbildung eingesetzt würden.
Auch nach dem Arzneimittelbegriff, wie ihn das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 24. November 1994 dargelegt habe, handele es sich bei den streitigen Präparaten nicht um Arzneimittel. Die einzelnen Werbeaussagen dürften nicht zergliedernd, sondern müssten im Zusammenhang betrachtet werden. Danach könnten der Schutz vor Pilzbefall nicht als vorrangiger Hauptzweck und die Pflege als nachrangiger Nebenzweck angesehen werden. Die stoffliche Zusammensetzung spreche aus der Sicht des durchschnittlich informierten Verbrauchers nicht für eine Arzneimitteleigenschaft der Präparate. Vielmehr würden das allgemein als pflegend anerkannte Weizenkeimöl sowie Panthenol und Bisabolol als Inhaltstoffe überwiegen und den Präparaten eindeutig den pflegenden Charakter verleihen, der von den angesprochenen Verkehrskreisen erwartet werde. Demgegenüber trete der prophylaktische Einsatz von Clotrimazol nicht in den Vordergrund. Bereits wegen seines Fremdwortcharakters, seines relativ geringen Bekanntheitsgrades sowie der fehlenden Kenntnis von der Wirkungsweise werde mit seinem Einsatz nicht die Erwartung der Verbraucher erweckt oder an diese angeknüpft, ein Mittel zur Behandlung von Fußpilz zu erhalten. Gegenteiliges sei auch nicht aus der Verwendung des Namensbestandteils "med." zu vermuten, da dies gerade auch bei Kosmetika üblich sei. Mit dem Bundesverwaltungsgericht lasse sich aus der Verordnung über apothekenpflichtige und frei verkäufliche Arzneimittel nicht schließen, dass Präparate, die in der Anlage 1 a der Verordnung genannten Stoffe enthielten, schon deshalb Arzneimittel seien.
Die streitigen Präparate seien auch nicht im europarechtlichen Sinne Arzneimittel "nach der Bezeichnung", da ihre Aufmachung und ihr Erscheinungsbild sich durch nichts von vergleichbaren Kosmetika mit vergleichbaren Einsatzgebieten unterscheiden würden. Sie befänden sich ferner im Einklang mit der Kosmetik-Richtlinie sowie der - nationalen - Kosmetik-Verordnung.
Unerheblich sei der Streit um die Einstufung von Mückenschutzmitteln. Dort gehe es darum, ob Mücken Parasiten im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 AMG seien. Auch wenn insoweit das Europarecht (Kosmetik-Richtlinie nebst 6. Änderung) von deutschem Recht abweichen sollte, so wäre letzteres doch in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des OVG Münster für die deutschen Gerichte maßgeblich. Denn es könne nicht deren Aufgabe sein, anstelle des Gesetzgebers europäisches Recht in deutsches Recht umzusetzen.
Es sei unzulässig, wenn die Beklagte die angefochtenen Untersagungsverfügungen nachträglich damit begründe, dass die streitigen Präparate selbst bei Einstufung als Kosmetika wegen Irreführung nach § 27 LMBG nicht verkehrsfähig seien.
Die Kläger beantragen,
die angefochtenen Gerichtsbescheide zu ändern und nach den Klaganträgen zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide und den Gerichtsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, dass es sich bei den streitbefangenen Präparaten um zulassungspflichtige Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 4 iVm § 4 Abs. 1 AMG handele. Der in den Präparaten enthaltene Wirkstoff Clotrimazol sei objektiv betrachtet primär ein - therapeutisches - Antimykotikum und mache bereits allein dadurch die Präparate unabhängig davon zu Arzneimitteln im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG, ob man das wolle. Auch wenn Clotrimazol sekundär als hochspezifisches - prophylaktisches - Antimyzetikum angesehen werde, wären clotrimazolhaltige Präparate gleichwohl Arzneimittel nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 AMG. Auf die Hilfsstoffe mit Pflegeeigenschaften komme es neben dem Hauptwirkstoff Clotrimazol nicht mehr an. Die subjektive Zweckbestimmung könne zwar ein Indiz für die Einstufung als Arzneimittel sein und spreche hier nach der Aufmachung und den Werbeaussagen für ein Arzneimittel. Durch den Hinweis auf die Pflegewirkung könne die wahre Zweckbestimmung als Arzneimittel aber nicht verschleiert oder geleugnet werden. Maßgeblich komme es jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die objektive Zweckbestimmung an, wonach erst Recht ein Arzneimittel vorliege. Insbesondere die Aufmachung des Präparates und Beschreibung des Mittels und seiner Wirkungsweise auf der Verpackung würden den wirksamen Schutz vor Pilzbefall vor die Pflegewirkung stellen. Diese Schutzfunktion könne sich nur auf den Schutz der Haut und Nägel vor Krankheitserregern bzw. Parasiten (Pilzen) beziehen. Auch die Darreichungsform des Öl-Präparats in einer 15 ml-Glasflasche spreche für ein Arzneimittel. Das Etikett der Präparate sei besonders seriös aufgemacht und enthalte den Namenszusatz "med.", der in Verbindung mit den übrigen Werbeaussagen für ein Arzneimittel spreche. Der durchschnittlich informierte Verbraucher erwarte daher von einem clotrimazolhaltigen Präparat, dass es wirksam vor Pilzbefall schütze. Damit erwarte er bzw. ein beachtlicher Teil der Verbraucher, dass die streitigen Präparate arzneiliche Wirkungen entfalten würden. Clotrimazol sei schließlich das am meisten verbreitete und daher bekannte Antimykotikum. Der Stoff Clotrimazol werde in dieser Konzentration nach den Regeln der ärztlichen Wissenschaft zu therapeutischen Zwecken gezielt zur Behandlung von Mykosen eingesetzt. Dies könne bei den streitigen Präparaten nicht anders sein. Wenn aber ein Inhaltstoff wie Clotrimazol mit derselben Konzentration zum Heilen geeignet sei, dann könne entgegen der Auffassung des OVG Münster nur auf ein Arzneimittel geschlossen werden, auch wenn er tatsächlich nur zur Vorbeugung eingesetzt werde. Die Wissenschaft halte Clotrimazol für eine hervorragend pilztötende Substanz, so dass in Deutschland zu Recht alle clotrimazolhaltigen Präparate als Arzneimittel eingestuft worden seien. Das ergebe sich auch aus der "Roten Liste" 1993, worin alle gängigen clotrimazolhaltigen Präparate wegen ihres Hauptwirkstoffs in gleicher Konzentration als Arzneimittel eingestuft worden seien. Die Arzneimittelfunktion von Clotrimazol sei in der Literatur unbestritten. Schließlich sei auch entgegen der Auffassung des OVG Münster die Langzeitanwendung von Clotrimazol wegen der Nebenwirkungen (Brennen und Rötungen der betroffenen Hautflächen) nicht unbedenklich. Auch verkenne das OVG Münster den Begriff der Vorbeugung. Denn bei häufiger oder regelmäßiger Anwendung von Clotrimazol bestehe infolge von Resistenzbildung die Gefahr einer Superinfektion. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH sei ein Erzeugnis nach seiner Zusammensetzung, seinen pharmakologischen Eigenschaften, den Modalitäten seiner Anwendung, dem Umfang seiner Verbreitung, seiner Bekanntheit bei den Verbrauchern und den Gefahren, die seine Anwendung mit sich brächten, objektiv daraufhin zu überprüfen; ob es ein Arzneimittel sei. Nach diesen objektiven Kriterien lägen hier Arzneimittel vor. Da es sich bei den streitigen Präparaten objektiv um Arzneimittel handele, sei das AMG anzuwenden gewesen und nicht § 4 Abs. 1 LMBG.
Die Untersagungsverfügung sei auch bei einer Einstufung der streitigen Präparate als kosmetische Mittel nach § 27 LMBG wegen Irreführung gerechtfertigt, weil die Präparate mit einer Clotrimazol-Konzentration von 1 % als Hautpflegemittel bezeichnet würden, während bei einer Einstufung als Arzneimittel auf ihre hautreizende Wirkung hingewiesen werden müsste.
Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu 1) nach Ergehen des rechtskräftigen Urteils des OVG Münster vom 29. März 1995 - 13 A 3778/93 -, ZLR 1995, 555, den Antrag gestellt, in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 25. März 1992 - 10 M 902/92 - die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 26. November 1991 wiederherzustellen. Diesen Antrag hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 7. Juli 1995 - 10 M 4161/95 -, auf den Bezug genommen wird, als unzulässig verworfen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 10 L 780/94, 10 L 781/94, 10 M 902/92 und 10 M 4161/95 sowie der vorgelegten Verwaltungsvorgänge und Anlagen (Beiakten A bis D zur Gerichtsakte 10 L 780/94) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen sind zulässig, aber unbegründet.
Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat, gestützt auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden, mit zutreffenden Gründen ausgeführt, dass es sich bei den streitbefangenen Präparaten um Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG und nicht um kosmetische Mittel im Sinne des § 4 Abs. 1 LMBG handele, so dass die angefochtenen Untersagungsverfügungen gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 1 AMG rechtmäßig seien. Darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 130 b VwGO abgesehen. Die hiervon abweichende Auffassung des OVG Münster (Urt. v. 29.3.1995 - 13 A 3778/93 -, ZLR 1995, 555) vermag der erkennende Senat nicht zu teilen.
1. Allerdings hält der Senat nicht mehr an seiner im Beschluss vom 25. März 1992 - 10 M 902/92 - geäußerten Rechtsauffassung fest, wonach sich die Arzneimitteleigenschaft von Clotrimazol aus § 1 Abs. 1 iVm § 5 der Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel (Bekanntmachung der Neufassung v. 30.8.1990, BGBl. I S. 1866) sowie der Anlage verschreibungspflichtiger Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen herleiten lasse, weil danach ein Arzneimittel, das Clotrimazol enthalte, nur bei äußerem Gebrauch auf Haut, Haaren oder Nägeln nicht verschreibungspflichtig sei. Mit der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, dass der Begriff des Arzneimittels in der Verordnung über apothekenpflichtige und frei verkäufliche Arzneimittel in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. November 1988 (BGBl I S. 2150) nicht definiert, sondern vorausgesetzt werde (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1994 - 3 C 2.93 -, NVwZ-RR 1995, 625, 627), geht der erkennende Senat hiervon nunmehr auch für die erwähnte Verordnung über verschreibungspflichtige Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen (zuletzt geändert durch die 34. Änderungsverordnung v. 7.6.1995, BGBl I S. 789) aus (ebenso OVG Münster, aaO, S. 559; Kloesel/Cyran, AMG, § 2 Anm. 34 b). Danach kommt es allein darauf an, ob die streitbefangenen Präparate, die Clotrimazol in 1 %iger Konzentration enthalten, Arzneimittel oder kosmetische Mittel sind.
2. Auszugehen ist zunächst in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Kläger und des OVG Münster sowie der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. Fresenius, Verkehrsfähigkeit von sog. Fitnessprodukten für Sportler nach dem AMG und dem LMBG, Pharma Recht 1987, 105) von § 4 Abs. 1 LMBG (ebenso OVG Berlin, Urt. v. 16.1.1986 - OVG 5 B 2/85 -, OVGE 17, 234, 236). Das folgt aus § 2 Abs. 3 Nr. 3 AMG, wonach Arzneimittel nicht kosmetische Mittel im Sinne des § 4 LMBG sind. Welche Auswirkung diese Gesetzessystematik auf den weiter gefassten Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 AMG insbesondere auch im Hinblick auf die - in nationales Recht umgesetzte - Arzneimittel-Richtlinie (RL) vom 26. Januar 1965 (65/65/EWG) und die - hinsichtlich des engeren Begriffs des kosmetischen Mittels in nationales Recht nicht umgesetzte - Kosmetik-Richtlinie vom 27. Juli 1976 (76/768/EWG) in der Fassung der 6. Änderung vom 14. Juni 1993 (93/35/EWG) hat, kann hier vorerst dahingestellt bleiben. Denn nach Auffassung des erkennenden Senats werden die streitbefangenen Präparate bereits von der im Hinblick auf den Begriff der kosmetischen Mittel der Kosmetik-RL engeren Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 1 letzter Halbsatz LMBG erfasst. Nach dieser Vorschrift liegen kosmetische Mittel dann nicht vor, wenn "sie überwiegend dazu bestimmt sind, Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu lindern oder zu beseitigen". Der hier verwendete engere Arzneimittelbegriff, der insbesondere - im Gegensatz zur Kosmetik-RL - die Verhütung von Krankheiten ausschließt, deckt sich ansonsten mit dem Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG, der wiederum gemeinschaftsrechtskonform auszulegen ist. Danach handelt es sich bei den streitbefangenen Präparaten um Arzneimittel, wenn sie überwiegend dazu bestimmt sind, Krankheiten zu heilen oder zu lindern.
Der Senat ist davon überzeugt, dass die streitigen Präparate mit einer 1 %igen Konzentration von Clotrimazol objektiv überwiegend dazu bestimmt sind, Pilzkrankheiten (Mykosen) zu heilen oder wenigstens zu lindern. Davon sind die Verwaltungsgerichte Minden und Braunschweig ausgegangen. Das stellt auch das OVG Münster nicht in Abrede, wenn es davon ausgeht, dass Clotrimazol "ein breites antimykotisches Wirkungsspektrum hat" (aaO, S. 558). Schließlich räumen auch die Kläger ein, dass der selektive, auf Pilze ausgerichtete Wirkungsmechanismus und die Beschränkung der Wirkung auf den Applikationsort Clotrimazol in der Langzeittherapie von Mykosen als hervorragend wirksame und gleichermaßen verträgliche pilztötende (fungizide) Substanz ausweise. Von der pilztötenden Hauptwirkung und dem hauptsächlichen Anwendungsgebiet bei Pilzkrankheiten (Mykosen) können die Kläger nicht dadurch ablenken, dass sie darauf hinweisen, dass Clotrimazol auch das Pilzwachstum hemmende (fungistatische) Wirkungen besitze und daher schon gegen Pilzbefall, also antimyzetisch, eingesetzt werden könne, was krankheitsvorbeugend bzw. krankheitsverhütend sei und damit von der Ausschlussklausel des § 4 Abs. 1 letzter Halbsatz LMBG nicht erfasst werde. Denn Clotrimazol greift, wie die Kläger unter Hinweis auf die einschlägige Fachliteratur selbst ausgeführt haben, die Pilzzellen schlechthin an, worauf auch seine antimykotische Wirkung beruht. Die unstreitig antimykotische Wirkung von Clotrimazol in 1 %iger Konzentration - und nur um diese und keine geringere oder höhere Dosis geht es - ist objektiver Natur und kann entgegen der Auffassung der Kläger und des OVG Münster nicht zur Disposition im Wege der subjektiven Zweckbestimmung gestellt werden. Mögen auch der Hersteller der streitbefangenen Präparate und die Kläger es nicht auf die antimykotische, sondern auf die antimyzetische Wirkung von Clotrimazol abgesehen haben, so ist die antimykotische Wirkung von Clotrimazol gleichwohl vorhanden. Die streitbefangenen Präparate der Kläger würden sich ebenso als Arzneimittel mit heilender Wirkung eignen und einsetzen lassen wie die Clotrimazol in gleicher Konzentration enthaltenden Präparate der sog. "Roten Liste", wie z.B. Canesten und Canifug.
Diese pharmakologischen bzw. arzneilichen Wirkungen von Clotrimazol verlieren nicht dadurch an Bedeutung, dass die zu beurteilenden Präparate drei weitere Stoffe enthalten. Denn die anderen Stoffe heben die Wirkung des Stoffes Clotrimazol nicht auf, so dass dieser Stoff auch isoliert betrachtet werden kann. Daher kommt es entgegen der Auffassung der Kläger nicht darauf an, dass die weiteren Inhaltstoffe wie Weizenkeimöl, Panthenol und Bisabolol nicht bloße Träger - oder Hilfsstoffe für den Hauptstoff Clotrimazol, sondern selbständige Inhaltstoffe mit eigenen, von Clotrimazol unabhängigen Eigenschaften darstellen. Deshalb braucht der Senat auch nicht zu prüfen, ob diese Stoffe die Haut und Nägel pflegende und wiederherstellende Wirkungen haben. Insbesondere kann das beliebige Hinzufügen weiterer, pflegender Stoffe zu einem arzneilich wirkenden Stoff nicht bewirken, dass schließlich der pflegende Zweck allein deshalb den arzneilichen Zweck überwiegt, wenn die Wirkung des Stoffes Clotrimazol wie hier davon unabhängig ist und er mit der für Arzneimittel üblichen Dosis von 1 % eingesetzt wird. Hinsichtlich des Wirkstoffes Clotrimazol, der grundsätzlich wie andere Wirkstoffe nach seinem höchsten Wirkungsgrad zu beurteilen ist, überwiegt aber der - Mykosen - heilende Zweck, wenn er auch wegen der auch antimyzetischen Wirkung von Clotrimazol nicht ausschließlicher Natur ist. Das reicht aber, um die Ausschlussklausel des § 4 Abs. 1 letzter Halbsatz LMBG greifen zu lassen.
3. In heilendem Sinne Arzneimittel sind die streitigen Präparate auch nach dem Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG. Entscheidend ist die Bestimmung des Produkts, so wie sie einem durchschnittlich informierten Verbraucher gegenüber in Erscheinung tritt. Diese "Bestimmung" - der Verwendungszweck - erschließt sich aus der stofflichen Zusammensetzung des Präparates, seiner Aufmachung und der Art seines Vertriebes. Mit seinem Erscheinungsbild begründet das Produkt Erwartungen und Vorstellungen über seine Zweckbestimmung oder es knüpft an eine schon bestehende Auffassung der Verbraucherkreise über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an. Das Erscheinungsbild - und mit ihm die Zweckbestimmung - eines Präparats hängt weitgehend von der Konzeption ab, mit der Hersteller oder Betreiber es dem Markt präsentieren. Derjenige, der das Präparat in den Verkehr bringt, entscheidet über die Wahl der Wirkstoffe, ihre Dosierung, die Form des Produkts und seine Bezeichnung. Die bloße Erklärung des Herstellers, sein Präparat sei kein "Therapeutikum" - kein Arzneimittel -, bewirkt für sich genommen deswegen noch nicht, dass es nicht als Arzneimittel einzustufen ist. Der Anwendungsbereich der arzneimittelrechtlichen Vorschriften ist vielmehr wegen der erstrebten Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere im Hinblick auf ihre Qualität, ihre Wirksamkeit und ihre Unbedenklichkeit (vgl. § 1 AMG), "objektiv" anhand tatsächlicher Gegebenheiten abzugrenzen (BVerwG, Urt. v. 24.11.1994 - 3 C 2.93 -, NVwZ-RR 1995, 625, 626). Danach bestimme nicht mehr der Hersteller oder Vertreiber den Zweck, der das Präparat zum Arzneimittel macht; vielmehr komme es entscheidend darauf an, wie der allgemeine Verwendungszweck des Mittels beim Feilhalten oder Verkauf dem Publikum gegenüber objektiv in Erscheinung trete (BVerwG, aaO).
Nach diesen Maßstäben, denen der erkennende Senat folgt, handelt es sich bei den streitbefangenen Präparaten objektiv um Arzneimittel zur Heilung (Therapie) von Mykosen. Die stoffliche Zusammensetzung der Präparate ergibt, dass der Wirkstoff Clotrimazol in 1 %iger Konzentration vorhanden ist. Diesen Wirkstoff und seine Dosierung hat der Hersteller bestimmt. Er kann die antimykotische Wirkung des Stoffes Clotrimazol in dieser Konzentration nicht verneinen, auch nicht dadurch, dass er nur auf eine vorbeugende Wirkung ("Schützt wirksam vor Pilzbefall") abstellt (vgl. BGH, Urt. v. 17.9.1965 - I b ZR 11/64 -, BGHZ 44, 208, 218). Durch die weitere Werbeaussage, "Der bewährte Wirkstoff Clotrimazol verhindert Pilzbefall", wird beim Verbraucher auch die Vorstellung von der antimykotischen Wirkung von Clotrimazol geweckt, da dieser Wirkstoff sich gerade in der Therapie von Mykosen "bewährt" hat. Denn der durchschnittlich informierte Verbraucher, der es mit Pilzbefall seiner Haut oder Nägel zu tun hat bzw. gehabt hatte oder - erneuten - Pilzbefall befürchtet, weiß auch, dass Clotrimazol in den meisten üblichen Arzneimitteln gegen Pilzkrankheiten (vgl. "Rote Liste") enthalten ist. Bei den Verbrauchern, die bereits von Pilzkrankheiten im Fuß- und/oder Genitalbereich befallen worden waren, liegt dies auf der Hand, wenn sie sich vor erneutem Pilzbefall (Wiederansteckungsgefahr) schützen wollen. Aber auch der bisher von Pilzkrankheiten verschont gebliebene Verbraucher wird sich, wenn auch grob, über die Wirkungsweise von Pilzbefall verhindernden Wirkstoffen informieren. Daher knüpfen allein die Werbeaussagen "Schützt wirksam vor Pilzbefall" und "Der bewährte Wirkstoff Clotrimazol verhindert Pilzbefall" mindestens an eine schon bestehende Auffassung der Verbraucherkreise über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung (vgl. "Rote Liste") an. Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil nach Auffassung der Kläger ihre Präparate "anlassbezogen" bei der Fußpflege eingesetzt werden und eher zu erwarten ist, dass der durchschnittlich informierte Verbraucher bei Juckreiz der Haut oder Verformung der Nägel zu wirksamen Stoffen greifen will, als dass er ohne Anlass sich einen auch Mykosen heilenden Wirkstoff auf die Haut seiner Füße und deren Nägel aufbringt. Ob bei gegebenem Anlass der Verbraucher überhaupt zwischen beginnendem Pilzbefall und Mykosen unterscheiden kann, mag letztlich dahingestellt bleiben; denn jedenfalls erwartet er bei gegebenem Anlass angesichts der beiden erwähnten Werbeaussagen eine heilende Wirkung der Präparate, zumal sich der Wirksamkeitsanspruch, den die streitigen Präparate für sich reklamieren, eng an § 1 AMG anlehnt, der für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere u.a. für die Wirksamkeit der Arzneimittel zu sorgen bezweckt. Vergleichbare Wirksamkeitsanforderungen werden bei kosmetischen Mitteln jedenfalls nicht gestellt; vielmehr beschränkt sich das Gesetz auf den Schutz vor gesundheitsschädigenden kosmetischen Mitteln (§ 24 LMBG) sowie den Schutz vor Irreführung (§ 27 LMBG). Auch nach der Literatur ist ein den streitbefangenen Präparaten vergleichbarer Nagellack mit antimykotischen Substanzen, der zur Anwendung bei Pilzerkrankungen der Finger- oder Fußnägel eingesetzt wird, als Arzneimittel einzustufen (Kloesel/Cyran, AMG § 2 Anm. 34).
4. Nach Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Arzneimittel-RL (65/65/EWG) sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die dazu bestimmt sind, im oder am menschlichen oder tierischen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder zur Beeinflussung der menschlichen oder tierischen Körperfunktion angewendet zu werden (Arzneimittel "nach der Funktion"). Diese Richtlinie ist durch das AMG 1976 in nationales Recht umgesetzt worden. In keinem Fall ist es von Bedeutung, wie der Hersteller sein Produkt tatsächlich einschätzt, wenn diese Einschätzung nicht hinreichend nach außen - für den Verbraucher - zum Ausdruck gelangt. Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Arzneimittel-RL erlaubt es, alle jene Stoffe zu erfassen, die eine Auswirkung auf die menschliche Gesundheit haben können. Diese - zweite - Definition der Arzneimittel betrifft Erzeugnisse, die aufgrund ihrer Funktion als Arzneimittel anzusehen sind, d.h. alle die Erzeugnisse, die zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der Körperfunktionen bestimmt sind und somit Auswirkungen auf die Gesundheit im allgemeinen haben können. Ein Stoff, der zwar im Sinne der ersten Gemeinschaftsdefinition (Arzneimittel "nach der Bezeichnung") ein "Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten" ist, jedoch nicht als solches bezeichnet wird, fällt in den Geltungsbereich der zweiten Gemeinschaftsdefinition des Arzneimittels. In den Anwendungsbereich dieser Definition fallen aber auch die Erzeugnisse, die die Körperfunktionen verändern, ohne dass eine Krankheit vorliegt, wie z.B. Verhütungsmittel. Jedoch erlaubt es das Kriterium der zweiten Gemeinschaftsdefinition nicht, die Stoffe einzubeziehen, die - wie bestimmte Kosmetika - zwar auf den menschlichen Körper einwirken, sich aber nicht nennenswert auf den Stoffwechsel auswirken und dessen Funktionsbedingungen nicht wirklich beeinflussen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, von Fall zu Fall die erforderlichen Qualifizierungen vorzunehmen, wobei es die pharmakologischen Eigenschaften des betreffenden Erzeugnisses, so wie sie beim gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Kenntnisse festgestellt werden können, die Modalitäten seiner Anwendung, den Umfang seiner Verbreitung und seine Bekanntheit bei den Verbrauchern zu berücksichtigen hat (EuGH, Urt. v. 16.4.1991 - Rs C 112/89 -, LRE 28, 19, 21 ff.).
Schon nach den pharmakologischen Eigenschaften der Clotrimazol in 1 %iger Konzentration enthaltenden streitbefangenen Präparate sind diese danach eindeutig Arzneimittel nach der Funktion, und zwar in Mykosen heilendem Sinne, so dass es auf weitere Kriterien nicht mehr ankommt.
5. Selbst wenn die streitbefangenen Präparate nur der Verhütung von Krankheiten dienten, würde es sich dabei gleichfalls um Arzneimittel und nicht um kosmetische Mittel handeln. Denn unabhängig davon, ob § 4 Abs. 1 LMBG der richtige Ausgangspunkt ist und ob danach Arzneimittel zur Verhütung von Krankheiten kosmetische Mittel sein können oder ob die Definition des kosmetischen Mittels nach der Kosmetik-RL idF der 6. Änderung nach § 189 Abs. 3 EWGV für die Auslegung des § 4 Abs. 1 LMBG verbindlich ist (so Sachse, Der Begriff der kosmetischen Mittel im Kosmetikrecht der Europäischen Gemeinschaften und der Bundesrepublik Deutschland, ZLR 1987, 491 f.) und dies ausschließt, spricht nach Auffassung des erkennenden Senats Überwiegendes dafür, insoweit vorrangig von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG iVm der Arzneimittel-RL auszugehen. Danach sind die streitigen Präparate bereits deshalb Arzneimittel, weil sie dazu bestimmt sind, Krankheiten (Mykosen) nicht nur zu heilen, sondern auch zu verhüten, indem sie bereits gegen Pilzbefall schützen sollen. Aus dieser Sicht greift die Verweisung des § 2 Abs. 3 Nr. 3 AMG nicht, wonach Arzneimittel nicht kosmetische Mittel im Sinne des § 4 LMBG sind. Wie auch das OVG Münster zutreffend ausgeführt hat, kann ein Erzeugnis nur entweder Kosmetikum oder Arzneimittel sein, nicht aber beides (aaO, S. 556). Im Gegensatz zur Auffassung des OVG Münster und der allgemeinen Meinung ist die Abgrenzung aber nicht zwingend erst im Kosmetikrecht (§ 4 Abs. 1 LMBG ein- oder ausschließlich der - nicht umgesetzten - Kosmetik-RL), sondern vorrangig bereits im Arzneimittelrecht (§ 2 Abs. 1 AMG einschließlich der - umgesetzten - Arzneimittel-RL) vorzunehmen, auf das die Beklagte auch die angefochtene Verfügung gestützt hat. Daher kommt es nicht mehr darauf an, ob der engere Begriff des kosmetischen Mittels der Kosmetik-RL bei § 4 Abs. 1 LMBG im Wege einer "Auslegungshilfe" (BVerwG, Urt. v. 23.1.1992 - BVerwG 3 C 33.89 -, BVerwGE 89, 320, 323 f.) oder "unmittelbaren Wirkung" oder Zielverbindlichkeit nach Art. 189 Abs. 3 EWGV zugrunde zu legen ist oder nicht; denn gesetzessystematisch sperrt bereits § 2 Abs. 3 Nr. 3 AMG, wonach Arzneimittel nicht kosmetische Mittel im Sinne des § 4 LMBG sind, die Prüfung nach § 4 Abs. 1 LMBG, wenn bereits ein Arzneimittel nach der Funktion vorliegt. Dies folgt aus der Rechtsprechung des EuGH zur Abgrenzung des Arzneimittelbegriffs vom Begriff des kosmetischen Mittels und letztlich angesichts des Schutzes der öffentlichen Gesundheit aus dem Rechtsgedanken der Spezialität, des Vorrangs des Arzneimittelbegriffs des AMG vor dem Begriff des kosmetischen Mittels nach dem LMBG.
Der EuGH hat ausgeführt, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass die Definition des kosmetischen Mittels (nach der Kosmetik-RL) in Zweifelsfällen mit der des Arzneimittels (nach der Arzneimittel-RL) verglichen werde, bevor ein Erzeugnis aufgrund seiner Funktion als Arzneimittel qualifiziert werde. Dann falle ein Erzeugnis, das den Charakter eines Arzneimittels oder einer Arzneispezialität aufweise, doch nicht in den Geltungsbereich der Kosmetik-RL, sondern unterliege allein der Arzneimittel-RL (EuGH, Urt. v. 16.4.1991 - Rs C - 112/89 -, LRE 28, 19, 24). Das muss, da die Arzneimittel-RL mit dem AMG 1976 in nationales Recht umgesetzt worden ist, auch für das Verhältnis des Arzneimittelbegriffs nach dem AMG zum Begriff des kosmetischen Mittels nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 AMG und § 4 Abs. 1 LMBG gelten. Diese Schlussfolgerung, so der EuGH weiter, sei im übrigen die einzige, die dem mit beiden Richtlinien verfolgten Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit entspreche, da die rechtliche Regelung für Arzneispezialitäten in Anbetracht der besonderen Gefahren, die diese Erzeugnisse für die öffentliche Gesundheit mit sich bringen können und die im allgemeinen von kosmetischen Mitteln nicht ausgehen, strenger sei als die für kosmetische Mittel. Unter diesen Umständen sei ein Erzeugnis, auch wenn es unter die Definition des Art. 1 Nr. 1 der Kosmetik-RL falle, dann als Arzneimittel anzusehen und der entsprechenden Regelung zu unterwerfen, wenn es als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung von Krankheiten bezeichnet werde oder dazu bestimmt sei, zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der Körperfunktionen angewandt zu werden. Jedes Erzeugnis, das Arzneimittel entweder nach der Bezeichnung oder der Funktion sei, sei ein Arzneimittel und müsse, wenn es sich um eine Arzneispezialität handele, der entsprechenden Regelung und nicht derjenigen über kosmetische Mittel unterworfen werden (EuGH, aaO, S. 24 f.). Der Gedanke des Vorrangs bzw. der Spezialität des Arzneimittelbegriffs lässt sich auch damit begründen, dass die Gewährleistung einer effektiven Arzneimittelsicherheit, die dem Schutz des überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes der Volksgesundheit dient, umfassende und intensive Eingriffsbefugnisse der zuständigen Fachbehörden verlange (BVerwG, Urt. v. 19.10.1989 - 3 C 35/87 -, NJW 1990, 2948 zu § 69 Abs. 1 AMG).
Unter diesen Umständen, dass sich die Abgrenzung bereits aus dem AMG in Verbindung mit der Arzneimittel-RL zugunsten des Vorliegens von Arzneimitteln ergibt, kann es dahingestellt bleiben, dass auch die Kosmetik-RL nach ihren einleitenden Erwägungen Erzeugnisse, die zwar unter den Begriff der kosmetischen Mittel fallen, jedoch ausschließlich zur Verhütung von Krankheiten bestimmt sind, von ihrem Anwendungsbereich ausschließt. Auch ist danach nicht mehr entscheidend, dass nach Art. 1 der Kosmetik-RL in der Fassung der 6. Änderung durch die Richtlinie 93/35/EWG vom 14. Juni 1993 kosmetische Mittel Stoffe oder Zubereitungen sind, die dazu bestimmt sind, äußerlich mit den verschiedenen Teilen des menschlichen Körpers (Haut, Behaarungssystem, Nägel, Lippen und intime Regionen) oder mit den Zähnen und den Schleimhäuten der Mundhöhle in Berührung zu kommen, und zwar zu dem ausschließlichen oder überwiegenden Zweck, diese zu reinigen, parfümieren, ihr Aussehen zu verändern und/oder den Körpergeruch zu beeinflussen und/oder um sie zu schützen oder in gutem Zustand zu erhalten, und nach einer vertraulichen Erklärung von Rat und Kommission zum Erlass der Richtlinie 93/35/EWG festgestellt worden ist, dass sich die Formulierung "zu schützen oder in gutem Zustand zu halten" weder auf die Verhütung von Krankheiten noch auf den Schutz gegen Ansteckung oder Infektion durch Mikroorganismen, Pilze oder Parasiten beziehe (Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit v. 26.1.1996 und Anlage zum Ratsdokument v. 10.6.1993).
Die Kostenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache hinsichtlich der Frage der Abgrenzung von Arzneimittel und Kosmetikum im Rahmen des - auch vorbeugenden - Gesundheitsschutzes nach nationalem und europäischem Recht und angesichts der abweichenden Rechtsprechung des OVG Münster (aaO) grundsätzliche Bedeutung hat.