Webshoprecht.de



A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

Telefonwerbung - Direktmarketing - Unzulässigkeit - sittenwidrige Belästigung - bestehende Geschäftsverbindung - Nummernhandel

Telefonwerbung - Kalte Anrufe - cold calling




Gliederung:


-   Einleitung
-   Weiterführende Links
-   Allgemeines
-   Gesonderte Einwilligng nötig
-   Nachfrage bei Mehrpersonen-Haushalt
-   Gewerbetreibende und vermutetes Einverständnis
-   Einwilligung durch Gewinnspielteilnahme?
-   Anrufe von Sozialversicherungsträgern
-   Anrufe nach Kündigung des Festnetzvertrages
-   Anrufe bei ehemaligen Kunden
-   Anrufe unter der Privatnummer eines Unternehmers
-   Marktforschung/Meinungsumfragen
-   Schadensersatzanspruch
-   Abschaltung von Servicenummern bei unerbetenen Anrufen durch Ordnungsverfügung der Bundesnetzagentur
-   Werbung für Telefontarife
-   Streitwert für Unterlassungsklage



Einleitung:


Telefonwerbung ist eine Form des sog. Direktmarketing; sie ist zulässig, wenn der Angerufene dem konkreten Anrufer im voraus die Zustimmung für einen Werbeanruf erteilt hat. Dass allerdings Call Center mit Hilfe einer gekauften Nummernliste sog. Kalte Anrufe bei Telefonteilnehmern durchführen (Cold Calling), ist verboten (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG).




Bei der Benutzung elektronischer Post - E-Mail-Werbung - gibt es einige Erleichterungen (Ausnahmen vom Vorliegen einer unzumutbaren Belästigung). Diese Form der Werbung ist erlaubt, wenn

ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,

der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,

der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und

der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Für das Telefon-Marketing gelten diese Erleichterungen nicht. Sie ist bei Verbrauchern ausnahmslos nur mit vorheriger ausdrücklicher Zustimmung erlaubt.

Zudem ist vorgesehen, dass der Anrufer seine Rufnummer nicht unterdrücken darf, damit die Verfolgung von Verstößen erleichtert wird.

Wie sich aus § 7 Abs. 2 UWG ergibt, sind die Anforderungen an das Einverständnis des Adressaten der Telefonwerbung bei Verbrauchern und Unternehmern nicht völlig die selben:

Verbraucher dürfen sowohl per Telefon wie auch per E-Mail nur dann kontaktiert werden, wenn sie zuvor ausdrücklich hierin eingewilligt haben. Bei sonstigen Marktteilnehmern - also in der Regel Unternehmern - ist zwar für E-Mails auch eine ausdrückliche Einwilligung nötig, für Telefonanrufe genügt hingegen das mutmaßliche Einverständnis, vgl. hierzu insbesondere BGH (Urteil vom 11.03.2010 - I ZR 27/08).

- nach oben -



Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Datenschutz

Stichwörter zum Thema Werbung

- nach oben -



Allgemeines:


BGH v. 25.01.2001:
Zur Frage der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit einer unaufgeforderten telefonischen Bewerbung von in staatlich anerkannten Blindenwerkstätten hergestellten Waren gegenüber Gewerbetreibenden (Telefonwerbung für Blindenwaren).

BGH v. 20.09.2007:
Ein unaufgeforderter Anruf bei einem Gewerbetreibenden zu Werbezwecken kann als eine wettbewerbswidrige unzumutbare Belästigung zu beurteilen sein, wenn der Anrufer zuvor nicht annehmen durfte, der Anzurufende werde mit dem Anruf, so wie er geplant war, einverstanden sein.

LG Frankfurt am Main v. 30.10.2007:
Telekommunikationsunternehmen dürfen Gelegenheitskunden nicht ungefragt mit Werbeanrufen belästigen. Die gelegentliche Nutzung der Call-by-Call-Vorwahl eines Unternehmens begründet noch keine stetige Geschäftsbeziehung, die das Unternehmen als Berechtigung für Telefonwerbung interpretieren könnte.

OLG Hamm v. 15.11.2007:
Eine mit der Teilnahme an einem Preisausschreiben vorformulierte Einverständniserklärung zu Telefonanrufen durch Dritte ist unwirksam.

OLG Köln v. 23.11.2007:
Eine AGB-Klausel, mit der das Einverständnis des Kunden in die Verwendung seiner Vertragsdaten zu „Kundenberatung, Werbung, Marktforschung“ erklärt wird, beinhaltet auch die Einwilligung in telefonische Werbung. Eine derartige Klausel ist jedenfalls dann unwirksam, wenn nach deren Inhalt die Einwilligung nicht nur im Hinblick auf den Vertragspartner, sondern auch auf die übrigen Unternehmen des (großen) Konzerns gilt, dem der Verwender angehört.

LG Bochum v. 15.05.2008:
Es mag sein, dass der mündige Verbraucher durchaus weiß, dass er immer und überall mit Werbung konfrontiert und häufig auch belästigt wird. Das führt aber nicht dazu, dass er derartige Werbungen wünscht, nur weil er um die ständige Präsenz weiß. Daten, die in einer Zustimmungserklärung zu einem Gewinnspiel erhoben werden, dürfen nicht ohne ausdrückliche darauf gerichtete Einwilligung für eigene werbliche Folgeanrufe oder für werbliche Anrufe von Dritten genutzt werden.

LG Traunstein v. 24.06.2008:
Wer entgeltlich Telefonnummern erwirbt, kann sich bei einem Anruf nicht auf das Einverständnis des Angerufenen mit Anrufen des Verkäufers berufen, sondern ist verpflichtet, sich selbst darüber zu vergewissern, ob eine Einwilligung des Angerufenen auch für seine eigenen Anrufe vorliegt; ist dies nicht der Fall, liegt eine unzumutbare Belästigung vor, die einen Wettbewerbsverstoß darstellt.

OVG Münster v. 26.09.2008:
Im Wege des sog. Listbrokings von Drittunternehmen eingeholte formularmäßige Einverständniserklärungen sind keine wirksamen Einwilligungen der Verbraucher in Werbeanrufe mittels Telefoncomputern.

OLG Köln v. 12.12.2008:
Wenn eine Bank Kundenbefragungen am Telefon durch Meinungsforschungsinstitute durchführen will, benötigt sie die ausdrückliche Zustimmung des Befragten.

OLG Hamburg v. 04.03.2009:
Eine vorformulierte Einwilligung in die Telefonwerbung nicht schlechthin unzulässig Die Klausel

   "Tel. (z.B. zur Gewinnbenachrichtigung u. für weitere interessante telef. Angebote der Z... GmbH)"

ist jedoch viel zu weit gefasst und unwirksam. Die Klausel geht weit über den erkennbaren Zweck des Gewinnspiels hinaus. Die Formulierung ist so allgemein gehalten, dass sie "interessante Angebote" aus jedem Waren - und Dienstleistungsbereich erfasst. Außerdem lässt die Fassung der Klausel durch das vorangestellte "z.B." sogar Werbeanrufe anderer Firmen zu, weil unklar bleibt, ob sich die beispielhafte Nennung nur auf den Gegenstand der Anrufe und/oder auch auf die Anrufer selbst bezieht.

OLG Hamburg v. 04.03.2009:
Die Klausel

   "Telefon-Nr. (zur Gewinnbenachrichtigung und für weitere interessante telefonische Angebote der Z GmbH aus dem Abonnementbereich, freiwillige Angabe, das Einverständnis kann jederzeit widerrufen werden)."

ist keine wirksame Einwilligung in Werbeanrufe. Die Formulierung "weitere interessante telefonische Angebote der Z GmbH aus dem Abonnementbereich" ist nicht "klar und verständlich" im Sinne des § 307 Abs.1 S.2 BGB, da schon nicht der Gegenstand etwaiger Abonnements bestimmt ist.

OLG Hamm v. 26.03.2009:
Ob ein Telefonanruf oder ein Faxschreiben als unzulässige grobe Belästigung zu bewerten ist, richtet sich nach den Interessen des Empfängers. Dessen fehlende konkrete Einwilligung in derartige Annäherungen kann nicht durch Empfehlungen von Bekannten oder Kollegen oder gar durch eine vermutetes allgemeines Interesse ersetzt werden.

OLG Köln v. 29.04.2009:
Eine in einem Internet-Gewinnspiel enthaltene Klausel, wonach sich der Verbraucher mit telefonischer Werbung, Werbung per E-Mail oder per SMS pauschal einverstanden erklärt, benachteiligt diesen unangemessen und ist deshalb unwirksam, wenn sie so allgemein gehalten ist, dass sie verschiedenste Angebote aus jedem beliebigen Waren- und Dienstleistungsbereich umfasst und kein konkreter Bezug zu dem Gewinnspiel mehr gegeben ist, und sie zudem Werbeanrufe durch einen nicht mehr überschaubaren Kreis von Unternehmen umfasst. Dies gilt auch im Fall einer Opt-In-Klausel.

LG Hamburg v. 16.06.2009:
Es ist wettbewerbswidrig, durch einen Anruf über eine Telefonnummer aus einer Liste einen Kunden zu werben, indem ihm ein Vertragsangebot unterbreitet wird, dem der Kunde nach Erhalt der Unterlagen ausdrücklich widersprechen müsse, und ihn telefonisch um die Angabe seiner Bankdaten zu fragen.

LG Hannover v. 03.11.2009:
Bei einem kleinen inhabergeführten Unternehmen ist die parallele Unterhaltung von Festnetz- und Handyanschlüssen mit einer entsprechenden Rufumleitung bei Abwesenheit des Geschäftsinhabers üblich und gebräuchlich. Deshalb ist bei ihnen generell nicht von einer Zustimmung mit telefonischer Werbung auszugehen, zum einen weil dadurch der meist einzige Telefonanschluss für potenzielle Kunden blockiert wird, zum anderen weil üblicherweise bei Rufumleitungen auf Handys Kosten anfallen und die Geschäftsinhaber nicht bereit sind, selbst noch für Werbeanrufe Kosten zu tragen.

LG Bonn v. 18.11.2009::
Unverlangte Werbeanrufe bei Privatpersonen stellen grundsätzlich einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Person dar und begründen einen entsprechenden Unterlassungsanspruch. - Die Behauptung der Beklagten einer seitens des Klägers ausdrücklich erteilten Einwilligung wird nicht belegt, wenn sich aus den vorgelegten IP-Adressen keine Zuordnung zu einem Anschluss des Klägers entnehmen lässt und die Angabe "00.00.1900" ersichtlich kein zutreffendes Geburtsdatum darstellt.

VG Berlin v. 07.05.2014:
Bereits die telefonische Einholung einer Einwilligungserklärung in zukünftige Werbemaßnahmen per Telefon, SMS oder E-Mail (sog. telefonische Opt-In Abfrage) durch ein Unternehmen bei einem Privatkunden stellt eine "Nutzung" von personenbezogenen Daten "für Zwecke der Werbung" im Sinne des § 28 Abs. 3 BDSG dar. - Für die datenschutzrechtliche Einordnung der telefonischen Opt-In Abfrage spielt es keine Rolle, dass sie von Seiten des Unternehmens mit einer telefonischen Kundenzufriedenheitsabfrage zu einem bereits bestehenden Vertragsverhältnis im Rahmen eines sog. Service-Calls verbunden wird.

VG Saarlouis v. 29.10.2019:

  1.  Das Double-Opt-in-Verfahren ist ungeeignet zum Nachweis einer Einwilligung des Anschlussinhabers nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO (juris: EUV 2016/679) in die Nutzung der erlangten Telefonnummer zu Werbeanrufen.

  2.  Die DS-GVO (juris: EUV 2016/679) lässt Vorgaben für die Interessenabwägung durch die Mitgliedstaaten nicht mehr zu.

  3.  Eine Eingrenzung auf „legale“ Interessen kann jedoch in Bezug auf die vorgegebene Unionsrechtskonformität der Interessenverfolgung postuliert werden.

  4.  Die Richtlinie 2002/58/EG (juris: EGRL 58/2002) über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), auch e-privacy-Richtlinie genannt, bestimmt in ihrem Art. 13 Abs. 3 den maßgeblichen Schutzstatus natürlicher Personen gegenüber Telefonwerbung.

  5.  Die Richtlinie 2002/58/EG (juris: EGRL 58/2002) über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), auch e-privacy-Richtlinie genannt, bestimmt in ihrem Art. 13 Abs. 3 den maßgeblichen Schutzstatus natürlicher Personen gegenüber Telefonwerbung.

- nach oben -



Gesonderte Einwilligng nötig:


Einwilligungserklärungen und Zustimmungsklauseln zur Verwertung der eigenen Personendaten für Werbung

OLG Dresden v. 30.06.2009:
Werbeanrufe, die ohne Einwilligung des Angerufenen erfolgen, verstoßen gegen § 7 I, II Nr. 2 UWG.

OLG Stuttgart v. 11.11.2010:
Wurde die Einwilligung eines Verbrauchers nach § 7 UWG 2008 konkludent erteilt, hat sich die Rechtslage durch das am 03.08.2009 in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung vom 29. Juli 2009 geändert. Erforderlich ist eine „vorherige ausdrückliche Erklärung“. Damit sind Werbeanrufe nicht mehr zulässig, wenn sich eine Einwilligung nur schlüssig aus dem Verhalten des Verbrauchers ergibt. Es liegt ein Verstoß nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 UWG vor, wenn sich die Einwilligung nicht auf telefonische Werbung des Gewinnspiel-Vertragspartners beschränkt, sondern mit der Teilnahme-Erklärung verbunden ist.

BGH v.m 10.02.2011:
Für den Nachweis des Einverständnisses ist es erforderlich, dass der Werbende die konkrete Einverständniserklärung jedes einzelnen Verbrauchers vollständig dokumentiert, was im Fall einer elektronisch übermittelten Einverständniserklärung deren Speicherung und die jederzeitige Möglichkeit eines Ausdrucks voraussetzt. Durch eine Bestätigungsmail im elektronischen Double-opt-in-Verfahren wird weder ein Einverständnis des Verbrauchers mit Werbeanrufen belegt, noch führt sie für sich allein zu einer Beweiserleichterung zugunsten des Werbenden (Double-opt-in-Verfahren).

BGH v. 14.04.2011:
Eine Einwilligung in eine Werbung unter Verwendung von elektronischer Post (E-Mail und SMS) nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG erfordert eine gesonderte, nur auf die Einwilligung in eine solche Werbung bezogene Zustimmungserklärung des Betroffenen („Opt-in“-Erklärung) und eine Einwilligung, die in Textpassagen enthalten ist, die auch andere Erklärungen oder Hinweise enthalten, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Für die Einwilligung in eine Werbung mit einem Telefonanruf nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG gilt insoweit dasselbe. Auch eine solche Einwilligung setzt eine gesonderte - nur auf die Einwilligung in die Werbung mit einem Telefonanruf bezogene - Zustimmungserklärung des Betroffenen voraus.

AG Strausberg v. 09.02.2012:
Eine in AGB enthaltene Klausel, mit der sich jemand einverstanden erklärt, dass seine persönlichen Daten an kompetente, externe Partner (Versicherungsmakler oder -vertreter und Finanzdienstleister) zur Bearbeitung zum Zwecke der Angebotserstellung weitergeleitet werden und dass diese externen Partner per E-Mail oder Telefon Kontakt zu ihm aufnehmen, ist nicht konkret genug, weil nicht eindeutig geregelt ist, welches Unternehmen für welche Produkte werben darf.

LG Frankfurt am Main v. 10.12.2014:
Wird die Einwilligung in spätere Telefonwerbung im Rahmem der Teilnahme an einem Gewinnspiel mittels eines bereits vorangekreuzten Auswahlkästchens und weiterhin durch eine vorformulierte Erklärung des Users ohne aktive Wahlmöglichkeit mit einem Verweis auf eine andere Webseite eingeholt, so ist dies wettbewerbswidirg.

LG Düsseldorf v. 22.01.2016:
Werden zur Werbung für die Vermittlung von Krankenversicherungsverträgen Verbraucher zu Hause angerufen, sind solche Anrufe nur dann keine geschäftlich unlauteren Verhaltensweisen im Sinne einer unzumutbaren Belästigung, wenn eine vorherige ausdrückliche Einwilligung für solche Anrufe vorliegt.

VG Saarlouis v. 29.10.2019:
Das Double-Opt-in-Verfahren ist ungeeignet zum Nachweis einer Einwilligung des Anschlussinhabers nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO in die Nutzung der erlangten Telefonnummer zu Werbeanrufen.

Die DS-GVO lässt Vorgaben für die Interessenabwägung durch die Mitgliedstaaten nicht mehr zu.Eine Eingrenzung auf „legale“ Interessen kann jedoch in Bezug auf die vorgegebene Unionsrechtskonformität der Interessenverfolgung postuliert werden.

Die Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), auch e-privacy-Richtlinie genannt, bestimmt in ihrem Art. 13 Abs. 3 den maßgeblichen Schutzstatus natürlicher Personen gegenüber Telefonwerbung.

Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, der der Umsetzung der Richtlinie 2002/58/EG dient, ist Telefonwerbung gegenüber natürlichen Personen generell nur nach deren vorheriger ausdrücklicher Einwilligung zulässig.

- nach oben -



Nachfrage bei Mehrpersonen-Haushalt:


LG Karlsruhe v. 17.11.2016:
Hat ein Mitanschlussinhaber in Telefonwerbung wirksam eingewilligt, verstößt der werbende Anrufer nicht schon durch den Anruf an sich, sondern erst dann gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, wenn er nicht sofort klarstellt, dass er nur mit der Person sprechen möchte, die in den Anruf eingewilligt hat.

- nach oben -



Gewerbetreibende und vermutetes Einverständnis:


BGH v. 16.11.2006:
Für die Beantwortung der Frage, ob bei einer Telefonwerbung gegenüber Marktteilnehmern, die nicht Verbraucher sind, von einer mutmaßlichen Einwilligung ausgegangen werden kann, ist auf die Umstände vor dem Anruf sowie auf die Art und den Inhalt der Werbung abzustellen. Bei einem Bauhandwerksunternehmen kann nicht davon ausgegangen werden, dass es mutmaßlich an einer telefonischen Werbung für eine hinsichtlich ihres Inhalts und Umfangs nicht näher bestimmte Vermittlungsleistung interessiert ist, die durch eine nicht unbeträchtliche und zudem im Voraus zu erbringende Gegenleistung entgolten werden soll (Telefonwerbung für "Indiviualverträge).

BGH v. 20.09.2007:
Ein unaufgeforderter Anruf bei einem Gewerbetreibenden zu Werbezwecken kann als eine wettbewerbswidrige unzumutbare Belästigung zu beurteilen sein, wenn der Anrufer zuvor nicht annehmen durfte, der Anzurufende werde mit dem Anruf, so wie er geplant war, einverstanden sein. Der kostenlose Eintrag eines Gewerbetreibenden im Verzeichnis einer Internetsuchmaschine, die nur eine unter einer Vielzahl gleichartiger Suchmaschinen ist, rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, der Gewerbetreibende werde mit einem Anruf zur Überprüfung des über ihn eingespeicherten Datenbestandes einverstanden sein, wenn der telefonische Weg gewählt wurde, um zugleich das Angebot einer entgeltlichen Leistung (hier: der Umwandlung des kostenlosen Eintrags in einen erweiterten und entgeltlichen Eintrag) zu unterbreiten (Abgrenzung zu BGH, 5. Februar 2004, I ZR 87/02, GRUR 2004, 520 = WRP 2004, 603 - Telefonwerbung für Zusatzeintrag).).

OLG Hamm v. 17.02.2009:
Bei einer Telefonwerbung im gewerblichen Bereich ist von einer mutmaßlichen Einwilligung auszugehen, wenn die Umstände vor dem Anruf sowie Art und Inhalt der Werbung eine solche nahe legen. Ein ausreichend großes Interesse des Gewerbetreibenden kann zwar schon dann gegeben sein, wenn die Telefonwerbung in einem sachlichen Zusammenhang mit einer bereits bestehenden Geschäftsverbindung steht. Auch bei einer bestehenden Geschäftsverbindung ist aber weiter zu prüfen, ob der Werbende bei verständiger Würdigung aller ihm bekannten Umstände vor dem Anruf ein Einverständnis des anzurufenden Geschäftspartners annehmen konnte. Der anzurufende Gewerbetreibende muss dabei gerade auch mit einer telefonischen Werbung einverstanden sein.

BGH v. 11.03.2010:
Wer nach einem Wechsel zu einem anderen Unternehmen Kunden seines ehemaligen Arbeitgebers, die ihm aus seiner früheren Tätigkeit bekannt sind, anruft, um sie von dem Wechsel in Kenntnis zu setzen, verstößt im Allgemeinen nicht gegen § 7 Abs. 1 UWG, eine entsprechende E-Mail-Werbung jedoch ist unzulässig (Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel).

LG München v. 30.12.2010:
Der bloße Eintrag in mehreren Branchenverzeichnissen als Unternehmer lässt noch keinen Schluss auf eine mutmaßliche Einwilligung in Werbetelefonate zu: Hierfür bedarf es konkreter Umstände, die ein sachliches Interesse des Anzurufenden vermuten lassen. Für solche konkreten Umstände der Anrufer darlegungs- und beweisverpflichtet. Es ist ein konkreter, aus dem Interessenbereich des Anzurufenden herzuleitender Grund erforderlich, der dann eine solche Telefonwerbung rechtfertigen könnte.

- nach oben -



Einwilligung durch Gewinnspielteilnahme?:


Gewinnspiele

Einwilligungserklärungen

BGH v. 14.04.2011:
Die auf einer Teilnahmekarte für ein Gewinnspiel unter der Rubrik "Telefonnummer" enthaltene Angabe

   Zur Gewinnbenachrichtigung und für weitere interessante telefonische Angebote der … GmbH aus dem Abonnementbereich, freiwillige Angabe, das Einverständnis kann jederzeit widerrufen werden

genügt nicht dem Transparenzgebot des § 4 Nr. 5 UWG (Einwilligungserklärung für Werbeanrufe).

- nach oben -



Anrufe von Sozialversicherungsträgern:


OLG Braunschweig v. 16.12.2008:
Das UWG findet auf gesetzliche Krankenkassen Anwendung, wenn diese gemäß § 194 Abs. 1a SGB V ihren Versicherten die Vermittlung von privaten Zusatzversicherungen bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen anbieten. § 69 SGB V, wonach bestimmte Rechtsbeziehungen der Krankenkassen unter Ausschluss des UWG abschließend im 4. Kapitel des SGB V geregelt sind, greift in diesem Bereich nicht ein. Wenn eine gesetzliche Krankenkasse einen ihrer Versicherten ohne dessen ausdrückliche Zustimmung anruft und ihm die Vermittlung einer privaten Zusatzversicherung bei einer privaten Krankenversicherung anbietet, verstößt sie gegen § 7 II Nr. 2 UWG.

- nach oben -



Anrufe nach Kündigung des Festnetzvertrages:


OLG Düsseldorf v. 31.01.2008:
Es ist nicht unbedingt wettbewerbswidrig, wenn ein Mitarbeiter eines Telekommunikationsunternehmens nach Eingang der Wechselanzeige einen Kunden anruft, um sich die Kündigung des Anschlussvertrages bestätigen zu lassen und über den Umschalttermin zu sprechen. In einem von dem Kunden wegen des Telefonanrufs angestrengten wettbewerbsrechtlichen Rechtsstreit kann der Mitschnitt des Telefongesprächs verwertet werden, wenn er dazu dient, unrichtige tatsächliche Angaben des Kunden über den Inhalt des Gesprächs zu widerlegen.

OLG Köln v. 05.06.2009:
Der Telefonanruf eines Festnetzanbieters bei Kunden, die ihren Festnetzanschluss gekündigt haben, ist unzulässig.

LG Bonn v. 15.09.2009:
Es kann einem Unternehmen nicht untersagt werden kann, die tatsächliche Existenz einer Kündigungserklärung sowie die dafür ausschlaggebenden Beweggründe ihrer (vormaligen) Kunden, sei es im Interesse einer allgemeinen Verbesserung ihres Leistungsangebotes oder sei es im Interesse der Rückgewinnung dieser Kunden, zu überprüfen. Dieses legitime Interesse kommt auch in der privilegierenden datenschutzrechtlichen Norm des § 95 Abs. 2 Satz 2 TKG zum Ausdruck, wonach ein Diensteanbieter Bestandsdaten seiner Kunden zum Zwecke der Kundenberatung, Werbung und Marktforschung verwenden darf, solange die Kunden dieser Datennutzung nicht widersprechen. Eine telefonische Kontaktaufnahme mit dem Ziel, den vormaligen Kunden dem eigenen Unternehmen zu erhalten, ist wettbewerbsrechtlich zulässig.

- nach oben -



Anrufe bei ehemaligen Kunden:


OLG Hamm v. 30.06.2009:
"Cold Calls" zur Rückgewinnung ehemaliger Kunden eines Hörgerätefachgeschäfts sind wettbewerbsrechtlich unzulässig. Der Anrufer trägt die Beweislast, wenn er behauptet, dass die entsprechenden Werbeanrufe entgegen einer bestehenden Vermutung nicht von ihm stammen.

- nach oben -



Anrufe unter der Privatnummer eines Unternehmers:


LG Halle v. 23.04.2015:
Wird ein Unternehmer gewerblich unter seiner Privatnummer angerufen, so handelt es sich um unzulässige Telefonwerbung gegenüber einem Verbraucher.

- nach oben -



Marktforschung/Meinungsumfragen


Marktforschung und Meinungsumfragen oder doch Werbung?

- nach oben -



Schadensersatzanspruch


Störerhaftung

BGH v. 21.04.2016:
Ein auf eine unzulässige Telefonwerbung gemäß § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG gestützter Schadensersatzanspruch erfasst nur solche Schäden, die vom Schutzbereich dieser Bestimmung erfasst sind.

Gegenstand des Schutzes gemäß § 7 Abs. 1 UWG ist die Verhinderung des Eindringens des Werbenden in die Privatsphäre des Verbrauchers und die geschäftliche Sphäre, insbesondere die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des sonstigen Marktteilnehmers; es soll verhindert werden, dass dem Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer Werbemaßnahmen gegen seinen erkennbaren oder mutmaßlichen Willen aufgedrängt werden. Verhindert werden soll darüber hinaus, dass die belästigende Werbung zu einer Bindung von Ressourcen des Empfängers (z.B. Zeitaufwand, Kosten für Faxpapier, Vorhaltekosten von Empfangseinrichtungen, Entsorgungskosten) führt.

§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG bezweckt nicht den Schutz der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer vor Belästigungen durch Werbeanrufe (Lebens-Kost).

- nach oben -



Abschaltung von Servicenummern bei unerbetenen Anrufen durch Ordnungsverfügung der Bundesnetzagentur:


OVG Münster v. 26.09.2008:
Die Verwendung vorformulierter Einwilligungserklärungen für spätere telefonische Werbeanrufe eines Unternehmens unterliegt der AGB-Kontrolle. Derartige Einwilligungserklärungen benachteiligen Verbraucher unangemessen, da solche Werbeanrufe nicht das konkrete, mit der Einwilligungserklärung in Zusammenhang stehende Vertragsverhältnis, sondern Werbung für andere, zukünftige Vertragsverhältnisse betreffen. Die Unangemessenheit der Klausel entfällt nicht dadurch, dass die vorformulierten Einwilligungserklärungen über eine kostenlose Rufnummer widerruflich sind.

- nach oben -



Werbung für Telefontarife:


BGH v. 22.10.2009:
Erfolgt bei der Bewerbung einer Telefon-Flatrate keine Aufklärung über das Fehlen von Preselection-Optionen, ist dies nicht wettbewerbswidrig, da potentielle Interessenten dadurch in einem wesentlichen Punkt, der den Kaufentschluss zu beeinflussen geeignet ist, nicht getäuscht werden.

- nach oben -



Streitwert für Unterlassungsklage:


KG Berlin v. 09.04.2010:
Bei einem werbenden Telefonanruf ohne die ausdrückliche vorherige Zustimmung des Verbrauchers beträgt der angemessene Streitwert 30.000,00 €. Maßgeblich ist die Angabe des Streitwerts in der Klageschrift, die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit für den Wettbewerber oder Verbraucher anhand des drohenden Schadens und die u. a. die Unternehmensverhältnisse bei dem Verletzer (Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft, MarktsteIlung und deren voraussichtliche Entwicklung), die Auswirkungen zukünftiger Verletzungshandlungen (Ausmaß, Intensität und Häufigkeit, insbesondere durch die bereits begangene Verletzungshandlung) und die Intensität der Wiederholungsgefahr (Verschuldensgrad, späteres Verhalten).

- nach oben -



Datenschutz    Impressum