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BGH Beschluss vom 22.10.2009 - I ZR 124/08 - Werbung für Telefonflatrate ohne Angabe über fehlende Preselection-Optionen ist nicht wettbewerbswidrig
BGH v. 22.10.2009: Werbung für Telefonflatrate ohne Angabe über fehlende Preselection-Optionen ist nicht wettbewerbswidrig
Der BGH (Beschluss vom 22.10.2009 - I ZR 124/08) hat entschieden:
Erfolgt bei der Bewerbung einer Telefon-Flatrate keine Aufklärung über das Fehlen von Preselection-Optionen, ist dies nicht wettbewerbswidrig, da potentielle Interessenten dadurch in einem wesentlichen Punkt, der den Kaufentschluss zu beeinflussen geeignet ist, nicht getäuscht werden.
Siehe auch Impressum - Anbieterkennzeichnung - Kontaktformular und Angabe der Telefonnummer
Gründe:
I.
Die Klägerin ist die Deutsche Telekom AG. Die Beklagte ist eine TV-Kabelnetzbetreiberin, die Telekommunikationsdienstleistungen und Produkte für die Herstellung eines Internetzugangs anbietet. Die Beklagte bewarb ihre Dienstleistungen mit drei Beilegern, die über die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" verteilt wurden.
Die Klägerin hat die Werbung insbesondere wegen Irreführung der Adressaten als wettbewerbswidrig beanstandet. Sie hat unter anderem geltend gemacht, die Beklagte habe bei der Bewerbung ihrer Telefon-Flatrate nicht darauf hingewiesen, dass die Option einer "Preselection" ausgeschlossen sei und lediglich Gespräche in das nationale Festnetz umfasst seien, obwohl der Verkehr eine Aufklärung darüber erwarte, dass die fehlende Möglichkeit der Inanspruchnahme von Preselection-Angeboten fehle.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insoweit abgewiesen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt die Klägerin die Zulassung der Revision, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen will.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten Rügen nicht durchgreifen und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde macht ohne Erfolg den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) geltend, soweit sie die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der Bewerbung von Telefondienstleistungen erstrebt, bei deren Inanspruchnahme eine Nutzung von Preselection-Angeboten nicht möglich ist und die Beklagte über diesen Umstand nicht aufklärt.
Das Berufungsgericht hat zwar abweichend von den Urteilen des Oberlandesgerichts Hamm vom 1. August 2006 (4 U 43/06), des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 19. April 2007 (2 U 135/06) sowie des Oberlandesgerichts München vom 12. Oktober 2006 (29 U 4584/05) und vom 5. Februar 2009 (29 U 3255/08) angenommen, dass keine Verpflichtung der Beklagten bestanden hat, in der streitgegenständlichen Werbung für ihre Telefon-Flatrates auf das Fehlen von Preselection-Optionen hinzuweisen. Dieser Umstand erfordert aber nicht die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Das Berufungsgericht hat in seinem Urteil keine Rechtssätze aufgestellt, die von abstrakten Rechtssätzen in den genannten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm, Stuttgart und München abweichen. Es ist vielmehr aufgrund eines anderen Verkehrsverständnisses zu seiner von diesen Urteilen abweichenden Beurteilung gelangt. Eine solche auf tatsächlichem Gebiet liegende Divergenz gebietet nicht die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO (vgl. BGHZ 152, 182, 186; BGH, Beschl. v. 9.7.2007 - II ZR 95/06, NJW-RR 2007, 1676, jeweils m.w.N.; MünchKomm.ZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 543 Rdn. 14).
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält im Übrigen der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Im Unterlassen einer Aufklärung liegt nur dann eine unlautere Irreführung, wenn das Publikum dadurch in einem wesentlichen Punkt, der den Kaufentschluss zu beeinflussen geeignet ist, getäuscht wird (vgl. BGH, Urt. v. 15.7.1999 - I ZR 44/97, GRUR 1999, 1122, 1123 = WRP 1999, 1151 - EG-Neuwagen I; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 5a Rdn. 9 m.w.N.). Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Verkehr bei der Bewerbung einer Telefon-Flatrate keine Aufklärung über das Fehlen eines Preselection-Angebots erwarte, ist nicht lebensfremd, sondern naheliegend. Die Preselection-Option erlaubt es dem Anschlussnutzer, seine Telefongespräche über einen anderen Anbieter zu führen. Im Gegensatz zum Call-by-Call-Verfahren, das flexibel für Einzelgespräche eingesetzt werden kann, führt die Voreinstellung eines Netzbetreibers durch Preselection zu einer - vorerst - dauerhaften Änderung. Entscheidet der Verbraucher sich für eine Voreinstellung im Rahmen einer Preselection, so verliert er die Möglichkeit der Nutzung der Flatrate für die Festnetzgespräche. Er müsste dann nicht nur die monatlichen Kosten der Flatrate, sondern darüber hinaus ein zusätzliches Entgelt an den Drittanbieter zahlen. Für einen durchschnittlich interessierten (potentiellen) Nutzer einer Telefon-Flatrate ist die Kombination mit einer Preselection-Schaltung daher im Allgemeinen wirtschaftlich nicht sinnvoll.
2. Ohne Erfolg rügt die Nichtzulassungsbeschwerde auch eine Divergenz des Berufungsurteils zum Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 26. Mai 2000 (GRUR-RR 2001, 17 - Internet zum Festpreis II). Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln lag ein mit dem Streitfall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Das Oberlandesgericht Köln hatte über die Bewerbung eines Inklusivpreises ("Internet zum Festpreis") für die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen zum Aufbau von Verbindungen in das Internet zu entscheiden. Tatsächlich fielen für jeden einzelnen Verbindungsaufbau neben dem monatlichen Festpreis - anders als bei der von der Beklagten beworbenen Telefon-Flatrate - nutzungsabhängige Kosten an.
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgesehen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.