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Markenrechtsverletzungen durch "Anhängen" an fremde Produktbeschreibungen bei Amazon?

Markenrechtsverletzungen durch "Anhängen" an fremde Produktbeschreibungen und Abbildungen bei Amazon?




Gliederung:


-   Einleitung
-   Allgemeines
-   Wettbewerbswidrige Umgehung des „Anhängens“



Einleitung:


Vom OLG Köln (Urteil vom 19.12.2014 - I-6 U 51/14) wird das der Problematik zu Grunde liegende Geschäftsmodell von Amazon wie folgt beschrieben:

   "Das Geschäftsmodell der Betreiberin der Internethandelsplattform www.amazon.de, der Amazon Services Europe S.à.r.l. (nachfolgend Amazon genannt), basiert darauf, dass für jedes Produkt, welches durch einen bestimmten "EAN-​Code" (European Article Number) beziehungsweise "GTIN-​Code" (Global Trade Item Number) identifiziert wird, nur eine "Produktseite" eingerichtet und zugelassen wird, auf der das Produkt abgebildet und beschrieben ist. Zu diesem Zweck wird eine jeweils eigene, B-​interne "ASIN-​Nummer" vergeben. Wird dieses Produkt von mehreren Händlern angeboten, so werden diese auf der Produktseite nacheinander gelistet. EAN-​Codes dienen der überschneidungsfreien Identifizierung jedes Artikels und werden von der H GmbH für jeden Artikel nur einmal vergeben. Gleiches gilt für GTIN-​Codes. Als Lichtbild zur Illustrierung des angebotenen Produktes wird dabei neben den jeweiligen Angeboten dasjenige Lichtbild eingeblendet, welches von dem Erstanbieter auf den Server der Internetseite www.amazon.dehochgeladen worden war. Zeitlich nachfolgenden Anbietern bietet B zwar die Möglichkeit, eigene Fotos hochzuladen, diese werden jedoch nicht anstelle eines auf dem Server der Internetseite www.amazon.debereits vorhandenen Produktbildes eingeblendet."




Und in BGH (Urteil vom 03.03.2016 - I ZR 140/14) heißt es:

   "Um eine Ware über Amazon-​Marketplace anzubieten, gibt der erste Anbieter eines Produkts seine Produktinformationen (etwa Produktnamen, Hersteller, Marke) in eine von Amazon bereitgestellte Maske ein, die dann als digitale Katalogseite für Kaufinteressenten mit einem Foto des Produkts abrufbar ist. Stellen danach andere Händler das gleiche Produkt bei Amazon-​Marketplace zum Verkauf ein, werden sie regelmäßig auf der bereits erstellten Katalogseite des ersten Anbieters gelistet, auf der dann die Gesamtzahl der Angebote für das Produkt - aufgeteilt in neu und gebraucht - genannt wird. Die anderen Verkäufer können die bei Amazon eingegebene Produktbeschreibung ohne Zustimmung oder Einflussmöglichkeit des ursprünglichen Erstellers nachträglich uneingeschränkt ändern."

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Allgemeines:


Amazon allgemein

LG Nürnberg-Fürth v. 04.02.2011:
An den von einem Händler auf der Internetplattform Amazon eingestellten Produktbildern steht den übrigen am Vertriebssystem von Amazon teilnehmenden Händlern ein Nutzungsrecht auf der Internetplattform Amazon zu, wenn diese Bilder weder Namenszusätze noch sonstige namensmäßige Kennzeichnungen enthalten. Die Nutzungsrechtseinräumung durch den Teilnehmer auf der Internetplattform in den Teilnahmebedingungen von Amazon ist als wirksam anzusehen. Firmenzeichen, Schutzmarken oder ähnliche "Brandings" werden ausdrücklich von der Nutzungsrechtsübertragung ausgenommen.

Mit den Lizenzbedingungen gewährt der Vertragspartner der Firma Amazon und ihren verbundenen Unternehmen und Lizenznehmern die nicht-exclusive, weltweite und gebührenfreie Lizenz zur Verwendung aller eingetragenen Markenzeichen, Handelsnamen und der Namen und Darstellungen aller im Material auftretenden Personen sowie das Recht zur Verwendung des Namens, der in Verbindung mit Material übergeben worden ist. Diese Bestimmung ist so ungewöhnlich, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihr nicht zu rechnen braucht; sie wird nicht Vertragsbestandteil.

LG Frankfurt am Main v. 11.05.2011:
Ändert ein Mitbewerber das Verkaufsangebot auf einer von mehreren Mitbewerbern genutzten Internet-Verkaufsplattform (für Kabel und Zubehör für Satellitenanlagen) durch Einfügung seiner Marke in den Warenkatalog, so dient dies in erster Linie der Behinderung der Entfaltungsmöglichkeit der unter der Artikelnummer aufgelisteten Konkurrenten. Die einseitige Änderung des Verkaufsangebots soll insbesondere dazu führen, das Angebot anderer Bewerber entfernen zu lassen, indem diese wegen Verletzung der Marke abgemahnt werden.

OLG Hamm v. 19.07.2011:
Wer sich auf der Handelsplattform Amazon durch Übernahme einer fremden Produktbeschreibung durch "Anhängen" per EAN-Nummer für seine Produkte wirbt, muss damit rechnen, dass sich die Produktbeschreibung ändert und sodann nicht mehr mit dem eigenen Angebot deckungsgleich ist.




LG Bochum v. 21.07.2011:
Ein am System teilnehmender Händler darf sich auf der Internet-Plattform A... an Angebote anderer Verkäufer anhängen; allerdings gilt dies nur dann, wenn er tatsächlich dieselben Produkte veräußert, oder wenn in dem Angebot klargestellt wird, dass es sich zwar um Waren gleicher Art handelt, die allerdings keinen Bezug zu dem ursprünglichen Anbieter aufweisen.

LG Bochum v. 03.11.2011:
Die Nutzung der EAN-Nummer für die Produktbeschreibung auf der Handelsplattform Amazon ist nicht wettbewerbswidrg. Auf Grund der Gepflogenheiten bei Amazon und der klaren Darstellung ist jedem Kunden bewusst, dass, wenn er sich für ein Angebot eines Anbieters unter "alle Angebote" entscheidet, er mit einem anderen anderen Anbieter als dem Verfasser der Produktbeschreibung den Vertrag schließt.

OLG Frankfurt am Main v. 27.10.2011:
Die Verfolgung markenrechtlicher Ansprüche ist rechtsmissbräuchlich, wenn der Markeninhaber die Verletzung selbst dadurch provoziert hat, dass er in die durch ihn und den Verletzer gemeinsam benutzte Warenbeschreibung auf einer Handelsplattform nachträglich seine Marke eingefügt hat, ohne den Mitbewerber auf die bevorstehende Änderung hinzuweisen.

OLG Hamm v. 05.03.2013:
Mit der Verwendung eines schlagwortfähigen Firmenbestandteils in der Warenüberschrift eines Warenangebots auf Amazon verwirklicht die Anbieter den Verletzungstatbestand des § 15 Abs. 2 MarkenG. Durch die Verwendung einer mit dem kennzeichnungskäftigen Firmenschlagwort identischen Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr wird, zumal bei der hier vorliegenden Branchenidentität die maßgebliche Verwechslungsgefahr begründet.

LG Köln v. 04.12.2013:
Der Werbende auf der Amazon-Plattform, der sich lediglich an ein bestehendes Angebot auf der Internetplattform Amazon angehängt hat, macht das Lichtbild nicht in eigener Person öffentlich zugänglich, sondern nutzt lediglich eine bereits andernorts erfolgte öffentliche Zugänglichmachung für eigene Angebotszwecke. Ob das Bild öffentlich zugänglich bleibt, entzieht sich seiner Kontrolle. Die Entscheidung hierüber liegt allein bei Amazon bzw. ggfs. dem Ersteller des ersten Angebotes, an das sich die Antragsgegnerin angehängt hat.

LG Köln v. 13.02.2014::
Das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung von Produktbildern wird dadurch verletzt, dass der „Heranhängende“ im Zusammenwirken mit Amazon die Fotografien „Im Rahmen eigener Angebote … zu Werbezwecken“ einblenden lässt. Den sich aus dieser Handlung ergebenden (wirtschaftlichen) Nutzen müsse sich der Beklagte auch zurechnen lassen und er haftet daher mit Amazon als gleichberechtigter Mittäter.

OLG Köln v. 19.12.2014:
Die AGB der Amazon Services Europe S.à.r.l. (A.), nach denen Teilnehmer am "Amazon Marketplace" Amazon. ein einfaches, unbefristetes und unentgeltliches Nutzungsrecht an von ihnen dort eingestellten Inhalten einräumen, halten einer AGB-Kontrolle stand. Daher können sich auch andere Teilnehmer auf dieses Amazon. eingeräumte Nutzungsrecht berufen, wenn sie sich an fremde Angebote "anhängen". - Ein - unterstellter - einfacher Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen von Amazon. durch einen Teilnehmer, der sich an ein fremdes Angebot anhängt, führt nicht automatisch zum Wegfall seines Nutzungsrechts an den dort abgelegten Inhalten.

LG Düsseldorf v. 15.04.2015:
Bieten Konkurrenten über Amazon identische, vom selben Hersteller gefertigte Produkte an, so ist es wettbewerbsrechtlich und markenrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie dabei die vorhandene Produktbeschreibung mit der selben Datenbanknummer verwenden.



BGH v. 03.03.2016:
Händler, die auf der Internet-Verkaufsplattform Amazon-Marketplace Produkte zum Verkauf anbieten, trifft eine Überwachungs- und Prüfungspflicht auf mögliche Veränderungen der Produktbeschreibungen ihrer Angebote, die selbständig von Dritten vorgenommen werden, wenn der Plattformbetreiber derartige Angebotsänderungen zulässt (Angebotsmanipulation bei Amazon).

LG Köln v. 16.06.2016:
Pflegt ein Anbieter seine Produkte auf der Verkaufsplattform Amazon P ein, macht er sich die dortigen Angaben für das von ihm als Verkäufer angebotene und beworbene Produkt zu eigen. - Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens Amazon sowie der "Amazon-Produktzusammenfassung" hätte der Beklagte selbst Lichtbilder hochladen müssen, da ansonsten sein Verkaufsangebot nicht auf der Verkaufsplattform Amazon angezeigt worden wäre.

LG München v. 20.02.2019:
Der Betreiber einer Online-Verkaufsplattform macht urheberrechtlich geschützte Lichtbildwerke öffentlich zugänglich i.S.d. § 19a UrhG, wenn auf einer Produktdetailseite Lichtbildwerke sichtbar gemacht werden, die ohne Nutzungsberechtigung von einem Dritten in eine Datenbank des Betreibers, auf die bei automatisierter Erstellung der Produktdetailseite bestimmungsgemäß zugegriffen wird, hochgeladen wurden. Verwendet der Betreiber auf derselben Plattform einheitlich gestaltete Produktdetailseiten sowohl für die Präsentation von Eigenangeboten als auch für die Angebote Dritter, gilt dies auch, wenn auf der konkreten Produktdetailseite nur Angebote Dritter präsentiert werden können.

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Wettbewerbswidrige Umgehung des „Anhängens“:


OLG Hamm v. 12.01.2017:
Verfasst ein Händler auf Amazon Market Place eine neue Produktbeschreibung (anstatt sich an die vorhandene „anzuhängen“) und vergibt dafür eine neue EAN und erweckt dadurch den Eindruck, dass er der einzige Anbieter dieses Produkts ist, handelt er damit wettbewerbswidrig.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware enthält, wobei die Vorschrift zu den wesentlichen Merkmalen der Ware auch deren Verfügbarkeit zählt. Zur Verfügbarkeit einer Ware gehört wiederum die Frage, ob die Ware nur bei einem bestimmten Unternehmer oder auch bei anderen Unternehmern bezogen werden kann, jedenfalls dann, wenn Verbrauchern bekannt ist, dass bei Amazon üblicherweise sämtliche Anbieter eines bestimmten Produkts angezeigt werden.

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