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OLG Köln Urteil vom 19.12.2014 - I-6 U 51/14 - AGB-Klausel von Amazon über Fotorechteeinräumung ist rechtmäßig

OLG Köln v. 19.12.2014: AGB-Klausel von Amazon über Fotorechteeinräumung ist rechtmäßig


Das OLG Köln (Urteil vom 19.12.2014 - I-6 U 51/14) hat entschieden:

  1.  Die AGB der Amazon Services Europe S.à.r.l. (A.), nach denen Teilnehmer am "Amazon Marketplace" Amazon. ein einfaches, unbefristetes und unentgeltliches Nutzungsrecht an von ihnen dort eingestellten Inhalten einräumen, halten einer AGB-Kontrolle stand. Daher können sich auch andere Teilnehmer auf dieses Amazon. eingeräumte Nutzungsrecht berufen, wenn sie sich an fremde Angebote "anhängen".

  2.  Ein - unterstellter - einfacher Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen von Amazon. durch einen Teilnehmer, der sich an ein fremdes Angebot anhängt, führt nicht automatisch zum Wegfall seines Nutzungsrechts an den dort abgelegten Inhalten.




Siehe auch Produktfotos - Produktbeschreibungen - Prospektabbildungen und Amazon - Marketplace


Gründe:


I.

Die Parteien sind Online-Händler mit jeweils eigenen Internetshops. Sie stehen zudem auf der Internetplattform www.amazon.de mit teilweise identischen Warensortimenten in Wettbewerb; beide Parteien haben dort jeweils mehrere tausend Angebote eingestellt. Im Jahr 2010 stellte der Kläger unter dem Verkäufernamen "A" Angebote für Softairmunition auf der Internetplattform ein und illustrierte diese mit den nachfolgenden Lichtbildern:



Mit E-Mail vom 15. 11. 2011 (Anlage K 19, Bl. 99 d. A.) wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass er Inhaber der beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wort- und Bildmarke "I-Handel" sei und erklärte im Übrigen:

  
"Aufgrund dieses Markenschutzes bitten wir Sie höflich, sämtliche Auktionen und Verkaufsangebote, in denen sie unsere Wortmarke sowie unsere EAN benutzen oder erwähnen, innerhalb 24 Stunden zu entfernen.

Sollten sie die Frist nicht einhalten, werden wir rechtliche Schritte gegen sie einleiten..."

Zwischen den Parteien ist streitig, auf welche Angebote sich die Nachricht des Beklagten bezog und ob der Kläger daraufhin Angebote zurückzog.

Im November 2012 stellte der Kläger fest, dass die streitgegenständlichen Lichtbilder in Angeboten des Beklagten (Anlagen K 2 bis K 6, Bl. 11-15 d. A.) auf der Internetplattform www.amazon.de wie folgt eingestellt waren:







Der Kläger hatte eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln erwirkt (Beschl. v. 13. 12. 2012 - 14 O 564/12), durch die dem Beklagten untersagt worden ist, die streitgegenständlichen Lichtbilder zu vervielfältigen oder öffentlich zugänglich zu machen. Zur Begründung hatte er ausgeführt, der Beklagte habe die Bilder aus den Angeboten des Klägers herauskopiert und in eigene Angebote eingesetzt.

Das Geschäftsmodell der Betreiberin der Internethandelsplattform www.amazon.de, der Amazon Services Europe S.à.r.l. (nachfolgend Amazon genannt), basiert darauf, dass für jedes Produkt, welches durch einen bestimmten "EAN-​Code" (European Article Number) beziehungsweise "GTIN-​Code" (Global Trade Item Number) identifiziert wird, nur eine "Produktseite" eingerichtet und zugelassen wird, auf der das Produkt abgebildet und beschrieben ist. Zu diesem Zweck wird eine jeweils eigene, B-​interne "ASIN-​Nummer" vergeben. Wird dieses Produkt von mehreren Händlern angeboten, so werden diese auf der Produktseite nacheinander gelistet. EAN-​Codes dienen der überschneidungsfreien Identifizierung jedes Artikels und werden von der H GmbH für jeden Artikel nur einmal vergeben. Gleiches gilt für GTIN-​Codes. Als Lichtbild zur Illustrierung des angebotenen Produktes wird dabei neben den jeweiligen Angeboten dasjenige Lichtbild eingeblendet, welches von dem Erstanbieter auf den Server der Internetseite www.amazon.dehochgeladen worden war. Zeitlich nachfolgenden Anbietern bietet B zwar die Möglichkeit, eigene Fotos hochzuladen, diese werden jedoch nicht anstelle eines auf dem Server der Internetseite www.amazon.debereits vorhandenen Produktbildes eingeblendet.

Gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Betreibers der Internetplattform www.amazon.de ist die Teilnahme an der amazon.de Plattform als Händler nur unter bestimmten Bedingungen (nachfolgend AGB) möglich, die der jeweilige Nutzer bei der Registrierung für amazon.de durch Anklicken des entsprechenden Feldes annehmen muss. Diese lauten auszugsweise, soweit sie von den Parteien vorgetragen worden sind, wie folgt:

   A. VIII Urheberrecht, Lizenz, Nutzungsrechte

Die Teilnehmer übertragen amazon.de ein vergütungsfreies, zeitlich unbefristetes, umfassendes Nutzungsrecht, insbesondere zur Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung an allen Werken oder Werkteilen, sowie Datenbanken oder jedem anderen Katalog oder jeden anderen Produktinformationen, die Teilnehmer im Rahmen des Online-​Angebotes von amazon.de an amazon.de übermitteln... einschließlich des Rechts, diese Inhalte mit Printmedien, online, auf CD-​ROM, etc. zu publizieren, auch zu Werbezwecken.

Der Kläger hat behauptet, die streitgegenständlichen Lichtbilder seien von der Zeugin L angefertigt worden, die ihm die ausschließlichen Nutzungsrechte an den Lichtbildern übertragen habe. Er hat weiter behauptet, die E-​Mail des Beklagten vom 15. 11. 2011 habe sich auf Angebote mit den Lichtbildern bezogen. Er, der Kläger, habe daraufhin seine gleichlautenden Angebote gelöscht, seitdem sei der Beklagte der einzige Anbieter. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe durch Hinzufügen seines Markennamens zu den streitgegenständlichen Produktangeboten verhindert, dass andere Anbieter dieses Produkt gleichfalls auf der Internetplattform www.amazon.de anbieten könnten, dies gelte auch für den Kläger. Ein erneutes Anhängen an das Produktangebot sei ihm nicht mehr möglich, ebenso wenig wie eine Veränderung des Angebotes. Der Beklagte könne als einziger Anbieter sowohl die Angaben zu dem Produkt verändern als auch das (illustrierende) Lichtbild selbst löschen.

Der Kläger hat beantragt,

   dem Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, die Lichtbilder ohne seine Zustimmung öffentlich wiederzugeben, wenn dies geschehe wie auf amazon.de und aus den Anlagen K 2 bis K 6 zur Klageschrift ersichtlich.

Hilfsweise hat der Kläger beantragt,

   dem Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, die Lichtbilder ohne seine Zustimmung zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen und/oder im Internet öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen.

Der Beklagte hat beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, nach den Nutzungsbedingungen von Amazon sei er zur Nutzung durch "Anhängen" des eigenen Angebotes an die von der Internethandelsplattform B mit den Lichtbildern des Klägers ausgestalteten Produktseiten berechtigt gewesen. In dem Zuschalten eigener Angebote ("Anhängen" an die Angebote des ersteinstellenden Klägers) sei kein eigenes öffentliches Zugänglichmachen im Sinn des § 19a UrhG zu sehen. Der Beklagte hat behauptet, weder der Kläger noch andere seien gehindert, sich an die von B erstellten Produktseiten anzuhängen, dies sei vielmehr von Amazon gewünscht. Insbesondere sei ein solches Anhängen auch nicht durch Angaben von Bezeichnungen wie "I-​Handel" ausgeschlossen. Zudem handele es sich dabei weder um eine Produktmarke noch um eine Herstellerbezeichnung, sondern um eine als Wortmarke geschützte Firmenbezeichnung. Die E-​Mail vom 15. 11. 2011 habe sich nicht auf die streitgegenständlichen Angebote bezogen, vielmehr seien ganz andere Produkte Gegenstand der Aufforderung gewesen. Auch habe es sich um einen anderen Sachverhalt gehandelt, da der Kläger EAN-​Nummern des Beklagten verwendet habe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen sich Amazon ein umfassendes und unentgeltliches Nutzungsrecht an Materialien der Teilnehmer einräumen lasse, sei zwar gemäß §§ 310 Abs. 1 S. 2, 307 Abs. 2 Nr. BGB unwirksam, da sie von wesentlichen Grundgedanken der §§ 11, 32 UrhG abweiche. Allerdings habe der Kläger in die konkrete Nutzung seiner Bilder durch den Beklagten eingewilligt, da beiden Parteien der Mechanismus des "Anhängens" an fremde Angebote bekannt gewesen sei, so dass sich der Kläger durch das Hochladen seiner Bilder mit der Nutzung durch den Beklagten einverstanden erklärt habe. Diese Einwilligung habe der Kläger auch nicht widerrufen. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht darauf abgestellt, dass der Beklagte in der mündlichen Verhandlung dargelegt habe, dass es dem Ersteinsteller ohne weiteres möglich sei, Bilder aus seinen Angeboten zu löschen, während dies Dritten, die sich an die Angebote lediglich anhängen würden, nicht möglich sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ein Tatbestandsberichtigungsantrag des Klägers (Bl. 198 ff. d. A.) ist vom Landgericht mit Beschluss vom 2. 5. 2014 (Bl. 211 f. d. A.), auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, zurückgewiesen worden.

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klageziel weiter. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und beanstandet insbesondere, es sei widersprüchlich, einerseits die Rechteübertragung auf B als unwirksam anzusehen, gleichzeitig aber in dem Hochladen der Bilder eine Einwilligung in die Nutzung dieser Bilder durch alle anderen Teilnehmer zu sehen. Der Beklagte habe außerdem den Kläger von der weiteren Nutzung der Bilder ausgeschlossen, indem er den Angeboten seine Marke hinzugefügt habe. Jedenfalls für diese Konstellation könne nicht von einer Einwilligung des Klägers in die Nutzung der Bilder ausgegangen werden.

Der Kläger beanstandet ferner, dass das Landgericht nicht berücksichtigt habe, ein neuer Anbieter könne über die Angabe der GTIN oder EAN entscheiden, ob er sich an ein bestehendes Angebot anhänge oder nicht. Ferner seien die Ausführungen des Landgerichts zur Marke, die der Beklagte den Angeboten hinzugefügt habe, fehlerhaft. Schließlich habe das Landgericht auch nicht davon ausgehen dürfen, dass allein der Ersteinsteller in der Lage sei, Bilder zu löschen. Er habe die Bilder auch nicht gelöscht; vielmehr habe der Beklagte mittlerweile einen Teil der Bilder gelöscht, wobei er aber mindestens eines weiterhin nutze.

Der Kläger beantragt - unter Berücksichtigung einer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgten Klarstellung des Antrags -,

   unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils

  1.  dem Beklagten zu untersagen, die nachfolgend eingeblendeten Lichtbilder



ohne Zustimmung des Klägers öffentlich wiederzugeben, wenn dies geschieht wie auf amazon.de und aus den - oben eingeblendeten - Anlagen K 2 bis K 6 zur Klageschrift ersichtlich;

hilfsweise,

dem Beklagten zu untersagen, die oben eingeblendeten Lichtbilder ohne Zustimmung des Klägers zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen und/oder im Internet öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen;

  2.  dem Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Gebot gemäß I. Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, anzudrohen.



Der Beklagte beantragt,

   die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte rügt, die Berufungsanträge seien zu unbestimmt. Im Übrigen wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere trägt er vor, und legt Videoaufnahmen als Beleg für diese Behauptung vor, dass es nur dem Kläger als Ersteinsteller möglich sei, die Bilder zu löschen. Tatsächlich habe der Kläger inzwischen auch die Bilder gelöscht. Vor diesem Hintergrund fehle der Klage das Rechtsschutzbedürfnis.





II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. a) Die Klage ist zulässig, insbesondere fehlt ihr entgegen der Ansicht des Beklagten nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Aus der Behauptung des Beklagten, der Kläger könne als Ersteinsteller die Bilder selber löschen, folgt nichts anderes. Selbst wenn dies zuträfe - der Kläger bestreitet diese Behauptung -, würde dadurch nicht das Rechtsschutzbedürfnis entfallen, da ein Unterlassungstitel dem Kläger zusätzliche Rechte verschaffen würde. Ohne einen Unterlassungstitel müsste er permanent die Seite von Amazon auf die Nutzung seiner Bilder überprüfen, während er bei einem Unterlassungstitel darauf vertrauen darf, dass der Druck der Ordnungsmitteldrohung den Beklagten dazu veranlassen wird, von sich aus auf eine weitere Nutzung der Bilder zu verzichten. In einem solchen Fall besteht ein schutzwürdiges Interesse des Klägers daran, den Weg zu beschreiten, der ihm die weiterreichenden Möglichkeiten bietet (BGH, GRUR 1980, 241, 241 - Rechtsschutzbedürfnis).

b) Die seitens des Beklagten geäußerten Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des Klageantrags, wie ihn der Kläger in der Berufungsinstanz zunächst angekündigt hat, sind durch die auf Anregung des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 28. 11. 2014 erfolgten Klarstellungen ausgeräumt. In der nunmehr gestellten Fassung ist der Klageantrag hinreichend bestimmt.



2. Die Klage ist aber unbegründet; ein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG steht dem Kläger nicht zu.

a) In der Rechtsprechung wird nicht einheitlich beurteilt, wie die Nutzung eines bei Amazon eingestellten Produktfotos durch Dritte, die sich an das Angebot des Einstellers "anhängen", zu beurteilen ist (Berger, jurisPR-​ITR 7/2014 Anm. 5; in LG Köln, ZUM-​RD 2014, 440 = juris Tz. 33 ff. ist die Frage offen gelassen worden). Im angefochtenen Urteil ist das Landgericht davon ausgegangen, der Beklagte habe als Mittäter von Amazon die streitgegenständlichen Bilder öffentlich zugänglich gemacht. Ausgehend von der Prämisse des Landgerichts, dass Amazon keine Rechte an den Bildern erwirbt und daher selber nicht berechtigt ist, die Bilder öffentlich zugänglich zu machen, ist dies konsequent: Die Dritten, die sich an das ursprüngliche Angebot anhängen, wirken dann an der Verwirklichung dieses rechtswidrigen Tatbestands mit.

Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kann - wie bereits im Beschluss des Senats vom 2. 8. 2013 (6 W 96/13) im vorausgegangenen Verfügungsverfahren - offen gelassen werden, ob und in welches Recht des Rechteinhabers durch das Anhängen an ein Angebot, bei dem geschützte Gegenstände genutzt werden, eingegriffen wird, da diese Konstellation jedenfalls durch die Nutzungsbedingungen von Amazon abgedeckt wird.

b) aa) Die Ansicht des Landgerichts, die Klausel in den Amazon-​AGB, durch die sich Amazon ein Nutzungsrecht an den von Teilnehmern am "Marketplace" eingestellten Werbematerialien, insbesondere Lichtbildern, einräumen lässt, sei gemäß §§ 310 Abs. 1 S. 2, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, wird vom Senat nicht geteilt.

Das Landgericht hat seine Auffassung in erster Linie damit begründet, die Klausel verstoße gegen das gesetzliche Leitbild der §§ 11, 32 UrhG, da sie vorsehe, dass Amazon ein unentgeltliches und umfassendes Nutzungsrecht an den Materialien der Teilnehmer eingeräumt werde, auch soweit die Nutzung nicht für das konkrete Angebot benötigt würde. Das Landgericht hat dabei vor allem beanstandet, dass die Einräumung des Nutzungsrechtes unentgeltlich erfolge.

Bei dieser Argumentation hat das Landgericht jedoch nicht hinreichend das Grundprinzip des Amazon "Marketplace" berücksichtigt. Dadurch, dass Amazon den Teilnehmern die Möglichkeit bietet, durch "Anhängen" an bereits bestehende Angebote einzelne Angebote zusammenzuführen - ohne dass es in diesem Zusammenhang auf die zwischen den Parteien streitigen Einzelheiten ankäme, unter denen dieses Zusammenführen erfolgt -, wird die Attraktivität des "Marketplace" für den Nutzer gesteigert, der ohne weiteres die Preise und Konditionen der einzelnen Teilnehmer für ein bestimmtes Angebote vergleichen kann. Damit ist die Teilnahme an dem System auch für die einzelnen Teilnehmer vorteilhaft.

Es greift daher zu kurz, wenn auf die Unentgeltlichkeit der einzelnen Rechteeinräumung abgestellt wird. Zwar trifft es zu, dass der Teilnehmer Amazon und im Ergebnis auch anderen Teilnehmern, mithin seinen Konkurrenten, unentgeltlich die Nutzung bestimmter Materialien erlaubt. Im Gegenzug erhält er jedoch die Möglichkeit, seinerseits die Materialien anderer Teilnehmer für seine Angebote, bei denen er nicht Ersteinsteller ist, zu nutzen. In gewisser Weise funktioniert die Plattform wie ein Peer-​to-​Peer-​Netzwerk, das sämtlichen Teilnehmern die Nutzung der von anderen Teilnehmern in das Netzwerk eingestellten Inhalte ermöglicht. Es mag sein, dass dieses System auch Missbrauchsmöglichkeiten eröffnet, in dem einzelne Teilnehmer ausschließlich fremde Materialien nutzen, ohne jedoch eigene einzustellen. Berücksichtigt man aber, dass letztlich sämtliche Teilnehmer ein Interesse daran haben, dass die Angebote so attraktiv wie möglich ausgestaltet werden und daher einen eigenen Antrieb haben, hierzu auch durch eigene Leistung beizutragen, ist die Funktionsweise der Plattform letztlich im Interesse aller Teilnehmer und rechtfertigt auch die unentgeltliche Einräumung von Nutzungsrechten. Gerade auch im Verhältnis der Parteien wird die Funktionsweise dieses Systems deutlich, da der Senat auf der Grundlage der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung davon ausgeht, dass sich auch der Kläger an - nicht streitgegenständliche - Angebote des Beklagten angehängt hat. Inwieweit es dabei zu Rechtsverletzungen seitens des Klägers gekommen ist, wie es der Beklagte beanstandet hat, ist für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich.

Auch die Befürchtung des Landgerichts, die unentgeltliche Rechteeinräumung an Amazon könne dazu führen, dass die Werkschöpfer nicht mehr angemessen entlohnt würden, erfordert keine andere Bewertung. Es liegt in der Natur von Werbematerialien, dass durch ihren Einsatz regelmäßig keine eigenständigen Einnahmen erzielt werden. Der Fotograf, der einem Unternehmen Lichtbilder für die Produktwerbung zur Verfügung stellt, kann in aller Regel nicht darauf vertrauen, dass das Unternehmen durch die Nutzung dieser Lichtbilder unmittelbar Einnahmen erzielt. Vielmehr ist es so, dass durch die Werbung der Umsatz der beworbenen Produkte gesteigert werden soll, und aus den Erlösen dieser Produkte können auch diejenigen, die die Werbematerialien geschaffen haben, entlohnt werden. Auch im vorliegenden Fall entspricht es dem Grundgedanken der Plattform, dass durch das Zusammenführen von Angeboten der Gesamtumsatz der einzelnen Anbieter gesteigert werden soll, was diesen wiederum die Möglichkeit eröffnet, aus ihren gesteigerten Umsätzen ihre Mitarbeiter und Vertragspartner zu entlohnen.

Schließlich führt auch der Umstand, dass zumindest nach dem Wortlaut der AGB (wenn auch möglicherweise nicht nach der Praxis von Amazon, wenn Amazon tatsächlich dem Ersteinsteller die Möglichkeit eröffnen sollte, die von ihm eingestellten Bilder selber wieder zu löschen) das Nutzungsrecht zeitlich unbeschränkt eingeräumt wird, nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Rechteinhabers. Hierdurch wird zwar die Möglichkeit eröffnet, dass die Materialien auch dann noch von Mitbewerbern des Ersteinstellers genutzt werden, wenn dieser das ursprüngliche Angebot, für das er die Materialien zur Verfügung gestellt hat, beendet hat. Auf der anderen Seite würde eine zeitliche Befristung des Nutzungsrechts auf die Dauer des Angebots des Ersteinstellers dazu führen, dass sich möglicherweise nie mit Sicherheit feststellen ließe, ob die Nutzung eines bestimmten Gegenstands noch von der Rechteeinräumung gedeckt oder bereits rechtswidrig wäre. Im Interesse der Rechtssicherheit und der einfachen Handhabung der Plattform ist daher auch die zeitlich unbefristete Einräumung eines Nutzungsrechts nicht zu beanstanden. Auch in diesem Zusammenhang gilt außerdem wieder die Überlegung, dass der Rechteinhaber im Gegenzug die Möglichkeit erhält, seinerseits Materialien von Angeboten zu nutzen, die ihrerseits durch die ursprünglichen Einsteller beendet worden sind.

Dem Landgericht ist zuzugestehen, dass die Rechteeinräumung, wie sie Amazon in der Klausel vorgesehen hat, sehr weitgehend ist. Für den vorliegenden Fall ist jedoch nicht die Klausel insgesamt, sondern nur die - abteilbare - Einräumung eines einfachen, unbefristeten und unentgeltlichen Nutzungsrechts für die Nutzung der Materialien durch amazon.de zu beurteilen:

   "Die Teilnehmer übertragen amazon.de ein vergütungsfreies, zeitlich unbefristetes ... Nutzungsrecht, insbesondere zur Vervielfältigung, Verbreitung, ... an allen Werken oder Werkteilen, sowie Datenbanken oder jedem anderen Katalog oder jeden anderen Produktinformationen, die Teilnehmer im Rahmen des Online-​Angebotes von amazon.de an amazon.de übermitteln... einschließlich des Rechts, diese Inhalte ... online ... zu publizieren, auch zu Werbezwecken."

Jedenfalls insoweit stellt die Klausel aus den vorstehenden Überlegungen heraus keine Abweichung von den wesentlichen Grundgedanken des Urheberrechts dar und hält damit einer AGB-​Kontrolle stand (so im Ergebnis auch, im Hinblick auf Lichtbilder, LG Nürnberg, MMR 2011, 588, 589).

bb) Entgegen der Annahme des Landgerichts kann sich auch der Beklagte auf ein Nutzungsrecht aus den AGB berufen. Zutreffend ist, dass der Rechteinhaber das Nutzungsrecht zunächst nur Amazon einräumt. Stellt sich diese Rechteübertragung jedoch als wirksam dar, so entfällt bereits der Ausgangspunkt des Landgerichts, das den Beklagten als Mittäter eines rechtswidrigen öffentlich Zugänglichmachens als passivlegitimiert angesehen hat. Bei einer wirksamen Nutzungsrechtsübertragung ist jedenfalls das öffentlich Zugänglichmachen durch Amazon nicht rechtswidrig. Eine Haftung des Beklagten für eben dieses Verhalten ist kaum zu begründen.

Im Übrigen verkennt die Betrachtungsweise, nach der das Nutzungsrecht alleine Amazon, nicht aber den anderen Teilnehmern am "Marketplace" übertragen worden sei, wiederum die Funktionsweise des Systems: Die Einräumung des Nutzungsrechts erfolgt, damit auch andere Teilnehmer die Materialien für ihre Zwecke nutzen können. Amazon erteilt daher jedenfalls konkludent den Teilnehmern an dem System das Recht, die Gegenstände, an denen Amazon von anderen Teilnehmern Nutzungsrechte übertragen worden sind, ihrerseits für eigene Angebote zu nutzen.




cc) Als Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass der Beklagte als Teilnehmer am "Amazon Marketplace" grundsätzlich berechtigt war, die Bilder zu nutzen. Nachdem der Kläger seinen Vortrag, der Beklagte habe die Bilder aus einem bestehenden Angebot des Klägers herauskopiert und in ein eigenes Angebot eingefügt, nicht mehr aufrechterhalten hat, sondern selber vorgetragen hat, der Beklagte habe sich an ursprüngliche Angebote des Klägers angehängt, ist davon auszugehen, dass die Bilder seitens des Beklagten für die gleichen Produkte verwendet worden sind. Das Anhängen an ein bestehendes Angebot setzt nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien voraus, dass es sich um das Angebot eines Produkts mit dem gleichen EAN- beziehungsweise GTIN-​Code handelt. Da diese Codes gerade die eindeutige und überschneidungsfreie Identifizierung eines Produkts erlauben sollen, ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass es sich auch im vorliegenden Fall um die gleichen Produkte handelte, die sowohl seitens des Klägers wie auch des Beklagten angeboten worden sind. Die Zufügung der Bezeichnung "von I-​Handel" sagt nichts über den Hersteller und damit die Identität des Produkts aus.

c) Soweit sich der Kläger auf den Standpunkt stellt, der Beklagte habe dadurch, dass er die Angebote mit seiner eigenen Marke versehen habe, andere Teilnehmer - darunter auch den Kläger selber - daran gehindert, die Materialien weiter zu nutzen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Weder lässt sich feststellen, dass der Beklagte den Kläger tatsächlich wirksam daran gehindert hat, sich an die Angebote erneut anzuhängen, noch ist ersichtlich, dass hierdurch das Amazon (und, von Amazon abgeleitet, dem Beklagten) eingeräumte Nutzungsrecht wieder entfallen wäre.

aa) Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass dieses Argument ohnehin nur für die beiden Angebote, wie sie auf den Anlagen K 2 und K 3 wiedergegeben sind, relevant ist. Nur dort findet sich unter der Artikelbezeichnung der Eintrag "von I-​Handel®". Auf den anderen Angeboten (K 4 bis K 6) findet sich lediglich der Eintrag "Verkauf und Versand durch I-​Handel Gross- und Einzelhandel". Es ist nicht ersichtlich, wie der letztgenannte Eintrag andere Anbieter daran hindern könnte, sich an das Angebot anzuhängen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass - entsprechend der senatsbekannten Funktionsweise des "Marketplace" - in dem Moment, in dem sich ein weiterer Anbieter an das Angebot anhängt, dort entweder ein Eintrag wie "diverse" erscheinen würde oder die weiteren Anbieter separat auf der Seite aufgelistet würden (wie es auch der Kläger im Verfügungsverfahren 14 O 564/12 vorgetragen hat, Schriftsatz vom 4. 12. 2012, S. 2 = Bl. 25 BA). In beiden Fällen läge ersichtlich keine Benutzung des Zeichens des Beklagten vor. Ein - möglicherweise problematisches - Hinzufügen der eigenen Marke hat der Kläger daher allenfalls für zwei der fünf Bilder (K 2 und K 3) dargelegt.

bb) Ferner lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte wirksam Dritte daran gehindert hat, sich an die Angebote erneut anzuhängen. Der Beklagte hat stets behauptet, Dritte einschließlich des Klägers seien zu keinem Zeitpunkt gehindert gewesen, sich an die Angebote (erneut) anzuhängen. Hierauf hat bereits - in anderem Zusammenhang - auch das Landgericht hingewiesen: Der eigene Vortrag des Klägers, der Beklagte habe ihn unter Hinweis auf seine Marke zur Löschung eigener Angebote des Klägers aufgefordert, spricht jedenfalls dafür, dass das Zufügen der Marke das Angebot nicht automatisch für alle anderen Teilnehmer blockierte - andernfalls hätte es der Aufforderung nicht bedurft. Durch eine rechtlich zweifelhafte "Abmahnung" allein konnte der Beklagte die Angebote jedenfalls nicht sperren. Ferner ist nicht ersichtlich, jedenfalls seitens des Klägers nicht unter Beweis gestellt, warum es diesem nicht möglich sein sollte, die - aus seiner Sicht unzulässige - Zufügung der Marke des Beklagten wieder zu entfernen.

cc) Aber selbst wenn unterstellt wird, der Beklagte habe die Angebote des Klägers durch Hinzufügen seiner Marke "blockiert", würde dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen.

Zunächst einmal wäre dann der Antrag falsch formuliert, wie der Senat mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2014 erörtert hat. Der Kläger begehrt, ausweislich der Verbalisierung seines Antrags dem Beklagten die Veröffentlichung, hilfsweise die Vervielfältigung seiner Bilder zu untersagen. Was er nunmehr beanstandet, ist jedoch nicht das Veröffentlichen oder Vervielfältigen der Bilder - das nach den AGB von Amazon zulässig ist -, sondern das Hinzufügen der eigenen Marke des Beklagten zu den Angeboten. Dieser Verstoß wird jedoch von dem Antrag, so wie er formuliert ist, nicht erfasst; der Antrag müsste vielmehr dann dahingehend lauten, dem Beklagten zu untersagen, seine Marke den Angeboten des Klägers hinzuzufügen.

Aber auch ein so umformulierter Antrag würde nicht zum Erfolg des Klägers führen. Materiell-​rechtlich besteht kein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten, die Angebote nicht mit der eigenen Marke zu versehen. Auf der Grundlage der AGB ist der Beklagte berechtigt, die Bilder des Klägers auch für seine eigenen Angebote öffentlich zugänglich zu machen, indem er sich an das Angebot des Klägers "anhängt". Insbesondere hat er die Bilder an sich nicht verändert, sondern allenfalls die Textbeschreibung des Angebots. Der Beklagte könnte allenfalls gegen die Vertragsbedingungen von Amazon verstoßen haben, indem er die Angebote unzulässigerweise mit seiner Marke versehen hat und so - unterstellt - für andere Anbieter im Ergebnis gesperrt hätte. Ohne Kenntnis der gesamten AGB, die von den Parteien im vorliegenden Verfahren lediglich auszugsweise vorgetragen worden sind, lässt sich dies allerdings nicht beurteilen.

Ein solcher - hypothetischer - Vertragsverstoß im Verhältnis des Beklagten zu Amazon würde aber nicht zu Ansprüchen des Klägers gegen den Beklagten führen. Mangels einer Veränderung der Bilder wären absolute Rechte des Klägers nicht betroffen, so dass dieser allenfalls einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber Amazon haben könnte, die "Blockierung" der Angebote aufzuheben, damit auch er - der Kläger - die Angebote und damit seine Bilder wieder nutzen kann. Dass die Nutzungsbedingungen von Amazon so ausgestaltet sind, dass Nutzungsrechte bei einem - unterstellten - einfachen Verstoß gegen Lizenzbedingungen automatisch entfallen (vgl. zu einer solchen Konstellation das Urteil des Senats vom 31. 10. 2014 - 6 U 60/14 - Creative Commons-​Lizenz), lässt sich dem Vortrag der Parteien nicht entnehmen.



3. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

b) Der Senat hat die Revision zugelassen, da sowohl die Fragen des öffentlich Zugänglichmachens von urheberrechtlich geschützten Gegenständen auf Internet-​Handelsplattformen wie der von Amazon als auch die Wirksamkeit der bundesweit verwendeten Amazon-​AGB bislang, soweit ersichtlich, noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen waren. Die Frage der Wirksamkeit der AGB ist aus Sicht des Senats auch entscheidungserheblich. Im Fall ihrer Unwirksamkeit könnte, entgegen der Ansicht des Landgerichts, keine einfache Einwilligung des Klägers in das öffentlich Zugänglichmachen der Bilder angenommen werden. Der Beklagte durfte das Verhalten des Klägers lediglich deshalb als Einwilligung in das öffentlich Zugänglichmachen verstehen, weil ihm die Nutzungsbedingungen von Amazon bekannt waren, die eben dieses Verhalten erlaubten. Sind diese Nutzungsbedingungen jedoch - objektiv - unwirksam, so entfällt die Grundlage eines solchen Vertrauens. Wenn die Einräumung des Nutzungsrechts unwirksam wäre, könnte dem gleichen Verhalten - dem Einstellen der Bilder auf dem "Marketplace" -keine schlichte Einwilligung in die dennoch erfolgende Nutzung der Bilder entnommen werden.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 4. 12. 2014 hat vorgelegen, gibt jedoch keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.

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