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Abmahnung
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OLG Brandenburg v. 03.02.2009: Die vom Hersteller nicht genehmigte Übernahme und Veröffentlichung von dessen Produktfotos beim Bewerben von dessen Produkten ist unzulässig und führt zu Lizenzgebühren und weitergehendem Schadensersatz.
Das OLG Brandenburg (Urteil vom 03.02.2009 - 6 U 58/08) hat entschieden:
Die vom Hersteller nicht genehmigte Übernahme und Veröffentlichung von dessen Produktfotos beim Bewerben von dessen Produkten ist unzulässig und führt zu Lizenzgebühren und weitergehendem Schadensersatz.
Zum Sachverhalt: Die Parteien stritten um urheberrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche.
Im Juli 2007 bot der Beklagte als privater Verkäufer auf der Internetplattform eBay im Rahmen einer Online-Auktion einen gebrauchten GPS-Empfänger der Marke H., Typ GR-271, zum Verkauf an. Er unterlegte sein Angebot mit einem Lichtbild des GPS-Empfängers (Bl. 13 d.A.). Er verkaufte das Gerät schließlich zum Preis von 72,00 €.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21.11.2007 mahnte der Kläger den Beklagten mit der Begründung ab, dass das vom Beklagten in der Online-Auktion verwendete Lichtbild des GPS-Empfängers von ihm entwickelt worden sei und der Beklagte durch seine Verwendung seine urheberrechtlichen Nutzungsrechte verletze. Ferner begehrte er Schadensersatz in Form fiktiver Lizenzgebühren sowie die Übernahme der Anwaltskosten für die Abmahnung in Höhe von 459,40 €. Der Beklagte lehnte dies mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 26.11.2007 ab.
Der Kläger hat behauptet, er vertreibe GPS-Navigationselektronik über das Internet. Er habe das vom Beklagten verwendete Lichtbild erstellt, indem er das Produkt in seinem Fotostudio abgelichtet, das Bild bearbeitet und in seinen Internetauftritt eingestellt habe. Auf seiner Internet-Präsenz habe er ausdrücklich auf sein Urheberrecht hingewiesen. Er habe auch für den Hersteller H. die Fotos für dessen Internetseite erstellt.
Er hat gemeint, für die Einräumung einer einfachen Lizenz zur Nutzung des Lichtbildes sei ein Entgelt in Höhe von 92,00 € angemessen. Neben der Unterlassung künftiger Nutzung könne er daher diesen Betrag als Schadensersatz für die unbefugte Nutzung des Lichtbildes durch den Beklagten sowie weitere 92,00 € dafür verlangen, dass der Beklagte im Rahmen der Nutzung des Lichtbildes nicht auf ihn, den Kläger, als dessen Urheber hingewiesen habe. Ferner habe er einen Anspruch auf Erstattung der vorprozessualen Kosten für die anwaltliche Abmahnung und die Geltendmachung des Schadensersatzes vom 21.11.2007.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat behauptet, die von ihm verwendete Produktabbildung stamme nicht von der Internetseite des Klägers, sondern von der Herstellerseite der Firma H.. Er hat gemeint, vorprozessual habe es der Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht bedurft, der Kläger habe ein Abmahnschreiben auch selbst verfassen können.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Voraussetzung für sämtliche vom Kläger geltend gemachten Ansprüche sei es, dass er Urheber bzw. Lichtbildner des streitgegenständlichen Photos sei, welches der Beklagte für die Online-Auktion verwendet habe. Dies habe er nicht hinreichend dargelegt.
Hiergegen richtete sich die Berufung des Klägers.
Der Kläger behauptete, er habe aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht im Termin erscheinen und zur Urheberschaft und zum Fertigungsprozess der Fotos, der dem Landgericht im Übrigen aus Parallelverfahren bekannt sei, vortragen können. Der Kläger trägt weiter detailliert zu seinem Fotolabor und seinem Vorgehen beim Fertigen von Produktfotos vor.
Der Kläger hat dann im Termin zur mündlichen Verhandlung zur Herstellung des Fotos vorgetragen und Abzüge der von ihm gefertigten Fotos von dem GPS-Empfängers der Marke H., Typ GR-271, im Großformat vorgelegt. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die vom Kläger geforderte Unterlassungserklärung abgegeben. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Der Kläger beantragte in der Berufungsinstanz noch,
das am 23.6.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam – 2 O 110/08 – aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen,
an ihn Lizenzgebühren in Höhe von 184,00 € zu zahlen, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 100,00 € seit dem 4.12.2007 sowie aus weiteren 84,00 € seit Rechtshängigkeit,
ihm die außergerichtlichen Kosten, daher einen Betrag in Höhe von 459,40 € zu erstatten.
die Berufung hatte überwiegend Erfolg.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Auf die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers war das landgerichtliche Urteil teilweise abzuändern. Die Klage war bzw. ist weit überwiegend begründet. Nur in geringem Umfang war sie unbegründet und abzuweisen und deshalb auch die Berufung zurückzuweisen.
1.) Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Berufung des Klägers nicht mehr zu befinden. Insoweit war lediglich noch über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden, § 91a Abs. 1 ZPO.
Nach billigem Ermessen waren dem Beklagten die durch den Unterlassungsantrag verursachten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, weil davon auszugehen ist, dass er insoweit im Rechtsstreit unterlegen gewesen wäre.
Dem Kläger stand ein entsprechender Anspruch gemäß § 97 Abs. 1 UrhG zu.
Nach dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, in der er zur Herstellung der Digital-Fotos vorgetragen, Fotoabzüge vorgelegt und die Vorlage von Originaldateien auf Speichermedien angeboten hat, konnte kein Zweifel daran bestehen, dass er Urheber des streitgegenständlichen Fotos ist. Der Beklagte, der nicht einmal behauptet hat, das streitgegenständliche Foto selbst hergestellt zu haben, sondern zugestanden hat, es ohne Einholung einer Genehmigung aus dem Internet kopiert zu haben, hat damit nach seinem eigenen Vortrag keinerlei Rechte an dem von ihm verwendeten Foto. Seine Behauptung, das Foto stamme nicht von der Homepage des Klägers, sondern von derjenigen des Herstellers des GPS-Empfängers, hat er nicht beweisen können. Zum einen weist das Foto auf der Hersteller-Homepage sichtbare Unterschiede zu dem vom Beklagten verwendeten Foto auf. Zum anderen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht Nachweise dafür vorgelegt, dass er auch Urheber der vom Hersteller verwendeten Fotos ist und dass der Hersteller ihm für die Herstellung der Fotos eine Vergütung gezahlt hat.
Da der Beklagte eine widerrechtliche Rechtsverletzung begangen hat, bestand die Gefahr, dass er die Rechtsverletzung wiederholt. Er hatte weitere Verletzungshandlungen sofort zu unterlassen, und zwar unabhängig davon, ob er gutgläubig war oder schuldhaft gehandelt hat. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Beklagte wusste, dass er fremde Fotos zur Verwendung für eine Internet-Auktion nicht kopieren darf oder nicht. Dass die Veröffentlichung fremder Fotos eine Urheberrechtsverletzung darstellt, hätte er im Übrigen auf den Hilfeseiten von eBay nachlesen können.
Die Wiederholungsgefahr wird nur durch die rechtsverbindliche Erklärung beseitigt, dass der Verletzer erklärt, er werde Zuwiderhandlungen künftig unterlassen. Dies allein reicht jedoch nicht. Der Verletzer muss sein Unterlassungsversprechen mit dem weiteren Versprechen absichern, er werde für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine angemessen hohe Vertragsstrafe an den Rechtsinhaber zahlen.
Eine derartige strafbewehrte Unterlassungserklärung hat der Beklagte nicht auf die vorgerichtliche Abmahnung hin, sondern erst im Prozess erklärt. Diese Unterlassungserklärung erledigt den Rechtsstreit. Da er die entsprechende Erklärung erst im Prozess abgegeben hat, führt dies dazu, dass der Beklagte den durch den Unterlassungsanspruch verursachten Teil der Prozesskosten zu tragen hat.
2.) Der Beklagte schuldet dem Kläger, weil er dessen Urheberrecht verletzt hat, Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG. Dem Kläger stehen ihm der Berechnung seines Schadens drei Berechnungsarten zur Verfügung. Er hat er sein Wahlrecht dahingehend ausgeübt, dass er vom Beklagten eine angemessene Lizenzgebühr beansprucht.
Als angemessen gilt eine Lizenzgebühr, die bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte. Die zu zahlende Lizenz entspricht damit der angemessenen Vergütung nach § 32 UrhG. Für die unberechtigte Nutzung von Lichtbildern können regelmäßig die Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing als Ausgangspunkt für die richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO herangezogen werden. Bei den MFM-Honorarempfehlungen handelt es sich um eine anerkannte, nach einem empirischen System objektiv ermittelte Marktübersicht. Allerdings können die MFM-Tarife nicht schematisch angewandt werden, vielmehr sind bei der Bestimmung der Höhe des Schadensersatzes stets sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Insbesondere können die Mindesttarife unangemessen hoch sein, wenn die Nutzungsintensität deutlich unterhalb der Tarifgrenze des an sich einschlägigen Tarifs liegt.
Für die vorliegend gegebene Nutzung eines zu gewerblichen Zwecken hergestellten Fotos für einen einmaligen Privatverkauf im Internet existieren allerdings keine MFM-Tarife. Die MFM-Bildhonorare enthalten Empfehlungen für werbliche und redaktionelle Nutzungen. Sie unterscheiden damit zwar zwischen verschiedenen Nutzergruppen. Honorarempfehlungen für private Nutzer fehlen jedoch.
Der Senat sieht sich dennoch in der Lage, den dem Kläger entstandenen Schaden im Wege der Lizenzanalogie zu berechnen.
Der Kläger hat dargelegt und unter Beweis gestellt, dass er für das vom Beklagten verwendete Foto dem Hersteller des GPS-Empfängers 92 € in Rechnung gestellt und diesen Betrag auch erhalten hat. Dieser Betrag kann jedoch nicht als angemessene Vergütung für die vom Beklagten beabsichtigte Verwendung angesehen werden, die der Kläger dem Beklagten für die konkret beabsichtigte Nutzung hätte in Rechnung stellen können. Die Vergütung von 92 € hat der Hersteller des Gerätes bezahlt, weil er das Foto über einen langen Zeitraum – wenigstens mehrere Monate – im Internet zur Förderung des Verkaufs seines Produktes verwenden will. Einen vergleichbaren Zweck hat der Beklagte ersichtlich nicht verfolgt. Denn er hat das Foto nur für einen einmaligen und zudem privaten Verkauf eines gebrauchten Gerätes auf der Internet-Plattform … verwenden wollen. Die Nutzungsdauer betrug damit nur wenige Tage. In einem solchen Fall liegt das angemessene Entgelt deutlich niedriger als das Entgelt, das der Kläger von einem gewerblichen Nutzer beanspruchen könnte.
Der Beklagte hat auf eine Anregung des Senates hin Lizenzgebühren in Höhe von 40,00 € anerkannt. Darüber hinausgehende Lizenzgebühren stehen dem Kläger nicht zu. Wie der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, erachtet er einen Betrag von 20,00 € im Hinblick auf die beabsichtigte Nutzung und auf den erzielbaren Preis für den gebrauchten GPS-Empfängers als die angemessene Lizenzgebühr. Da der Beklagte den Namen des Klägers als Fotografen nicht genannt hat, ist nach anerkannter Rechtsprechung neben dem Honorar ein Aufschlag von 100 % auf das Honorar als Ausgleich für entgangene Werbemöglichkeiten zu entrichten.
3.) Da dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten zustand, war seine Abmahnung berechtigt. Deshalb steht ihm ein Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten zu. Dieser Anspruch ist jedoch nach § 97a Abs. 2 UrhG, der zum 1.9.2008 ohne Übergangsregelung in Kraft getreten ist, auf 100,00 € zu beschränken. Diesen Kostenerstattungsanspruch hat die Rechtsprechung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums v. 7. 7. 2008 (BGBl. I S. 1191) aus dem Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag hergeleitet. Mit dem Inkrafttreten des vorgenannten Gesetzes ab dem 1.9.2008 ergibt sich der Erstattungsanspruch aus § 97a Abs. 1 UrhG. Nach § 97a Abs. 2 UrhG werden für den Fall einer erstmaligen Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs die erstattungsfähigen Aufwendungen auf 100,00 € beschränkt. Die vier genannten Voraussetzungen liegen hier vor. Der Beklagte hat bislang keine identischen oder in ihrem Kern im Wesentlichen gleich gelagerten Verletzungshandlungen im Verhältnis zum Kläger begangen. Der Fall war auch einfach gelagert, weil das Vorliegen einer Rechtsverletzung – auch für einen geschulten Nichtjuristen wie den Kläger – auf der Hand lag. Die Rechtsverletzung war auch unerheblich, weil sie sich nach Art und Ausmaß auf einen eher geringfügigen Eingriff in die Rechte des Klägers beschränkten und außerdem ein Handeln außerhalb des geschäftlichen Verkehrs, also im reinen Privatbereich, vorlag.
4.) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91a, 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. ..."
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