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Landgericht München Urteil vom 08.04.2010 - 17 HK O 138/10 - Zur Geltungsdauer einer erteilten Einwilligung in den Empfang von Reklamesendungen
 

 

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Adresshandel - Datenschutz - Double-Opt-In-Verfahren - Einwilligungserklärung - E-Mail-Marketing - Gewinnspiele - SMS-Werbung - Telefonwerbung - Webdesign - Werbung - Wettbewerb


LG München v. 08.04.2010: Zur Geltungsdauer einer erteilten Einwilligung in den Empfang von Reklamesendungen


Das Landgericht München (Urteil vom 08.04.2010 - 17 HK O 138/10) hat entschieden:
Auch wenn feststeht, dass im Zusammenhang mit einem Gewinnspiel im sogenannten Double-Optin-Verfahren eine Einwilligung in den Empfang von elektronischer Werbepost erteilt wurde, führt dies nicht dazu, dass eine nach mehr als anderthalb Jahre später versandte erste E-Mail keine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG mehr ist. Es ist allgemein anerkannt, dass eine einmal erteilte Einwilligung mit Ablauf eines längeren Zeitraumes ihre Aktualität verliert.




Tatbestand:

Der Antragsteller macht im einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die Antragsgegnerin einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend.

Bei dem Antragsteller handelt es sich um einen eingetragenen Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, darauf zu achten, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbes eingehalten werden.

Herr Rechtsanwalt ... hatte am 16.12.2009 an die privat genutzte E-Mail-Adresse ... eine Werbe-E-Mail (Anlage A5) der Antragsgegnerin erhalten. Da nach Bekunden von Herrn Rechtsanwalt ... dieser eine Einwilligung zum Erhalt dieser E-Mail-Werbung nicht erteilt hatte, mahnte der Antragsteller am 18.12.2009 die Antragsgegnerin ab und forderte zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. Eine solche wurde nicht abgegeben.

Mit Schriftsatz vom 05.01.2010, eingegangen am 07.01.2010, beantragte daher der Antragsteller, gegen die Antragsgegnerin eine Unterlassungsverfügung zu erlassen.

Auf Antrag des Antragstellers erließ das Landgericht München I am 08.01.2010 folgende einstweilige Verfügung:
Der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes von € 5,- bis zu € 250.000,-, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Geschäftsführer für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gemäß §§ 935 ff, 890 ZPO verboten, im geschäftlichen Verkehr E-Mails zu versenden, ohne dass der Empfänger der E-Mail seine Einwilligung in den Empfang erteilt hat.
Diese einstweilige Verfügung wurde der Antragsgegnerin am 18.01.2010 zugestellt.

Mit Schreiben vom 18.02.2010 legte die Antragsgegnerin Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung ein.

Der Antragsteller ist der Auffassung, die einstweilige Verfügung sei zu Recht ergangen. Eine Einwilligung von Herrn Rechtsanwalt ... in den Erhalt der Werbe-E-mail der Antragsgegnerin habe nicht vorgelegen. Insbesondere habe Herr Rechtsanwalt ... nicht an einem Gewinnspiel teilgenommen und dabei im Rahmen eines Double-Optin Verfahrens die Einwilligung erteilt.

Der Antragsteller beantragt daher:
Die einstweilige Verfügung vom 08.01.2010 wird bestätigt.
Die Antragsgegnerin beantragt:
Die einstweilige Verfügung vom 08.01.2010 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
Zur Begründung führt die Antragsgegnerin aus, dass Herr Rechtsanwalt ... am 04.05.2008 an einem Gewinnspiel der Antragsgegnerin teilgenommen habe, in diesem Zusammenhang seine E-Mail-Adresse angegeben habe und sich ausdrücklich damit einverstanden erklärt habe, von der Antragsgegnerin Werbe-E-mails zu erhalten. Die Versendung der E-Mail vom 16.12.2009 an Herrn Rechtsanwalt ... sei somit mit dessen Einwilligung erfolgt, sodass ein Wettbewerbsverstoß der Antragsgegnerin nach § 7 Abs. 1, Abs. 2, Nr. 3 UWG nicht vorliege.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokolle vom 18.3.2010 und 08.04.2010 Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

I.

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hin war zu überprüfen, ob die einstweilige Verfügung vom 08.01.2010 zu Recht ergangen ist:

1. Der Verfügungsgrund war gegeben. Gemäß § 12 Abs. 2 UWG wird in Wettbewerbssachen die Dringlichkeit vermutet. Die in Rede stehende Werbe-E-mail stammte vom 16.12.2009, der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ging am 07.01.2010 bei Gericht ein, innerhalb der von der Münchner Rechtssprechung geforderten Monatsfrist ab Kenntniserlangung, so dass die Vermutung der Dringlichkeit auch nicht widerlegt ist.

2. Der Antragsteller ist aktivlegitimiert, bei ihm handelt es sich unstreitig um einen rechtsfähigen Verband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

3. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist begründet nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG, weil es sich bei der Werbe-E-mail der Antragsgegnerin vom 16.12.2009 um eine Werbung mittels elektronischer Post handelte, ohne dass die vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten, Herrn Rechtsanwalt ... vorgelegen hätte.

Der Einvernahme des von der Antragsgegnerin angebotenen präsenten Zeugen ... bedurfte es nicht. Denn selbst wenn die Einvernahme des Zeugen zu dem Ergebnis geführt hätte, dass hinreichend glaubhaft gemacht worden wäre, dass im Zusammenhang mit einem Gewinnspiel im sogenannten Double-Optin-Verfahren am 04.05.2008 die Antragsgegnerin die Einwilligung von Herrn Rechtsanwalt ... erhalten hätte, würde dies nicht dazu führen, dass die E-Mail vom 16.12.2009 keine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG war.

Es ist in diesem Zusammenhang allgemein anerkannt, dass eine einmal erteilte Einwilligung mit Ablauf eines längeren Zeitraumes ihre Aktualität verliert (vgl. Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl. 2010, Rdn. 51 zu § 7; Köhler/Bornkamm, UWG; 28. Aufl. 2010, Rdn. 186 zu § 7). Selbst wenn am 04.05.2008 Herr Rechtsanwalt ... die Einwilligung erteilt haben sollte, hätte diese jedenfalls für eine am 16.12.2009 verschickte E-Mail keine Bedeutung mehr. Unbestritten ist, dass es sich bei der E-Mail vom 16.12.2009 um die erste von der Antragsgegnerin an Rechtsanwalt ... versandte Werbe-E-mail handelte. Damit lag zwischen der Einwilligung, so sie denn vorlag und am 04.05.2008 erteilt wurde, und der Versendung der E-Mail ein Zeitraum von etwas mehr als 1 ½ Jahren. Damit hatte die Einwilligung, so sie denn erteilt worden war, jedenfalls ihre Aktualität verloren und konnte die Versendung der Werbe-E-mail vom 16.12.2009 nicht mehr rechtfertigen, sodass diese E-Mail vom 16.12.2009 ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten erfolgte. Sie war somit eine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, so dass nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG dem Antragsteller der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zusteht.

4. Somit hat die mündliche Verhandlung zu dem Ergebnis geführt, dass die einstweilige Verfügung vom 08.01.2010 zu Recht ergangen ist.

Diese einstweilige Verfügung war somit aufrecht zu erhalten. Lediglich zur Klarstellung war der Wortlaut des Verbotes insoweit neu zu fassen, als zwischen die Worte "Verkehr" und "E-Mails" die Worte "zu Werbezwecken" eingesetzt werden, also verboten wird, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken E-Mails zu versenden, ohne dass der Empfänger der E-Mail seine Einwilligung in den Empfang erteilt hat.

Insoweit liegt lediglich eine sprachliche Klarstellung vor, denn nach dem Antrag des Antragsteller und dem insoweit mitgeteilten Sachvortrag war klar, dass nicht das Versenden jeglicher E-Mails verboten werden sollte, sondern lediglich die Versendung von unzumutbaren E-Mails zu Werbezwecken im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

III.

Eines Ausspruches hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, da Urteile, durch die eine einstweilige Verfügung erlassen oder bestätigt wird, ohne weiteren Ausspruch vollstreckbar sind.









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