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OLG Hamm Urteil vom 05.01.2010 - 4 U 197/09 - Zur zulässigen Kombination von Widerrufsrecht und Rückgaberecht bei einem eBay-Händler
 

 

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eBay - Rückgaberecht - Wertersatz - Widerrufsausschluss - Widerrufsbelehrung - Widerrufsdesign - Widerrufsfrist - Widerrufsrecht - Wettbewerb


OLG Hamm v. 05.01.2010: Online Händler können den Verbrauchern das Widerrufsrecht und das Rückgaberecht nebeneinander einräumen. Schickt der Kunde die Ware ohne nähere Angabe zurück, von welchem Recht er Gebrauch machen will, ist im Regelfall im Wege der Auslegung seiner Willenserklärung zu entnehmen, dass er vom Rückgaberecht Gebrauch machen will, weil er damit die ansonsten nachteilige Regelung zur Tragung der Rücksendekosten bei Ausübung des Widerrufsrechts vermeidet, sondern diese Kostenpflicht zuvor vertraglich vereinbart wurde.

Das OLG Hamm (Urteil vom 05.01.2010 - 4 U 197/09) hat entschieden:
Online Händler können den Verbrauchern das Widerrufsrecht und das Rückgaberecht nebeneinander einräumen. Schickt der Kunde die Ware ohne nähere Angabe zurück, von welchem Recht er Gebrauch machen will, ist im Regelfall im Wege der Auslegung seiner Willenserklärung zu entnehmen, dass er vom Rückgaberecht Gebrauch machen will, weil er damit die ansonsten nachteilige Regelung zur Tragung der Rücksendekosten bei Ausübung des Widerrufsrechts vermeidet, sondern diese Kostenpflicht zuvor vertraglich vereinbart wurde.




Tatbestand:

Die Parteien vertreiben online Reinigungsgeräte. Am 13. August 2009 wurde die Antragstellerin auf ein Angebot der Antragsgegnerin aufmerksam. Unter der Überschrift Widerrufsfolgen heißt es dort u.a.:
„Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40,00 € nicht übersteigt …“
Die Antragstellerin hat vorgetragen, die Antragsgegnerin benutze neben einer Widerrufs- auch eine Rückgabebelehrung. Zwar sei die Verwendung beider Belehrungen grundsätzlich möglich. Die Verwendung dürfe den Verbraucher aber nicht benachteiligen. Hier werde der Verbraucher aber benachteiligt. Denn im Falle der Rückgabe habe die Antragsgegnerin immer die Rücksendekosten zu tragen. Im Falle der Widerrufsbelehrung sei dies teilweise anders. Werde die Ware vom Verbraucher schlicht an die Antragsgegnerin zurückgesandt, werde sich die Antragsgegnerin stets auf den Standpunkt stellen, dass der Widerruf ausgeübt worden sei und deshalb der Verbraucher die Kosten zu tragen habe.

Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin wegen der genannten Klausel und wegen weiterer sieben Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht abgemahnt.

Am 29. August 2009 ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen dieser gerügten Verstöße beim Landgericht eingegangen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 16. September 2009 die Antragsgegnerin antragsgemäß wegen der ersten sieben gerügten Verstöße unter Androhung von Ordnungsmitteln zur Unterlassung verurteilt.

Den Verbotsantrag zu Ziffer 8. hat es als unbegründete zurückgewiesen.

Danach sollte das Landgericht der Antragsgegnerin des weiteren noch verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei Fernabsatzverträgen über Reinigungsgeräte mit privaten Endverbrauchern auf der Auktionsplattform F. neben einer Widerrufs- auch eine Rückgabebelehrung zu verwenden, sofern in der Widerrufsbelehrung eine Regelung enthalten ist und die vorsieht, dass der Verbraucher die Kosten der Rücksendung zu tragen hat, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40,00 EUR nicht übersteigt, wie auf dem Onlinemarktplatz F. bei dem Artikel mit der Artikelnummer … geschehen.

Insoweit sei es nicht gesetzwidrig, wenn sowohl ein Widerrufsrecht als auch ein Rückgaberecht eingeräumt werde. Die Regelung hinsichtlich der Kosten in der Widerrufsbelehrung sei unwirksam und schon Gegenstand des Verbotes zu Ziffer 7. Angesichts dessen sei kein Raum für ein weiteres Verbot. Nach Ziffer 7. ist der Antragsgegnerin die Verwendung folgender Angaben in den Widerrufsfolgen untersagt worden:
„Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben.“
Wegen des Inhaltes des Urteiles im Einzelnen wird auf Blatt 68 ff der Akten verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihr abgewiesenes Verbotsbegehren weiterverfolgt.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages ist die Antragstellerin der Ansicht, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass für das erstrebte Verbot wegen des Verbotes zu Ziffer 7. kein Raum mehr sei. Die Antragsgegnerin müsse lediglich eine vertragliche Regelung wegen der Rücksendekosten schaffen, um aus dem Verbot nach Ziffer 7. herauszukommen. In diesem Fall würde eine Widerrufsbelehrung mit unterstellt wirksamer Kostentragungsregelung existieren und daneben eine Rückgabebelehrung. Dies sei aus den genannten Gründen nicht zulässig.

Die Antragstellerin beantragt:
Es wird unter teilweiser Aufhebung des am 16.09.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Bochum, Geschäftsnummer: I13 O 166/09 beantragt,

der Berufungsbeklagten aufzugeben, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Ordnungsgeldes bis zu 250 000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren) zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei Fernabsatzverträgen über Reinigungsgeräte mit privaten Endverbrauchern

8. auf der Auktionsplattform F. neben einer Widerrufs, auch eine Rückgabebelehrung zu verwenden, sofern in der Widerrufsbelehrung eine Regelung enthalten ist die vorsieht, dass der Verbraucher die Kosten der Rücksendung zu tragen hat, wenn die gelieferten Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40,00 € nicht übersteigt, wie auf dem Onlinemarktplatz F. bei dem Artikel mit der Artikelnummer … geschehen.

Die Antragsgegnerin ist im Senatstermin vom 5. Januar 2010 nicht erschienen.


Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Antragstellerin ist zulässig.

Da die Antragsgegnerin auch in der ersten Instanz trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen war, handelt es sich bei dem angefochtenen Urteil in Wahrheit um ein Teilversäumnis- und Schlussurteil. Denn das Landgericht hat lediglich insoweit aufgrund der Säumnis der Antragsgegnerin entschieden nach § 331 ZPO, als es dem Verbotsbegehren der Antragstellerin stattgegeben hat. Soweit es den Verfügungsantrag zurückgewiesen hat, liegt lediglich ein unechtes Versäumnisurteil vor, das von der Antragstellerin in zulässiger Weise mit der Berufung angefochten worden ist (Zöller, ZPO vor § 330 Rz. 11 m.w.N.).

Die Berufung der Antragstellerin ist im Ergebnis aber unbegründet. Denn das Landgericht hat das Verbotsbegehren zu Recht als unbegründet zurückgewiesen. Dies ist trotz Säumnis der Antragsgegnerin nach § 539 Abs. 2 ZPO so auszuurteilen, weil es schon an der Schlüssigkeit des Verbotsbegehrens fehlt.

Im Grundsatz können beide Verbraucherrechte, sich vom Vertrag wieder zu lösen, nämlich sowohl das Widerrufsrecht wie auch das Rückgaberecht nebeneinander eingeräumt werden, was auch von der Antragstellerin nicht bezweifelt wird.

Zu Unrecht will das Landgericht aber offenbar das Rechtsschutzbegehren für das allein noch im Streit befindliche Verbot zu Ziffer 8. verneinen, weil unter Berücksichtigung des Verbotes zu Ziffer 7. kein Anwendungsfall für dieses weitere Verbot zu Ziffer 8. mehr bleibe. Dabei hat das Landgericht aber sich zu eng nur an der Formulierung dieses Verbotes ausgerichtet, nicht an dessen wahren Inhalt.

Wie die Antragstellerin in der Berufungsbegründung auch noch einmal ausdrücklich klargestellt hat, soll das Nebeneinander von Rückgaberecht und Widerrufsrecht nur im Hinblick auf das unterschiedliche Schicksal der Versandkosten angegriffen werden. Nur um diesen einen Punkt geht es der Antragstellerin mit ihrem Verbotsbegehren.

Demgegenüber betrifft das Verbot zu Ziffer 7. nur die Belehrung über die Versandkosten. Diese Belehrung ist nur deshalb falsch und verboten, weil es an einer entsprechenden allgemeinen Geschäftsbedingung fehlt, die dem Käufer diese Kosten zuvor auferlegt hat. Die Berufungsbegründung weist zu Recht darauf hin, dass die Antragsgegnerin schon allein durch eine entsprechende Aufnahme einer solchen Rücksendungskostenregelung in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus dem Verbot herauskommt.

Das Dilemma des Verbrauchers, dem das Verbot zu Ziffer 8. begegnen will, bleibt in diesem Fall aber bestehen: Der Verbraucher schickt die Ware zurück, die allerdings weniger als 40,00 € wert sein muss, sonst besteht zwischen Rückgaberecht und Widerrufsrecht kein Unterschied hinsichtlich der Versandkostenregelung. Der Verbraucher will damit von seinem Rückgaberecht Gebrauch machen, um die Versandkosten zu sparen. Darüber ist er von der Antragsgegnerin auch zutreffend belehrt worden.

Die Antragstellerin sieht nun die Gefahr darin, dass die Antragsgegnerin diesen Rücksendevorgang aber als Ausübung des Widerrufsrechts betrachtet und dann die Versandkosten auf den Verbraucher glaubt überwälzen zu können.

Gerade darin will die Antragstellerin eine wettbewerbswidrige Benachteiligung des Verbrauchers sehen, ohne allerdings eine gesetzliche Vorschrift nennen zu können, die diesen Fall sanktioniert. Eine solche Vorschrift gibt es aber auch nicht. Der Gesetzgeber sieht in diesem Falle den Verbraucher nicht als schutzbedürftig an. Der Verbraucher hätte nämlich ohne weiteres die Möglichkeit, auf die Ware „Rückgaberecht“ zu schreiben oder sonstwie deutlich zu machen, dass er von seinem Rückgaberecht Gebrauch macht. Dann stellt sich das von der Antragstellerin umrissene Problem aber von vornherein nicht.

Dieses Problem stellt sich vielmehr nur dann, wenn der Verbraucher die Ware kommentarlos zurücksendet. Auch dann hat aber entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht die Antragsgegnerin als Verkäuferin das Bestimmungsrecht, von welchem Recht der Verbraucher bei der Rücksendung der Ware Gebrauch gemacht hat. Es gilt dann vielmehr wie bei jeder anderen Willenserklärung auch das Prinzip der Auslegung. Es kommt mithin darauf an, wie der Verkäufer die Rücksendung der Ware verstehen durfte, nämlich als Rückgabe oder als Widerruf. Dabei muss sich die Auslegung danach richten, was für den Verbraucher die günstigste Rechtsausübung darstellt. Denn es liegt auch für den Verkäufer auf der Hand, dass der Verbraucher mit der Rücksendung der Ware von dem Recht Gebrauch machen will, das ihn am günstigsten stellt. Das ist aber eben bezogen auf die Versandkosten das Rückgaberecht. Der Gesetzgeber hat eben beide Möglichkeiten, wie sich der Verbraucher vom Vertrag lösen kann, nebeneinander geschaffen und dabei auch die unterschiedliche Regelung hinsichtlich der Versandkosten getroffen. Damit hat es der Gesetzgeber dem Verbraucher aber gerade zugemutet, zwischen diesen beiden Gestaltungsrechten zu wählen. Es ist deshalb nicht ersichtlich, gegen welche gesetzliche Bestimmung die Antragsgegnerin verstößt, wenn sie dem Verbraucher diese beiden gesetzlichen Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet und ihm dabei die Wahl überlässt, welche von beiden er ausnutzen will.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10 ZPO.







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