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LG Hannover v. 13.09.2001: Die Domain verteidigungsministerium.de bleibt dem Bundesverteidigungsministerium vorbehalten
Das Landgericht LG Hannover (Urteil vom 13.09.2001 - 7 O 349/01) hat entschieden:
Der Namensschutz des § 12 BGB gilt auch für die Bezeichnung von Bundesbehörden. Der Gebrauch des Domainnamens "verteidigungsministerium.de" durch einen Privaten stellt einen Verstoß gegen § 12 BGB dar, weil dadurch bei den am Bundesverteidigungsministerium interessierten Internetusern eine erhebliche Zuordnungsverwirrung entsteht. Das Ministerium hat daher gegen den Domaininhaber einen Freigabeanspruch.
Tatbestand:
Der Beklagte benutzt für seine Internet-Adresse (Domainbezeichnung) den Namen
„www.Verteidigungsministerium . de". Die Klägerin fühlt sich dadurch in ihren Namensrechten verletzt und verlangt die Unterlassung vom Beklagten.
Die Denic eG als deutsches Domainvergabeunternehmen vergibt und registriert auf Antrag Dornainnamen an Nutzer des Internets. Jeder Domainname besteht aus einer sogenannten „Top-Level-Domain" und einer „Second-Level-Domain". Die „Top-Level-Domains" sind nach bestimmten Kriterien vordefiniert. Es existieren länderbezogene \Top-Level-Domains, die Top-Level-Domain „de" steht für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Die Top-Level-Domains mit der Endung „de" werden ausschließlich von der registriert. Die Second-Level-Domain ist vom Antragsteller grundsätzlich frei wählbar. Die Namensvergabe hinsichtlich der Second-Level-Domains erfolgt seitens der pro Namen nur einmal aber ohne Prüfung möglicherweise bestehender Rechte anderer Personen, z. B. aus Namensrecht, Markenrecht oder sonstigen Schutzrechten. Die Vergabe erfolgt ausschließlich nach dem Prioritätsprinzip. Da die Second-Level-Domain „Verteidigungsministerium, de" an den Beklagten vergeben wurde, ist die Klägerin derzeit daran gehindert, für sich diese Domainbezeichnung zu nutzen.
Benutzer des Internet, die den Namen „Verteidigungsministerium de" eingeben, gelangen auf die Homepage des Beklagten. Auf der Eingangsseite heißt es u.a. : „Sollte hier wer zum Bundesministerium der Verteidigung wollen kann ich erst mal nur sagen, dass es hier nicht ist. ..."
Die Klägerin vertritt die Rechtsauffassung, der landläufige Begriff „Verteidigungsministerium" bezeichne stets das Bundesministerium der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland. Indem der Beklagte für seine Internetadresse den vom offiziellen Namen der Streitkräfte abgeleiteten Begriff „verteidigungsministerium.de" verwende, verletze er das Namensrecht der Klägerin und beeinträchtige diese, da sie die Domain „Verteidigungsministerium, de" für den Ausbau ihrer Tätigkeit und ihr^ Nachwuchsarbeit benötige. Die Klägerin habe am 25.10.2000 bzgl. der Domain „Verteidigungsministerium, de" gegenüber der einen Disputantrag eingereicht. Erst wenn der Beklagte gegenüber der die Freigabe der Internetadresse erkläre, könne diese seitens der Klägerin genutzt werden.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im Internet den Domain-Namen „Verteidigungsministerium, de" für eigene Internetinhalte zu benutzen und unter der Adresse Leistungen anzubieten und/oder anbieten zu lassen den Beklagten weiter zu verurteilen, sich gegenüber der mit der Übertragung der Domain „Verteidigungsministerium, de" auf die Klägerin einverstanden zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte rügt die Aktivlegitimation der Klägerin und vertritt im übrigen die Rechtsauffassung, zur Nutzung der Domain berechtigt zu sein.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf ihre bis zur mündlichen Verhandlung zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung des Domainnamens „verteidigungsministerium.de". Weiterhin besteht ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Erklärung der Freigabe dieses Domainnamens gegenüber der Denic.
I.
Die Klägerin ist hinsichtlich des mit der Klage geltend gemachten Anspruches aktivlegitimiert und ordnungsgemäß bevollmächtigt.
Gemäß Art. 65 a GG hat der Bundesminister der Verteidigung die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte. Für Ansprüche, die die Streitkräfte betreffen, ist das Bundesministerium für Verteidigung als die vom Bundesminister der Verteidigung geleitete Behörde zur Vertretung der Bundesrepublik Deutschland zuständig. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um Ansprüche aus dem Namensrecht des Bundesministeriums der Verteidigung. Eine anspruchsrelevante Namensrechtsverletzung würde vorliegen, wenn die schutzwürdigen Interessen der Aufgabenwahrnehmung im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung beeinträchtigt wären. Somit ist auch für die Geltendmachung von Namensrechten das Bundesministerium der Verteidigung zuständig. Durch eine Anordnung vom 26.10.2000 hat das Bundesministerium der Verteidigung die Wehrbereichsverwaltung II konkret damit beauftragt, Klage gegen den Inhaber der Internetadresse „verteidigungsministerium.de" zu erheben. Somit ist im konkreten Fall für die Durchführung dieses Rechtsstreites die Wehrbereichsverwaltung II bevollmächtigt worden. Eine ordnungsgemäße Vertretung der Klägerin liegt vor. Der Beklagte bestreitet nicht, dass die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ordnungsgemäß bevollmächtigt worden sind.
II.
1. Gemäß § 12 BGB hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch
auf Unterlassung der Nutzung der Internetadresse „Verteidigungsministerium, de". Durch die Verwendung dieser Domainbezeichnung wird das Recht zum Gebrauch des Namens der Klägerin beeinträchtigt.
a) Der offizielle Name der obersten Bundesbehörde, die die Aufgaben der Streitkräfte wahrnimmt, lautet „Bundesministerium der Verteidigung". Der Namensschutz des § 12 BGB gilt auch für die Bezeichnung von Bundesbehörden. Dieses folgt aus dem Schutzzweck der Norm. Diese soll den Namensberechtigten vor Verwechselungen und daraus folgenden Beeinträchtigungen schützen. Ein solcher Schutz ist auch für Bundesbehörden erforderlich. Eine Namensanmaßung im Sinne von § 12 BGB liegt vor, wenn der Verletzte rechtmäßig einen Namen führt, der Verletzer diesen Namen unbefugt gebraucht und dadurch schutzwürdige Interessen des Berechtigten verletzt werden (vgl. Münchener Komm., 4. Aufl., § 12 Rdnr. 173). Eine Verletzung solcher schutzwürdigen Interessen liegt vor, wenn durch die unbefugte Namensverwendung eine Zuordnungsverwirrung entsteht. Die Gefahr ein Zuordnungsverwirrung besteht, wenn der Verkehr die Namensverwendung als Hinweis auf die Person desjenigen ansieht, dem der Name offiziell zugewiesen ist. Da der Name als individuelles Kennzeichnungsmittel dient, schützt § 12 BGB auch Namensteile oder aus dem Namen gebildete Abkürzungen, soweit diese Namensfunktion ausüben.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird in der Bundesrepublik unter dem Begriff „Verteidigungsministerium" generell das bundesdeutsche Bundesministerium der Verteidigung verstanden, soweit nicht aus dem Sinnzusammenhang klar zu erkennen ist, dass ein ausländisches Verteidigungsministerium gemeint ist. Die Domainbezeichnung des Beklagten beinhaltet die Top-Level-Bezeichnung „de". Da diese Top-Level-Domain auf Deutschland hindeutet, wird durch die Verwendung der Domainbezeichnung „Verteidigungsministerium, de" der Eindruck erweckt, als würde diese Seite vom Bundesministerium der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland autorisiert sein. Der Namensgebrauch durch den Beklagten begründet somit eine Zuordnungsverwirrung.
b) Diese Zuordnungsverwirrung ist auch erheblich und verletzt schutzwürdige
Interessen der Klägerin.
Sobald der Begriff „Verteidigungsministerium, de" eingegeben wird, erscheint auf dem Bildschirm des jeweiligen Internetteilnehmers die Homepage des Beklagten. Auf der Eingangsseite findet sich zwar der Hinweis darauf, dass das Bundesministerium der Verteidigung auf dieser Homepage nicht zu finden sei. Dieses schließt eine Zuordnungsverwirrung aber nicht aus. Die Verwirrung entsteht bereits dadurch, dass nach Eingabe des Begriffes „Verteidigungsministerium, de" die Internetseite des Beklagten aufgerufen wird. Noch bevor der Inhalt zur Kenntnis genommen werden kann, entsteht automatisch der Eindruck, dass die aufgerufene Domain dem Bundesministerium der Verteidigung zuzuordnen sei, da schließlich ein dieser Behörde zuzuordnender Namen verwendet wird. Durch den Hinweis, .dass diese Domain nicht vom Bundesministerium der Verteidigung verfasst sei, wird lediglich nachträglich die bereits entstandene Zuordnungsverwirrung eingeschränkt.
c) Bei Abwägung der wechselseitigen Interessen der Klägerin und des Beklagten überwiegen die Namensschutzinteressen der Klägerin, so dass ihrerseits ein Unterlassungsanspruch gegenüber dem Beklagten besteht.
aa) Hinsichtlich der Interessen der Klägerin ist zu berücksichtigen, dass das Bundesministerium der Verteidigung eine oberste Bundesbehörde ist. Ihre Aufgabe ist die Sicherstellung der Landesverteidigung. Es werden keine Individualinteressen, sondern ausschließlich Aufgaben des Gemeinwohls verfolgt. Da das Bundesministerium der Verteidigung für die Sozialgemeinschaft eine herausragende Funktion hat, sind seine Interessen grundsätzlich stärker schützenswert als bloße Gewinnmaximierungsinteressen gewerblicher Unternehmen. An den Grad der Schwere der Beeinträchtigung durch die unberechtigte Namensverwendung sind daher im Fall der Klägerin keine so hohen Anforderungen wie bei privaten, Einzelinteressen verfolgenden, Unternehmen zu stellen.
Es ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass bei einer Vielzahl von Personen, die eigentlich Kontakt zum Bundesministerium der Verteidigung gesucht haben und nach Eingabe des Namens „Verteidigungsministerium, de" auf die Internetseite des Beklagten gelangten, Interesse an dieser Seite geweckt wird und diese sich zumindest die Homepage des Beklagten ansehen. Damit nutzt der Beklagte den geschützten Namensteil der Klägerin für eigene Zwecke. Personen mit Interesse an der Klägerin werden bewusst zum Beklagten umgeleitet.
Die auf der Homepage des Beklagten publizierten Inhalte laufen den Interessen der Klägerin zuwider. Ihre Aufgabe ist die Landesverteidigung. Zu diesem Zweck benötigt sie bei der gegenwärtigen Organisationsform der Bundeswehr - keine reine Berufsarmee - Wehrpflichtige. Die seitens des Beklagten auf seiner Internetseite erteilten Anleitungen für die Wehrdienstverweigerung wirken daher den Interessen der Klägerin entgegen, da die Anleitungen des Beklagten geeignet sind, Wehrpflichtige von der Erfüllung des Wehrdienstes abzuhalten.
Die Verwendung des Domainnamens „Verteidigungsministerium, de" durch den Beklagten kann die Klägerin auch bei der Erfüllung ihrer Aufgaben behindern. Der Begriff „Verteidigungsministerium" ist bei den Bürgern eine geläufige Bezeichnung für das Bundesministerium der Verteidigung. Es ist zu erwarten, dass im Internet vielfach der Name „Verteidigungsministerium, de" eingegeben wird, soweit Informationen des Bundesministeriums der Verteidigung gesucht werden. Dieses liegt insbesondere deshalb nahe, weil im Internet für die Domainbezeichnung häufig Kurztitel verwendet werden und gerade Freizeichen zwischen den einzelnen Namen nicht möglich sind. Es ist daher naheliegend, als Domainbezeichnung nicht einen aus mehreren Wörtern bestehenden Namen wie „Bundesministerium der Verteidigung" zu wählen, sondern einen aus einem Begriff bestehenden Namen wie „Verteidigungsministerium". Da die Domainbezeichnung „Verteidigungsministerium, de" aber durch den Beklagten belegt ist, kann die Klägerin diesen Namen für eigene Werbung nicht nutzen. Sie verliert dadurch eine Chance, durch einen eingängigen Namen eine Vielzahl von Internetnutzern auf sich aufmerksam zu machen und für die Interessen der Streitkräfte zu gewinnen.
bb) Bezüglich der Interessen des Beklagten ist zu berücksichtigen, dass dieser in Ausübung seiner allgemeinen Handlungs- und Meinungsfreiheit berechtigt ist, Informationen zur Wehrdienstverweigerung zu erteilen. An der Bekanntgabe sämtlicher auf seiner Homepage enthaltenen Inhalte ist er aber auch bei der Verwendung eines anderen Second-Level-Domainnamens nicht gehindert. Dem Beklagten stehen eine Vielzahl geeigneter Namen zur Verfügung, die keine Zuordnungsverwirrung mit dem Bundesministerium der Verteidigung hervorrufen und auch einen leichten Zugriff durch Internetbenutzer auf die Homepage des Beklagten ermöglichen. Die Bezeichnung der Domain mit „Verteidigungsministerium, de" deutet zunächst nicht darauf hin, dass dort Inhalte über die Wehrdienstverweigerung weitergegeben werden. Dadurch werden sogar mögliche Interessenten an diesem Thema davon abgehalten, die Homepage des Beklagten aufzurufen. Dem Beklagten stehen unabhängig davon, ob bereits einige Namen aus dem Begriffsbereich „Wehrdienst" vergeben sind, noch eine Vielzahl geeigneter und den Inhalt konkret beschreibender Begriffe zur Verfügung, wie z. B. Zivildienst, Zivi usw.. Ein direkter Bezug des Wortes „Verteidigungsministerium" zum Beklagten besteht nicht.
cc) Da eine Zuordnungsverwirrung durch den Gebrauch der Internetadresse „Verteidigungsministerium, de" vorliegt, der Beklagte seine Informationen unter einem anderen Namen weitergeben kann, keinen Bezug zum gebrauchten Namen hat und die Interessen der Klägerin, die ausschließlich Aufgaben des Gemeinwohls wahrnimmt, besonders schutzwürdig sind, besteht ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten.
Der Beklagte war somit unter Androhung eines Ordnungsgeldes bzw. Ordnungshaft zur Unterlassung der Verwendung der Internetadresse zu verurteilen (§ 890 ZPO).
2. Gemäß § 12 BGB besteht auch ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Erklärung der Freigabe der Internetadresse „Verteidigungsministerium, de" gegenüber der Soweit Namensrechte des Berechtigten verletzt werden, kann dieser die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Solange der Beklagte die Domainbezeichnung nutzt, ist sie für die Klägerin nicht verwendbar. Ihr Namensrecht wird dadurch weiterhin beeinträchtigt. Erst durch die Freigabeerklärung wird die Beeinträchtigung beendet. Der Beklagte ist daher verpflichtet, eine entsprechende Willenserklärung gegenüber der abzugeben (§ 894 ZPO). Die Klägerin hat klargestellt, dass sie nicht eine Übertragung der Domain begehrt, sondern lediglich die Freigabeerklärung, um die Internetadresse anschließend gegebenenfalls selbst nutzen zu können.
3. Die Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 , 894 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung ist gemäß §§ 3, 4 ZPO erfolgt. Die Kammer hat berücksichtigt, dass die Klägerin trotz der Verwendung der Domainbezeichnung „Verteidigungsministerium, de" durch den Beklagten nicht gänzlich gehindert war, ihre Inhalte im Internet zu verbreiten. Ihr stehen andere Domainnamen zur Verfügung. Die Kammer hat daher das Interesse der Klägerin mit 20.000,00 DM für ausreichend berücksichtigt erachtet.
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