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AG Frankfurt am Main v. 22.01.2009: Der Anschlussinhaber eines Accounts in einem dezentralen Netzwerk muss für das Anbieten Musiktitels zum Download durch ein minderjähriges Kind einstehen, wenn dieses nicht darüber belehrte, dass über den Internetanschluss keine Rechtsverletzungen begangen werden dürfen. Der Anspruch auf Schadensersatz bemisst sich nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie, wonach eine Vergütung beansprucht werden kann, die vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten.
Das Amtsgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 22.01.2009 - 29 C 549/08) hat entschieden:
Der Anschlussinhaber eines Accounts in einem dezentralen Netzwerk muss für das Anbieten Musiktitels zum Download durch ein minderjähriges Kind einstehen, wenn dieses nicht darüber belehrte, dass über den Internetanschluss keine Rechtsverletzungen begangen werden dürfen. Der Anspruch auf Schadensersatz bemisst sich nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie, wonach eine Vergütung beansprucht werden kann, die vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Inhaberin des Rechtes, den Tonträger … über dezentrale Computernetze auszuwerten und in solchen öffentlich zugänglich zu machen. Die Klägerin beauftragte die … mit der Überwachung des streitgegenständlichen Tonträgers, diese stellte fest, dass die Beklagte die genannte Tonaufnahme am 19.08.2007 um … in einer sog. Tauschbörse öffentlich zugänglich machte. Auch hat ein im August 2007 noch minderjähriges - im Haushalt der Beklagten lebendes - Kind der Beklagten Tauschbörsen genutzt. Die Beklagte wurde mit Schreiben vom 23.10.2007 durch einen von der Klägerin beauftragten Rechtsanwalt abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert, die Beklagte wies den Anspruch wiederholt zurück. Die Beklagte wurde unter Fristsetzung zum 13.12.2007 zur Zahlung der Rechtsanwaltkosten aufgefordert.
Sie ist der Ansicht, die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichtes Frankfurt am Main sei gegeben, sie sei aktivlegitimiert, der der Gebührenrechnung zugrundeliegende Streitwert korrekt und der Schadensersatzanspruch ordnungsgemäß berechnet.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 801,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 150,- € ab dem 21.09.2007 und aus 651,80 € seit dem 05.01.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, das Amtsgericht sei für die Entscheidung unzuständig und es sei kein Schaden entstanden. Weiter ist sie der Ansicht, es sei zu keiner wirksamen Übertragung von Rechten auf die Klägerin gekommen, der angenommene Streitwert sei völlig fiktiv und der Schaden nicht ausreichend dargelegt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig.
Die örtliche Zuständigkeit ist gem. § 32 ZPO gegeben, da die über das Internet angebotene Musikaufnahme auch in Frankfurt abgerufen werden konnte und damit der Erfolgsort der unerlaubten Handlung auch in Frankfurt lag.
Die Klage ist auch begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz und auf Zahlung der Abmahnkosten gem. §§ 97 Abs. I UrhG, §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Einer Genehmigung des Deutschen Patentamtes gem. § 1 UrhWahrnG bedarf die Klägerin nach den eigenen Feststellungen des Deutschen Patentamtes vom 28.11.2008 nicht.
Der P-Vermerk auf der Rückseite des Covers der CD weist als Inhaberin der Tonträgerrechte die … aus, somit greift die Vermutung gem. § 10 Abs. 2 UrhG analog, jedenfalls spricht eine tatsächliche Vermutung für die Rechteinhaberschaft (vg. LG Frankfurt, Urt. Vom 22.02.2007 Az.: 2-3 O 771/06 m.w.N.). Diese Vermutung hat die Beklagte nicht erschüttert. Das Recht zur Auswertung des Tonträgers in dezentralen Computernetzen gem. §§ 85, 19a UrhG wurde durch Vertrag vom 20.04.2007 auf die Klägerin übertragen. Dem Vertrag liegt eine Liste mit Musiktiteln bei, die den streitgegenständlichen Titel enthält. Die Ansicht der Beklagten, es sei nicht zur Übertragung der Rechte auf die Klägerin gekommen, ist nicht nachvollziehbar.
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, der Klägerin sei kein Schaden entstanden, weil im Rahmen des Vertrages zwischen der … und der Klägerin geregelt ist dass die Tätigkeit der Klägerin kostenlos erfolgt, ist festzustellen, dass die vereinbarte Kostenfreiheit für die … selbstverständlich keine Kostenfreiheit für potentielle Rechtsgutverletzer enthält.
Als unstreitig muss gem. § 138 Abs. 3 ZPO der Entscheidung zugrunde gelegt werden, dass die Beklagte den streitgegenständlichen Musiktitel am 19.08.2007 um … öffentlich zugänglich machte, obwohl ihr dieses Recht nicht zustand, § 85 Abs. 1 UrhG. Soweit die Beklagte das öffentliche Anbieten und die Inhaberschaft der … mit Nichtwissen bestreitet, ist dies ein unzulässiges Bestreiten, da es sich um Tatsachen handelt, die Gegenstand eigener Handlungen und Wahrnehmungen der Beklagten waren, zumindest wäre der Beklagten die Wahrnehmung möglich gewesen. Zusätzlich wurde später durch die Beklagte eingeräumt, dass auch ein im August 2007 noch minderjähriges Kind über die … der Beklagten Tauschbörsen nutzte. Die verspätete Behauptung der Beklagten, sie verfüge nicht über das erforderliche computertechnische Wissen, ist unsubstantiiert und nicht mehr zu berücksichtigen. Selbst wenn von einem wirksamen Bestreiten des Tätigwerdens durch die Beklagte auszugeben wäre, müsste die Beklagte für das unbestrittene Anbieten des streitgegenständlichen Titels durch das damals minderjährige Kind einstehen, da sie dieses offenkundig nicht darüber belehrte, dass über ihren Internetanschluss keine Rechtsverletzungen begangen werden dürfen ( OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2007, Az: 11 W 58/07 Rn. 18, Quelle: juris).
Es kann daher dahinstehen, ob die Ermittlungswege der Klägerin zuverlässig sind oder nicht, da der Urheberrechtsverstoß der Beklagten als unbestritten angesehen werden muss.
Die Beklagte ist gem. § 97 UrhG verpflichtet, der Klägerin Schadensersatz zu leisten, da sie die Rechte der Klägerin zumindest fahrlässig verletzte. Der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz bemisst sich in der Höhe nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie, wonach eine Vergütung beansprucht werden kann, die vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten ( BGH GRUR 1990, 1008). Dass für den streitgegenständlichen Titel eine Lizenzgebühr von 150,- € hätte verlangt werden können, ist nicht substantiiert bestritten.
Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten ergibt sich aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB. Die Klägerin nahm anwaltliche Hilfe zum Zweck der Abmahnung in Anspruch. Der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung war gem. § 97 UrhG berechtigt. Die Berechnung der außergerichtlichen Kosten erfolgte mit Schreiben vom 29.11.2007 (Anlage 15 zur Klageschrift). Die Klägerin ist nicht darauf beschränkt, einen Freistellungsanspruch geltend zu machen, denn in den Fällen, in denen sich der zur Freistellung Verpflichtete ernstlich und endgültig weigert, die Freistellung vorzunehmen, wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen unmittelbaren Zahlungsanspruch um (vgl. BGH NJW 2004, 1868). Die Zahlung wurde vorliegend durch die Beklagte ernstlich und endgültig verweigert.
Der der Berechnung zugrunde gelegte Gegenstandswert von 10 000,- € ist nicht zu beanstanden (vgl. LG Köln, Urt V. 18.07.2007, Az.: 28 O 480/06, MMR 2008, 126, 128).
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Zu einem vor Rechtshängigkeit liegenden Verzugseintritt wurde nicht ausreichend vorgetragen. Keinesfalls führte eine einseitige Fristsetzung bereits zum Verzug.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Die Zuvielforderung war verhältnismäßig gering und hat keine besonderen Kosten verursacht.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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