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BGH (Urteil vom 13.01.2004 - XI ZR 479/02 - Auch im Mailorderverfahren ist das Vertragsverhältnis zwischen Kreditkartenunternehmen und Vertragsunternehmen als abstraktes Schuldversprechen anzusehen
 

 

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AGB - Abmahnungen - Lastschriftverfahren (ELV) - Rückabwicklung - Werbung - Wettbewerb - Zahlungsabwicklung


BGH v. 13.01.2004: Auch im Mailorderverfahren ist das Vertragsverhältnis zwischen Kreditkartenunternehmen und Vertragsunternehmen nicht als Forderungskauf, sondern als abstraktes Schuldversprechen anzusehen. Dabei haben beide Beteiligte Sorgfalts- und Kontrollpflichten, deren Verletzung zu Schadensersatzansprüchen aus positiver Vertragsverletzung führen können.

Der BGH (Urteil vom 13.01.2004 - XI ZR 479/02) hat entschieden:
  1. Das Vertragsverhältnis zwischen Kreditkartenunternehmen und Vertragsunternehmen ist nicht als Forderungskauf, sondern als abstraktes Schuldversprechen anzusehen (Bestätigung von BGH, 16. April 2002, XI ZR 375/00, BGHZ 150, 286).

  2. Im Kreditkartenverfahren haben die Beteiligten Sorgfalts- und Kontrollpflichten, deren schuldhafte Verletzung ebenso wie im Giroverkehr eine Schadensersatzhaftung wegen positiver Vertragsverletzung begründet.



Zum Sachverhalt: Die Klägerin nahm aus abgetretenem Recht eines Acquiring-Unternehmens des Kreditkartengewerbes den Beklagten, einen Studenten, der im Nebenerwerb als Inhaber eines Vertragsunternehmens einen EDV-Versandhandel betrieb, auf Rückgewähr von Zahlungen für Kreditkartengeschäfte im Mailorderverfahren in Anspruch.

Die Zedentin und der Beklagte schlossen am 31. Januar 2000 eine Servicevereinbarung. Nach den zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Zedentin (im folgenden: AGB) ist der Beklagte verpflichtet, Inhabern bestimmter Kreditkarten gegen Vorlage der Karte Waren bargeldlos zu verkaufen. Die Zedentin "kauft" gemäß Nr. 1 Abs. 2 ihrer AGB "alle sofort fälligen Forderungen des Vertragspartners gegen Karteninhaber, die unter Verwendung einer Karte begründet wurden, auf ordnungsgemäß erstellten Leistungsbelegen ausgewiesen und vom Karteninhaber durch Unterschrift anerkannt wurden". Der Vertragspartner hat u.a. darauf zu achten, dass auf dem Leistungsbeleg die Nummer und der Gültigkeitszeitraum der Karte, der Rechnungsendbetrag, das Transaktionsdatum, Firma, Anschrift und Vertragspartnernummer angegeben werden. Er "verkauft" der Zedentin nach Nr. 4 Abs. 1 der AGB die "Forderungen gegen Karteninhaber, die unter Verwendung einer Karte unter Einhaltung der Annahmerichtlinien gemäß Ziffer 1 begründet wurden". Gemäß Nr. 4 Abs. 2 der AGB wird er der Zedentin manuell erstellte Leistungsbelege spätestens nach Ablauf von sieben Tagen nach Ausstellung zuleiten und die Forderung dadurch an sie "abtreten". Nicht ordnungsgemäß ausgefüllte oder nach Fristablauf zugeleitete Leistungsbelege verpflichten die Zedentin nicht zur Zahlung. Weiter heißt es in Nr. 4 Abs. 2 der AGB: "Zahlungen die dennoch geleistet werden, können jederzeit innerhalb von 12 Monaten ab Auszahlungszeitpunkt zurückgefordert oder verrechnet werden, sofern Zahlung vom Karteninhaber nicht ohne Einleitung gerichtlicher Maßnahmen erlangt werden kann." Der Vertragspartner "tritt" die Forderungen gegen Karteninhaber, "die unter Verwendung einer Karte gemäß dieser Vereinbarung begründet wurden", an die Zedentin "ab". Diese erstattet ihm den Forderungsbetrag abzüglich der vereinbarten Servicegebühr.

Das Mailorderverfahren, in dem der Vertragspartner nicht zur Akzeptanz der Karte verpflichtet ist, regelt Nr. 11 a der AGB wie folgt:
"Bei schriftlicher, telefonischer oder elektronischer Bestellung von Waren oder Leistungen durch Karteninhaber ohne Vorlage der Karte sind Name und Anschrift des Karteninhabers, Kartennummer und Gültigkeitsdauer der Karte sowie der Rechnungsendbetrag und die Genehmigungsnummer und die Angabe "signature on file" auf den Leistungsbeleg einzutragen bzw. im Einvernehmen mit der ... (Zedentin) anderweitig zu erfassen. Bei Mailorder-Umsätzen ist für jeden Umsatz eine Genehmigungsnummer von der ... (Zedentin) einzuholen. Die ... (Zedentin) ist zur Rückbelastung des Vertragspartners berechtigt, wenn sich der Karteninhaber weigert, den Rechnungsbetrag zu zahlen, weil er die Bestellung oder die Echtheit seiner Unterschrift bestreitet, er von der Bestellung zurückgetreten ist, der Ware oder Leistung schriftlich zugesicherte Eigenschaften fehlen oder sie einer schriftlichen Produktbestellung nicht entsprechen. Dieses Rückgriffsrecht wird nicht durch eine erteilte Genehmigungsnummer eingeschränkt. ..."
Der Beklagte reichte der Zedentin mit Zusammenfassungsbelegen vom 8. Februar 2000 sowie vom 20. und 21. März 2000 sieben Einzelbelege vom 8. Februar 2000, 13 Einzelbelege vom 20. März 2000 und drei Einzelbelege vom 21. März 2000 über insgesamt 77.040 DM ein. Er hatte auf allen Einzelbelegen als Karteninhaber "G. M. ", insgesamt aber 15 verschiedene Kreditkartennummern eingetragen. Ferner hatte er die jeweiligen, von der Zedentin telefonisch eingeholten Genehmigungsnummern angegeben. Aufgrund dieser Belege zahlte die Zedentin dem Beklagten die Forderungsbeträge abzüglich der Servicegebühr in Höhe von 3,6% zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt 73.822,81 DM, erhielt aber von den - überwiegend in den USA ansässigen - Karteninhabern keine Erstattung, weil diese die Bestellungen bestritten. Die Klägerin verlangt deshalb die Rückzahlung der 73.822,81 DM bzw. 37.745 € nebst Zinsen.

Der Beklagte behauptet, den von ihm ausgestellten Leistungsbelegen lägen zwei Bestellungen zugrunde, die unter dem Namen eines G. M. aus Rumänien und unter Angabe der Nummern und Ablaufdaten der Kreditkarten per e-mail übermittelt worden seien. Dass die Rechnungsbeträge jeweils auf mehrere Kreditkarten aufgeteilt worden seien, sei im Handelsverkehr üblich. Mangels Eigenkapitals habe er mit dem Besteller Vorkasse vereinbart, die bestellten Waren erst nach Eingang der Zahlungen der Zedentin erworben und nach Rumänien geliefert.

Die Klage ist in den Vorinstanzen bis auf einen Teil der Zinsforderung erfolgreich gewesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgte der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Die Revision hatte Erfolg.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:

Die Klage sei gemäß §§ 437 Abs. 1, 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 BGB a.F., gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 820 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB i.V. mit Nr. 4 Abs. 2 und 11 a der AGB und wegen positiver Vertragsverletzung begründet.

Das Vertragsverhältnis zwischen der Zedentin und dem Beklagten sei entsprechend dem eindeutig erklärten Parteiwillen entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 150, 286 ff.) als Forderungskauf anzusehen. Der Beklagte hafte deshalb gemäß § 437 Abs. 1 BGB a.F. für den rechtlichen Bestand der Forderungen gegen den Karteninhaber. Die Rückgriffsklausel gemäß Nr. 11 a der AGB bringe lediglich diese Haftung zum Ausdruck und verstoße nicht gegen § 9 Abs. 1 AGBG. Das Mailorderverfahren weiche stark von der Zahlung unter Vorlage der Kreditkarte ab und stelle eine selbständige, sehr missbrauchsanfällige Abwicklungsform dar, die weder vom Kreditkartenunternehmen noch vom Vertragsunternehmen sicher zu beherrschen sei. In diesem Verfahren sei die Einschränkung des Zahlungsanspruchs des Vertragsunternehmens durch die Rückgriffsklausel nicht unangemessen. Die mit dem Verfahren verbundenen Risiken würden nicht allein mit der Ausgabe der Kreditkarte durch das Kartenunternehmen, sondern vollständig erst dadurch geschaffen, dass das Vertragsunternehmen sich mit einem Besteller auf ein Mailorder-Geschäft einlasse. Da das Vertragsunternehmen frei entscheiden könne, ob ein Besteller für die Zahlung mit Kreditkarte im Mailorderverfahren hinreichend vertrauenswürdig sei, habe es auch das Risiko einer falschen Entscheidung zu tragen. Bei einer anderen Verteilung des Missbrauchsrisikos wäre das Kreditkartenunternehmen vor sorglosen oder kriminellen Vertragsunternehmen nicht geschützt. Die mit dem Mailorderverfahren verbundenen Vorteile rechtfertigten keine andere Beurteilung. Mit dem Verfahren verdiene nicht nur das Kartenunternehmen die Servicegebühr. Auch das Vertragsunternehmen profitiere von dem Verfahren, weil es sich einen größeren Kundenkreis verschaffen und durch die Einsparung der Nachnahmegebühren billiger anbieten könne. Die Vergabe der Genehmigungsnummern führe zu keiner anderen Wertung, weil die Zedentin vor ihrer Erteilung nur die Laufzeit und die Bonität der Karte, aber nicht die Übereinstimmung von Karteninhaber und Besteller prüfe.

Der Beklagte sei auch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V. mit Nr. 4 Abs. 2 der AGB der Klägerin zur Rückzahlung verpflichtet. Er habe gegen die Zedentin keinen Anspruch auf die geleisteten Zahlungen gehabt, weil er die Belastungsbelege nicht ordnungsgemäß ausgefüllt habe. Es fehlten die Anschrift des Karteninhabers und die Angabe "signature on file". Auf § 814 BGB könne sich der Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil die Zedentin sich die Rückforderung ihrer Zahlungen in ihren AGB ausdrücklich vorbehalten habe.

Der Beklagte könne der Klägerin keinen Schadensersatzanspruch wegen Schlechterfüllung der Servicevereinbarung vom 31. Januar 2000 oder wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung i.V. mit § 404 BGB entgegenhalten. Die Zedentin habe keine Aufklärungs- oder Informationspflichten verletzt. Zumindest treffe den Beklagten ein so überwiegendes Eigenverschulden an der Schadensentstehung, dass eine vermeintliche Pflichtverletzung der Zedentin dahinter völlig zurücktrete. Dem Beklagten hätte sich der Missbrauch des Kreditkartenverfahrens förmlich aufdrängen müssen, weil der Besteller unbekannt gewesen sei und die Bestellungen unter Angabe der verschiedensten Kreditkartennummern per e-mail aus Rumänien zu einem Gesamtwert von über 70.000 DM übermittelt habe. Zudem habe die Zedentin dem Beklagten nach seinem eigenen Vorbringen bei Einholung der Genehmigungsnummern mitgeteilt, dass es sich um amerikanische Kreditkarten handelte. Damit sei eigentlich klar gewesen, dass die Karteninhaber in den USA nicht mit dem Besteller in Rumänien übereinstimmten. Erschwerend komme hinzu, dass der Beklagte der Zedentin das gesamte Ausmaß der Bestellungen verschleiert habe, indem er die Bestellungen auf verschiedene Kreditkarten aufgeteilt und hierfür separate Genehmigungsnummern eingeholt habe. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass die Zedentin nach Einreichung der Leistungsbelege hätte erkennen können, dass die zugrunde liegenden Bestellungen von einem Kunden stammten und verschiedene Karten betrafen. Diese Nachlässigkeit sei aber mit dem Charakter des Kreditkartengeschäfts als Massengeschäft zu erklären und falle gegenüber dem Sorgfaltsverstoß des Beklagten nicht ins Gewicht.

Da der Beklagte durch sein Vorgehen zugleich Nebenpflichten aus der Servicevereinbarung verletzt habe, sei die Klage auch wegen positiver Vertragsverletzung begründet.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

1. Die Klageforderung ist nicht gemäß §§ 437 Abs. 1, 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 BGB a.F. begründet. Die Vertragsparteien haben keinen Forderungskauf vereinbart.

a) Der Senat hat mit Urteil vom 16. April 2002 (BGHZ 150, 286, 290 ff.; vgl. auch Senat, Urteil vom 24. September 2002, BGHZ 152, 75, 80 f.) entschieden, dass das Vertragsverhältnis zwischen einem Kreditkartenunternehmen und einem Vertragsunternehmen nicht als Forderungskauf, sondern als abstraktes Schuldversprechen anzusehen ist. Die Gründe dieser Entscheidung, die der bereits damals vorherrschenden Auffassung in der Literatur entsprach und die im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden hat (Palandt/Sprau, BGB 63. Aufl. § 676 h BGB Rdn. 6; Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl. (7) BankGesch Rdn. F 41; Hadding WuB I D 5 a-1.02; Pfeiffer LM § 437 BGB Nr. 9 a; Möllers/Leisch LM § 437 BGB Nr. 10; Freitag ZBB 2002, 322, 323; Derleder EWiR 2002, 1083, 1084; Barnert WM 2003, 1153, 1154; Härting MDR 2002, 913, 914; Hofmann BKR 2003, 321, 326; gegen Forderungskauf auch Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 4.1043 f.; Schnauder NJW 2003, 849, 851 f. und Bitter WuB I D 5 a-2.02; a.A. Meder NJW 2002, 2215, 2216; WM 2002, 1993, 1994 f.; ZIP 2002, 2112, 2114; Heermann JZ 2002, 1170, 1171, der eine Zuordnung zu einem Vertragstyp nur im Einzelfall für möglich hält; unklar Werner BB 2002, 1382, 1383), gelten fort.

b) Das Berufungsurteil, die Revisionserwiderung und die abweichenden Auffassungen im Schrifttum geben zu einer anderen Beurteilung keinen Anlass.

aa) Das Berufungsgericht stellt einseitig und formal nur auf den Wortlaut der in der Servicevereinbarung vom 31. Januar 2000 vereinbarten AGB ab, ohne wesentliche Argumente des Urteils des Senats vom 16. April 2002 (BGHZ 150, 286, 290 ff.), wie etwa die Bargeldersatzfunktion der Kreditkarte, zu erwähnen, geschweige denn sich damit auseinanderzusetzen. Der Wortlaut dieser AGB ist auch unter Berücksichtigung der durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Privatautonomie und Vertragsfreiheit für die Vertragsauslegung nicht allein entscheidend. Die Privatautonomie schließt zwar die Freiheit in der Wahl des vereinbarten Vertragstyps, nicht aber die Freiheit zu dessen beliebiger rechtlicher Qualifikation ein (Canaris, Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rdn. 1626). Die Bedeutung des Wortlauts wird bereits dadurch eingeschränkt, dass die AGB verschiedener Kreditkartenunternehmen nicht einheitlich sind (Senat BGHZ 150, 286, 291 m.w.Nachw.) und eine unterschiedliche rechtliche Einordnung der Vertragsverhältnisse nicht den Interessen der beteiligten Verkehrskreise entspricht. Die rechtliche Qualifikation des Vertragstyps kann auch nicht davon abhängig gemacht werden, ob die AGB im Einzelfall wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind (Pfeiffer LM § 437 BGB Nr. 9 a).

bb) Von entscheidender Bedeutung ist vielmehr die Bargeldersatzfunktion (Senat BGHZ 150, 286, 292), die der Kreditkarte nicht nur beim Präsenzgeschäft unter Vorlage der Karte, sondern, anders als die Revisionserwiderung meint, auch im Mailorderverfahren zukommt. Die AGB der Zedentin bringen nicht zum Ausdruck, dass der Einsatz der Kreditkarte im Mailorderverfahren eine andere Funktion als im normalen Kreditkartenverfahren haben soll. Das Mailorderverfahren ist am Ende der AGB unter der Überschrift "Branchenzusätze" zusammen mit der Kreditkartenverwendung gegenüber Kfz-Händlern und Reiseveranstalter-Agenturen bzw. Reisebüros geregelt. Für diese Vertragsunternehmen gelten zwar, wie bereits die Überschrift "Branchenzusätze" zum Ausdruck bringt, Ergänzungen und Modifizierungen der sonstigen AGB. Von einem selbständigen Abwicklungsverfahren, bei dem die Kreditkarte im Unterschied zu dem sonst praktizierten Kreditkartenverfahren keine Bargeldersatzfunktion hat, ist aber nicht die Rede. Dasselbe gilt für das Mailorderverfahren.

Eine andere Beurteilung ist entgegen der Revisionserwiderung und Meder (WM 2002, 1993, 1995) auch nicht aufgrund struktureller Unterschiede zwischen Nah- und Fernabsatzgeschäften geboten. Fernabsatzgeschäfte sind für Vertragsunternehmen nicht generell mit dem Verzicht auf Barzahlung und der Übernahme des Vorleistungsrisikos verbunden, sondern können auch gegen Vorkasse oder per Nachnahme, d.h. mit Barzahlung des Kunden, durchgeführt werden. Da die Fälligkeit des Kaufpreises und die Zahlungsweise im konkreten Einzelfall von den vertraglichen Vereinbarungen abhängt und nicht bereits durch den Charakter eines Geschäfts als Fernabsatzgeschäft bestimmt wird, kann der Kreditkarte nicht allein wegen ihrer Verwendung im Fernabsatz, d.h. im Mailorderverfahren, die Bargeldersatzfunktion abgesprochen werden.

2. Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf Nr. 11 a der AGB stützen. Diese Klausel ist gemäß § 9 Abs. 1 und 2 Nr. 2 AGBG unwirksam, soweit sie Vertragsunternehmen verschuldensunabhängig mit dem vollen Risiko einer missbräuchlichen Verwendung der Kreditkarte durch unbefugte Dritte im Mailorderverfahren belastet.

a) Dies hat der Senat für eine inhaltsgleiche Klausel bereits in seinem Urteil vom 16. April 2002 (BGHZ 150, 286, 295 ff.) entschieden. An dieser Entscheidung, die auch insoweit im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden hat (Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl. (7) BankGesch Rdn. F 41; Hadding WuB I D 5 a-1.02; Pfeiffer LM § 437 BGB Nr. 9 a; Möllers/Leisch LM § 437 BGB Nr. 10; Heermann JZ 2002, 1170, 1172 f.; Werner BB 2002, 1382, 1383; Derleder EWiR 2002, 1083, 1084; Barnert WM 2003, 1153, 1156 f.; Schnauder NJW 2003, 849, 852; Hofmann BKR 2003, 321, 329 f.; Härting MDR 2002, 913, 914; a.A. Bitter WuB I D 5 a-2.02; ZIP 2002, 1219; Freitag ZBB 2002, 322, 329; Meder NJW 2002, 2215, 2216; WM 2002, 1993, 1997 f.; ZIP 2002, 2112, 2114), wird festgehalten.

b) Auch hier rechtfertigen die Ausführungen des Berufungsgerichts, der Revisionserwiderung und der abweichenden Literaturstimmen keine andere Beurteilung. Die verschuldensunabhängige Belastung des Vertragsunternehmens mit dem vollen Missbrauchsrisiko kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht damit begründet werden, dass die Vertragsunternehmen bei Fernabsatzgeschäften ohnehin das Vorleistungsrisiko tragen. Dies trifft - wie dargelegt - nicht allgemein zu, sondern hängt von den Vertragsabreden im Einzelfall ab.

Zur Rechtfertigung der Klausel kann auch nicht angeführt werden, Kreditkartenunternehmen würden im Falle ihrer Unwirksamkeit das Mailorderverfahren nicht mehr praktizieren. Ob dies zutrifft und wie eine solche Entwicklung gegebenenfalls zu beurteilen wäre (vgl. hierzu einerseits Bitter ZIP 2002, 1219, andererseits Hofmann BKR 2003, 321, 330), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls kann eine AGB-Klausel, die den Vertragspartner des Verwenders im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG unangemessen benachteiligt, nicht damit gerechtfertigt werden, dass sich das Mailorderverfahren für den Verwender ohne die Klausel nicht rechnet und er ohne sie zum Vertragsschluss überhaupt nicht bereit ist. Soweit das Berufungsgericht meint, Kreditkartenunternehmen seien bei Unwirksamkeit der Missbrauchsklausel nicht vor sorglosen oder kriminellen Vertragsunternehmen geschützt, entzieht es seiner Argumentation selbst die Grundlage, indem es der Klägerin wegen der sorgfaltswidrigen Akzeptanz der Kreditkarten durch den Beklagten - dem Grunde nach zu Recht - einen Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zuspricht.

Die Entscheidung des Vertragsunternehmers, die Kreditkarte eines Bestellers im Einzelfall im Mailorderverfahren zu akzeptieren, rechtfertigt es, anders als das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung meinen, ebenfalls nicht, ihn das Missbrauchsrisiko allein tragen zu lassen. Die Anwendung des Mailorderverfahrens beruht nicht allein darauf, dass der Vertragsunternehmer die Karte im Einzelfall akzeptiert, sondern ebenso darauf, dass das Kreditkartenunternehmen dieses sehr missbrauchsanfällige Verfahren, dessen Ausgestaltung einschließlich der Implementierung eines ausreichenden Kontrollsystems seine Sache ist (vgl. BGHZ 114, 238, 245), überhaupt zur Verfügung stellt, ohne naheliegende Kontrollmöglichkeiten, wie etwa die Prüfung der (Namens-)Identität von Besteller und Karteninhaber vor Erteilung der Genehmigungsnummer zur Erschwerung und Eindämmung von Missbrauch zu schaffen bzw. zu nutzen. Der Vertragsunternehmer ist zwar anders als das Kreditkartenunternehmen unmittelbarer Vertragspartner des Bestellers, kann aber wegen der räumlichen Distanz eine substantielle verlässliche Prüfung seiner Vertrauenswürdigkeit regelmäßig nicht durchführen. Darüber hinaus hat der Senat in seinem Urteil vom 16. April 2002 (BGHZ 150, 286, 297 ff.) im einzelnen ausgeführt und begründet, dass sowohl Kreditkartenunternehmen als auch Vertragsunternehmen mit dem Mailorderverfahren eigene wirtschaftliche Vorteile, insbesondere Umsatzsteigerungen, verfolgen, dass aber das Kreditkartenunternehmen die Verfahrensrisiken über die Kalkulation der Servicegebühr besser als das Vertragsunternehmen auffangen und verteilen kann. Vor diesem Hintergrund erscheint eine angemessene Aufteilung des Missbrauchsrisikos zwischen Kreditkartenunternehmen und Vertragsunternehmen, aber nicht die alleinige Belastung des Vertragsunternehmens mit diesem Risiko gerechtfertigt (Senat BGHZ 150, 286, 299).

3. Rechtsfehlerhaft ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klage sei gemäß Nr. 4 Abs. 2 der AGB i.V. mit § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in voller Höhe begründet.

a) Der Klägerin steht allerdings, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkannt hat, ein Anspruch gemäß Nr. 4 Abs. 2 der AGB zu. Nach dieser Klausel verpflichten nicht ordnungsgemäß ausgefüllte oder nach Fristablauf zugeleitete Leistungsbelege die Zedentin nicht zur Zahlung. Zahlungen, die dennoch geleistet werden, können zurückgefordert werden, sofern Zahlung vom Karteninhaber nicht ohne Einleitung gerichtlicher Maßnahmen erlangt werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

aa) Der Anspruch ist zwar nicht bereits wegen der fehlenden Angabe der Anschrift des Karteninhabers begründet. Da das Vertragsunternehmen die Anschrift des wahren Karteninhabers bei missbräuchlicher Verwendung der Karte durch unbefugte Dritte nicht kennt, stünde die Anwendung der Nr. 4 Abs. 2 der AGB auf diesen Fall in einem Wertungswiderspruch zur Unwirksamkeit der Missbrauchsklausel der Nr. 11 a der AGB.

bb) Der Beklagte hat aber außerdem auch die Angabe "signature on file" nicht auf den Leistungsbelegen eingetragen und deshalb keinen Zahlungsanspruch gegen die Zedentin erworben. Ob diese dem Beklagten gemäß § 242 BGB Gelegenheit zur Vervollständigung geben musste, kann dahinstehen, weil weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass dies innerhalb der siebentägigen Ausschlussfrist zur Vorlage der Leistungsbelege möglich gewesen wäre.

b) aa) Gegen diesen Anspruch hat der Beklagte aber nach seinem im Revisionsverfahren zugrundezulegenden Vorbringen zu Recht eingewandt, dass die Zedentin den Anspruch teilweise durch eine positive Vertragsverletzung (mit-)verursacht und insoweit gemäß § 249 Satz 1 BGB aufzuheben hat (§§ 242, 404 BGB). Dieser Gegenanspruch des Beklagten besteht zwar seinem Vortrag zufolge nicht in voller Höhe des gegen ihn gerichteten Zahlungsanspruchs, wohl aber, vorbehaltlich eines Mitverschuldens, in Höhe des Preises, den er für den durch die positive Vertragsverletzung der Zedentin verursachten Erwerb der bestellten Ware bezahlt hat.

Vertragsparteien haben sich bei der Abwicklung eines Schuldverhältnisses so zu verhalten, dass die Rechtsgüter, auch das Vermögen, des anderen Teils nicht verletzt werden (BGH, Urteil vom 10. März 1983 - III ZR 169/81, WM 1983, 795, 796). Insbesondere der Zahlungsverkehr mit seinen massenhaft anfallenden Geschäftsvorgängen kann nur zuverlässig funktionieren, wenn von den Beteiligten ein gewisses Maß an Kontrolle ausgeübt wird. Für den Giroverkehr ist dies und eine Schadensersatzhaftung bei schuldhafter Verletzung von Sorgfalts- und Kontrollpflichten seit langem anerkannt (vgl. BGHZ 73, 207, 211; 95, 103, 108; BGH, Urteil vom 29. Mai 1978 - II ZR 166/77, WM 1978, 998, 999). Im Kreditkartenverfahren kann nichts anderes gelten. Hier hätte die Zedentin, wenn nicht bereits vor der Erteilung der Genehmigungsnummer, so jedenfalls bei der Kontrolle der eingereichten Leistungsbelege nicht nur, wie das Berufungsgericht meint, erkennen müssen, dass die zugrunde liegenden, auf 15 Kreditkarten aufgeteilten Geschäfte mit einem einzigen Besteller geschlossen worden waren. Sie hätte vor allem, was das Berufungsgericht verkannt hat, die mit den Kreditkartennummern identifizierbaren Karteninhaber mit dem auf den Leistungsbelegen eingetragenen Namen des Bestellers vor Zahlung an den Beklagten vergleichen müssen. Diese einfache Möglichkeit, den Missbrauch von Kreditkarten in vielen Fällen aufzudecken und - zumindest in Fällen, in denen das Vertragsunternehmen noch nicht an den Besteller geleistet hat - Vermögensschäden zu verhindern, durfte die Zedentin angesichts der von ihr zu verantwortenden hohen Missbrauchsanfälligkeit des Mailorderverfahrens trotz dessen Massencharakters nicht ungenutzt lassen. Sie ist ungeachtet der Vielzahl der Zahlungsvorgänge in den in Nr. 3 der AGB bestimmten Fällen in Wahrung ihres Interesses, Kreditausfälle zu vermeiden, in der Lage, vor Erteilung einer Genehmigungsnummer und damit vor der Akzeptanz einer Karte durch das Vertragsunternehmen kurzfristig Laufzeit und Bonität der Kreditkarte zu überprüfen. Dann ist ihr aber auch zuzumuten, im Interesse auch der Vertragsunternehmen spätestens nach der Vorlage der Leistungsbelege und vor der Zahlung die Übereinstimmung von Besteller und Karteninhaber zu prüfen. Jedenfalls nach Einreichung der Leistungsbelege hätte sie den Missbrauch erkennen und von Zahlungen an den Beklagten absehen müssen. Dadurch wäre, da der Beklagte nach seinem Vorbringen noch nicht an den Besteller geleistet hatte, der gesamte Schaden vermieden worden.

bb) Der Schadensersatzanspruch des Beklagten ist allerdings gemäß § 254 Abs. 1 BGB gemindert, weil er durch die leichtfertige Akzeptanz der Kreditkarten im Mailorderverfahren zur Schadensentstehung erheblich beigetragen hat. Er hätte aufgrund der ungewöhnlichen Gesamtumstände der Bestellungen das Mailorderverfahren in seinem eigenen Interesse nicht anwenden dürfen. Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagte allein schon durch die Aufteilung der beiden Bestellungen auf jeweils mehrere Kreditkarten sorgfaltswidrig gehandelt hat. Die AGB der Zedentin untersagen diese Handhabung nicht ausdrücklich. Nach Nr. 3 Abs. 7 der AGB entfällt die Zahlungspflicht der Zedentin nur, wenn ein Vertragsunternehmen einen Rechnungsbetrag dadurch unter den genehmigungsfreien Höchstbetrag herabmindert, dass es zur Bezahlung eines Geschäfts mehrere Leistungsbelege für dieselbe Kreditkarte ausstellt. Ob auch die im vorliegenden Fall praktizierte Aufteilung eines Rechnungsbetrages auf mehrere Kreditkarten unzulässig ist, weil gemäß Nr. 1 Abs. 2 der AGB auf jedem Leistungsbeleg der "Rechnungsendbetrag" anzugeben ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls musste der Beklagte aufgrund der weiteren Verdachtsmomente vom Mailorderverfahren absehen. Es handelte sich nicht nur um die ersten und zudem besonders teuren Bestellungen eines unbekannten Kunden. Der Beklagte hatte außerdem seinem eigenen Vortrag zufolge bei der telefonischen Einholung der Genehmigungsnummern erfahren, dass es sich bei den angegebenen Kartennummern um solche amerikanischer Kreditkarten handele. Die Bezahlung von zwei Bestellungen unter Verwendung von 15 amerikanischen Kreditkarten durch einen Besteller aus Rumänien, war auch unter Berücksichtigung der weltweiten Zahlungsfunktion der Kreditkarte nicht mehr zu erklären. Sie hätte selbst dann unbedingt den Verdacht des Beklagten erregen müssen, wenn es - wie er behauptet - üblich ist, dass Handelsunternehmen mehrere Kreditkarten besitzen und auch zur Bezahlung einer einzelnen Rechnung verwenden. Da für den Beklagten kein Bezug des rumänischen Bestellers zu den USA als Ausstellungsort der Kreditkarten erkennbar war, hätte er von der Akzeptanz dieser Karten im Mailorderverfahren absehen und dadurch den Schadenseintritt verhindern müssen.

4. Auch die Begründung, mit der das Berufungsgericht der Klage wegen positiver Vertragsverletzung in voller Höhe stattgegeben hat, ist rechtsfehlerhaft.

a) Der Klägerin steht zwar dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung zu, weil der Beklagte sich trotz erheblicher Verdachtsmomente gegen die Person des Bestellers sorgfaltswidrig auf das Mailorderverfahren eingelassen hat. Dadurch hat er nicht nur - wie dargelegt - eine im eigenen Interesse bestehende Obliegenheit, sondern auch seine vertragliche Nebenpflicht gegenüber der Zedentin, ihr Vermögen bei der Vertragsdurchführung nicht zu schädigen, leichtfertig verletzt.

b) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist aber gemäß § 254 Abs. 1, § 404 BGB gemindert, weil die Zedentin nach dem im Revisionsverfahren zugrundezulegenden Vorbringen des Beklagten - wie dargelegt - durch die ungenügende Prüfung der Leistungsbelege und die rechtsgrundlosen Zahlungen an den Beklagten zur Schadensentstehung beigetragen hat.

III.

Das Berufungsurteil war aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht. Das Berufungsgericht wird Feststellungen zu dem Vortrag des Beklagten zu treffen haben, er habe Bestellungen unter dem Namen eines rumänischen Kunden erhalten und diesen erst nach Eingang der Zahlungen der Zedentin beliefert. Sollte nach diesen Feststellungen das Verschulden der Zedentin für die Entstehung eines Teils des Schadens ursächlich geworden sein, ist die Höhe dieses Teils, d.h. der vom Beklagten für den Erwerb der bestellten Ware bezahlte Preis, festzustellen und sodann abzuwägen, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist (§ 254 Abs. 1 BGB). ..."









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