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Landgericht Hamburg Urteil vom 11.07.2008 - 324 S 2/08 - Der Betreiber eines Wiki kann sich als schuldhaft handelnder Störer schadensersatzpflichtig machen
 

 

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LG Hamburg v. 11.07.2008: Betreibt jemand ein Wiki mit gewollt subjektiven Inhalten, das er auch als sein Tagebuch bezeichnet und worin er Dritte zur Mitarbeit auffordert, ohne sich von deren Beiträgen zu distanzieren, dann handelt er im Fall einer Persönlichkeitsverletzung durch einen Dritten gleichwohl schuldhaft als Störer und ist schadensersatzpflichtig.

Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 11.07.2008 - 324 S 2/08) hat entschieden:
Betreibt jemand ein Wiki mit gewollt subjektiven Inhalten, das er auch als sein Tagebuch bezeichnet und worin er Dritte zur Mitarbeit auffordert, ohne sich von deren Beiträgen zu distanzieren, dann handelt er im Fall einer Persönlichkeitsverletzung durch einen Dritten gleichwohl schuldhaft als Störer und ist schadensersatzpflichtig.

Aus den Entscheidungsgründen:

"... Durch die streitgegenständliche Äußerung verletzt der Beklagte schuldhaft das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. Die durch die Abmahnung des Beklagten entstandenen Rechtsanwaltskosten stellen einen ersatzfähigen Schaden dar.

1. Die streitgegenständliche Äußerung, „Der Verein … e.V. wurde von J. S. unter dem Vorwand wettbewerbswidriger Verwendung von Metatags ruiniert“, die Anlass für die Abmahnung des Beklagten gewesen ist, ist eine Tatsachenbehauptung. Sie enthält zum einen eine Äußerung über die innere Tatsache der Absicht des Klägers und bedeutet, tatsächlich habe der Kläger andere Zwecke verfolgt, er habe das Wettbewerbsrecht lediglich instrumentalisiert, um dem Verein finanziell zu schaden. Darüber hinaus wird mit der Äußerung behauptet, der Kläger sei verantwortlich für einen Ruin des Vereins. Diese Behauptungen haben prozessual als unwahr zu gelten, da nach unbestrittenem Vortrag die Auflösung des Vereins aufgrund von Formfehlern erfolgte, ohne dass es einen Zusammenhang zu der Klage des Klägers gegeben hat.

2. Der Beklagte handelte bei Verbreitung der streitgegenständlichen Äußerung schuldhaft.

Er kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er die streitgegenständliche Äußerung nicht selbst eingestellt und diese unmittelbar nach Kenntnisnahme entfernt habe. Denn es handelt sich vorliegend nicht um eine fremde Information im Sinne von § 10 TMG, sondern um eine eigene Information gemäß § 7 TMG. Eigene Informationen in diesem Sinne können nicht nur eigene Behauptungen im eigentlichen Sinne sein, sondern darüber hinaus auch fremd erstellte Inhalte, die der Dienstanbieter sich zu Eigen macht, die er so übernimmt, dass er aus der Sicht eines objektiven Nutzers für sie die Verantwortung tragen will (OLG Köln MMR 2002, 548, 548 m.w.N.). Dazu bedarf es wertender Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls. Entscheidend ist insoweit die Art der Datenübernahme, ihr Zweck und die konkrete Präsentation der fremden Daten durch den Übernehmenden (vgl. OLG Köln, a.a.O.).

Wendet man diese Maßstäbe auf den vorliegenden Fall an, dann geht der Durchschnittsbesucher der Internetseite ….de davon aus, dass es sich bei den auf der Seite und ihren Unterseiten befindlichen Äußerungen, also auch bei der streitgegenständlichen, um solche des Beklagten handelt. Schon der Titel der Seite ist rein subjektiv auf den Beklagten bezogen, es ist sein Tagebuch. Er gestaltet die Seite, er gibt die Rubriken vor. Er bietet gerade nicht nur ein Forum an, das Dritte durch ihre Beiträge erst ausfüllen und so gestalten. Auch die Unterseite „…“ ist entsprechend subjektiv gestaltet. So wird das … als „dem parteiischen Wiki mit wertenden Informationen in deutlicher Sprache“ beschrieben. Dadurch unterscheidet es sich gerade von der Internetseite Wikipedia. Der Beklagte fordert auf der Unterseite „…“ zwar Dritte auf, an der Erstellung des Lexikons mitzuwirken. Es findet sich aber keine Distanzierung zu den Beiträgen Dritter, im Gegenteil beinhaltet das Wort „mitzuwirken“ bereits ein zu eigen machen im Sinne eines gemeinsamen Erschaffens. Für ein zu-eigen-machen spricht vorliegend auch der Umstand, dass für einen Außenstehenden gar nicht erkennbar ist, ob ein bestimmter Beitrag vom Beklagten oder einem Dritten verfasst und eingestellt wurde. Auch in Bezug auf die streitgegenständliche Äußerung ist nicht ersichtlich, von wem sie stammt, oder dass sie von einem Dritten eingestellt worden ist. Wollte sich der Beklagte aber von den Beiträgen Dritter distanzieren, dann wäre das nur eine Voraussetzung.

Der Beklagte handelte in Bezug auf die streitgegenständliche Äußerung fahrlässig. Er hat mit der Aufforderung, an dem … mitzuwirken, eine Ursache für die vorliegende Rechtsverletzung gesetzt. Er hat gerade dazu aufgefordert, einseitige, subjektive und parteiische Beiträge zu verfassen („…dem parteiischen Wiki mit wertenden Informationen in deutlicher Sprache“). Damit hat er ein besonderes Risiko gesetzt, dass persönlichkeitsrechtlich problematische Beiträge eingestellt werden. ..."




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