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Landgericht Köln Urteil vom 04.11.2009 - 28 O 876/08 - Benutzer von Flash-Präsentationen darlegungs- und beweispflichtig für die Nutzungsberechtigung
Betreiberhaftung
- Hackertools
- Lizenzgebühren
- Software
- Urheberschutz
- Wettbewerb
LG Köln v. 04.11.2009: Wenn Flash-Präsentationen die notwendige Schöpfungshöhe erreichen. sind sie schutzfähig i.S.d. Urheberrechts, und zwar jedenfalls als Computerprogramm, § 69a UrhG. Verwendet ein anderer als der Programmierer der Präsentation das Programm, obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast für den Rechteerwerb. Im Fall der Beweisfälligkeit schuldet der Verwende Schadensersatz in Höhe der fiktiven Lizenzgebühren.
Das Landgericht Köln (Urteil vom 04.11.2009 - 28 O 876/08) hat entschieden:
Wenn Flash-Präsentationen die notwendige Schöpfungshöhe erreichen. sind sie schutzfähig i.S.d. Urheberrechts, und zwar jedenfalls als Computerprogramm, § 69a UrhG. Verwendet ein anderer als der Programmierer der Präsentation das Programm, obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast für den Rechteerwerb. Im Fall der Beweisfälligkeit schuldet der Verwende Schadensersatz in Höhe der fiktiven Lizenzgebühren.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Verwendung zweier Flash-Präsentationen und sich daraus etwaig ergebenden Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche.
Der Kläger ist professioneller Flash-Programmierer. Der Beklagte betreibt eine selbständige Vertriebsagentur des Gesundheitsgetränkeherstellers Y. Der Beklagte verwendete die beiden Flash-Präsentationen „Y-Animation“ und „Streamline“ in den Jahren 2007 und 2008 auf seiner Internetseite. Der Kläger erstellte diese Flash-Präsentationen innerhalb von zwei Monaten. Außerdem erbrachte er für die Firma L. Management und Marketing (im folgenden L. Marketing) bzw. zuvor über seinen vorherigen Auftraggeber für diese weitere Leistungen, welche er abrechnete.
Zur Verwendung der streitgegenständlichen Flash-Präsentationen auf der Internetseite des Beklagten kam es wie folgt: Der Beklagte schloss einen Vertrag mit der Firma Y. als Vertriebsagentur zum Vertrieb der von der Firma Y. produzierten Säfte. Dabei beinhaltete das Vertriebssystem, dass die jeweilige Vertriebsagentur (also auch der Beklagte) eine nutzerbezogene Seite unter der Domain „anonym1“ anmietete. Diese Seiten wurden von der Firma L. Marketing eingerichtet. Inhaber der Domain war die Firma L. Marketing. Der Beklagte hat bei der Firma L. Marketing eine entsprechende Lizenz erworben.
Wegen ähnlich gelagerter Sachverhalte wie dem Vorliegenden ließ der Kläger außergerichtlich durch seine Bevollmächtigten sechs weitere Unterlassungsaufforderungen an andere Teilnehmer des Vertriebssystems versenden.
Der Kläger behauptet, wegen Verhandlungen mit der Firma L. Marketing – insoweit unstreitig – habe er die beiden Präsentationen erstellt. Es sei geplant gewesen, dass die Firma L. Marketing, welche schon die Webseiten erstellt habe, den Vertriebsagenturen die Flash-Präsentationen zur Verfügung stellen sollte. Zu einem Vertragsschluss sei es jedoch nicht gekommen. Er habe keine Rechte an den Flash Präsentationen übertragen. Insoweit habe er weder dem Beklagten direkt noch über die Zeugen T. und T2 eine Lizenz an den Flash-Präsentationen eingeräumt. Auch der Firma L. Marketing habe er keine unmittelbaren Nutzungsrechte eingeräumt. Eine Rechnung von 670,00 € von ihm an diese habe andere Projekte betroffen.
Der Kläger behauptet weiterhin, dass er weder mit den Zeugen T. und T2 eine Umsatzbeteiligung vereinbart habe noch habe er eine Umsatzbeteiligung an den streitgegenständlichen Flash-Präsentationen erhalten. Auch habe der Inhaber der Firma B., Herr W., gegenüber dem Beklagten stets betont, dass dieser die Lizenzen für die Flash-Präsentationen gesondert erwerben müsse.
In rechtlicher Hinsicht ist der Kläger der Auffassung, der Vortrag des Beklagten zur Rechtekette sei unschlüssig und widersprüchlich, da der Beklagte einerseits behaupte, der Kläger habe die Nutzungsrechte der Firma B. eingeräumt und andererseits mitteile, der Beklagte habe die Rechte von der Firma L. Marketing erhalten.
Den sich wegen der urheberrechtswidrigen Nutzung der Flash-Präsentationen errechnenden Schadensersatz stellt der Kläger in das Ermessen des Gerichts, jedenfalls soll er nach seiner Auffassung nicht unter 2.000,00 € betragen. Der Kläger meint, dass hinsichtlich der geforderten Mindestlizenz für jede der Flash-Präsentationen die MFM anwendbar sei. Das Entgelt betrage für die einjährige Nutzung 260,00 €. Dieses sei zu verdoppeln, da die Präsentation mit erheblich höherem Aufwand erstellt worden sei. Da der Beklagte die Urheberschaft des Klägers verschwiegen habe, sei dieser Betrag sodann erneut zu verdoppeln.
Der Kläger beantragt mit der am 09.01.2009 zugestellten Klage,
- den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen angemessenen, der Höhe nach in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellten Schadenersatz, mindestens jedoch 2.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- den Beklagten zu verurteilen, ihn von der Forderung der Rechtsanwälte C & D in Höhe von 506,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen;
- den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250 000,00 € oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, die beiden – der Klageschrift auf DVD beigefügten – Internet-Flash-Präsentationen „Y-Animation“ und „Streamline-Animation“ des Klägers ohne Zustimmung des Klägers über das Internet zugänglich zu machen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, eine Lizenz für die Präsentationen erworben zu haben. Er behauptet, der Kläger habe der B. Rechte eingeräumt, die diese an die L-Marketing und diese an ihn weitergegeben habe. Dies sei wie folgt geschehen: Der Kläger habe zusammen mit der Firma B. Anfang 2007 ein personalisiertes Webseitensystem erstellt. Dabei habe der Kläger auch die streitgegenständlichen Flash-Präsentationen für die Firma L. Marketing erstellt. Dabei habe er auf Seiten der Firma L. Marketing eng mit deren Mitarbeitern, den Zeugen T. und T2, zusammengearbeitet. Die Flash-Präsentationen seien mit Zustimmung des Klägers in das personalisierte Webseitensystem eingespeist worden und mit seiner Zustimmung an die Nutzer verkauft worden. Die Firma L. Marketing habe an die Firma B 16,00 € Lizenz gezahlt und der Kläger habe hierfür von der Firma B. eine Umsatzbeteiligung von vermutlich 5,00 € erhalten. Hierüber habe man sogar mit ausdrücklicher Zustimmung des Klägers einen schriftlichen Vertrag (den Vertrag zwischen der Firma B. und A., insoweit wird auf Bl. 40 ff d. A. verwiesen) abgefasst, in welchem die streitgegenständlichen Flash-Präsentationen genannt seien; nur zur Unterschrift sei es nicht gekommen, mündlich sei der Vertrag aber so geschlossen worden. Auch nachdem die Firma L. Marketing und B. ihre Zusammenarbeit beendeten und es zu einer unmittelbaren Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und der Firma L. Marketing kam, sei dieser weiterhin mit der Nutzung der Flash-Präsentationen durch den Beklagten einverstanden gewesen. Mündlich habe man vereinbart, dass der Kläger pro Seite, die die Endnutzer nutzen würden, 5,00 € erhalten solle. Deshalb habe der Kläger unter anderem der Firma L. Marketing am 16.10.2007 eine Rechnung von 670,00 € gestellt.
Der Beklagte erachtet die Lizenzvorstellung des Klägers im Rahmen des geltend gemachten Schadensersatzanspruches als nicht nachvollziehbar. Er meint, dass der Kläger sich insoweit an die von der Firma L. Marketing bzw. der Firma B. in deren Vertragsverhältnissen berechneten Nutzungsvergütungen von 16,00 bzw. 89,00 € halten müsse.
Der Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass die Abmahnkosten, da eine Serienabmahnung vorläge, nicht zu ersetzen seien. Der Kläger hätte sich insoweit ein Formular erstellen lassen und dieses selber ausfüllen müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß des Beweisbeschlusses vom 24.06.2009 durch Vernehmung der Zeugen T2 und T. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2009 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
1. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 97 UrhG zu. Denn der Kläger ist zur Geltendmachung der entsprechenden Rechte berechtigt und der Beklagte nutzte urheberrechtlich geschützte Werke des Klägers, ohne die hierfür erforderlichen Nutzungsrechte zu besitzen.
Der Kläger ist als Programmierer der Flash-Präsentationen aktivlegitimiert. Denn dass der Kläger Urheber der Präsentationen ist, ist zwischen den Parteien unstreitig, umstritten ist lediglich eine etwaige Übertragung der Nutzungsrechte durch den Kläger.
Der Beklagte hat die beiden Flash-Präsentationen auf seiner Internetseite verwendet und ist damit passivlegitimiert.
Die Flash-Präsentationen erreichen die notwendige Schöpfungshöhe. Sie sind damit schutzfähig i.S.d. Urheberrechts und zwar jedenfalls als Computerprogramm, § 69a UrhG. Denn die Flash-Präsentationen sind sehr umfänglich, sehr individuell und sehr zeitaufwendig gestaltet. Die Gestaltung erfolgte klägerseits durch eine Vielzahl von Computerbefehlen. Ein Computerprogramm stellt eine Folge von Befehlen dar, die nach Aufnahme in einen maschinenlesbaren Träger fähig sind zu bewirken, dass eine Maschine mit informationsverarbeitenden Fähigkeiten eine bestimmte Funktion oder Aufgabe oder ein bestimmtes Ergebnis anzeigt, ausführt oder erzielt (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 3. Auflage 2008, § 69a RN 12). Flash ist eine proprietäre integrierte Entwicklungsumgebung zur Erstellung multimedialer Inhalte, nämlich der Flash-Filme bzw. Flash-Präsentationen, und daher sind Flash-Präsentationen als Computerprogramme geschützt.
Das öffentliche Zugänglichmachen, § 19a UrhG, auf der Internetseite des Beklagten erfolgte rechtswidrig. Der Beklagte hat keine Nutzungsrechte erworben. Für die von ihm angeführte Rechtekette an den Flashpräsentationen war er darlegungs- und beweisbelastet. Den Beweis, dass er eine Lizenz von der Firma L. Marketing erworben hat, die wiederum zuvor eine Lizenz von der B. erworben hat, welcher wiederum zuvor der Kläger die Rechte eingeräumt hat, hat er nicht geführt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht die vom Beklagten vorgetragene Rechtekette nicht mit der notwendigen Überzeugung des Gerichtes fest. Im Einzelnen:
Für die Rechtekette hatte sich der Beklagte sowohl auf einige Schriftstücke als auch auf die Zeugen T. und T2 berufen.
Soweit der Beklagte sich auf den weder unterschriebenen noch datierten Vertrag zwischen der B. und A. beruft, betrifft dieser schon nicht die streitgegenständlichen Flash-Präsentationen, sondern nur das „Gerüst“, das Webseitensystem, in das die Präsentationen eingebunden waren bzw. werden sollten. Es werden zwar Flashs in Punkt 8 des Vertragsentwurfs erwähnt, jedoch nur der Art nach und mit einer Dateiendung. Der konkrete Dateiname ist nicht aufgeführt. Im Übrigen geht Punkt 8 des Vertragsentwurfs davon aus, dass sich die Flashs bereits „im geistigen Eigentum“ von der Firma L. Marketing befinden. Rechte an die Firma L. Marketing sollten also gerade nicht übertragen werden. Hinzu kommt, dass sich aus einem von dem Beklagten vorgelegten Schreiben der Bevollmächtigten der Firma B. ergibt, dass die Firma B. selbst nicht davon ausgegangen ist, Rechte an den Präsentationen zu haben, die sie weitergeben konnte. Insofern ist der Vortrag des Beklagten zur Rechtekette schon in sich widersprüchlich und nicht unterschriebene Vertrag wenig aussagekräftig.
Die Aussagen der Zeugen T. und T2 waren nicht geeignet, den Vortrag des Beklagten zur Rechtekette mit der notwendigen Überzeugung für das Gericht zu beweisen. Ihre Aussagen zu der Rechtekette waren unergiebig, da sie sich kaum noch an die Vorgänge erinnern konnten, insbesondere an keine konkreten Gesprächsdaten und -details. Die Absprachen, die es insoweit gegeben haben soll, konnten weder der Zeuge T2 noch der Zeuge T. rekapitulieren. Es wurde nur abstrakt von beiden Zeugen geschildert, dass man via Telefon bzw. Internettelefonie eine Absprache zur Umsatzbeteiligung getroffen habe. Der Zeuge T. führte zudem aus, dass er sich nicht einmal an ein konkretes Gespräch über einen Lizenzvertrag mit dem Kläger erinnern könne. Der Zeuge T2 wiederholte lediglich formelhaft in seiner Vernehmung, dass es eine Vereinbarung über eine Honorierung des Klägers in Form einer Umsatzbeteiligung ganz sicher gegeben habe. In diesem Zusammenhang musste der Zeuge indes auf Nachfrage einräumen, dass der Kläger selbst immer wieder ihm gegenüber eine vertragliche Vereinbarung und auch Zahlungen anforderte. Auf diesen Widerspruch zwischen angeblich getroffener und vollzogener Vereinbarung angesprochen, wusste der Zeuge T2 nur von einer Zahlung an den Kläger für 134 Webs der Firma L. Marketing zu berichten. Warum diese Zahlung die Webs betreffen sollte, wenn unstreitig weitere Rechnungsvorgänge zwischen dem Kläger und der Firma L. Marketing stattfanden, konnte der Zeuge nicht erklären.
Soweit sich der Beklagte diesbezüglich auf eine Rechnung des Klägers vom 16.10.2007 berufen hatte, war auch diese in der Sache unergiebig. Denn einzelne Seitenaufrufe werden dort nicht abgerechnet, sondern nicht näher definierte Leistungen für die Monate Juli bis September. Da der Zeuge T2 aber ausführte, es habe eine Rechnung über 134 Webs des Klägers gegeben, konnte es jedenfalls nicht die näher definierte Rechnung vom 16.10.2007 sein. Hinzu kommt, dass nach der Aussage des Zeugen T. es hätten wesentlich mehr Webs sein müssen. Dieser sprach davon, dass insgesamt 800 bis 1 000 Personen eine Lizenz erworben und damit Webs hatten. Auch hat der Zeuge T. angegeben, dass die Abrechnungen grundsätzlich monatlich erfolgt wären, so dass sich auch vor diesem Hintergrund wegen einer einzige Abrechnung des Klägers über eine nicht näher definierte Leistung nicht der Rückschluss gezogen werden kann, dass hier eine Bezahlung in Form der Umsatzbeteiligung wegen der Übertragung von Nutzungsrechten erfolgte.
Hinzu kam, dass sich zu der Frage, ob die Nutzungsrechte überhaupt vom Kläger übertragen wurden, die Aussage der Zeugen T2 und T. überhaupt nicht verhielten. Hierauf letztendlich seitens der Kammer angesprochen, gab der Zeuge T2 lediglich eine Rechtsmeinung kund, nämlich dass die Firma L. Marketing Rechteinhaberin sein müsse, weil sie schließlich die Leistungen in Auftrag gegeben und bezahlt habe. Gleiches gilt insoweit für den Zeugen T. Als dieser hierauf von der Kammer angesprochen wurde, führte er aus, dass er davon ausginge, dass der Kläger keine Rechte an den Flash-Präsentationen gehabt haben könnte, die er hätte der Firma L. Marketing übertragen können. Insoweit hat der Zeuge auch folgerichtig ausgeführt, dass er sich an kein konkretes Gespräch über die Übertragung von Lizenzen erinnern könne. Denn wenn die Zeugen T. und T2 beide davon ausgingen, dass die Firma L. Marketing bereits Rechteinhaberin sei bzw. dem Kläger keine Rechte an den Flash-Präsentationen zustehen konnten, dann bedurfte es folgerichtig nach ihrer Auffassung keiner vertraglichen Lizenzvereinbarung mit dem Kläger. Insoweit sind auch die Angaben des Zeugen T2 folgerichtig, dass der Kläger die ihm zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen hatte und man dem Kläger immer mitteilte, was zu tun sei. Denn wer nicht davon ausgeht, dass Rechte anderer tangiert werden, macht dies auch nicht zum Gesprächsthema. An Lizenzen war der Zeuge T2 aufgrund seiner Rechtsauffassung gerade desinteressiert, wie sich aus seiner Aussage, dass er gar nicht wüsste, wer welche Lizenzen an den Projekt hatte, ergibt. Zugleich verdeutlichen diese Aussageteile, dass der Zeuge T2 ebenso wie der Zeuge T. zur Beweisfrage nichts Entscheidungserhebliches aussagen konnte.
Dass die Zeugen emotional und wegen ihrer Rechtsauffassungen vorbelastet waren wurde bei beiden Zeugen dadurch deutlich, dass sie immer wieder zielgerichtet das unberechtigte Vorgehen des Klägers und sein Verhalten während ihrer Befragung durch die Kammer monierten, ohne dass die Kammer hiernach konkret gefragt hätte. Beide Zeugen sprachen immer wieder mitten in ihren Aussagen plötzlich und unverhofft den Kläger direkt darauf an, „warum er dies täte“. In ihren Aussagen sprachen sie auch z. B. von „Frechheit“ und „ich sitze hier als Angeklagter“. Dabei wurde ihre Sprache lauter und emotionaler und ihre Aussage immer erregter. Diese Auffälligkeiten in der Sprachwahl und dem Aussageverhalten der Zeugen verdeutlichte sich für die Kammer nochmals in der Körperhaltung der Zeugen. Sie hielten die Arme während ihrer Aussagen vor der Brust gekreuzt, wobei der Zeuge T2 diese Körperhaltung seine gesamte knapp einstündige Aussage lang einnahm.
Mangels Nachweises der Rechtekette durch den beweisbelasteten Beklagten war daher von der Rechtswidrigkeit der Wiedergabehandlung, § 19a UrhG, auszugehen.
Auch die für einen Unterlassungsanspruch obligatorische Wiederholungsgefahr als materielle Anspruchsvoraussetzung (vgl. BVerfG NJW 2000, 1209; BGH NJW 1995, 132) ist gegeben. Sie wird durch die vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung indiziert (vgl. Dreier/Schulze, a.a.O., § 97 RN 41 m.w.N.). und wird grundsätzlich erst dann ausgeräumt, wenn der Verletzer sich unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegenüber dem Verletzten verpflichtet, sein Verhalten einzustellen (vgl. statt aller: Vinck in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, § 81 Rn 24; Palandt, 67. Auflage 2008, BGB, Einf. v. § 823 RN 20 m.w.N.; Dreier/Schulze, a.a.O., RN 42). Dies ist unstreitig nicht geschehen.
2. Der Kläger kann, weil ihm ein Unterlassungsanspruch zusteht und die Urheberrechtsverletzung schuldhaft geschah, eine angemessene Lizenz für die Nutzung verlangen, § 97 UrhG, und zwar in Höhe von 2.000,00 €.
Dass der Beklagte meinte eine Lizenz erworben zu haben, hindert das Verschulden nicht. Denn der Beklagte handelte neben den unter Ziff. 1 dargestellten weiteren Voraussetzungen auch schuldhaft ( § 276 BGB ), da er sich als Verwerter nicht lückenlos und umfassend nach den Rechten erkundigte (vgl. v. Wolff in Wandtke/Bullinger, UrhG, 3. Auflage 2009, § 97 RN 50, m.w.N.).
Es stehen dem in seinem Urheberrecht Verletzten nach allgemeiner Ansicht im Rahmen des Schadensersatzanspruches aus § 97 UrhG drei Möglichkeiten der Schadensberechnung zur Verfügung. Er kann zum einen die Herausgabe des Verletzergewinnes verlangen, zum anderen seinen Schaden als konkreten Schaden im Sinne des § 249 BGB berechnen. Er hat weiterhin die Möglichkeit, die von einem konkreten Schaden unabhängige angemessene Lizenzgebühr geltend zu machen (vgl. zur Schadensberechnung BGH GRUR 1973, 663 – Wählamt; Dreier/Schulze, a.a.O., § 97 RN 58 m.w.N.). Vorliegend hat der Kläger seinen Schaden auf der Grundlage der Lizenzanalogie berechnet und die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr (nicht jedoch unter 2.000,00 €) verlangt. Für diese Art der Schadensberechnung ist der Eintritt eines konkreten Schadens nicht erforderlich. Der Verletzer hat vielmehr dasjenige zu zahlen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalles als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten (Dreier/Schulze, a.a.O., RN 68, m.w.N.). Anhaltspunkt für die Bemessung der Höhe der angemessenen Lizenzgebühr kann ein branchenüblicher Tarif sein. Existiert kein unmittelbar anwendbarer Tarif, so ist von derjenigen Vergütung auszugehen, die nach Art und Umfang der Verwertung am nächsten liegt.
Die Kammer schätzt die angemessene Lizenzgebühr vorliegend auf 2.000,00 €, § 287 ZPO. Sie lehnt sich dabei im Rahmen der Schätzung an die MFM-Bildhonorare, die für Urheberrechtsverletzungen im Bereich von Lichtbildern den branchenüblichen Tarif darstellen, an. Insoweit verkennt die Kammer nicht, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH GRUR 2006, 136) die MFM-Bildhonorare schon bei Verletzungshandlungen im Bereich des Lichtbildschutzes nicht unreflektiert zugrunde gelegt werden dürfen, sondern vielmehr in jedem Fall die Umstände des konkreten Einzelfalles bei der Schätzung gemäß § 287 ZPO zu berücksichtigen sind.
Dies führt vorliegend jedoch nicht dazu, dass die von dem Beklagten angeführten Sätze der Firmen B (pro Jahr 16,00 €) und der Firma L. Marketing (pro Jahr 89,00 €) zugrunde gelegt werden müssen bzw. bei der Ermittlung der Schätzgrundlage einzufließen hätten. Diese Lizenzgebühren der Firmen B. und der L. Marketing sind von deren Kunden für das Internetseitensystem, nicht aber für die Flash-Präsentationen, gezahlt worden. Hinzu kommt, dass es sich um aufwendig erstellte Flash-Präsentationen handelt, die nicht innerhalb von Minuten – quasi nebenbei – erstellt werden können.
Die Kammer zieht daher die MFM als Anhaltspunkt heran, auch wenn es vorliegend nicht um die unberechtigte Verwendung von Lichtbildern geht. Denn der Kläger kreierte mit seinen Flashs etwas Ähnliches wie ein Lichtbild, nämlich eine Momentaufnahme, die sodann zu einer Präsentation durch ihre Programmierung anwächst. Nach den MFM sind für die Nutzung eines Lichtbildes für ein Jahr im Rahmen eines Onlinedienstes für PR und Werbung 260,00 € zu veranschlagen. Da außer der Momentaufnahme des Flashs eine umfängliche Programmierung zu erfolgen hat, ist dieser Betrag nach der Auffassung der Kammer fast zu verdoppeln und es sind insgesamt 500,00 € als angemessene Lizenz pro Flash-Präsentation anzusetzen. Nur so wird man dem Fakt gerecht, dass es sich um ein offenbar aufwendiges Programm handelt. Es mussten Videos, Off-Text und aktive Inhalte durch den Kläger eingebunden werden. Durch die Kombination von Animation und Programmierung und die Einbindung von Sound- und Videodateien waren die Flash-Präsentationen besonders geeignet, komplexe Zusammenhänge interaktiv für die potentiellen Kunden des Vertriebs „begreifbar“ zu machen.
Der für jede Flashpräsentation anzusetzende Betrag von 500,00 € ist wegen der fehlenden Urheberbenennung – entsprechend den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen – nochmals zu verdoppeln (vgl. Dreier/Schulze, a.a.O., § 97, RN 76 m.w.N.). Für zwei Flash-Präsentationen ist dann ein Betrag in Höhe von 2.000,00 € angemessen.
3. Der Kläger hat auch einen Anspruch gegen die Beklagte auf Freistellung von der Zahlung der Abmahnkosten seines Prozessbevollmächtigten i. H. v. 506,00 €. Der Beklagte schuldet die Kosten der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes gemäß § 97 UrhG aber auch unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677, 683, 670 BGB. Die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Die berechtigte Abmahnung eines Verletzers stellen ein Geschäft des Verletzers dar, das seinem Interesse und Willen entspricht und für das er dem Geschäftsführer Aufwendungsersatz schuldet (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O. § 683 RN 7a m.w.N.). Insoweit kann der Beklagte sich nicht darauf berufen, es handele sich um eine Serienabmahnung. Der Kläger muss sich nicht auf die Erstellung eines Formulars zum Ausfüllen verweisen lassen. Zum einen geht es nur um sechs weitere Abmahnungen des Klägers. Zum anderen können selbst Unternehmen mit eigenen Rechtsabteilungen ihre Abmahnungen durch Rechtsanwälte durchführen lassen.
Die Gebührenforderung ist in der Klageschrift zutreffend berechnet worden. Hier legt der Kläger einen Streitwert von 10.000,00 € für die Unterlassung und eine 1,0-fache Gebühr zzgl. Unkostenpauschale (486,00 € + 20,00 €) zu Grunde. Dies ist vor dem Hintergrund, dass bereits für ein Lichtbild die Kammer in ständiger Rechtsprechung ein Streitwert von 6 000,00 € zugrunde legt sehr moderat.
4. Die Nebenentscheidungen verhalten sich wie folgt:
Die Rechtshängigkeitszinsen folgen aus §§ 288, 291 BGB. Die Zustellung der Klageschrift ist am 09.01.2009 erfolgt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und betreffend die Vollstreckung wegen Geldforderungen auch aus § 709 Satz 2 ZPO.
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