Abgesehen von den auf einer Internetseite veröffentlichten Inhalten, die bei der vom Gesetz vorausgesetzten Schöpfungshöhe zweifellos urheberrechtlichen Schutz genießen, stellt sich die Frage, ob auch die äußere Gestaltung einer Webseite unter einem derartigen Schutz gegen Nachahmungen und "Abkupfern" steht. Man erinnert sich in diesem Zusammenhang gern an den Vorwurf von Facebook gegenüber StudiVZ, einfach Code und Design der Seiten mehr oder weniger kopiert zu haben.
Die Antwort auf die Frage nach dem urheberrechtlichen Schutz der Webseitengestaltung findet man auch hier, wenn man untersucht, ob einem Internetauftritt über das alltäglich Gewohnte eine eigenartige Gestaltungshöhe zuerkannt werden muss. Auf Texte und Zeichnungen oder sonstige Fotos und Abbildungen sind dabei die normalen auch sonst üblichen Maßstäbe anzusetzen. Demgegenüber wird man einer Webseite an sich ohne diese besonderen Komponenten nicht ohne weiteres urheberrechtlichen Schutz zubilligen können. Das Nachahmen der Struktur und der Funktionalität eines Webauftritts stellt demgemäß in der Regel weder eine Urheberrechtsverletzung noch eine wettbewerbswidrige Handlung dar.
Nur wenn man einem Internetauftritt die für ein Computerprogramm (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 69a UrhG) bzw. ein Multimediawerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 6, 2. Alt. UrhG) die gem. § 2 Abs. 2 UrhG erforderliche Schöpfungshöhe zuschreiben muss, kommt insgesamt eine urheberrechtlicher Schutz auch für das von Texten und Bildern unabhängige Struktur- und Funktionalitätsgerüst in Betracht.
LG Köln v. 20.06.2007:
Eine Webseite fällt im allgemeinen nicht unter den Urheberrechtsschutz, wenn sie eine alltägliche grafische Gestaltung der Benutzeroberfläche aufweist. Textpassagen einer Internetseite jedoch, durch die komplizierte Regelungen leicht verständlich und übersichtlich dargestellt werden, können als sog. "kleine Münze" Urheberrechtsschutz genießen. Die Übernahme von Werbebannern und Textpassagen von einer anderen Internetseite kann aber auch aus wettbewerbsrechtlichen Erwägungen (Herkunftstäuschung, Wertschätzung durch Nachahmung) rechtswidrig sein.
OLG Rostock v. 27.06.2007:
Internetseiten, die lediglich auf HTML-Code basieren, sind keine Computerprogramme i.S.v. § 69a Abs. 1 UrhG. Sie sind als Sprachwerke urheberrechtlich geschützt, wenn die Verwendung von bestimmten Meta-Tags dazu führt, dass die Internetseite bei Recherchen mittels Suchmaschinen an der Spitze der Suchergebnisse gelistet wird. Die individuelle Auswahl und Anordnung dieser Suchbegriffe aus der Alltagssprache stellt eine persönliche geistige Schöpfung i.S.v. § 2 Abs. 2 UrhG dar.
LG Köln v. 16.06.2009:
Auch wenn Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten bzgl. der graphischen und funktionalen Gestaltung der Bildschirmoberflächen zweier sozialer Netzwerke nicht zu übersehen sind, liegt eine Unlauterkeit der Nachahmung im Sinne des § 4 Nr. 9 a) UWG nicht vor. Ausgehend vom Grundsatz der Nachahmungsfreiheit ist eine Nachahmung erst dann wettbewerbswidrig, wenn besondere Umstände vorliegen, die das Nachahmen als unlauter erscheinen lassen (Facebook gegen StudiVZ).
LG Köln v. 12.08.2009:
Es ist allgemein anerkannt, dass der Gestaltung von Webseiten unabhängig von der Digitalisierung ihres Inhalts ein Urheberrechtsschutz zukommen kann, sofern die Gestaltung die gemäß § 2 Abs. 2 UrhG erforderliche Schöpfungshöhe erreicht. Der urheberrechtliche Schutz ergibt sich aus der Verwendung der Sprache, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. Vielfach liegt gerade die Individualität eines Webseitentextes in seiner Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung. Für Webseiten gilt deshalb zudem, dass die Individualität des Textes gerade auch in der technischen Realisierung der Gestaltung liegen kann, wenn der Webdesigner die Internetseite durch gezielte Verwendung von Sprache so optimiert, dass sie bei der Eingabe von Alltagsbegriffen in eine Suchmaschine unter den ersten Suchergebnissen erscheint.(Disk-Jockey).
LG Rottweil v. 02.01.2010:
Ein aus Texten und Grafiken bestehender Internetauftritt eines Unternehmens genießt wettbewerbsrechtliche Eigenart, wenn die konkrete Ausgestaltung der Internetseiten geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder auf seine Besonderheiten hinzuweisen und nicht allgemein üblich ist oder von Mitbewerbern in gleicher oder ähnlicher Form oder Funktion verwendet wird. Eine Nachahmung eines derartigen Internetauftritts ist wettbewerbswidrig.
OLG Karlsruhe v. 14.04.2010:
Die Gestaltung einer Bildschirmmaske ist nicht nach § 69a UrhG als Computerprogramm geschützt. - Eine Bildschirmmaske kann nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG Schutz genießen, wenn ihre graphische Gestaltung im Vordergrund steht. - Auch bei Vorliegen wettbewerblicher Eigenart einer Bildschirmmaske scheidet ein Anspruch nach § 4 Nr. 9a UWG aus, wenn sowohl die klägerische Maske als auch die angegriffene, ähnliche Maske nicht isoliert vertrieben werden, sondern Bestandteil einer umfassenden Software sind, deren unterschiedliche Bezeichnung eine Herkunftstäuschung ausschließt. Für die Frage der Eignung zur Herkunftstäuschung kommt es dabei auf die Verkehrskreise an, die über die Beschaffung der Software entscheiden.
LG München v. 11.04.2004:
Ein Vertrag über die Neuerstellung und Gestaltung eines Internetauftritts ist ein Werkvertrag. Wird der Internetauftritt bereits vor der an sich fälligen Zahlung des Werklohns online genutzt, dann stellt dies eine Verletzung des Urheberrechts des Webseitenerstellers dar, wenn die vom Webdesigner geschaffene Leistung als Computerprogramm (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 69a UrhG) bzw. Multimediawerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 6, 2. Alt. UrhG) die gem. § 2 Abs. 2 UrhG erforderliche Schöpfungshöhe aufweist.
LG Stuttgart v. 04.11.2010:
Bei Produktbeschreibungen, Pflegehinweisen und Hinweisen zur Größenauswahl (hier: bei der Werbung für Anwaltsroben) handelt es sich um Gebrauchstexte, die ausschließlich der Produktpräsentation dienen. Sie sind keine andersartigen, individuellen Schöpfungen mit einem gewissen Maß an Originalität und genießen deshalb auch keinen Urheberrrechtsschutz.