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Landgericht Hamburg Urteil vom 12.11.2008 - 308 O 548/08 - Zur fehlenden Störerhaftung eines reinen Internet-Access-Providers für rechtswidrige Inhalte trotz Kenntnis
 

 

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LG Hamburg v. 12.11.2008: Ein reiner Access-Provider haftet auch nach Kenntnis rechtswidriger Inhalte im Internet nicht als Störer für den Abruf der Inhalte durch seine Kunden. Er vermittelt keine Inhalte wie ein Foren- oder Plattformbetreiber, sondern lediglich den technischen Zugang zum Internet. Deshalb kann von einem Access-Provider auch keine DNS-Sperrung eines rechtswidrigen Internetangebots verlangt werden, wenn dessen namentlich unbekannter Betreiber sich unerreichbar im Ausland befindet.

Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 12.11.2008 - 308 O 548/08) hat entschieden:
Ein reiner Access-Provider haftet auch nach Kenntnis rechtswidriger Inhalte im Internet nicht als Störer für den Abruf der Inhalte durch seine Kunden. Er vermittelt keine Inhalte wie ein Foren- oder Plattformbetreiber, sondern lediglich den technischen Zugang zum Internet. Deshalb kann von einem Access-Provider auch keine DNS-Sperrung eines rechtswidrigen Internetangebots verlangt werden, wenn dessen namentlich unbekannter Betreiber sich unerreichbar im Ausland befindet.
Zum Sachverhalt: Die Antragstellerinnen nahmen die Antragsgegnerin im Verfahren der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der nach ihrer Auffassung urheberrechtswidrigen Zugangsvermittlung zu Spielfilmen auf der Domain … im Internet in Anspruch.

Die Antragstellerinnen sind international und national führende Filmstudios und Filmverleihe. Alle Antragstellerinnen verwerten ihr Spielfilmrepertoire in Deutschland zunehmend auch in der Weise, dass sie Online-Abrufdiensten das entgeltpflichtige Angebot der Filme über das Internet („Video on demand“) gestatten. Eine solche Online-Filmauswertung beginnt jedoch frühestens mit der DVD-Veröffentlichung der jeweiligen Spielfilme.

Die fünf Antragstellerinnen waren Inhaberinnen der ausschließlichen Auswertungsrechte an verschiedenen Filmen. Alle fünf Filme befanden sich in Deutschland noch in der exklusiven Kinoauswertung.

Die insbesondere unter ihrer Marke … bekannte Antragsgegnerin ist ein führender deutscher Internetzugangsanbieter („Access Provider“). Sie vermittelt ihren Kunden gegen Entgelt - meist im Wege einer „Flatrate“ - den Zugang zum Internet und damit zu allen im World Wide Web verfügbaren Internetangeboten. Die Antragsgegnerin verfügt über ein eigenes, hochmodernes Telekommunikationsnetz mit umfassenden Angeboten und Services im Bereich Sprach-, Daten- und Multimedialeistungen.

Auf der Webseite „…“, die unter einer indischen Top-Level-Domain registriert ist, jedoch in deutscher Sprache verfasst ist, fand sich eine Videothek aktueller Kinospielfilme und Fernsehserien, die über eine Verlinkung auf Drittseiten zum Abruf angeboten werden. Der Schwerpunkt der Website, die mit „Kino im Internet“ wirbt, lag fast ausschließlich auf dem Filmangebot. Auf der Webseite wurden unter verschiedenen Rubriken einschließlich der Folgen von Fernsehserien mehr als 1.700 Filme angeboten. Der Abruf der Filme erfolgt primär als „Stream“, d.h. der Nutzer lädt keine Datei dauerhaft auf seiner Festplatte herunter. Vielmehr wird der Film beim Nutzer temporär gespeichert und nach einer kurzen Wartezeit vorgeführt. Es ist aber möglich, dass der Nutzer die „gestreamten“ Dateien endgültig auf seinem Rechner speichert. Die für den Abruf der Streams zu verwendende Software (z.B. Realplayer, Divx-Player) erlaubt die Auswahl einer dauerhaften Vervielfältigung. Technisch besteht die Besonderheit, das die zum Abruf angebotenen Filmdateien nicht unmittelbar auf dem Server von ,,…“ gespeichert sind, sondern auf - weltweit verstreuten und oftmals versteckt agierenden - Servern lagern. „…“ verweist auf die Dateien im Wege eines „deep links“, wobei der Nutzer häufig gar nicht merkt, dass er den „…“-Dienst verlässt.

Weder die Antragstellerinnen noch die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU) konnten ermitteln, wer die Betreiber von „…“ sind, da die Webseite kein Impressum aufweist und bei der indischen Domainvergabestelle nur ein Anonymisierdienst registriert ist. Die Abmahnung des Host Providers, der das Webseiten-Angebot „...“ auf seinen Servern speichert, blieb ohne Erfolg; das Angebot wurde weder entfernt noch gesperrt.

Die Antragstellerinnen machen geltend, dass die Antragsgegnerin die Rechte an ihren jeweils ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechten an den 5 streitgegenständlichen Kinofilmen verletze, indem sie ihren Kunden den Zugang zu der Webseite „…“ vermittelt und es damit ihren Kunden ermöglicht, die Filme - jedenfalls vorübergehend - zu vervielfältigen.

Die Antragstellerinnen haben in der mündlichen Verhandlung klar gestellt, dass jede Antragstellerin die Unterlassung nur hinsichtlich des Spielfilmes begehrt, an dem sie über ausschließliche Nutzungsrechte verfügt.

Die Antragsgegnerin stellte das Vorliegen der Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs in Abrede. Ihre Inanspruchnahme scheide wegen § 8 TMG und mangels Störereigenschaft aus. Es sei nicht ersichtlich, dass einer ihrer Kunden die streitgegenständlichen Filme vervielfältigt hätte oder dass diesbezüglich eine Gefahr konkret drohe. Selbst wenn eine Störerhaftung in Betracht gezogen werde, habe sie keine zumutbaren Prüfpflichten verletzt. Eine DNS-Sperre sei wegen der leichten Umgehungsmöglichkeit kein geeignetes Mittel zur Verhinderung weiterer Rechtsverletzungen und kein zumutbares Mittel dagegen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Internet-Access-Provider blieb erfolglos.

Aus den Entscheidungsgründen:

"A.

Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung ist zurückzuweisen, weil die Antragsgegnerin weder als Täterin oder Teilnehmerin noch als Störerin verpflichtet ist, ihren Kunden den Zugang zu dem Internetauftritt „…“ mit den streitgegenständlichen Filmwerken oder von Teilen davon zu verwehren. Sie haftet auch nach Auffassung der Antragstellerinnen nicht für das öffentliche Zugänglichmachen der Filme durch die Betreiber von „…“.

I.

Eine Haftung der Antragsgegnerin als Täterin oder Teilnehmerin an den ihren Kunden vorgeworfenen rechtsverletzenden Vervielfältigungen der Filme ist nicht begründet. Sie ist Access-Provider und ihr Dienst beschränkt sich auf das passive automatische Verfahren der Durchleitung von fremden Informationen: Sie vermittelt ihren Kunden also nur den Zugang zu allen im Internet vorhandenen Angeboten und hinsichtlich konkreter Inhalte - etwa der des Internetauftritts “… “ - hat sie keine Kenntnis und darf sie auch keine Kenntnis nehmen. An Vervielfältigungshandlungen der Kunden nimmt sie nicht teil.

II.

Eine ausdrückliche gesetzliche Anspruchsgrundlage, welche die Voraussetzungen einer Verpflichtung eines Access-Providers zu einer Sperrung des Zuganges zu einem Internetauftritt, auf die das Begehren der Antragstellerinnen im Ergebnis gerichtet ist, fehlt. In Betracht kommt daher nur eine Verpflichtung der Antragsgegnerin nach den Regeln der Störerhaftung. Dabei geht das Gericht davon aus, dass in dem Internetauftritt „…“ in weitaus überwiegendem Umfang rechtsverletzende Inhalte offeriert werden und dass auch Kunden der Antragsgegnerin dort unter anderem die Filme der Antragstellerinnen aufgerufen und heruntergeladen haben.

1. Auch ein Access-Provider unterliegt grundsätzlich der Störerhaftung. Zwar ist unter anderem der Access-Provider gemäß § 8 TMG für das passive automatische Verfahren der Durchleitung von fremden Informationen von der Verantwortlichkeit für deren Inhalte freigestellt und gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG besteht keine Verpflichtung, die vermittelten Informationen zu überwachen. Nach der Rechtssprechung des BGH (seit dem Urteil „Internetversteigerung I“, GRUR 2004, 860, bestätigt und auf den vorbeugenden Unterlassungsanspruch erweitert durch das Urteil Internetversteigerung II, GRUR 2007, 708, erweitert auch auf Forenbetreiber durch das Urteil „Meinungsforum“, GRUR 2007, 724) gelten diese Privilegierungen allerdings nicht für den Unterlassungsanspruch bei der Verletzung von Immaterialgüterschutzrechten. Zwar sind die Entscheidungen des BGH nicht zur Haftung von Access-Providern ergangen, allerdings wird vom BGH insoweit auch nicht differenziert. Zudem lässt § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Grundsätzen von der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters ohne Differenzierung zwischen den Diensteanbietern unberührt. Dem entspricht auch die Intention von Art. 8 Abs. 3 der InfoSoc-Richtlinie (EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft - RL 2001/29 EG) und dem dortigen Erwägungsgrund Nr. 59. Damit ist der Weg zur Störerhaftung auch des Access-Providers grundsätzlich eröffnet, ohne dass dazu es einer besonderen Umsetzung von Art. 8 Abs. 3 der InfoSoc-Richtlinie bedarf (so auch die Stellungnahme der Bundesregierung vom 06.11.2002 im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie - BT-Drucksache 15/38, Anlage 3 „Zu Buchstabe d“).

2. Im Rahmen des Unterlassungsanspruchs haftet in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB jeder als Störer für eine Schutzrechtsverletzung, der - ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Um eine solche Haftung nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, wird die Haftung des Störers durch Zumutbarkeitserwägungen im Hinblick auf Prüf- und Handlungspflichten zur Verhinderung und/oder der Störungsbeseitigung eingegrenzt, deren Art und Umfang sich nach Treu und Glauben bestimmt (vgl. zu zumutbaren Vorkehrungsmaßnahmen: BGH GRUR 1984, 54, 55 -Kopierläden; vgl. zu zumutbaren Prüfpflichten: BGH GRUR 1999, 418, 420 - Möbelklassiker - und BGH GRUR 1997, 313, 315 - Architektenwettbewerb). Bei einem Access-Provider kommt dabei, davon gehen auch die Antragstellerinnen aus, eine Störerhaftung erst in Betracht, nachdem ihm Kenntnis von der Rechtsverletzung vermittelt worden ist, und, so die Gesetzesbegründung zu § 10 TDG, wenn die Entfernung oder Sperrung technisch möglich sowie zumutbar ist (BT-Drucksache 14/6098, S. 23, 25). Das gilt unverändert für das TMG weiter, denn nach der Gesetzesbegründung sind in den §§ 7 bis 10 TMG die in den §§ 5 bis 11 TDG enthaltenen Regelungen unverändert übernommen worden (BT-Drucksache 16/3078, S. 11). Im Übrigen finden sich diese Voraussetzungen auch in der Regelung des § 59 Abs. 4 RStV mit einer vergleichbaren Zielrichtung im öffentlichen Recht.

3. Die Dienstleistung der Antragsgegnerin ist adäquat kausal für die geltend gemachten Rechtsverletzungen. Ein Verhalten ist adäquat kausal, wenn es im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg der fraglichen Art herbeizuführen ( BGH NJW 2005, 1420, 1421 m. w. N.). Wenn die Antragsgegnerin ihren Kunden den Zugang zum Internet vermittelt, dann führt das nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge auch zum Aufruf und Download rechtswidriger Inhalte aus dem Internet wie den streitgegenständlichen Filmen. Das begründet die erforderliche Adäquanz der Kausalität des Dienstes der Antragsgegnerin für die Vervielfältigungshandlungen ihrer Kunden. Die Auffassung, dass es sich beim Access-Providing um eine sozial erwünschte Tätigkeit handele und es damit nicht zu vereinbaren sei, die Vermittlung des Zugangs zum Internet als adäquat kausale Herbeiführung aller im Internet stattfinden Verstöße gegen deutsches Recht anzusehen mit der Folge einer mit diesem Geschäftsmodell nicht zu vereinbarenden Flut von Ansprüchen gegen die Accessprovider (so Schnabel , Anmerkung zu LG Kiel, Urteil vom 23.11.2007, MMR 2008, 123, 125), verkennt die insoweit wertfreie Voraussetzung der Adäquanz eines ursächlichen Verhaltens. Das Korrektiv zur Vermeidung einer danach ausufernden Haftung ist die Begrenzung der Haftung danach, wieweit sie der als Störer in Anspruch genommenen Partei billigerweise zugemutet werden kann (so schon BGH GRUR 1965, 104, 106 - Personalausweise). Aus dieser Erwägung dürfte auch der durchaus bedenkenswerte Ansatz nicht zum Tragen kommen, den Verursachungsbeitrag, der der gebilligten und erwünschten Tätigkeit des Access-Providers innewohnt, unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Störerhaftung bereits bei der Adäquanzprüfung dahingehend zu überprüfen, ob dieser Beitrag das Verletzungsrisiko gegenüber dem allgemeinen Lebensrisiko überhaupt in beachtlicher Weise erhöht hat; dahingehende Wertungen fließen nach der dargestellten Rspr. des BGH vielmehr in die nachfolgende Zumutbarkeitsprüfung ein.

4. Die Frage der Störerhaftung des Access-Providers entscheidet sich daher bei der Voraussetzung der technischen Möglichkeit und der Zumutbarkeit der mit der begehrten Sperrungsanordnung verbundenen Pflichten.

a) Die verlangte Sperrungsanordnung ist technisch möglich.

Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzung der technischen Möglichkeit im Hinblick auf die allgemeinen Regelungen zur Unmöglichkeit gemäß § 275 BGB lediglich deklaratorisch oder gar überflüssig ist. In jedem Falle ist ein Anspruch auf eine unmögliche Leistung ausgeschlossen.

Die hier begehrte Leistung ist der Antragsgegnerin jedoch nicht unmöglich. Nach Auffassung der Kammer setzt die technische Möglichkeit einer Sperrung nicht voraus, dass die Erreichbarkeit einer rechtswidrigen Information dadurch endgültig verhindert wird. Es reicht vielmehr, wenn eine Zugangsbeschränkung im Sinne einer Erschwerung herbeigeführt werden kann. Umgehungsmöglichkeiten der Sperrung sind bei der Möglichkeitsprüfung nicht zu berücksichtigen( O VG Münster, MMR 2003, 348, 351f - Sperrungsverfügung; VG Düsseldorf, Sperrungsverfügung gegen Access-Provider MMR 2005, 794, 797; Dietlein/Heinemann, K&R 2004, 418, 423). Es kommt nur darauf an, dass dem Nutzer der Zugriff auf dem Weg nicht mehr möglich ist, den die Sperrung den die Sperrung unterbricht (vgl. Billmeier, „ Die Düsseldorfer Sperrungsverfügung“, Berlin 2007, S. 133 f). Erforderlich für die Annahme der technischen Möglichkeit einer Sperrung ist nach Auffassung der Kammer auch nicht, dass diese sich auf die zu sperrende rechtswidrige Information beschränkt (Dietlein/Heinemann, K&R 2004, S. 418, 423; a.A.: Billmeier, a.a.O. S.273; Stadler, MMR 2003, 208, 210; Spindler/Volkmann, K&R 2002, 398, 408). Die Fragen der Umgehungsmöglichkeiten und der überschießenden Sperrung anderer Inhalte können Gegenstand der im Rahmen der Zumutbarkeit anzustellenden Verhältnismäßigkeitsprüfung sein.

Davon ausgehend ist die verlangte Sperrverfügung bereits in Form der im Vordergrund erörterten DNS-Sperre technisch möglich.

b) Die mit der begehrten Sperrungsanordnung verbundenen Pflichten sind der Antragsgegnerin aber nicht zumutbar.

aa) Der BGH fordert im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung eine Abwägung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen (BGH, MMR 2007, 634, 637 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Soweit die zitierte Entscheidung wettbewerbliche Verkehrspflichten betrifft, gilt das, wie auch die Bezugnahme auf Entscheidung betreffend Immaterialgüterrechte verdeutlicht (BGH GRUR 1997, 313, 315 f. - Architektenwettbewerb; BGH MMR 2001, 671 - ambiente.de ), in gleicher Weise für die Pflichtenprüfung bei Störerhaftung zum Schutz absoluter Rechte im Bereich der Immaterialgüterrechte.

bb) Das Interesse der Antragstellerinnen ist dadurch geprägt, dass durch das unterstellte rechtsverletzende Vervielfältigen ihrer jeweiligen Filme durch Kunden der Antragsgegnerin in ihr entsprechendes urheberrechtliches Nutzungsrecht eingegriffen wird und sie dadurch bei der wirtschaftlichen Auswertung der Filme behindert werden. Ein Zugriff auf die nicht bekannten Betreiber der des Internetauftritts „…“ ist nicht möglich und eine Inanspruchnahme des Host-Providers nicht erfolgversprechend. Eine Sperrung des Zuganges ihrer Kunden zu dem Internetauftritt durch die Antragsgegnerin stellt sich für sie derzeit als einzige Möglichkeit dar, weiteres Herunterladen der Filme durch Kunden der Antragsgegnerin zu unterbinden.

cc) Bei der Antragsgegnerin ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass diese lediglich ein automatisch ablaufendes Verfahren zur Verfügung stellt, welches ihren Kunden den Zugriff auf die Internetinhalte vermittelt. Ihr passiv neutraler automatischer Beitrag ist nicht vergleichbar mit dem eines Plattformbetreibers, wie er den BGH-Entscheidungen zu den Internetauktionshäusern zugrunde lag (so auch OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2008, 93, 94 - Access-Provider, dort zu wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen), und dem eines Forenbetreibers. Dort hat bei der Frage der Zumutbarkeit von Pflichten darauf abgestellt werden können, dass die Betreiber der Plattformen und Foren selbst die Gefahrenquellen für Rechtsverletzungen gesetzt haben, es ihnen gerade auch auf die Inhalte ankommt und dass dort ganz andere Möglichkeiten einer besseren Beeinflussung und Kontrolle der Inhalte bestand. Die Antragsgegnerin hat dem gegenüber selbst keine neue Gefahrenquelle gesetzt und als neutraler technischer Vermittler mit den von ihr vermittelten Inhalten nichts zu tun und keinerlei Einfluss darauf. Sie hat damit einen deutlich größeren Abstand zu den rechtsverletzenden Inhalten, wodurch auch die Zumutbarkeitsgrenzen eingeengt werden.

dd) Die Erfüllung der Verpflichtung wäre für die Antragsgegnerin mit zusätzlichem wirtschaftlichen Aufwand verbunden.

Die Antragsgegnerin schuldet ihren Kunden vertraglich den ungehinderten Zugang zum Internet. Wenn von ihr verlangt wird, den Zugang zu einem Internetauftritt zu sperren, weil ihre Kunden beim Aufruf dieser Seite eine Rechtsverletzung begehen, dann bedarf es einer umfassenden Prüfung in sachlicher und rechtlicher Hinsicht, ob die Sperrung tatsächlich gerechtfertigt ist. Bei einem Sachverhalt wie dem Vorliegenden sind die Aktivlegitimation von fünf Antragstellerinnen und der Umfang der in Betracht zu ziehenden Rechtsverletzungen zu beurteilen. Das bedingt eine zeitlich durchaus aufwendige juristische Prüfung. Weiter müsste die geforderte DNS-Sperre eingerichtet und gegebenenfalls kontrolliert werden. Insgesamt wird für die Erfüllung dieser Aufgaben eine neue Infrastruktur erforderlich sein.

Der damit verbundene Aufwand entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen bei der Zumutbarkeitsprüfung zu berücksichtigen. Denn das von der Gesellschaft nicht nur gebilligte, sondern für das Funktionieren des Internets unabdingbare Kerngeschäft der Antragsgegnerin ist das inhaltsneutrale automatische Vermitteln und durch die hier dargestellten Pflichten werden ihr davon abweichende zusätzliche Aufgaben abverlangt, so dass es gerechtfertigt erscheint, den damit verbundenen Aufwand in die Zumutbarkeitsprüfung einfließen zu lassen.

ee) Bei der Frage der Zumutbarkeit ist schließlich mit der Eignung der in Betracht kommenden Maßnahme zu berücksichtigen, hier die der geforderten „DNS-Sperre“. Denn je geringer die Eignung ist, umso weniger wird von der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung des dargestellten zusätzlichen Aufwandes die Einrichtung einer solchen Sperre verlangt werden können.

Die Eignung einer „DNS-Sperre“ zur Verhinderung des Zugriffs auf einen Internetauftritt ist aufgrund von Umgehungsmöglichkeiten, etwa durch Eintragung eines anderen Nameservers, nur beschränkt (vgl. LG Kiel, MMR 2008, 123, 124; Gehrke, MMR 2008, 291). Ohne Erfolg verweisen die Antragstellerinnen darauf, dass die Mehrzahl der durchschnittlichen Internetnutzer durch eine DNS-Sperre davon abgehalten würden, einen anderen Weg zu dem gesperrten Internetauftritt zu suchen. Dem Gericht ist es in wenigen Minuten gelungen, eine Internetseite mit einer Anleitung zur Umgehung mit den verfügbaren Name-Servern zu finden. Den Nutzern solcher Filmdownloadseiten wie „…“, es dürften im Wesentlichen internetaktive Jugendliche und junge Erwachsene sein, wird das im Zweifel noch schneller gelingen.

ff) Insgesamt ist unter Berücksichtigung der eingeschränkten Wirkung der geforderten DNS-Sperre, der durch die rein objektive Unterstützung der behaupteten Verletzungshandlungen durch die Antragsgegnerin eingeschränkten Zumutbarkeit und des Prüfungsaufwandes auch unter Berücksichtigung der Interessen der Antragstellerinnen ein Anspruch aus Störerhaftung zu verneinen.

c) Damit erweist sich der geltend gemachte Anspruch als nicht begründet. Die Kammer verkennt nicht, dass ihre Wertungen dazu führen, dass eine zivilrechtliche Inanspruchnahme eines Access-Providers auf Sperrung eine Internetseite derzeit mit der Störerhaftung praktisch kaum durchsetzbar sein dürfte, und dass es danach vielmehr entgegen der Stellungnahme der Bundesregierung vom 06.11.2002 im Rahmen der Umsetzung der InfoSoc-Richtlinie (BT-Drucksache 15/38, Anlage 3 „Zu Buchstabe d) einer der Intention von Art. 8 Abs. 3 der InfoSoc-Richtlinie entsprechenden ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft hätte, wie etwa mittlerweile im Rahmen des § 101 UrhG im Hinblick auf Auskunftsansprüche gegen Provider geschehen ist.

B.

Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung war daher mit den sich aus den Regelungen der §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 6, 711 ZPO ergebenden Nebenentscheidungen zurückzuweisen. ..."




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