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Software
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OLG Düsseldorf v. 25.11.2008: Zur Urheberrechtsfähigkeit von Computerprogrammen und zu den Rechten von Arbeitnehmern am von ihnen entwickelten Programmcode
Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 25.11.2008 - I-20 U 72/06) hat entschieden:
Nach der BGH-Entscheidung „Fash 2000“ (GRUR 2005, 860, 861) ist die Urheberrechtsfähigkeit von Software im Wege der Vermutung zu unterstellen; der Gegner trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung, ein Programm sei ausnahmsweise nicht schutzfähig. Insofern liegt die Schutzhöhe nicht auf dem Niveau der „kleinen Münze“, sondern noch darunter. Die Vermutung gilt auch für Programmteile, vor allem wenn es sich um technisch nicht-triviale und umfangmäßig nicht unerhebliche Sequenzen handelt. Finden sich solche Elemente einer „eigenwilligen“ Programmierung im Sourcecode wieder und tauchen darüber hinaus sogar noch die Namenskürzel des Urhebers in zahlreichen Kommentarzeilen auf, ist von einer widerrechtlichen Vervielfältigung von geschützten Programmteilen auszugehen. Dem Programmierer als ehemaligem Arbeitnehmer steht ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Vervielfältigung und Verbreitung zu, auch wenn er lediglich Miturheber war. Auskunfts- und Schadensersatzansprüche stehen nur allen Miturhebern gemeinschaftlich zu.
Zum Sachverhalt: Der Kläger war angestellter Programmierer der zwischenzeitlich in Insolvenz gefallenen V. GmbH und Hauptinitiator des Softwareprojekts 3DTT. Der Beklagte zu 1) ist ehemaliger Geschäftsführer von V.. Die Beklagte zu 2) ist Vertriebspartnerin von Softwarefirmen und brachte im März 2002 das streitgegenständliche Spiel „S&S“ auf den Markt.
Das Projekt 3DTT hatte die Programmierung eines Wirtschafts-/ Transportsimulationsspiels zum Ziel. Die Programmierergruppe dieses Projekts fand sich über das Internet und nannte sich W-X. Sie entwickelte bis April 2000 in der Programmiersprache Delphi eine eingeschränkt lauffähige Version ihres Spiel - bekannt als Version Alpha 6.2.
Die Idee dieses Projekts war die Entwicklung eines komplexen Transportsimulationsspiels, das die historische Entwicklung von 1820-2020 simulieren sollte.
Im Frühjahr 2000 trat der Kläger mit V. in Kontakt, um über eine Lizenzierung bezüglich des Spiels 3DTT zu verhandeln. Ein solcher Vertrag wurde jedoch nicht geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die W-X-Programmierer D., Z., H. und P. ihre Rechte an 3DTT an den Kläger abgetreten.
Im August 2000 vereinbarten der Kläger und V. einen Arbeitsvertrag, dem bezüglich der Weiterentwicklung des Projektes 3DTT folgende Klausel zugrunde gelegt wurde:
§ 7 „Eigentumsvorbehalt“ des Arbeitsvertrages:
(1) Alle vom Arbeitnehmer während seiner Tätigkeit für den Arbeitgeber entwickelten Konzepte, Ideen, Grafiken, Animationen, Sounds, Soundeffekte, Musiken, Programmcode, Programmroutinen und alle anderen Werke, gehen automatisch in das Eigentum des Arbeitgebers über. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Arbeiten in direktem Zusammenhang mit der ihm übertragenen Aufgabe stehen und ob diese Werke mit Maschinen und/oder Wissen entstanden sind, auf die der Arbeitgeber ein Urheber-, Nutzungs- oder Eigentumsrecht hat.
(2) Für das Projekt mit dem Arbeitstitel „3DTT“, ein Transportsimulationsspiel auf der Basis einer vom Arbeitnehmer bereits vor Vertragsschluss begonnenen Darstellungsengine, gelten Sonderbestimmungen, die in einem Vertrag schriftlich festzulegen sind.
Anschließende Verhandlungen des Klägers mit V. über den Abschluss einer § 7 Abs. 2 des Arbeitsvertrages entsprechenden Vereinbarung verliefen erfolglos. Es wurde zwar an einer Vereinbarung gearbeitet, sie wurde jedoch nicht abgeschlossen.
Nachdem der Kläger zunächst im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses an dem Projekt „Sternenfahrer“ mitgearbeitet hatte, entwickelte er als Projektleiter mit weiteren bei V. angestellten Programmierern ein Transportsimulationsspiel. Teil dieses Programmierer-Teams war auch ein ehemaliges Mitglied von W-X, der Zeuge D.
Am 18.12.2000 stellte der Kläger die Version Alpha 7.0 zum Download in einem Internetforum bereit.
Dem Kläger wurde nach Unstimmigkeiten im Sommer/Herbst des Jahres 2001 zum 19.10.2001 gekündigt.
Im März 2002 brachte V. das Transportsimulationsspiel S&S auf den Markt. Die Beklagte zu 2) und damalige Muttergesellschaft von V. erwarb mit Vertrag vom 29.11/03.12.2001 deren Lizenzrechte für einen Verkaufspreis von ca. 400 000,00 €.
Die Beklagte zu 2) vertreibt S&S seit März 2002 in Deutschland.
Der Quellcode der Verkaufsversion von S&S wurde im erstinstanzlichen Verfahren trotz Auflagen- und Beweisbeschlusses vom 29.10.2003 vom Beklagten zu 1) nicht beigebracht und war auch sonst nicht verfügbar.
Zunächst haben die Beklagten lediglich angegeben, über den Sourcecode mangels Zutrittsmöglichkeit zu den Geschäftsräumen infolge der Insolvenz nicht verfügen zu können. Nachdem der Insolvenzverwalter seine Unkenntnis bzgl. einer Existenz dieses Sourcecodes bekannt gegeben hatte, wurde bekannt, dass der Sourcecode sich auf einem Server in den Geschäftsräumen von V. befand. Die Beklagten haben behauptet, der entsprechende Server sei im Rahmen eines Einbruchsdiebstahls nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Geschäftsfortführung des Insolvenzverwalters entwendet worden.
Der Kläger hat am Ende des erstinstanzlichen Verfahrens mit Schriftsatz vom 31. Januar 2006 eine Quellcodeversion als Anlage K 28 auf CD-ROM vorgelegt. Er hat behauptet, der Code gem. Anlage K 28 gebe den Entwicklungsstand von S&S vom 19. Oktober 2001 wieder. Die Prüfung dieser Frage hat das Landgericht wegen Verspätung abgelehnt.
Der Kläger hat behauptet, dass S&S eine Weiterentwicklung von 3DTT sei, die auf der Darstellungsengine von 3DTT beruhe. Des Weiteren hat er angegeben, dass auch S&S in der Programmiersprache Delphi programmiert worden sei. Als weiteres Indiz für die im Wesentlichen bestehende Identität hat der Kläger gleiches Absturzverhalten und die in einem in erster Instanz eingeholten Sachverständigengutachten genannten Übereinstimmungen in Höhe von fünf Prozent angegeben. Auch habe das Sachverständigengutachten die Behauptung der Beklagten, dass mit der Programmierung zweimal neu begonnen wurde, widerlegt. S&S sei eine unfreie Bearbeitung von 3DTT. Der Kläger hat behauptet, dass ihm sämtliche Mitglieder des Programmiererteams W-X ihre Rechte an 3DTT Anfang des Jahres 2000 abgetreten hätten. Des Weiteren hat der Kläger behauptet, dass die Version vom 19.10.2001 in weiten Teilen mit der Verkaufsversion von S&S übereinstimme.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagten zu verurteilen,
- ihm Auskunft darüber zu geben, welche Einkünfte sie aus der Lizenzierung und sonstigen Verwertung des Computerspiels „S&S“ in der Version der Anlage K 24 in Deutschland und anderen Ländern weltweit erzielt hat,
- ihm einen nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Schadensersatz zu leisten,
- es zu unterlassen, das Computerspiel „S&S“ in der Version der Anlage K 24 zu vervielfältigen und zu vertreiben oder durch Dritte vervielfältigen oder vertreiben zu lassen.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.
Sie haben behauptet: Alle Überschneidungen und von dem Kläger gefertigten Programmteile seien von anderen angestellten Programmierern nach dessen Ausscheiden ersetzt worden. Insbesondere beruhe S&S nicht auf der Darstellungs-engine von 3DTT. Diese sei unbrauchbar gewesen. Vielmehr sei S&S aufgrund dessen im April 2001 und gegen Ende 2001 von Anfang an neu programmiert worden. Des Weiteren sei S&S nicht mit Delphi, sondern mit D++ programmiert worden. Auch enthielten die Grafikelemente keine Übereinstimmungen.
Der Beklagte zu 1) hat behauptet, dass die Vorlage des Quellcodes aufgrund eines Diebstahls in die Geschäftsräume von V. nicht möglich sei. Auch eine Sicherungskopie des Sourcecodes existiere nicht mehr.
Das Landgericht hat durch Vernehmung des Zeugen D., Z., H. und P. Beweis zu der Frage erhoben, ob diese dem Kläger die Rechte an dem Spiel abgetreten haben. Zudem hat die Kammer durch Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber Beweis erhoben, ob das Computerspiel S&S in der Version vom März 2002 im Objektcode mit dem Computerspiel „3DTT“ in der Version vom 15.04.2000 übereinstimmt, und zwar in welchem Umfang und in welchen Programmbereichen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Es hat die Ansicht vertreten, dass der Kläger als Miturheber nicht aktivlegitimiert gewesen sei, weil er Schadensersatzleistungen an sich geltend mache. Des weiteren sei auch das Vorliegen einer Urheberrechtsverletzung nicht substantiiert dargelegt worden.
Hiergegen richtete sich die Berufung des Klägers, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags sein Begehren weiter verfolgt hat.
Der Kläger hat in der Berufungsinstanz beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
- dem Kläger Auskunft darüber zu geben, welche Einkünfte sie aus der Lizenzierung und sonstigen Verwertung des Computerspiels „S&S“ in Deutschland und anderen Ländern weltweit erzielt haben,
- an den Kläger einen nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Schadensersatz zu leisten,
- es zu unterlassen, das Computerspiel „S&S“ zu vervielfältigen und zu vertreiben oder durch Dritte vervielfältigen und vertreiben zu lassen.
Die Beklagten haben die Zurückweisung der Berufung beantragt.
Sie wiederholten und vertieften ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen vor, der vom Kläger in das Verfahren eingebrachte Quellcode enthalte nicht die streitgegenständliche Version von „S&S“. Vielmehr müsse der Kläger diesen Quellcode nachträglich selbst generiert haben.
Die Berufung - und somit die Klage - war teilweise erfolgreich.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Die Berufung ist zulässig, hinsichtlich der geltend gemachten Auskunfts- und Unterlassungsansprüche jedoch unbegründet (1.).
Die Berufung ist hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs begründet (2.).
1. Der Kläger hat gegen die Beklagten iSv §§ 2 Abs. 1, 69a Abs. 1 UrhG iVm §§ 242, 259 BGB keinen Anspruch auf Auskunftserteilung bzgl. der Höhe der Einkünfte durch S&S. Der Kläger ist als bloßer Miturheber von 3DTT (Alpha 6.2.) nach § 8 Abs. 1 UrhG nicht aktivlegitimiert, von den Beklagten Leistung alleine sich selbst zu verlangen. Miturheber sind iSv § 8 Abs. 2 S. 1 UrhG als Gesamthandsgemeinschaft zu qualifizieren und können die Ansprüche, die die Verwertung des Werkes betreffen, gem. § 8 Abs. 2 S. 3 UrhG nur gemeinsam geltend machen. Dies gilt jedoch nicht, wenn Miturheber zugunsten anderer auf die Verwertung ihrer Rechte nach § 8 Abs. 4 S. 1 UrhG verzichtet haben.
Das Landgericht hat die Aktivlegitimation des Klägers in seiner bloßen Miturheberstellung iSv § 8 Abs. 1 UrhG hinsichtlich 3DTT (Alpha 6.2.) zu Recht aufgrund mangelnder substantiierter Darlegung der Inhaberschaft bzgl. sämtlicher Verwertungsrechte der weiteren Miturheber verneint. In der Tat kann man den erstinstanzlichen klägerischen Vortrag so verstehen, dass noch weitere nicht genannte Mitglieder von W-X existieren. Die Substantiierung der Aktivlegitimation eines einzelnen zur Geltendmachung der Ansprüche einer Mehrheit von Miturhebern setzt voraus, dass er die Namen aller weiteren Miturheber benennt und deren Rechtsabtretungen verifiziert.
Nach den Feststellungen erster Instanz waren die Mitglieder des Programmierteams W-X Miturheber. Einige haben ihre Nutzungsrechte an den Kläger abgetreten. Dies ergibt sich aus der Zeugenvernehmung der vier Mitglieder von W-X vor dem Landgericht am 15. Oktober 2003. Ungeklärt ist aber noch die Beteiligung der Herren B., B. und G. Diesbezüglich hat der Kläger schon erstinstanzlich Abtretungserklärungen zu seinen Gunsten behauptet. Entsprechender Beweis wurde aber nicht erbracht; insbesondere liegen die Abtretungserklärungen der genannten Personen nicht vor. Hier verweist der Kläger trotz entsprechenden Hinweises des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2006 nur pauschal darauf, dass die genannten Herren zwar an der Arbeitsgruppe W-X beteiligt, letztendlich aber nicht an der Softwareentwicklung beteiligt gewesen seien. Herr B. habe zwar einen Beitrag geleistet, dieser sei aber nicht übernommen worden. Der pauschale Hinweis, dass die Leistungen der Herren B., B. und G. sich nicht auf die Software-Entwicklung bezogen hätten, wird durch den Internetausdruck aus der offiziellen Internet-Seite von W-X (ROB B 5) widerlegt. Dort werden eindeutig softwarespezifische Entwicklungsleistungen der drei Herren ausführlich beschrieben. So soll Herr B. für die API-Programmoptimierung, Treiberanbindung, Setupprogramme und Netzwerk-Engine, Herr B. für die Mitspieler/Netzwerk-Engine und Herr G. als Eisenbahnexperte für die Texturen zuständig gewesen sein. Im Gegenzug fehlt es im klägerischen Vortrag an substantiierter Darlegung dazu, wieso die genannten Personen trotz der sehr spezifizierten Beschreibung in ROB B5 nicht Miturheber von der Version Alpha 6.2 vom April 2006 gewesen sein sollen. Statt dessen widerspricht sich der Kläger, wenn er erstinstanzlich vorträgt, die genannten Personen hätten an dem Spielprojekt 3DTT gestalterisch mitgewirkt und dementsprechend auf Abtretungserklärungen der drei Entwickler hinweist, und in zweiter Instanz aber eine Beteiligung der Personen an der Softwareentwicklung verneint.
Auch bleibt offen, ob nicht der Entwicklergruppe noch andere Programmierer angehörten. Die Beklagten haben hier zum Beispiel Herrn I. benannt. Er soll ausweislich des Internetausdruckes ROB B 5 die Zuständigkeit eines 3D-Editor gehabt haben. Insofern besteht ein Widerspruch zwischen den Angaben des Klägers, Herr I. habe während der „Hobbyprojektphase“ nicht mitgewirkt, und der Selbstbeschreibung der „Hobby-Gruppe“ im Internet, bei der Herr I. als 3D-Editor für 3DTT benannt wird. Im Hinblick auf den detaillierten Vortrag der Beklagten zu dieser Frage reicht es nicht aus, wenn der Kläger lediglich Beweis anbietet durch die „benannten Miturheber“, ohne dass deutlich wird, was die „Miturheber“ (wer es auch immer sein mag) zur Person von Herrn I. sagen sollten. Der Kläger selbst hat mit Schriftsatz vom 9. November 2006 angegeben, es lasse sich bei einer Zeugenvernehmung aller Mitglieder des Teams W-X nicht ausschließen, dass es „nicht doch weitere Miturheber“ gegeben hat. Die Teammitglieder überblickten „naturgemäß nur ihren eigenen Anteil am Werk, aber nicht die Anteile der anderen Miturheber“. Wenn dem so ist, ist das Beweisangebot des Klägers in Bezug auf die Beteiligung von Herrn I. von vornherein ungeeignet.
Im übrigen schließt sich der Senat den Ausführungen des Landgerichts an, soweit es bei unterstellter Abtretung aller Nutzungsrechte von W-X-Mitgliedern an den Kläger dessen Alleinurheberschaft verneint. Das unvollendete Spiel 3DTT wurde unstreitig von weiteren Mitarbeitern der V. weiterentwickelt, darunter - wie der Kläger selbst erklärt - auch Herr I., weshalb neben dem Kläger auch die V. nach § 69b UrhG vermögensrechtliche Befugnisse an der Software erwarb. Demnach umfasste die Miturhebergemeinschaft auch die V., die unstreitig keine Rechte an den Kläger abgetreten oder Verzichtserklärungen zu seinen Gunsten abgegeben hat.
2. Aus dem Vorstehenden folgt, dass dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gem. §§ 2 I, 69a I, 97 I 1 UrhG dem Grunde nach ebenso wenig zusteht. Der Kläger ist zur Geltendmachung von Schadensersatz an sich selbst nicht aktivlegitimiert, weil ihm nicht die Nutzungsrechte aller Miturheber übertragen worden sind.
3. Dem Kläger steht jedoch ein Unterlassungsanspruch iSv §§ 2 I, 69a I, 69c Nr. 1 und 3, 97 I 1 UrhG gegen die Herstellung von Vervielfältigungstücken des Programms „S&S“ und dessen Vertrieb zu.
a) Die Aktivlegitimation des Klägers als bloßer Miturheber bzgl. der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs ist zu bejahen, weil durch eine Unterlassung nicht der Schutzzweck von § 8 Abs. 2 Satz 3 UrhG untergraben wird.
b) Dass die Software, dessen Miturheber der Kläger war, nach § 69a UrhG urheberrechtlich geschützt ist, ist ohne weiteres anzunehmen und auch vom Landgericht bejaht worden. Es geht nur um die Frage, inwieweit sich die Software des Klägers in der Software der Beklagten wieder findet.
c) Das Urheberrecht des Klägers ist iSv §§ 23 S. 1, 69a I UrhG verletzt, da S&S - zumindest in der Quellcodeversion vom 19. Oktober 2001 - eine Bearbeitung der 3DTT-Version Alpha 6.2. vom 15.04.2000 darstellt.
(1) Der Senat definiert den Verletzungsgegenstand nach diesem Quellcode. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 31. Januar 2006 als Anlage K 28 auf CD-Rom eine Quellcodeversion vorgelegt und behauptet, es handele sich um eine Quellcodeversion vom 19. Oktober 2001. Der Code gem. Anlage K 28 gebe den Entwicklungsstand von S&S vom 19. Oktober 2001 wieder. Das Bestreiten der Beklagten mit dem Hinweis, dass es sich auch um eine eigene Parallelentwicklung des Klägers handeln könne, der Kläger könne nachträglich den Quellcode verändert haben, um den Eindruck zu erwecken, in den Quellcode seien Bestandteile des anderen Quellcodes übernommen worden, reicht nicht aus.
Denn die Beklagten haben nichts behauptet und unter Beweis gestellt, was den Verdacht einer Manipulation erhärten könnte. Sie verweisen lediglich darauf, dass der Kläger angeblich in erster Instanz auf den dort berufenen Sachverständigen in unzuverlässiger Weise Einfluss genommen habe. Selbst wenn man unterstellt, dass es zu einer solchen Einflussnahme gekommen wäre, ergibt sich daraus noch keine technische Manipulation am Quellcode. Die Dateien in der Anlage K 28 (S&S) stammen ausweislich der Computerdatierung aus dem Zeitraum vom 12. Juli 2000 bis 19. Oktober 2001. Ähnlich unsubstantiiert ist die Behauptung, der Kläger habe ja mehrere Jahre Zeit gehabt, derartige gezielte Veränderungen an dem Code vorzubereiten und umzusetzen. Der Kläger seinerseits hat behauptet, er habe den Quellcode erst in zweiter Instanz erhalten. Selbst wenn der Kläger aber, wie die Beklagten behaupten, mehrere Jahre Zeit hatte, den Code zu verändern, ist dies noch kein Anhaltspunkt dafür, dass er tatsächlich eine solche Veränderung vorgenommen hat. Wie der Sachverständige zu Recht betont, befindet sich in der Anlage K 28 auch ein Delphi Compiler. Es wäre sehr dreist, wenn jemand nachträglich einen Code manipulierte und dabei noch den Compiler beilegte. Hierzu haben die Beklagten nur allgemeine und pauschale Hypothesen aufgestellt, die dem Kläger ohne jedwede Anhaltspunkte eine Urkundenfälschung im Sinne von § 267 Abs. 1, 1. Var. StGB unterstellen.
(2) Der Kläger hat als Anlage K 15 zudem eine als Version 6.2 alpha gekennzeichnete Version des Quellcodes vorgelegt. Diese Version bezeichnet er auch als „3DTT-Version“ vom 15. April 2000. Für die Datierung der Anlage K 15 (3DT) spricht zum einen die Bezeichnung des Ordners als 3DT04-2000. Laut Dateisystem sind alle Dateien auf dieser CD zwischen dem 31. Juli 1999 und dem 15. April 2000 entstanden. Um die Dateierstellungsangaben zu verändern, müsste man mit einem mehrstündigen Aufwand die interne Uhr des Rechners viele Male umstellen und dann jeweils eine Datei mit dem neuen Datum speichern. Ein solches Manipulationsvorgehen erscheint unwahrscheinlich. Man müsste dazu dem Kläger ein hohes Ausmaß an krimineller Energie unterstellen.
(3) Angesichts des anfänglichen Fehlens des Sourcecodes ist im Berufungsverfahren ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt worden, und zwar auf der Grundlage der - von der Auffassung des Landgerichts abweichenden - Annahme, dass eine Übereinstimmung nicht nur dann anzunehmen ist, wenn sie objektiv anhand der Quellcodes der Programme nachgewiesen wird. Vielmehr sind angesichts der Komplexität der Materie und im Hinblick auf das überraschende Verschwinden des Quellcodes bei den Beklagten auch Indizien für die Feststellung einer Übereinstimmung herangezogen werden.
Der zweitinstanzliche Sachverständige Prof. Dr. K. kommt nach eingehender Prüfung der verschiedenen Quellcodes zu der Auffassung: „Durch die Übereinstimmungen in der Architektur, durch die vielen in S&S verbliebenen Kommentare, die auf von P.D. durchgeführte Änderung hinweisen, vor allem durch die vielen identischen Codezeilen ist offensichtlich, dass 3DTT in S&S eingeflossen ist“ (Ziff. 5 des Gutachtens vom 29. Oktober 2007). Die „weit überwiegende Mehrheit“ der übernommenen Programmzeilen seien auch anspruchsvoll gewesen (Ziff. 5 des Gutachtens). Einen vollständigen Neuanfang bzgl. der Architektur und der Delphi-Implementierung hat es nach Auffassung des Sachverständigen nicht gegeben. Eine direkte Übernahme lässt sich nach seiner Ansicht für 1 - 2 % des vertriebenen Codes feststellen (rund 1 000 Zeilen). Die Entwicklung eines solchen Transportsspiels sei - so der Sachverständige - im Jahre 2000 eine anspruchsvolle Aufgabe gewesen, die insbesondere bei der Realisierung von Aspekten wie Streckenbau und Landschaftsgenerierung technisch nicht trivial gewesen sei (in Ziff. 5 des Gutachtens). Die Zahl von 1 - 2 % Übernahme mag numerisch relativ klein erscheinen. Bei einer qualitativen Bewertung ist die Übereinstimmung allerdings groß. Dies ergibt sich aus einer genauen Analyse der Ausführungen des Sachverständigen, was die übernommenen Programmzeilen angeht.
Dabei muss man beachten, dass es einen Unterschied gibt zwischen Programmzeilen und Kommentarzeilen in einer Programmierung. Die Kommentarzeilen dienen zur besseren Verständlichkeit und der Logik und des Programmablaufs und sind bei einer Kompilierung in den Object Code nicht mehr lesbar. Es finden sich hier also interne und für das Verständnis des Programms wichtige programmtechnische Erläuterungen. Gerade bei den Kommentarzeilen finden sich aber Übereinstimmungen etwa bei der Unit Control 3D, der Unit Data Base, der Unit Filehandling, der Unit Font 3D, der Unit Game Play, der Unit GP_Buildings, der Unit GP_ Vehicles und der Unit Mash 3D sowie der Unit Show 3D. Der Sachverständige hat im Übrigen überzeugend herausgearbeitet, inwieweit Zeilenübereinstimmungen nicht trivial sind. Dies trifft z.B. für die Unit Area, die Unit Filehandling, die Unit Game Play oder die Unit GP_Buildings zu.
Bei den Kommentarzeilen ist ferner - als sehr wichtiges Indiz für Übereinstimmungen - zu beachten, dass sich noch Spuren der Namensabkürzungen des Klägers in S&S befinden. In 302 Fällen taucht noch das Kürzel P.D. im Programmiercode auf. Der Sachverständige zieht bei Berücksichtigung der Namen der beteiligten Entwickler zu Recht den Schluss, dass mit P.D. der Kläger gemeint sei.
Der Sachverständige erklärt des Weiteren, dass dreizehn Units von 151 identisch seien. Er stellt auch Übereinstimmungen in den Verweisstrukturen zwischen den Modulen fest, die aus seiner Sicht darauf hindeuten, dass die Funktionalitäten der beiden Softwareprogramme ähnlich strukturiert gewesen sein müssen. Auch sei die absolute Mehrheit der Bezeichnungen übernommen worden. Er hat im Übrigen im Programm eine Reihe von Hinweisen auf eine „eigenwillige und schlechte Programmierung“ gefunden.
Hinsichtlich der Frage, ob es sich bei den übereinstimmenden Teilen um urheberrechtlich relevante Programmsequenzen handelt, ist die Rechtsprechung zu § 69a Abs. 3 S. 2 UrhG zu beachten. Nach der BGH-Entscheidung „Fash 2000“ ( GRUR 2005, 860, 861) ist die Urheberrechtsfähigkeit von Software im Wege der Vermutung zu unterstellen; der Gegner trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung, ein Programm sei ausnahmsweise nicht schutzfähig. Insofern liegt die Schutzhöhe - was das Landgericht verkannt hat - nicht auf dem Niveau der „kleinen Münze“, sondern noch darunter. Die Vermutung gilt auch für Programmteile, vor allem wenn es sich - wie der Sachverständige überzeugend herausgearbeitet hat - um technisch nicht-triviale und umfangmäßig nicht unerhebliche Sequenzen handelt. Finden sich solche Elemente einer - wie es der Sachverständige formuliert - „eigenwilligen“ Programmierung im Sourcecode der Gegenseite wieder und tauchen darüber hinaus sogar noch die Namenskürzel des Urhebers in zahlreichen Kommentarzeilen auf, ist von einer widerrechtlichen Vervielfältigung von geschützten Programmteilen auszugehen.
(4) Die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. K. decken sich im Kern mit den Überlegungen des Sachverständigen der ersten Instanz. Allerdings ist zu bedenken, dass dem Sachverständigen in der ersten Instanz noch nicht der maßgebliche Sourcecode des Programms „S&S“ vorlag, weshalb ihm eine eingehende Analyse der Übereinstimmungen nicht möglich war. Bei einem Vergleich der Dateinamen und Größen konnte aber auch schon der damalige Sachverständige feststellen, dass offensichtlich im Computerspiel „S&S“ in der Version vom März 2003 (Verkaufsversion) gleiche und ähnliche Teile bzw. Elemente vorhanden sind, die auf das Computerspiel 3DTT in der Version vom 15. April 2000 enthält. Auch dieser Sachverständige schätzt die Übereinstimmung auf ca. 5 %.
Das Landgericht ist zumindest davon ausgegangen, dass durch das Sachverständigengutachten in der ersten Instanz widerlegt worden sei, dass die Inhalte aus 3DTT nach dem Ausscheiden des Klägers im Oktober 2001 vollständig entfernt worden seien. Ihm ist nur darin nicht zu folgen, dass die festgestellte Identität von 5 % der untersuchten Dateien nicht den Schluss auf die Übernahme von urheberrechtsschutzfähigen Programmteilen zulasse. Die festgestellte Identität von Dateien für sich genommen ist sicherlich kein hinreichender Grund für die Annahme einer Urheberrechtsverletzung. Sie spielt allerdings als ein Indiz von mehreren im Hinblick auf die Frage einer Übereinstimmung durchaus eine Rolle.
Der Würdigung des Sachverständigengutachtens der zweiten Instanz steht nicht entgegen, dass der Sachverständige in der mündlichen Anhörung auf die Frage des Prozessbevollmächtigten der Beklagten erklärt hat, er würde die Frage, ob das Programm weitgehend identisch mit dem Programm 3DTT ist, mit Nein beantworten. Der Sachverständige nimmt hier ersichtlich eine technisch-numerische Bewertung vor, die sich daran orientiert, dass „nur“ max. 5 % des Codes identisch sind. Die qualitative Bewertung auf dem Hintergrund des Urheberrechts kann durchaus anders ausfallen. Dementsprechend korrigierte sich der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auch und wies darauf hin, dass er unter „weitgehend identisch“ eine mehr als 50 %-ige Identität verstehe. Er habe aber quantitativ nur eine deutlich geringere Identität feststellen können.
(5) Die überzeugende Auffassung des Sachverständigen Prof. Dr. K., dass S&S als Weiterentwicklung des Altbestandes von 3DTT anzusehen ist, wird zudem durch die Zeugenaussagen bestätigt. Dabei konnten alle Zeugen anlässlich der Zeugenvernehmung am 4. Juni 2007 darauf verweisen, dass sie den Quellcode Alpha 6.2 oder 7.0 sowie den Quellcode des Programms S&S in der damaligen Version nicht kannten. Der Zeuge D., der als Programmierer in dem Projekt von 1998 - 2001 gearbeitet hatte, hat erklärt, der klägerische Sourcecode sei bei der Entwicklung von S&S 2001 nach seinem Wissensstand mit eingeflossen und immer wieder ergänzt und überarbeitet worden. Der Zeuge legte auch eine ausgedruckte Unterlage vor, auf der man Kommentarzeilen aus dem Sourcecode mit der Bezeichnung „Unit Control 3D; Bild 97 PD“ findet. Der Zusatz P.D. verweise auf den Namen des Klägers. Dies deckt sich mit den Angaben des Sachverständigen, der ebenfalls in den Kommentarzeilen mehrfach das Kürzel P.D. gefunden und dies auf den Namen des Klägers bezogen hat. Ferner erklärte der Zeuge, er könne ausschließen, dass es eine Neuentwicklung des Projektes S&S unabhängig von 3DTT gegeben habe, zumindest bis Dezember 2001. Es sei sehr schwierig, in einer so kurzen Zeit ein so komplexes Softwareprodukt neu zu entwickeln. Dies deckt sich mit den Erfahrungen aus der Informatik. In einem Zeitraum von wenigen Monaten ein komplexes Transportsimulationsspiel neu zu generieren, ist kaum möglich. Es ist auch von der Lebenserfahrung her unwahrscheinlich, dass sich die Beklagten nach der Trennung vom Kläger entschlossen hätten, komplett von vorne anzufangen und das Programm auf anderen technischen Eckdaten basierend neu zu konzipieren. Die Aussage des Zeugen D. ist glaubhaft. Er verfügt als Programmierer über das notwendige Hintergrundwissen, um die damalige Situation technisch vom Projektlauf einzuschätzen. Er hatte als Programmierer, der in dem Projekt von 1998 bis 2001 mitwirkte, das notwendige Hintergrund-Know-how. Ähnlich hat sich der Zeuge N. erklärt, der darauf verwies, dass er es bemerkt hätte, wenn es zu einer vollständigen Neuentwicklung in den Jahren 2001 in Bezug auf S&S gekommen wäre. Er sei damals als Computergrafiker für vier Jahre im Unternehmen tätig gewesen. Ähnlich hat der Zeuge K. erklärt, dass ihm ein kompletter Neuanfang nicht bewusst geworden sei. Man habe allerdings zwei Grafiken und einige Texturen aus dem alten Programm herausnehmen müssen. Es habe dann die Anweisung gegeben, dass nichts von dem übrig bleiben sollte, was von dem Kläger stammte. Auch der Zeuge K. hat erklärt, dass für ihn damals im Projekt auffällig gewesen sei, dass es nicht neu entwickelt worden sei. Es sei aus seiner Sicht undenkbar, dass eine komplette Neuprogrammierung der Software binnen drei bis vier Monaten zu machen sei. Die Zeugenaussage ist insofern glaubhaft, als der Zeuge damals bei der Programmentwicklung für Musik und Sounds zuständig gewesen ist und insofern die grobe Strukturierung des Projektes kannte. Auch der Zeuge S. hat erklärt, dass er als Softwareentwickler in der Firma zusammen mit dem streitgegenständlichen Projekt nichts zu tun gehabt habe, aber auch nichts von einer kompletten Neuentwicklung mitbekommen habe. Obwohl das Unternehmen eine kleine Firma gewesen sei, habe er da nichts gehört.
c) Aus der bereits erfolgten Rechtsverletzung ergibt sich die Wiederholungsgefahr. Das streitgegenständliche Programm war lange Zeit auf dem Markt erhältlich; es ist nicht auszuschließen, dass es wieder vertrieben wird. ..."
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