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OLG Naumburg Urteil vom 13.07.2007 - 10 U 14/07 (Hs) - Die Möglichkeit, eine im Internet veröffentlichte Widerrufsbelehrung zu speichern und zu reproduzieren ist für die Textform nicht ausreichend
 

 

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eBay - Textform - Wahrung der Textform durch Abgabe der Erklärung auf einer Webseite - Widerrufsbelehrung

OLG Naumburg v. 13.07.2007: Die Möglichkeit, eine im Internet veröffentlichte Widerrufsbelehrung zu speichern und zu reproduzieren, reicht nicht aus, um die Textform des § 126b BGB zu wahren.

Das OLG Naumburg (Urteil vom 13.07.2007 - 10 U 14/07 (Hs)) hat entschieden:
Die Möglichkeit, eine im Internet veröffentlichte Widerrufsbelehrung zu speichern und zu reproduzieren, reicht nicht aus, um die Textform des § 126b BGB zu wahren.
Aus den Entscheidungsgründen:

"... Die Verfügungsbeklagte handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG, da die beanstandete Widerrufsbelehrung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG gegen gesetzliche Bestimmungen zur Regulierung des Marktverhaltens verstößt.

1. Die Belehrung verstößt gegen § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB. Die Widerrufsfrist beträgt im konkreten Fall richtiger Weise einen Monat.

a) Der Verfügungsbeklagten ist einzuräumen, dass die Dauer der Widerrufsfrist für Fernabsatzverträge gemäß § 312 d Abs. 1 in Verb. mit § 355 BGB grundsätzlich zwei Wochen beträgt.

Dies gilt allerdings nicht, wenn die in Textform mitzuteilende Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wird (§ 355 Abs. 2 Satz 2 BGB). So liegt der Fall hier.

b) Eine Mitteilung der Widerrufsbelehrung „in Textform“, wie sie § 355 Abs. 2 S.1 BGB voraussetzt, liegt nicht vor, wenn sich die Belehrung lediglich auf der Internetseite des Anbietenden befindet.

Zwar war die beanstandete Widerrufsbelehrung der Verfügungsbeklagten für den Verbraucher schon vor Vertragsschluss zugänglich. Denn jeder Interessent hatte die Möglichkeit, sie zusammen mit dem Angebot auf dem Bildschirm zu lesen.

Dies genügt jedoch nach Auffassung des Senats nicht, um die Textform im Sinne der §§ 355 Abs. 2 S. 1, 126 b BGB zu wahren.

aa) Gemäß § 126 b BGB erfordert Textform, dass die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben ist. Der Sache nach verlangt diese Vorschrift daher eine Perpetuierung der Erklärung. Ob eine Internetseite diese Funktion erfüllt, ist in der Rechtsprechung umstritten:

Das Kammergericht und ihm folgend das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg vertreten die Auffassung, dass ein Internetauftritt noch keine Mitteilung in Textform i. S. d. § 126 b BGB beinhalte (Beschluss des Kammergerichts vom 28. Juni 2006, Az.: 5 W 156/06, zitiert nach juris, Rn 28, Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 24. August 2006, Az.: 3 U103/06, zitiert nach juris, Rn 32).

Dagegen vertreten die Landgerichte Flensburg und Paderborn die Auffassung, dass es ausreichend sein dürfte, wenn die notwendigen Informationen im Rahmen des Angebots zur Verfügung gestellt werden und der Verbraucher die Möglichkeit hat, sie zu speichern oder auszudrucken (Urteil des Landgerichts Flensburg vom 23. August 2006, Az.: 6 O 107/06, zitiert nach juris, Rn 33; Urteil des Landgerichts Paderborn vom 28. November 2006, Az.: 6 O 70/06, zitiert nach einer von der Verfügungsbeklagten vorgelegten Ausfertigung, S. 6 [vgl. Bd. I, Bl. 76 d. A.]).

Der Senat folgt dem Kammergericht und dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg.

Durch einen Internetauftritt ist die Perpetuierungsfunktion, die § 126 b BGB fordert, allein noch nicht erfüllt. Denn der Text verbleibt in diesem Fall nur dann dauerhaft beim Verbraucher, wenn dieser aufgrund eigenen zusätzlichen Willensentschlusses ihn ausdruckt oder abspeichert.

Vom Gesetzeszweck her ist es nicht möglich, danach zu differenzieren, ob es im Nachhinein zu einer solchen Perpetuierung kommt oder nicht.

Denn die Länge der Widerrufsfrist würde sich dann danach richten, wie sich der Verbraucher verhält bzw. wie er technisch ausgestattet ist. Dies führte zu einer unerträglichen Rechtsunsicherheit.

Man könnte dann jedem Verbraucher nur raten, die Widerrufsbelehrung keinesfalls auszudrucken, um in den Genuss einer längeren Widerrufsfrist zu kommen.

Darüber hinaus hängt die Perpetuierung auch von der technischen Ausstattung des Verbrauchers ab. Verfügt der Verbraucher über keinen Drucker, ist er schon technisch nicht in der Lage, die Belehrung auszudrucken. Es mag auch Situationen geben, in denen der Verbraucher die Belehrung nicht ohne Weiteres abspeichern kann. Denkbar – wenn auch wohl nicht sehr wahrscheinlich – ist die Situation, dass auf der Festplatte nicht genügend Speicherplatz zur Verfügung steht. Darüber hinaus kann der Verbraucher aber die Bestellung auch von einem fremden Computer - etwa in einem Internetcafe - abgeben. Ein Speichern auf diesem Rechner würde nicht dazu führen, dass die Widerrufsbelehrung für ihn dauerhaft zugänglich ist.

bb) Die richtlinienkonforme Auslegung der Vorschriften stützt dieses Ergebnis.

§ 312 d BGB dient der Umsetzung der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (im Folgenden abgekürzt: FernAbsRL).

a) EU-Richtlinien sind bei der Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften ergänzend heranzuziehen, wobei Divergenzen zu der Richtlinie soweit wie möglich zu vermeiden sind (BGH NJW 1996, 55, 56). Die nationalen Rechtsvorschriften sind soweit wie möglich unter Berücksichtigung des Wortlauts und der Zweck der Richtlinie auszulegen (EUGH, Urteil vom 27. Juni 2000, C-240/98 – 244/98, NJW 2000, 2571, 2572 f.). Denn das Gemeinschaftsrecht geht nach Maßgabe des Artikel 249 EG jedenfalls dem einfachen nationalen Recht vor (Pieper/Ohlie, UWG, 4. Aufl., § 3, Rn 50).

b) Der Vergleich zwischen der FernAbsRL und der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8 Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (ABl. Nr. L 178 S. 1; im Folgenden: ECommerceRL) zeigt, dass letztlich nur die genannte Auslegung der §§ 355 Abs. 2 S. 1, 126 b BGB dem Gemeinschaftsrecht gerecht wird.

Art. 5 Abs. 1 FernAbsRL bestimmt:
"Der Verbraucher muß eine Bestätigung der Informationen gemäß Art. 4 Absatz 1 Buchstaben a) bis f) rechtzeitig während der Erfüllung des Vertrages, bei nicht zur Lieferung an Dritte bestimmte Waren spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung schriftlich oder auf einem anderen für ihn verfügbaren dauerhaften Datenträger erhalten, soweit ihm diese Informationen nicht bereits vor Vertragsabschluss schriftlich oder auf einem anderen für ihn verfügbaren dauerhaften Datenträger erteilt wurden ."
Dagegen regelt Art. 10 ECommerceRL:
"Die Vertragsbestimmungen und die allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen dem Nutzer so zur Verfügung gestellt werden, daß er sie speichern und reproduzieren kann ."
Die FernAbsRL, die auch und gerade den Verbraucherschutz bezweckt, fordert die Erteilung der Informationen auf einem dauerhaften Datenträger. Schon nach dem Wortlaut muss hier allein der Unternehmer tätig werden. Sie stellt damit strengere Anforderungen als die ECommerceRL, die auch bei reinen Unternehmensgeschäften anwendbar ist.

Wollte man § 355 Abs. 2 S. 1 BGB und § 126 b BGB bereits dann als erfüllt ansehen, wenn die Information gespeichert und reproduziert werden kann, würde man den durch die FernAbsRL intendierten Verbraucherschutz außer Acht lassen und den Unterschied zwischen beiden Richtlinien verwischen. ..."




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