Webshoprecht.de



A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

Landgericht Berlin Urteil vom 27.04.2010 - 27 O 190/10 - Der Betreiber eines Social-News-Dienstes im Internet haftet als Störer für einen in einem übernommenen RSS-Feed enthaltenen persönlichkeitsrechtsverletzenden Beitrag
 

 

Home  |   Gesetze  |   Verkehrslexikon  |   Datenschutz  |   Impressum  |      

 





 

AGB - Betreiberhaftung - Bewertungsseiten - Datenschutz - IP-Adresse - Soziale Netzwerke - Newsletter - Werbung - Wettbewerb


LG Berlin v. 27.04.2010: Der Betreiber eines Social-News-Dienstes im Internet haftet als Störer für einen in einem übernommenen RSS-Feed enthaltenen persönlichkeitsrechtsverletzenden Beitrag.


Das Landgericht Berlin (Urteil vom 27.04.2010 - 27 O 190/10) hat entschieden:
Der Betreiber eines Social-News-Dienstes im Internet haftet als Störer für einen in einem übernommenen RSS-Feed enthaltenen persönlichkeitsrechtsverletzenden Beitrag.




Tatbestand:

Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner auf Unterlassung ehrverletzender Äußerungen in Anspruch.

Der Antragsgegner betreibt die Internetseite „kledy.de“, auf der er einen sog. „Social-News-Dienst“ vorhält.

Am 23. Febr. 2010 fand sich auf der Internetseite des Antragsgegners die nachfolgend in Kopie wiedergegebene Meldung, die sich mit der Antragstellerin befasst:
[folgt eine Abbildung]
Auf das anwaltliche Abmahnschreiben der Antragstellerin vom 25. Febr. 2010 entfernte der Antragsgegner den Text von seiner Internetseite; eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gab er jedoch nicht ab.

Die Antragstellerin sieht sich durch die beanstandete Berichterstattung, für die der Antragsgegner als Störer hafte, in ihrem Persönlichkeitsrecht und ihrer Privatsphäre verletzt. Der Antragsgegner habe nicht nur den Link zum streitgegenständlichen von … verbreitet, sondern auch einen eigenen Teaser mit eigener Überschrift und verändertem, verkürztem eigenen Text.

Die Antragstellerin hat die einstweilige Verfügung vom 2. März 2010 erwirkt, durch die dem Antragsgegner unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt worden ist,
wörtlich oder sinngemäß zu äußern oder zu verbreiten
Spekulationen über eine Liebesbeziehung zwischen der Antragstellerin und dem Basketballspieler Rashad Wright, wie in dem Artikel unter der Überschrift „… verliebt in Basketballer“ auf www.….de seit dem 23.02.2010 geschehen.
Gegen die ihm im Parteiwege zwecks Vollziehung zugestellte einstweilige Verfügung richtet sich der Widerspruch des Antragsgegners. Seines Erachtens fehlt es an der Passivlegitimation, da ihm beim Verbreiten fremder Nachrichten das Haftungsprivileg nach §§ 8 bzw. 10 TMG zugute komme.

Er habe lediglich als Client von RSS-Feeds Inhalte der …-Zeitung – noch dazu eindeutig mit Herkunftsnachweis versehen – verbreitet und keinen Einfluss auf die Informationen selbst gehabt. Die Form der Meldung (kurzer Informationsblock, Schlagzeile mit kurzem Textanriss, Link zur Originalseite usw.) sei ihm von der …-Zeitung vorgegeben worden. Diese habe er sich nicht zu eigen gemacht.

Der Antragsgegner beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
Sie verteidigt den geltend gemachten Unterlassungsanspruch und vertieft ihr bisheriges Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.


Entscheidungsgründe:

Die einstweilige Verfügung vom 2. März 2010 ist zu bestätigen, weil sie zu Recht ergangen ist (§§ 925, 936 ZPO). Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung gegen den Antragsgegner als Störer aus §§ 823, analog 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu.

Die beanstandete Berichterstattung über ihre vermeintliche Liebesaffäre verletzt die Antragstellerin rechtswidrig in ihrer Privatsphäre und damit in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, was der Antragsgegner nicht in Abrede stellt.

Der Antragsgegner ist als Störer auch passivlegitimiert.

Spezialgesetzliche Vorschriften des Telemediengesetzes, nach denen die Verantwortlichkeit des Antragsgegners als Betreiber der Internetseite „….de“ in der beanstandeten Art und Weise zu beurteilen wäre, bestehen nach der geltenden Rechtslage für den hier geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht (BGH NJW 2007, 2558; BGH WRP 2004, 1287; BGH NJW 2004, 2158).

Die Störerhaftung des Antragsgegners für das Einstellen des rechtswidrigen Informationsblocks vom RSS-Channel der …-Zeitung auf seiner Internetseite ist vorliegend jedoch nach den allgemeinen Grundsätzen zu bejahen. Als Störer i.S. von § 1004 BGB ist – ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft – jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat. Als (Mit-)Störer kann auch jeder haften, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, wobei als Mitwirkung auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügt, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt. Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (BGH AfP 2009, 494, 495 m.w.N).

Hier hat der Antragsgegner den – wenn auch von der …-Zeitung vorgegebenen – Teaser selbst auf dem von ihm betriebenen Portal eingestellt. Anders als etwa in der Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (ZUM 2009, 417) hat er nicht lediglich als Betreiber eines Diskussions-Forums als nur rein technischer Verbreiter lediglich objektiv durch sein Handeln die Veröffentlichung der fremden Pressemitteilung unterstützt, von der Einstellung des Beitrags nicht erst mit der Abmahnung erfahren und sich auch nicht auf die fehlende Verpflichtung zur vorbeugenden Überprüfung des Beitrags auf etwaige Rechtsverletzungen berufen können.

Vielmehr hat er als „Herr des Angebots“ die von ….de abonnierten RSS-Feeds eingestellt.

Damit hat er sich die beanstandete Nachricht, mag diese auch von einem von ihm benannten Presseorgan verfasst worden sein, zu eigen gemacht und seinem Angebot hinzugefügt. Mag dem durchschnittlichen Nutzer der Internetseite auch nicht verschlossen geblieben sein, dass die Mitteilung von „rss.….de“ verfasst worden ist, hat der Antragsgegner jene jedoch – ohne jegliche Prüfung vor der Freischaltung des Beitrags – veröffentlicht. Mit dem lapidaren Hinweis auf seinen Haftungsausschluss vermag er sich von den übernommenen RSS-Feeds nicht ernsthaft zu distanzieren. Dass er als Betreiber des offenen Portals sehr wohl Einfluss auf den Inhalt der Beiträge nehmen kann, stellt er selbst nicht in Abrede. Es ist davon auszugehen, dass er die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung der rechtswidrigen Handlung hatte.

Der Antragsgegner hat gegen die ihm obliegende Prüfungspflicht verstoßen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.









Datenschutz Impressum