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Landgericht Hamburg Urteil vom 31.08.2006 - 315 O 279/06 - Zur rechtswidrigen Registrierung einer Tippfehler-Domain bei Verkaufsabsicht
 

 

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LG Hamburg v. 31.08.2006: Zur rechtswidrigen Registrierung einer Tippfehler-Domain bei Verkaufsabsicht


Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 31.08.2006 - 315 O 279/06) hat entschieden:
Die Inhaberin einer bekannten Wort-/Bildmarke und einer gleich lautenden Domain hat Unterlassungsansprüche gegen eine so genannte "Tippfehler-Domain", wenn dem nicht ausnahmsweise grundrechtlich begründete Rechte entgegenstehen. Die Störung des Namensrechts liegt dabei allein schon in der Registrierung der Domain, auch ohne dass Inhalte hinterlegt sind.




Tatbestand:

Die Klägerin ist unter anderem zuständig für die Vergabe der Fernsehrechte an der Fußball-Bundesliga. Sie ist seit dem 27.08.2002 Inhaberin der Domain www.bundesliga.de, der offiziellen Website zur Fußball-Bundesliga. Die Klägerin ist ferner Inhaberin der Wort-/Bildmarke „Bundesliga“, eingetragen für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen (vgl. Anl. K 3).

Der Beklagte ist Inhaber einer Internetberatungsfirma sowie Gründer und Inhaber eines der derzeit größten Fußball-Portale in Deutschland mit der Internetadresse www.transfermarkt.de. Als freier Sportjournalist berichtet er u.a. auf vorgenannter Seite über Fußballereignisse, insbesondere auch über die Fußball-Bundesliga.

Der Beklagte ist darüber hinaus Inhaber der Domain www.bundesliag.de. Die Domain, die sich der Beklagte am 21.01.2003 reservieren ließ, wurde von dem Beklagten bislang noch nicht zur Hinterlegung von Inhalten benutzt.

Im Oktober 2005 wurde die Klägerin auf die Domain des Beklagten aufmerksam. Mit Schreiben vom 21.11.2005 mahnte die Klägerin den Beklagten unter Verweis auf ihre Namensrechte ab (vgl. Anl. K 6). Mit Schreiben vom 14.11.2005 wies der Beklagte die Ansprüche der Klägerin zurück, erklärte sich jedoch bereit, die Domain gegen Zahlung einer angemessen Entschädigung zu übertragen (vgl. Anl. K 7), die er in einem späteren Schreiben mit Euro 5 000,– bezifferte (vgl. Anl. K 9).

Daraufhin erwirkte die Klägerin die einstweiligen Verfügung des erkennenden Gerichts vom 04.01.2006 (Az.: 315 O 9/06).

Ein Abschlussschreiben der Klägerin vom 09.02.2006 (vgl. Anl. K 11) blieb erfolglos.

Die vorliegende Klage wurde dem Beklagten am 07.04.2006 zugestellt.

Die Klägerin trägt vor, die Registrierung und Aufrechterhaltung der „Tippfehler-Domain“ durch den Beklagten verbunden mit dem „Angebot“, diese für Euro 5 000,– zu übertragen, behindere sie, die Klägerin, in unlauterer Weise. Der Unterlassungsanspruch folge zudem aus §§ 826, 226, 1004 BGB wegen sittenwidriger, schikanöser Behinderung. Der Beklagte habe die Domain auch deshalb registrieren lassen, um die Emailadresse@bundesliag.de zu erhalten und auf diese Weise in den Besitz von Emails zu gelangen, die für die Kläger bestimmt seien und bei denen sich der Absender vertippt habe. Der Beklagte habe keinerlei schutzwürdiges Interesse an der in hohem Maße verwechslungsfähigen Domain. Schließlich könne die Klägerin auch aus ihrem Namensrecht gem. § 12 BGB Unterlassung verlangen. Da der Beklagte die Domain (noch) nicht im geschäftlichen Verkehr nutze, sei § 12 BGB nicht durch die Vorschriften des MarkenG verdrängt.

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,

  1. es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen,Internetdomains mit der Bezeichnung „bundesliag“, insbesondere die Domain www.bundeliag.de, registrieren bzw. registrieren zu lassen, aufrechtzuhalten bzw. aufrechthalten zu lassen und/oder zu benutzen bzw. benutzen zu lassen.

  2. gegenüber der DENIC in die Löschung der Domain www.bundesliag.de einzuwilligen,

  3. an die Klägerin Euro 921,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
[... hier enthält das Urteil offenbar fehlerhafte Auslassungen] Fußballereignisse. Ein Konzept sei bereits erarbeitet (vgl. Anl. B 3). Deshalb seien auch kein Wettbewerbsverstoß und keine sittenwidrige Schädigungsabsicht gegeben. Außerdem könne die Klägerin ihre Internetseite und Marke ohne Einschränkung nutzen. Schutzwürdige Interessen der Klägerin seien daher nicht verletzt. Da keinerlei Nutzung erfolgt sei, habe auch eine Verwechslungsgefahr zu keinem Zeitpunkt eintreten können. Er, der Beklagte, habe die Domain auch nicht zum Verkauf angeboten, sondern lediglich einen Vergleichsvorschlag gemacht. Ein Anspruch aus §§ 12, 1004 BGB sei durch die abschließenden Sonderregelungen der §§ 5, 15 MarkenG verdrängt. Ein Email-Account habe er zu keinem Zeitpunkt eingerichtet. Wie eine Recherche ergeben habe, habe die Klägerin an anderen „Vertipperdomains“ offenbar kein Interesse.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.


Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist zulässig und – bis auf einen Teil der Kosten des Abschlussschreibens – begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche zu.

Die Klägerin hat gem. §§ 12, 823, 1004 Abs. 1 (analog) BGB gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der streitgegenständlichen Internetdomain sowie auf Einwilligung in die Löschung. Die Anspruchsvoraussetzungen sind gegeben. Die Registrierung der streitgegenständlichen Domain stellt eine fortdauernde Störung des Rechts der Klägerin an dem namensartigen Kennzeichen „Bundesliga“ bzw. „www.bundesliga.de“ dar.

Bei dem Begriff „Bundesliga“ handelt es sich um ein namensartiges Kennzeichen, das dazu geeignet ist, das Unternehmen bzw. den Geschäftsbetrieb der Klägerin unterscheidungskräftig zu bezeichnen. Darüber hinaus hat die Klägerin durch die Benutzung der Domain www.bundesliga.de ein nach § 12 BGB geschütztes Recht an der Internetadresse als namensartiges Kennzeichen.

Die Einwendung des Beklagten, der Schutz aus § 12 BGB sei durch das Markenrecht verdrängt, greift nicht durch. Einem Unternehmen kann ein Namensrecht nach § 12 BGB zustehen, auf Grund dessen es gegen einen nichtberechtigten Dritten vorgehen kann, der sich diesen Namen unbefugt als Domainnamen hat registrieren lassen. Ausnahmsweise kann der Funktionsbereich des Unternehmens auch durch eine Verwendung der Unternehmensbezeichnung außerhalb des Anwendungsbereichs des Kennzeichenrechts berührt werden. In diesen Fällen kann der Namensschutz ergänzend gegen Beeinträchtigungen der Unternehmensbezeichnung herangezogen werden, die – weil außerhalb des geschäftlichen Verkehrs oder außerhalb der Branche und damit außerhalb der kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr – nicht mehr im Schutzbereich des Unternehmenskennzeichens liegen (BGH WRP 2005, 488, 490 „mho.de“).

Eine Beeinträchtigung berechtigter geschäftlicher Interessen ist im Allgemeinen dann gegeben, wenn ein Nichtberechtigter ein fremdes Kennzeichen als Domainnamen unter der in Deutschland üblichen Topleveldomain „de“ benutzt und sich damit unbefugt ein Recht an diesem Namen anmaßt, wobei ein unbefugter Namensgebrauch schon in der Registrierung der Domain liegen kann (OLG Hamburg, Beschl.v. 24.03.2006, Az. 3 W 34/06).

Dieser Fall ist vorliegend gegeben. Der Beklagte verwendet das namensartige Kennzeichen der Klägerin in hochgradig ähnlicher Weise – lediglich die letzten beiden Buchstaben von „Bundesliga“ sind vertauscht. Wettbewerblich signifikante Anteile des Verkehrs werden deshalb annehmen, dass sich hinter dem so bezeichneten Internetauftritt das Unternehmen befindet, dass die entsprechende Rechte an der Bezeichnung „Bundesliga“ bzw. der Domain www.bundesliga.de hat, so dass der Tatbestand des Gebrauchs des Namens der Klägerin vorliegt.

Der Begriff „Bundesliga“ wird ebenso wie die entsprechende offizielle Internetseite in Deutschland umfangreich benutzt.

Der Beklagte hat dagegen keinerlei Rechte an diesem Namen und kann als Nichtberechtigter auch nicht auf schützenswerte Belange verweisen, die im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wären. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Registrierung der Domain der erste Schritt im Zuge der Aufnahme einer an sich unbedenklichen Benutzung des Zeichens in einer ganz anderen Branche gewesen wäre, was aber nur dann beachtlich wäre, wenn die Registrierung der Benutzungsaufnahme unmittelbar vorausgegangen ist. Nur dann läge eine Namensanmaßung nicht vor (OLG Hamburg, a.a.O.).

Davon kann nicht ausgegangen werden. Es ist nicht feststellbar, dass der Beklagte vor oder alsbald nach der Registrierung der Domain – die Reservierung erfolgte bereits Anfang 2003 – branchenferne Aktivitäten, die den Funktionsbereich des Unternehmens der Klägerin keinesfalls hätten tangieren können, aufgenommen hat und durch deren Benutzungsaufnahme ein eigenes Zeichenrecht begründet hat. Der Beklagte hat die Domain bislang überhaupt nicht genutzt. Er behauptet lediglich eine beabsichtigte Nutzung als Satireseite. Die bloße Absicht einer Benutzungsaufnahme schafft jedoch kein eigenes Zeichenrecht des Beklagten.

Der Beklagte kann sich insoweit auch nicht auf seine Meinungs- oder Pressefreiheit berufen, da er bislang auf der streitgegenständlichen Domain grundrechtlich geschützte Rechte nicht ausgeübt hat und auch nicht erkennbar ist, dass er zur Ausübung dieser Grundrechte auf die Domain angewiesen wäre.

Es ist nicht hinreichend ersichtlich, inwieweit der Beklagte aus der bloßen Existenz weiterer, die Zeichenrechte der Klägerin möglicherweise verletzender Domain, Einwendungen gegen den Anspruch der Klägerin herleiten könnte.

Die fortdauernde Störung des Namensrechts liegt allein schon in dem Tatbestand der Registrierung der Domain, so dass die Voraussetzungen des Beseitigungsanspruchs aus §§ 823, 1004 analog BGB gegeben sind (OLG Hamburg, a.a.O.). Es kommt deshalb nicht darauf an, dass bislang noch keine Inhalte hinterlegt sind, sodass – wie der Beklagte geltend macht – der Nutzer doch sogleich bemerke, dass er sich vertippt habe.

a) Der Klägerin steht der von ihr gegen den Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der ihr für die Abmahnung des Beklagten entstandenen Anwaltskosten in Höhe von Euro 465,90 zu. Er folgt aus §§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB in Verbindung mit den §§ 12, 1004 (analog) BGB.

b) Die Klägerin kann darüber hinaus gem. §§ 670, 677, 683 BGB die für das Abschlussschreiben aufgewendeten Kosten erstattet verlangen. Sie kann insoweit nach der Rechtsprechung der Kammer für das Abschlussschreiben gem. VV 2400 RVG jedoch nur eine 0,8 – Gebühr auf Grundlage eines Gegenstandswertes von Euro 25 000,– geltend machen. Diese Gebühr ist als Teil des Hauptsacheverfahrens (vgl. Büscher in Fezer: UWG – Lauterkeitsrecht – §§ 5-22; § 12 Rn. 154) zu 0,4 auf die Verfahrensgebühr des Hauptsacheverfahrens anzurechnen (vgl. Vorbemerkung 3 (4) VV RVG).

Schließlich ist jeweils die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG zu ersetzen (Euro 20,00)

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1, 291 BGB.


II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Im Hinblick auf die Verurteilung zur Einwilligung in die Löschung erfasst der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit nur die Kostenentscheidung (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 708 Rn. 2).









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