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OLG Frankfurt am Main v. 01.10.2009: Für die Frage, ob eine Bildmarke zeichenmäßig oder lediglich als Designelement verwendet wird (hier: Wiedergabe als Tischmosaik), ist auch die Kennzeichnungskraft der Klagemarke sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen Klagemarke und der angegriffenen Ausführungsform von Bedeutung.
Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.10.2009 - 6 U 88/08) hat entschieden:
Für die Frage, ob eine Bildmarke zeichenmäßig oder lediglich als Designelement verwendet wird (hier: Wiedergabe als Tischmosaik), ist auch die Kennzeichnungskraft der Klagemarke sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen Klagemarke und der angegriffenen Ausführungsform von Bedeutung.
Gründe:
I.
Wegen des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch jedenfalls gemäß Artikel 9 Abs. 1 Buchstabe b GMV in Verbindung mit Artikel 6 GMV zu, weil er die Rechte der Klägerin aus der Gemeinschaftsmarke EU … verletzt habe. Insbesondere habe der Beklagte das Kollisionszeichen markenmäßig benutzt. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten.
Der Beklagte ist der Auffassung, es handele sich um eine Urheberrechtsstreitsache gemäß § 104 Satz 1 UrhG. Die Entscheidung des Landgerichts sei nicht richtig, weil die „Medusa“ und ihre bildlichen Wiedergaben urheberrechtlich gemeinfrei seien und daher auch nicht über das Markenrecht zugunsten der Klägerin monopolisiert werden könnten.
Erstmals in zweiter Instanz erhebt der Beklagte die Einrede der Nichtbenutzung.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28. Februar 2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache teilweise Erfolg.
Es handelt sich nicht um eine Urheberstreitigkeit, weil die Klägerin markenrechtliche Ansprüche verfolgt und der Einwand des Beklagten, urheberrechtliche Erwägungen führten dazu, dass markenrechtliche Ansprüche nicht bestehen, noch nicht dazu führt, dass die Sache als Urheberstreitsache zu behandeln ist.
Die Ansprüche der Klägerin sind im zuerkannten Umfang begründet gemäß Artikel 9 Abs. 1 lit. b, Artikel 6 GMVO. Der Beklagte verletzt insoweit die Rechte der Klägerin aus ihrer Gemeinschaftsmarke EU …. Der Beklagte hat das angegriffene Zeichen markenmäßig benutzt, indem er es zum Gegenstand eines Mosaiks gemacht hat.
Die markenmäßige Benutzung eines Zeichens ist zu bejahen, wenn die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktion der Marke und insbesondere die Hauptfunktion, das heißt die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (EuGH, GRUR 2003, 55, 58, Tz. 51 – Arsenal FC; BGH GRUR 2007, 780, 782 – Pralinenform). Auszugehen ist von dem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers (BGH a.a.O.). Es kommt mit anderen Worten darauf an, ob der Durchschnittsverbraucher in den Darstellungen der Medusa auf den angegriffenen Mosaiken einen Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betrieb sieht.
In den ähnlich gelagerten Fällen, in denen es um die Frage der markenmäßigen Benutzung einer Markenform geht, gilt der Grundsatz, dass der Verkehr nach der Lebenserfahrung der Formgestaltung einer Ware regelmäßig nicht in gleicher Weise wie Wort- und Bildmarken als Herkunftshinweis auffasst, weil es bei der Warenform zunächst um eine funktionelle und ästhetische Ausgestaltung der Ware selbst geht (BGH GRUR 2007, 780, 783 – Pralinenform). Auch wenn es sich bei dem angegriffenen Zeichen nicht um die Form des Mosaiks handelt, so bildet dieses doch seinen Gegenstand. Im Ansatz greift daher auch hier die Erwägung, dass es um die ästhetische Ausgestaltung der Ware selbst geht, was der Wahrnehmung als Herkunftshinweis zunächst entgegensteht.
Andererseits darf die Wahrnehmung eines Zeichens als Dekoration dem durch Artikel 5 Abs. 1 lit. b der Richtlinie gewährten Schutz nicht entgegenstehen, wenn das Zeichen trotz seines dekorativen Charakters eine solche Ähnlichkeit mit der eingetragenen Marke aufweist, dass das betroffene Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH, GRUR 2008, 503, 504, Tz. 34 – Adidas/Marca Moda). Im vorliegenden Fall weisen die angegriffenen Ausführungsformen, soweit die Klage Erfolg hatte, eine sehr große Ähnlichkeit mit der Gemeinschaftsmarke … auf. Der Gesichtsausdruck ist praktisch identisch; auch die Anordnung der im Stil von Haaren gezeichneten Schlangen weist auffällige Parallelen auf, bis hin zu den unterhalb des Kinns verlaufenden Schlangen. Charakteristisch für die Marke ist außerdem die Verbreiterung des Kopfes über den Schläfen wegen der dort angedeuteten Flügel. Auch dieses Gestaltungselement nehmen die angegriffenen Zeichen, die im Tenor wiedergegeben sind, nahezu identisch auf.
Bedeutsam für die Frage der markenmäßigen Benutzung ist auch die Kennzeichnungskraft der Klagemarke (BGH a.a.O.). Die Klagemarke ist von Haus aus durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Dem Einwand des Beklagten, es handele sich um die Darstellung der Medusa von Phidias, die ihrerseits urheberrechtlich gemeinfrei geworden und daher auch markenrechtlichem Schutz nicht zugänglich sei, ist nicht zu folgen. Zwar diente die Darstellung der Medusa von Phidias aus der Sammlung Ronandini unstreitig als Vorlage für die Klagemarke. Die Klägerin hat aber eben nicht die originale Darstellung der Medusa von Phidias eintragen lassen, sondern nur eine – von vielen möglichen – Bearbeitung hiervon. Es bedeutet daher keinen Wertungswiderspruch, dass die Medusa von Phidias zum gemeinfreien Kulturgut gehört, die für die Klagemarke gewählte Darstellung der Medusa nach dem Vorbild der Medusa von Phidias gleichwohl nicht nur dem Markenschutz zugänglich ist, sondern durchschnittliche Kennzeichnungskraft als Marke genießt.
Andererseits kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung und hieraus folgender Bekanntheit gesteigert worden ist. Dem dahin gehenden Vorbringen der Klägerin kann nicht gefolgt werden. Sie legt hierzu ein Umfrageergebnis des „Spiegel“ vor, wonach die Marke „Versace“ ein Bekanntheitsgrad von 57% aufweist. Dies besagt jedoch nichts über die Bekanntheit der Klagemarke. Der Beklagte behauptet, diesem komme eine Bekanntheit von nicht mehr als 5 % zu. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegen getreten.
Da mithin nicht von einer bekannten Marke ausgegangen werden kann, genügt es für die Annahme einer markenmäßigen Benutzung nicht, dass der Grad der Ähnlichkeit so hoch ist, dass die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen und die Marke gedanklich miteinander verknüpfen (so für den Fall der bekannten Marke: EuGH GRUR 2004, 58, 60, Tz. 39 – Adidas/Fitnessworld). Wohl aber liegt eine markenmäßige Benutzung vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (so für den Schutz nach Art. 5 Abs. 1 lit b: EuGH GRUR 2008, 503, 504, Tz. 34 – Adidas/Marca Moda). Dies ist in Bezug auf die im Tenor wiedergegebenen Mosaiken zu bejahen, weil die Ähnlichkeit mit der Klagemarke so groß ist, dass sie einer Identität nahekommt. Diejenigen Verbraucher, denen die Klagemarke bekannt ist, werden aufgrund der Übereinstimmungen mit den Abbildungen auf den Mosaiken bis in die Details davon ausgehen, dass die Mosaiken von dem Betrieb stammen, dem auch die Marke zuzurechnen ist.
Aus den dargelegten Gründen folgt zugleich, dass die Tatbestandsvoraussetzung der Verwechslungsgefahr gegeben ist.
Die Einrede der Nichtbenutzung greift nicht durch, da die Klägerin durch Vorlage der Anlagen K 20 – K 24 hinreichend die Benutzung der Klagemarke auch für Keramik und Fliesen dargelegt hat.
Hinsichtlich der übrigen, im Tenor des landgerichtlichen Urteils wiedergegebenen Mosaiken hatte die Berufung Erfolg, weil markenrechtliche Ansprüche insoweit nicht bestehen. Es fehlt an der mit Rücksicht auf die nicht gesteigerte Kennzeichnungskraft und fehlende Bekanntheit der Klagemarke erforderlichen erheblichen Ähnlichkeit mit der Klagemarke. Denn diese Darstellungen der Medusa erwecken aufgrund des Umstandes, dass die Augen mit einer Pupille versehen sind und aufgrund des anders gestalteten Mundes einen anderen Gesamteindruck und führen damit von der Annahme weg, die bildliche Darstellung diene als Herkunftshinweis und die Mosaiken stammten aus dem Hause der Klägerin.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO). Maßgebend für die getroffene Entscheidung waren die konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalles, die das Gericht auf der Grundlage anerkannter Rechtsgrundsätze bewertet hat.
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