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Landgericht Düsseldorf Urteil vom 19.08.2009 – 34 O 16/09 - Zum Löschungsanspruch des Domaininhabers gegenüber einem ungerechtfertigten Dispute-Eintrag Admin-C - Betreiberhaftung - Denic - Domainrecht - Markenrecht - Urheberrrechtsschutz - Wettbewerb


LG Düsseldorf v. 19.08.2009: Ein Löschungsanspruch des Domaininhabers gegenüber der unberechtigten Eintragung eines Disputes bei der Denic ergibt sich, ohne dass es darauf ankommt, ob der Dispute-Eintrag einen Eingriff in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers darstellt, aus § 823 Abs. 1 BGB. Das Recht auf Nutzung der Internetdomain stellt nämlich ein gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschütztes „sonstiges Recht” dar. Der Inhaber einer Domain erhält ein relativ wirkendes, vertragliches Nutzungsrecht, welches einen rechtlich geschützten Vermögenswert darstellt und dem Inhaber der Domain ebenso ausschließlich zugewiesen ist, wie das Eigentum an einer Sache. Eine Ausschlussfunktion und die Zuweisungs- bzw. Nutzungsfunktion, hat auch das Nutzungsrecht des Inhabers einer Domain. Zur Nutzung der Domain gehört aber auch die Möglichkeit, diese zu veräußern oder zu übertragen (cola.de).

Das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 19.08.2009 – 34 O 16/09) hat entschieden:
Ein Löschungsanspruch des Domaininhabers gegenüber der unberechtigten Eintragung eines Disputes bei der Denic ergibt sich, ohne dass es darauf ankommt, ob der Dispute-Eintrag einen Eingriff in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers darstellt, aus § 823 Abs. 1 BGB. Das Recht auf Nutzung der Internetdomain stellt nämlich ein gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschütztes „sonstiges Recht” dar. Der Inhaber einer Domain erhält ein relativ wirkendes, vertragliches Nutzungsrecht, welches einen rechtlich geschützten Vermögenswert darstellt und dem Inhaber der Domain ebenso ausschließlich zugewiesen ist, wie das Eigentum an einer Sache. Eine Ausschlussfunktion und die Zuweisungs- bzw. Nutzungsfunktion, hat auch das Nutzungsrecht des Inhabers einer Domain. Zur Nutzung der Domain gehört aber auch die Möglichkeit, diese zu veräußern oder zu übertragen.




Tatbestand:

Der Kläger ist Mitgeschäftsführer der Domainvermarkter … und mittels dieses Unternehmens oder in seiner Person Inhaber einer Vielzahl generischer Domains. Er ist u.a. Inhaber der Domain „cola.de“. Diese Domain ist seit 1999 mit Inhalten belegt; der Kläger hat sie im September 2008 erworben. Er verwendet sie zum Betrieb eines Portals, welches u.a. Informationen und Werbung im Zusammenhang mit dem brausehaltigen Erfrischungsgetränk „Cola“ zeigt.

Die Beklagte ist ein Unternehmen, welches sich mit dem Vertrieb von wärmetechnischen Produkten und Heizsystemen beschäftigt. Die Beklagte behauptet, sie sei die deutsche Schwestergesellschaft des italienischen Unternehmens Cola … aus Amole/Italien. Sie habe das alleinige Vertriebsrecht dieses Unternehmens für die Bundesrepublik Deutschland. Das italienische Unternehmen Cola … ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarke Nr. 001362516 „Cola”, welche Schutz genießt für Waren in den Klassen 9, 11 und 19, d. h. im Einzelnen für “Thermostate; Thermometer (nicht für medizinische Zwecke); Temperaturanzeiger (nicht für medizinische Zwecke); Druckmessgeräte, Ventilköpfe mit Druckmesser; Druckschreiber; Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen” und „Baumaterialien (nicht aus Metall), Rohre (nicht aus Metall) für Bauzwecke, Asphalt, Pech und Bitumen, transportable Bauten (nicht aus Metall), Denkmähler (nicht aus Metall); ausgenommen Leime und Zementleime”.

Die Beklagte berief sich auf die Rechte aus dieser Gemeinschaftsmarke und mahnte den Kläger mit Schreiben vorn 15.12.2008 ab. Sie begehrte von dem Kläger die Löschung der Domain „cola.de” bei der DENIC eG, Frankfurt. Nachdem der Kläger im Rahmen der vorprozessualen Korrespondenz der Parteien die Löschung seiner vorgenannten Domain ablehnte, hat die Beklagte bei der DENIC in Frankfurt bezüglich der Domain „cola.de” des Klägers einen sogenannten Dispute-Eintrag für sich erwirkt.

Der Kläger hat daraufhin Klage erhoben und zunächst beantragt:
  1. Die Beklagte wird verurteilt, auf den für die Domain „cola.de” bei der DENIC eG, Frankfurt, zu ihren Gunsten gesetzten Dispute-Eintrag gegenüber der DENIC eG, Frankfurt, zu verzichten.

  2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten - entgegen der Abmahnung vom 15.12.2008 - kein vorrangiges Recht an dem Domainnamen „cola.de“ zusteht und der Kläger entgegen der Abmahnung vom 15.12.2008 aus Anlage K3 nicht verpflichtet ist, die Löschung der Domain „cola.de“ gegenüber der DENIC eG., Frankfurt, zu beantragen.

  3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der ihr durch die Einschaltung der Rechtsanwälte … in der Domainstreitsache „cola.de” durch die Abmahnung vom 15.12.2008 entstandenen Kosten hat.

  4. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Kosten der außergerichtlichen Inanspruchnahme seiner nunmehrigen Prozessbevollmächtigten in Höhe von insgesamt 2.118,44 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und im Wege der Widerklage,
den Kläger zu verurteilen, gegenüber der DENIC eG die Löschung der zu seinen Gunsten eingetragenen Domain „cola.de” zu erklären und die Beklagte von den Kosten, die durch die außergerichtliche Inanspruchnahme ihrer Prozessbevollmächtigten … entstanden sind, freizustellen.
In dem Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Parteien dann nach Antragsstellung bezüglich der Widerklage die Klageanträge des Klägers zu Ziff. 2 und 3 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Beklagte ist der Ansicht, sie könne die Namens- und Kennzeichenrechte ihrer italienischen Schwestergesellschaft Cola … dem Kläger gegenüber geltend machen. Der Kläger handele durch das Halten der Domain Cola.de der Beklagten gegenüber wettbewerbswidrig und behindere diese im Wettbewerb. Das Handeln des Klägers sei wettbewerbswidrig, da er unter bewusster Ausnutzung der durch die technisch bedingte Einzigartigkeit der Adressierung bewirkte Monopolstellung die Berechtigten, wie die Beklagte, zum Abkaufen der Inhaberschaft an der Domain veranlassen wolle.

Demgegenüber ist der Kläger der Ansicht, ein Löschungsanspruch der Beklagten sei nicht gegeben, da diese kein Recht aus der Gemeinschaftsmarke des italienischen Schwesterunternehmens im Einzelnen substantiiert dargetan habe. Außerdem liege auch keine Verletzung dieser Marke vor, da es an einer markenmäßigen Benutzung seitens des Klägers fehle und zudem auch keine Verwechslungsgefahr gegeben sei. Der Kläger könne andererseits von der Beklagten verlangen, dass diese auf den für die Domain „cola.de“ bei der DENIC eG zu ihren Gunsten gesetzten Dispute-Eintrag gegenüber der DENIC eG verzichte und den Kläger von den Kosten der außergerichtlichen Inanspruchnahme seiner nunmehrigen Prozessbevollmächtigten freistelle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die Klage des Klägers ist zulässig und begründet.

Die Widerklage der Beklagten ist zwar zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger kann von der Beklagten verlangen, dass diese auf den für die Domain „cola.de” bei der DENIC eG zu ihren Gunsten gesetzten Dispute-Eintrag gegenüber der Denic eG verzichtet. Ein entsprechender Anspruch des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich, ohne dass es darauf ankommt, ob der Dispute-Eintrag einen Eingriff in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers darstellt, aus § 823 Abs. 1 BGB. Das Recht auf Nutzung der Internetdomain stellt nämlich ein gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschütztes „sonstiges Recht” dar. Der Inhaber einer Domain erhält ein relativ wirkendes, vertragliches Nutzungsrecht, welches einen rechtlich geschützten Vermögenswert darstellt und dem Inhaber der Domain ebenso ausschließlich zugewiesen ist, wie das Eigentum an einer Sache. Danach ist die Situation bei der Inhaberschaft einer Domain vergleichbar mit der des berechtigten Besitzers an einer Sache. Auch der berechtigte Besitz kann schuldrechtlich eingeräumt sein. Er ist aber als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 BGB schutzfähig, weil er insofern eigentumsähnlich ist als er wie dieses die Ausschlussfunktion und die Zuweisungs- und Nutzungsfunktion hat. Beides, die Ausschlussfunktion und die Zuweisungs- bzw. Nutzungsfunktion, hat auch das Nutzungsrecht des Inhabers einer Domain. Zur Nutzung der Domain gehört aber auch die Möglichkeit, diese zu veräußern oder zu übertragen, die dem Kläger vorliegend durch den Dispute-Eintrag der Beklagten genommen wird, so dass die Voraussetzung des § 823 Abs. 1 BGB vorliegend gegeben sind und den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte begründen.

Die Beklagte kann sich demgegenüber auch nicht auf ein entgegenstehendes Recht aus der Gemeinschaftsmarke des italienischen Unternehmens Cola … mit Erfolg berufen. Zunächst einmal steht dem entgegen, dass die Beklagte nicht im Einzelnen substantiiert dargetan hat, in welcher Weise, wann und in welchem Umfang sie von dem vorgenannten italienischen Unternehmen Rechte und/oder die Ausübung von Rechten an der Gemeinschaftsmarke oder an der Firmenbezeichnung erlangt haben kann. Trotz eines entsprechenden Hinweises an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten in dem Termin zur mündlichen Verhandlung ist insoweit kein ergänzender Vortrag erfolgt.

Unabhängig davon fehlt es aber auch schon grundsätzlich an einer Verletzung von Markenrechten an der Gemeinschaftsmarke „cola”, denn nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien hat der Kläger im Zusammenhang mit seiner Domain „cola.de” bei dem entsprechenden Internetauftritt lediglich Informationen und Werbung im Zusammenhang mit dem brausehaltigen Erfrischungsgetränk „Cola” gezeigt, nicht hingegen Waren oder Dienstleistungen aus dem Schutzbereich der Gemeinschaftsmarke, der völlig andere Waren umfasst, nämlich Thermostate und ähnliches, Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen und Baumaterialien verschiedenster Art.

Aus den vorgenannten Gründen kann die Beklagte schließlich auch keine besseren Rechte aus Firmenrecht und/oder Namensrecht dem Kläger gegenüber mit Erfolg geltend machen.

Der Kläger kann weiterhin von der Beklagten verlangen, dass diese ihn von den Kosten der außergerichtlichen Inanspruchnahme seiner nunmehrigen Prozessbevollmächtigten in Höhe von insgesamt 2.118,44 € freistellt. Ein entsprechender Freistellungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich ebenfalls aus § 823 Abs. 1 BGB. Zur weiteren Begründung wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verwiesen.

Die Widerklage der Beklagten ist zwar zulässig, sie hat in der Sache allerdings keinen Erfolg. Die Beklagte kann von dem Kläger weder verlangen, gegenüber der DENIC eG die Löschung der zu seinen Gunsten eingetragenen Domain „cola.de” zu erklären, noch die Beklagte von den Kosten, die diese durch die außergerichtliche Inanspruchnahme ihrer Prozessbevollmächtigten entstanden sind, freizustellen.

Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, stehen der Beklagten gegen den Kläger keine markenrechtlichen Ansprüche zu. Im Übrigen ergeben sich die entsprechenden Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger aber auch nicht aus Wettbewerbsrecht unter dem Gesichtspunkt einer Behinderung, §§ 3, 4 Nr. 10 UWG. Wie allgemein anerkannt ist (vgl. BGH Urteil vom 19.02.2009 - I ZR 135/06), kann die Registrierung und damit die Inhaberschaft eines Domainnamens nur bei Vorliegen besonderer Umständen den Tatbestand einer unlauteren Mitbewerberbehinderung erfüllen und einen Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des Domainnamens begründen. Solche Umstände liegen nicht schon vor, wenn der Domaininhaber eine Vielzahl von Domainnamen auf sich registrieren lässt, um sie potentiellen Interessenten zum Kauf oder zur entgeltlichen Nutzung anzubieten, wenn für den Domaininhaber zum Registrierungszeitpunkt kein besonderes Interesse eines bestimmten Unternehmens erkennbar war, gerade einer dieser Geschäftsbezeichnung entsprechenden Domainnamen zu erwerben. So liegt aber der Fall hier, denn die Domain „cola.de” ist bereits unstreitig 1999 registriert worden und die Beklagte hat keine Umstände dargetan, aus denen sich ergeben könnte, dass zum damaligen Zeitpunkt bereits ein Interesse ihrer italienischen Schwestergesellschaft an dieser deutschen Domain gegeben gewesen sein könnte. Unabhängig davon fehlt es aber auch insoweit hier an einem im Einzelnen substantiierten Vortrag dazu, dass die Beklagte ihrerseits berechtigt sein könnte, entsprechende Rechte aus Wettbewerbsrecht überhaupt geltend zu machen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 91 a ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus § 709 ZPO.







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