Webshoprecht.de



A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

Oberlandesgericht Celle Urteil vom 26.03.2020 - 13 U 73/19 - Keine Informationspflicht des Unternehmers bei einer Herstellergarantie

OLG Celle v. 26.03.2020: Zur Informationspflicht des Unternehmers bei Fernabsatzverträgen in Bezug auf eine Herstellergarantie


Das Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 26.03.2020 - 13 U 73/19) hat entschieden:

   Bei einem Fernabsatzvertrag ist der Unternehmer nicht verpflichtet, den Verbraucher über eine vom Hersteller des Produktes gewährte Garantie zu informieren, wenn der Unternehmer weder in einem Angebot noch in sonstiger Weise vor der Abgabe der Erklärung des Verbrauchers eine Herstellergarantie erwähnt hat.




Siehe auch
Garantiezusagen/Garantieversprechen
und
Informationspflichten im Onlinehandel - Pflichtangaben


Gründe:


A.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch, weil dieser bei einem auf der Verkaufsplattform eBay eingestellten Angebot seine Informationspflichten verletzt habe, indem er nicht über die Herstellergarantie informiert habe.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen Vereinszweck nach seiner Satzung „die umfassende Förderung insbesondere der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen deutscher Online-Unternehmer“ gehört (§ 2 der Satzung des Klägers, Anlage K 4, Anlagenband Kläger, im Folgenden: AB-K).

Der Beklagte bietet unter dem Verkäufernamen „d.-t.“ Waren, u.a. aus den Bereichen Elektro- und Elektronikartikel sowie Werkzeug, auf der Internet-Handelsplattform eBay an. Er bot am 19. Februar 2019 bei eBay eine Bohrmaschine der Marke Metabo unter „Sofort-Kaufen“ an (vgl. Ausdruck Anlage K 6, AB-K). Bei den Angaben zum Produkt hieß es u.a. „24 Monate Gewährleistung (Wie auch bei anderen Händlern)“. Der Beklagte bewarb dieses Angebot nicht mit dem Bestehen einer von ihm selbst oder dem Hersteller gewährten Garantie. Auch im Übrigen machte er keine Angaben zu einer Garantie. Der Hersteller Metabo gewährt nach seiner im Internet veröffentlichten „Garantieerklärung“ „für all seine Produkte eine „Herstellergarantie nach den Gesetzen des jeweiligen Landes für den Zeitraum von einem Jahr (…)“ (Anlage K 20, Ab-K).

Der Kläger hat behauptet, er habe am 21. Juni 2018, am 19. Februar 2019 und weiterhin jeweils über mehr als 20 Mitglieder aus den Branchen „Elektro- und Elektronikartikel“ sowie „Werkzeug“ verfügt, die in gewerblichem Umfang im Fernabsatz Handel treiben (Bl. 7 f. d.A.). Hierzu hat er teilanonymisierte Listen (Anlagen K 7, K 7b und K 7c, AB-K) vorgelegt. Die in den Listen K 7b und 7c aufgeführten Händler seien bis zum heutigen Tag (Stand 2. Juli 2019) Mitglied des Klägers; die Anlagenkonvolute K 7d und 7e zeigten exemplarisch deren Angebote, die Anlagenkonvolute K 7b und 7g enthielten zum Nachweis der Mitgliedschaft Beitragsrechnungen und Zahlungsnachweise. Er sei sachlich, personell und finanziell in der Lage, die Interessen seiner Mitglieder zu verfolgen. Sein Kontostand habe sich am 3. Dezember 2018 auf ca. 90.000 € und am 11. April 2019 auf ca. 129.000 € belaufen (Anlagen K 15, K 27, AB-K).

Der Kläger hat gemeint, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, auf die Herstellergarantie hinzuweisen. Das Bestehen einer Herstellergarantie erhöhe den Wert des Einkaufs. Die Händler wüssten, dass große Hersteller im Internet ihre Garantiebedingungen veröffentlichten, und nutzten diese Werbung der Hersteller aus.

Der Kläger hat beantragt (Bl. 2R ff., 33R, 117 d.A.),

   den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

   im geschäftlichen Verkehr mit dem Verbraucher im Fernabsatz betreffend Werkzeug und/oder Elektro- und/oder Elektronikartikel Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten und/oder zur Abgabe von Angeboten aufzufordern,

bei denen der Verbraucher nicht vor der Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise informiert wird über den Inhalt der Garantie, einschließlich einer beim Kauf der Ware vom Hersteller angebotenen Garantie, und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers, und ohne gleichzeitig auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers hinzuweisen sowie darauf, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden,

wie nachstehend wiedergegeben:

[Es folgen im Orginal mehrseitige Abbildungen]

Der Beklagte hat beantragt (Bl. 42, 117 d.A.),

   die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat gemeint, der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen für eine Aktivlegitimation im Hinblick auf die Anzahl und Art seiner Mitglieder sowie auf seine personelle und finanzielle Ausstattung. Insoweit hat der Beklagte die Aktualität und Richtigkeit der Mitgliederliste des Klägers bestritten. Die Mitgliederliste enthalte auch Händler für Produkte, die nicht zum relevanten Markt gehörten. Der- bestrittene - Kontostand des Klägers genüge nur, um den Verlust von neun derartigen Verfahren in zwei Instanzen zu verkraften, wobei zu berücksichtigen sei, dass in letzter Zeit mehrere Gerichte dem Kläger die Aktivlegitimation abgesprochen hätten. Der Kläger habe jedoch schätzungsweise eine dreistellige Zahl von Verfahren anhängig gemacht. Der Kläger missbrauche seine Aktivlegitimation, um für sich selbst und seine Angestellten erhebliche Einnahmen zu generieren. Schon die Assistenz der Geschäftsführung erhalte - unstreitig - einen Stundenlohn von 120 €, der ihrer Qualifikation nicht entspreche.

Der Unterlassungsantrag gehe zu weit, weil er keine Begrenzung auf eBay-Angebote, auf „Sofort-Kauf“-Angebote und auf Fälle des Vorliegens von Garantien enthalte.

Auch habe es keine wettbewerbliche Relevanz, wenn der Verkäufer nicht über das Bestehen einer Herstellergarantie informiere. Die fehlende Information führe nicht dazu, dass der Verbraucher eine geschäftliche Entscheidung treffe, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Denn es sei davon auszugehen, dass der Verbraucher eher bei einem Händler kaufe, der offensiv mit einer Garantie werbe, als bei einem Händler, der nicht über die Garantie informiere. Fehlten Angaben zur Garantie, benachteilige der Händler nur sich selbst, nicht den Verbraucher.

Zudem sei der Antrag auch inhaltlich unbegründet, denn es bestehe keine Informationspflicht, wenn zwar eine Herstellergarantie gegeben sei, auf diese im Angebot aber – wie vorliegend – gar nicht hingewiesen werde. Zudem sei dem Verkäufer das Bestehen einer Herstellergarantie häufig auch gar nicht bekannt. Selbst auf der Außenseite der Produktverpackungen befinde sich oft kein Hinweis auf eine Herstellergarantie.

Mit Urteil vom 23. September 2019 (Bl. 125 ff. d.A.) hat das Landgericht Hannover die Klage abgewiesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger aktivlegitimiert sei. Denn jedenfalls liege ein Wettbewerbsverstoß nach § 5a Abs. 1 und 2 UWG nicht vor. Der Beklagte habe seine Informationspflichten aus Art. 246a§ 1 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 EGBGB nicht verletzt. Gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB müsse der Verkäufer über seine Garantien informieren. Über eine Herstellergarantie müsse er nur dann informieren, wenn er diese in seinem Angebot erwähne und hierdurch mit ihr werbe. Dagegen bestehe insoweit keine Informationspflicht, wenn die Herstellergarantie in dem Angebot gar nicht erwähnt werde. Der Wortlaut der Regelung spreche nicht für eine solche Ausweitung der Informationspflichten. Diese würde den Verkäufer auch unbillig überfordern. Eine Beratung des Verbrauchers sei nicht Funktion der Informationspflichten. Es könne für den Unternehmer allenfalls nachteilig sein, wenn er die Herstellergarantie nicht erwähne; die Informationspflichten sollten aber nicht Vorteile des Unternehmers sicherstellen. Der Unternehmer, der nicht mit der Herstellergarantie werbe, erspare sich zwar den für die Zusammenstellung der Informationen nötigen Aufwand. Die Informationspflichten dienten aber nicht dazu, einen bestimmten Aufwand des Unternehmers zu erzwingen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageantrag in vollem Umfang weiterverfolgt. Entgegen der Auffassung des Landgerichts beziehe sich die Informationspflicht des Unternehmers auch auf eine Herstellergarantie. Der Wettbewerbsverstoß sei auch spürbar; Gegenteiliges hätte der Beklagte darzulegen und zu beweisen. Die Spürbarkeit ergebe sich auch daraus, dass es bei Bestehen einer Herstellergarantie keinen Sinn ergebe, für eine zusätzlich angebotene Garantieverlängerung zu bezahlen.

Der Kläger beantragt (Bl. 161- 167 d.A.),

   den Beklagten unter Abänderung des am 23. September 2019 verkündeten Urteils des Landgerichts - 18 O 33/19 - zu verurteilen,

   wie erstinstanzlich beantragt.


Der Beklagte beantragt (Bl. 159 d.A.),

   die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Eine Informationspflicht in Bezug auf nicht beworbene Herstellergarantien würde auch zu einer unzumutbaren, dem UWG fremden Marktbeobachtungspflicht führen. Außerdem handele der Kläger rechtsmissbräuchlich, weil er vielfach wegen der Verletzung von Informationspflichten in Bezug auf eine Herstellergarantie abgemahnt habe, die Abmahnungen aber bewusst auf Nicht-Mitglieder beschränkt habe. Mitglieder des Klägers würden sogar mit einer Herstellergarantie werben, ohne über die Garantiebedingungen zu informieren.

Der Beklagte biete im Durchschnitt über das Internet ca. 30.000 verschiedene Produkte; bis auf 10 bis 15 Artikel verfüge er über kein eigenes Lager. Von den 30.000 angebotenen Artikeln verkaufe er lediglich 1.000 bis 1.500 Artikel pro Jahr, meist nur ein Exemplar des jeweiligen Artikels. Bei einer Lieferung nach Deutschland würden die Produkte in etwa 50 % der Fälle im Wege des sog. Dropshipping- das heiße, direkt durch einen von ihm beauftragten Distributor - an den Käufer versandt. Ihm sei nicht bekannt, welche der von ihm angebotenen Produkte über eine Herstellergarantie verfügten. Die streitgegenständliche Bohrmaschine habe er nicht auf Lager. Bei der von ihm nun zur Überprüfung erworbenen Bohrmaschine hätten sich weder auf der Verpackung noch in der Bedienungsanleitung Garantieinformationen befunden (Anlage BG 6, Bl. 268 ff. d.A.); auch eineGarantieurkunde sei nicht beigefügt gewesen.

Der Kläger hat - auf eine vom Senat mit der Ladung erteilte Auflage (Bl. 249 d.A.) - ergänzend zu seiner Prozessführungsbefugnis bzw. Aktivlegitimation vorgetragen und weitere Anlagenkonvolute vorgelegt (Anlagen BK 5 - BK 12, Anlagenordner II).

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand deserstinstanzlichen Urteils sowie auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.





B.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).

Die Zulässigkeit der Klage ist fraglich. Zwar ist der Klagantrag hinreichend bestimmt (hierzu Ziffer I. 1.) und von der Klagebefugnis des Klägers auszugehen (Ziffer I. 2.). Die Klage könnte aber als missbräuchlich angesehen werden (Ziffer I. 3.).

Letztlich kann die Frage des Rechtsmissbrauchs dahingestellt bleiben; denn jedenfalls ist die Klage unbegründet, weil keine Informationspflicht des Beklagten im Hinblick auf eine Herstellergarantie bestand (Ziffer II.).

I.

1. Der Unterlassungsantrag ist hinreichend bestimmt. Gegenstand des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsantrags ist die konkrete Verletzungsform. Die abstrakte Beschreibung des Verstoßes wird durch die Bezugnahme auf das konkret beanstandete Angebot („wie nachstehend wiedergegeben“) näher bestimmt (BGH, Urteil vom 7. April 2011 – I ZR 34/09 – Leistungspakete im Preisvergleich, Rn. 17, juris).

2. Der Kläger ist auch gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zur Klage befugt.

a) Die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG enthaltene Regelung der Voraussetzungen, unter denen Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend machen können, betrifft sowohl die prozessuale Klagebefugnis als auch die sachlich-rechtliche Anspruchsberechtigung. (BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 148/10 - Glücksspielverband, Rn. 12,juris).

Da es sich um Sachurteilsvoraussetzungen handelt, müssen sie auch noch in der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/ Köhler/Feddersen, 38. Aufl. 2020, UWG § 8 Rn. 3.66). Sie sind von Amts wegen im Freibeweisverfahren festzustellen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, 38. Aufl. 2020, UWG § 8 Rn. 3.65).

b) Der Senat hat auf der Grundlage der von dem Kläger vorgelegten Unterlagen und der ergänzenden Vernehmung der Zeugin B. keine durchgreifenden Zweifel, dass der Kläger zum Zeitpunkt des geltend gemachten Verstoßes als auch noch zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung den Anforderungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG genügt hat.

aa) Der Kläger hat eine ausreichende Zahl von Mitgliedern auf dem für den gerügten Verstoß maßgeblichen Markt.

(1) Erheblich im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist die Zahl der Mitglieder des Verbands auf dem einschlägigen Markt dann, wenn diese Mitglieder als Unternehmen - bezogen auf den maßgeblichen Markt - in der Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbands ausgeschlossen werden kann (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2008 - I ZR 197/06 - Sammelmitgliedschaft VI, Rn. 12, juris). Ausreichend ist, wenn im Wege des Freibeweises festgestellt werden kann, dass es dem Verband bei der betreffenden Rechtsverfolgung nach der Struktur seiner Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung der Mitgliederinteressen geht (aaO). Dies kann auch schon bei einer geringen Zahl auf dem betreffenden Markt tätiger Mitglieder anzunehmen sein. Darauf, ob diese Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind, kommt es nicht entscheidend an (aaO). Dabei kann allerdings nur auf solche Mitglieder abgestellt werden, die der klagende Verband namentlich benannt hat. Denn die beklagte Partei braucht sich nicht mit den Angaben ihres Prozessgegners zu begnügen. Sie hat ein berechtigtes Interesse daran, selbst zumindest durch Stichproben beispielsweise der Frage nachgehen zu können, ob die bezeichneten Unternehmen (noch) Mitglieder sind und ob die Angaben des klagenden Verbandes zur Branchenzugehörigkeit, zur Marktstärke und zum örtlichen Betätigungsfeld der Mitgliedsunternehmen (noch) Gültigkeit haben (BGH, Urteil vom 18. Oktober 1995 - I ZR 126/93 - Anonymisierte Mitgliederliste, Rn. 15, juris).

(2) Im Streitfall ist - für Internetangebote - das ganze Gebiet der Bundesrepublik Deutschland der räumlich relevante Markt. Der sachlich relevante Markt ist jedenfalls der Handel mit Werkzeugen. Soweit der Kläger auch auf Anbieter von Unterhaltungselektronik abstellt, dürfte hingegen keine ausreichende Nähe zu dem streitgegenständlichen Angebot einer Bohrmaschine bestehen.

Auch wenn nur auf Anbieter von Werkzeugen abgestellt wird, verfügt der Kläger über eine ausreichende Zahl von Mitgliedern. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung über 40 Mitglieder aus dem Bereich Internethandel mit Werkzeug verfügte, die deutlich überwiegend bereits zum Zeitpunkt des Verstoßes Mitglieder waren. Der Kläger hat ein Konvolut von aktuellen Bildschirmausdrucken vorgelegt, wonach die benannten Mitglieder gewerblich Werkzeuge im Internet angeboten haben. Die Geschäftsführerin des Klägers, Frau Leonie B., die als besondere Vereinsvertreterin im Sinne von § 30 BGB nicht als Partei, sondern als Zeugin zu vernehmen war (BeckOK BGB/ Schöpflin, 52. Ed. 1.11.2019, § 30 Rn. 11), hat glaubhaft bestätigt, dass sie die benannten Mitglieder noch einmal anlässlich der Berufungsverhandlung - insbesondere auch hinsichtlich der Zahlung der Mitgliedsbeiträge - überprüft habe. Zweifel an der Mitgliedschaft ergeben sich auch nicht daraus, dass die Mitgliedsbeiträge zum Teil per Lastschrift eingezogen werden. Die Zeugin hat glaubhaft ausgesagt, dass nach der von ihr vorgenommenen Überprüfung keine Rücklastschriften erfolgt seien. Zweifel an der Mitgliedschaft ergeben sich weiter auch nicht daraus, dass der Kläger den Mitgliedern in Einzelfällen entgegen Nr. 1 Abs. 1 seiner „Nutzungsbedingungen“ (Anlage BG8) die Aufnahme als Mitglied nicht in Textform bestätigt haben mag. Zum einen hat die Zeugin B. ohnehin nachvollziehbar angegeben, dass regelmäßig solche Bestätigungen in Textform entsprechend der exemplarisch vorgelegten E-Mail (Blatt 517 d.A.) erfolgt seien. Zum anderen stünde die fragliche Klausel einer schlüssigen Annahme der Beitrittserklärung insbesondere durch Berechnung des Mitgliedsbeitrags nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2014 – II ZR 243/13, Rn. 19, juris; vgl. grundlegend zur Relevanz möglicher Beitrittsmängel auch BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 – I ZR 116/03, juris).

Für die Klagebefugnis ist es auch unschädlich, wenn die genannten Mitglieder als „passive Mitglieder“ kein Stimmrecht haben (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 - I ZR 116/03 - Brillenwerbung, Rn. 20, juris). Dies ist erst für die Frage des Rechtsmissbrauchs von Bedeutung (hierzu B. I. 3. b) ).

b) Der Senat hat auch keine Zweifel, dass der bereits seit einigen Jahren tätige Kläger nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung weiterhin zur Wahrnehmung seiner satzungsmäßigen Aufgaben in der Lage ist.

aa) Die Finanzausstattung des Klägers ist als ausreichend anzusehen.

Legt der Verband eine die Kosten des Streitfalls vielfach übersteigende liquide Finanzausstattung dar und ist nicht bekannt geworden, dass er in der Vergangenheit Zahlungspflichten für Prozesskosten nicht nachgekommen ist, so kann eine unzureichende finanzielle Ausstattung des Verbands grundsätzlich nur angenommen werden, wenn das bei zurückhaltender Betrachtung realistische Kostenrisiko des Verbands seine dafür verfügbaren Mittel spürbar übersteigt (BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 148/10 - Glücksspielverband, Rn. 15).

Im Streitfall hat sich nach den vorgelegten Unterlagen das Kontoguthaben des Klägers auf 129.000 € belaufen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Kostenrisiko der von dem Kläger geführten Rechtsstreitigkeiten die verfügbaren Mittel spürbar übersteigt. Dabei kommt es nicht mehr darauf an, ob der Streitwert für Klagen der vorliegenden Art nach der Angabe des Klägers auf 15.000 € oder - nach der Senatsrechtsprechung - wesentlich niedriger festzusetzen ist.

bb) Auch hinsichtlich der sachlichen und personellen Ausstattung des Klägers bestehen keine Zweifel. Der Kläger verfügt nach der glaubhaften Aussage der Zeugin B. über angemietete Büroräume von etwa 137 qm und beschäftigt - neben der Vereinsvorsitzenden - die Zeugin als Geschäftsführerin sowie drei weitere angestellte Mitarbeiterinnen. Weiter sind für den Kläger - nebenberuflich - ein Justiziar und zwei freie Mitarbeiter tätig.

3. Die Klage könnte jedoch als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 3 UWG anzusehen sein.

Der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 8 Abs. 3 UWG), der bereits die Zulässigkeit der Unterlassungsklage betrifft (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2001 - I ZR 215/98 - Scanner-Werbung, Rn. 32, juris), könnte durchgreifen.

a) Allerdings ergibt sich ein Rechtsmissbrauch nicht bereits daraus, dass der Kläger offenbar allenfalls in eingeschränktem Umfang Rechtsverletzungen seiner Mitglieder verfolgt.




aa) Einem nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugten Verband ist es grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen (BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 148/10- Glücksspielverband, Rn. 19, juris). Es kann jedoch als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn ein Verband gegen außenstehende Dritte vorgeht, den unlauteren Wettbewerb durch gleichartige Verletzungshandlungen der eigenen Mitglieder jedoch planmäßig duldet (aaO, Rn. 22). Es ist eine Frage der Gesamtumstände des Einzelfalls, ob das dauerhaft selektive Vorgehen eines Verbands ausschließlich gegen Nichtmitglieder als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist (aaO, Rn. 23). Dabei lassen sich allerdings bestimmte Fallgruppen bilden. So ist es insbesondere rechtsmissbräuchlich, wenn der Verband mit einem selektiven Vorgehen ausschließlich gegen Nichtmitglieder bezweckt, neue Mitglieder zu werben, denen er nach einem Beitritt Schutz vor Verfolgung verspricht (aaO). Es kann aber grundsätzlich noch nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, wenn ein Verband, der die Frage der Wettbewerbswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens höchstrichterlich klären lassen will, zunächst gegen einen Dritten und nicht gegen ein eigenes Mitglied gerichtlich vorgeht (BGH, Urteil vom 12. Dezember 1996 - I ZR 7/94 - Lifting-Creme, Rn. 18, juris).

bb) Nach dieser Maßgabe bestehen im Streitfall keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein missbräuchliches selektives Vorgehen des Klägers. Insbesondere begründet es nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs, dass der Kläger gegen den Beklagten vorgeht, obwohl auch Mitglieder des Klägers - nach dem Vorbringen des Beklagten - gegen entsprechende Informationspflichten verstoßen. Die Reichweite der Informationspflicht bei Herstellergarantien ist eine bislang höchstgerichtlich nicht geklärte Frage, sodass es dem Kläger unbenommen bleiben muss, zunächst gegen Nicht-Mitglieder vorzugehen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger die Verletzung von Informationspflichten durch seine Mitglieder im Zusammenhang mit einer beworbenen Garantie planmäßig duldet; der vorgetragene Verstoß einzelner Mitglieder genügt insoweit nicht. Auch wenn es dem Senat auf der Grundlage der insoweit rechten vagen Aussage der Zeugin fraglich erscheint, ob der Kläger in nennenswertem Umfang Rechtsverstöße seiner Mitglieder verfolgt, ist für eine planmäßige Duldung von Informationspflichtverletzungen durch die Mitglieder nichts ersichtlich.

b) Für einen Rechtsmissbrauch spricht jedoch, dass der Kläger die Unternehmen, deren Interessen er nach seiner Satzung fördern will, nach Aussage der Zeugin B. „typischerweise“ nur als passive Mitglieder aufnimmt und damit - ohne ersichtlichen sachlichen Grund - gezielt von der Willensbildung des Vereins ausschließt.

Nach § 3 Abs. 3 und 4 der Vereinssatzung (Anlage K 4) sind nur aktive Mitglieder berechtigt, in die Vereinsorgane gewählt zu werden. Nur sie haben ein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung, während die passiven Mitglieder nicht stimmberechtigt sind. Nach Aussage der Zeugin B., entscheide der Vorstand, der aus zwei Rechtsanwälten, dem Geschäftsführer eines Inkassounternehmens und seiner - von einem Inkassounternehmen zum Kläger gewechselten - Vorsitzenden bestehe, im Einzelfall darüber, ob aktive Mitglieder aufgenommen werden. Die passiven Mitglieder würden auch nicht zu der Mitgliederversammlung geladen. Weiter hat die Zeugin bekundet, der Kläger habe auch einzelne aktive Mitglieder, sie könne jedoch nicht angeben, wie viele aktive Mitglieder er habe und nach welchen Kriterien aktive Mitglieder vom Vorstand aufgenommen würden. Es erscheint dem Senat wenig glaubhaft, dass die Zeugin - als Geschäftsführerin des Klägers - keine konkreten Angaben zur Zahl der aktiven Mitglieder und den Aufnahmekriterien machen konnte. Ein sachlicher Grund, warum die „Wettbewerbsunternehmen“, deren Interessen der Kläger fördern will, von der Willensbildung des Klägers ausgeschlossen werden, ist nicht ersichtlich. Insgesamt besteht für den Senat der Eindruck, dass der Vorstand den Kläger zu dem Zweck unterhält, durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen Einnahmen zu generieren, und die zur Erlangung der Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG notwendigen Mitglieder gezielt von der Willensbildung ausgeschlossen werden, um diese Einnahmequelle nicht zu gefährden.

c) Die Frage des Rechtsmissbrauchs kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben, weil die Klage jedenfalls unbegründet ist.

Ergibt - wie im Streitfall (siehe unten Ziffer II) - bereits eine Rechtsprüfung, dass ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch jedenfalls als unbegründet abzuweisen ist, kann die Zulässigkeitsfrage, ob das Vorgehen des Klägers missbräuchlich ist, aber gleichwohl offenbleiben (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1998 - I ZR 141/96 - Vorratslücken, juris, Rn. 13 f.).

II.

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3a UWG bzw. § 5a Abs. 2, Abs. 4 UWG i.V.m. § 312d Abs. 1, Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB.

Es stellt keine unzulässige geschäftliche Handlung nach § 8 Abs. 1 UWG dar, dass der Beklagte nicht über die von dem Hersteller der Bohrmaschine gewährte Garantie informiert hat.

1. Die in Rede stehenden Informationspflichten, die nach § 312d Abs. 1, Art. 246a EGBGB bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen gelten, gehören gemäß § 5a Abs. 4 zu den wesentlichen Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG, weil sie die EU-Verbraucherrechterichtlinie (Richtlinie 2011/83/EU) umsetzen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/ Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 5a Rn. 5.6). Zugleich handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 3a Rn. 1.295a, 1.314).

Es ist umstritten, ob insoweit ein Anwendungsvorrang des spezielleren Unlauterkeitstatbestands des § 5a Abs. 2, 4 UWG vor dem allgemeinen Rechtsbruchtatbestand des §3a UWG besteht (so die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur, vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 3a Rn. 1.19, § 5a Rn. 5.1a und Rn. 5.5; MüKoUWG/Alexander, 3. Aufl. 2020, UWG § 5a Rn. 85 jeweils mwN). Diese Frage kann im Streitfall dahingestellt bleiben, weil jedenfalls keine Informationspflicht des Beklagten in Bezug auf die Herstellergarantie bestand.

2. Der Unternehmer ist nicht verpflichtet, den Verbraucher bei einem Fernabsatzvertrag über eine vom Hersteller des Produktes gewährte Garantie zu informieren, wenn der Unternehmer weder in seinem Angebot noch in sonstiger Weise vor der Abgabe der Erklärung des Verbrauchers eine Herstellergarantie erwähnt hat.

Zu den Informationen, die der Verkäufer dem Verbraucher - vor dessen Vertragserklärung (Art. 246a § 4 EGBGB) - in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung zu stellen hat, gehören „gegebenenfalls das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und Garantien“ (Art. 246a § 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB).

Hiernach kann der Verkäufer zwar verpflichtet sein, auch über eine Garantie zu informieren, die nicht er selbst, sondern der Hersteller gewährt (Ziffer II. 2. a) ). Eine Informationspflicht besteht jedoch nur, wenn der Verkäufer sich - durch seine Werbung oder einen sonstigen Hinweis - auf die Herstellergarantie bezogen hat, bevor der Verbraucher seine Vertragserklärung abgibt (Ziffer II. 2. b)).

a) Die Legaldefinition einer Garantie findet sich in § 443 Abs. 1 BGB. Danach kann nicht nur der Verkäufer, sondern auch ein Hersteller oder ein sonstiger Dritter Garantiegeber sein.

Im Streitfall bestand eine Herstellergarantie im Sinne der Legaldefinition. Hierfür ist unerheblich, ob es sich bei der Veröffentlichung der Herstellerin „Metabo“ bereits um eine Garantierklärung oder nur um „einschlägige Werbung“ handelte (zur für § 479 BGB maßgeblichen Unterscheidung vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2011- I ZR 133/09 - Werbung mit Garantie).

b) Diese Herstellergarantie hat der Beklagte jedoch weder in seinem Angebot noch in sonstiger Weise erwähnt. In diesem Fall besteht keine Informationspflicht in Bezug auf die Herstellergarantie.

Zwar lässt der Wortlaut des Art. 246a § 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB es möglich erscheinen, dass die Informationspflicht des Verkäufers unbeschränkt für jegliche Garantie gilt, die der Hersteller oder ein Dritter für das Produkt gewährt. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung sowie ihrem Kontext ist jedoch davon auszugehen, dass die Informationspflicht erst dann besteht, wenn der Verkäufer sich durch seine Werbung oder eine sonstige Erwähnung auf die Herstellergarantie bezogen hat (aA LG Bochum, Urteil vom 27. November 2019 – I-15 O 122/19 –, Rn. 27, juris; offen gelassen durch das OLG Hamm, Urteil vom 26. November 2019 – 4 U 22/19, Rn. 30, juris, wonach eine Informationspflicht jedenfalls dann besteht, wenn das Warenangebot einen Hinweis auf das Bestehen einer Garantie enthält).

aa) Würde eine Informationspflicht des Verkäufers bereits dann angenommen, wenn der Hersteller der Kaufsache im Sinne der Legaldefinition eine Garantie gewährt, müsste der Verkäufer bei jedem verkauften Produkt recherchieren, ob und ggf. zu welchen Konditionen eine Herstellergarantie besteht. Dabei müsste er auch permanent überwachen, ob der Hersteller „einschlägige Werbung“ (§ 443 Abs. 1 BGB) veröffentlicht oder die Garantiebedingungen ändert, und entsprechende Änderungen umgehend in die Verbraucherinformation einarbeiten. Häufig wird der Verkäufer keine direkte Vertragsbeziehung zu dem Hersteller haben, sondern mit ihm nur über eine - mehr oder weniger lange - Lieferkette verbunden sein. In vielen Fällen kommt der Garantievertrag mit dem Hersteller erst durch ein Angebot des Herstellers in Form einer beigelegten Garantiekarte zustande. Wenn der Verkäufer wirklich sichergehen will, welche Garantiebedingungen des Herstellers derzeit gelten, müsste er jede Warenlieferung daraufhin durchsehen, ob und ggf. welche Garantiebedingungen beiliegen. Dies würde einen erheblichen Mehraufwand für den Verkäufer bedeuten, der sich letztlich auch in Preiserhöhungen niederschlagen dürfte, wenn dem Verkäufer insoweit eine Informationspflicht auferlegt würde.

Gleichzeitig geht der Verkäufer ein erhebliches Risiko ein, falls seine Informationen über die Herstellergarantie nicht mehr aktuell sind, wenn der Verbraucher seine Vertragserklärung abgibt. Denn das Bestehen einer Herstellergarantie stellt in der Regel ein Beschaffenheitsmerkmal der Kaufsache nach § 434 Abs. 1 BGB dar, dessen Fehlen - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift - einen Sachmangel begründet (BGH, Urteil vom 15. Juni 2016 – VIII ZR 134/15, Rn. 14, juris). Wenn der Verkäufer in seinem Angebot - sei es auch nur zur Erfüllung vermeintlicher Informationspflichten - eine Herstellergarantie erwähnt, die tatsächlich nicht (oder nicht mehr) oder nicht in dem genannten Umfang besteht, stellt dies grundsätzlich einen Sachmangel dar (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Satz 3 BGB).

Des Weiteren wäre der Verkäufer auch gezwungen, unklare und missverständliche Garantiebedingungen des Herstellers mitzuteilen, wodurch er sich dem Vorwurf aussetzen würde, sich an einer Irreführung der Verbraucher zu beteiligen.

Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für Garantien, die von sonstigen Dritten (Importeur, etc.) in Bezug auf die Kaufsache angeboten werden.

Die Frage der Informationspflicht des Verkäufers in Bezug auf eine Herstellergarantie stellt sich im Übrigen in gleicher Weise bei Verbraucherkaufverträgen im stationären Handel. Auch hier ist gemäß § 312a Abs. 2 BGB, Art. 246 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 EGBGB über Garantien zu belehren, wenn es sich nicht lediglich um Geschäfte des täglichen Bedarfs handelt. Im stationären Handel stellt sich erst recht die Frage, wie etwa ein Einzelhändler mit zumutbarem Aufwand über die verschiedenen Herstellergarantiebedingungen für jedes einzelne angebotene Produkt informieren sollte.

bb) Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dem Verkäufer derartig umfangreiche und kostentreibende Recherche- und Informationspflichten in Bezug auf eine Herstellergarantie auferlegt werden sollen, die sein Rechtsverhältnis zum Verbraucher in keiner Weise betrifft.



(1) Der Wortlaut der gesetzlichen Regelung lässt sich dahin auslegen, dass über eine Herstellergarantie - ebenso wie über den Kundendienst und Kundendienstleistungen - nur dann zu informieren ist, wenn diese Leistungen Gegenstand des Angebotes des Unternehmers sind („gegebenenfalls“). Hierfür spricht insbesondere auch der sprachliche Kontext im Zusammenhang mit den Kundendienstleistungen. Es liegt auf der Hand, dass über Kundendienstleitungen nur zu informieren ist, wenn sie Gegenstand des Vertrages werden sollen oder jedenfalls von dem Verkäufer bei Vertragsschluss als kostenpflichtige Zusatzleistungen angeboten werden. Gleiches muss dann auch für Garantien gelten (dahingehend auch BeckOK BGB/Martens, 52. Ed. 1.11.2019, EGBGB Art. 246 Rn. 21; Koch in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 312a BGB, Rn. 14; Staudinger/Thüsing (2019) BGB § 312a, Rn. 30).

(2) Diese Auslegung der gesetzlichen Reglung ist auch sachgerecht. Es muss dem Verkäufer unbenommen bleiben, im Rahmen seiner Vertragsfreiheit die Kaufsache ohne Hinweis auf eine bestehende Herstellergarantie anzubieten. Der Verbraucherschutz gebietet in diesem Fall keine Information des Käufers durch den Verkäufer. Der Verbraucher kann sich dann darauf einstellen, dass im Zweifel keine Herstellergarantie besteht. Legt er auf eine Herstellergarantie Wert, kann er bei dem Verkäufer nachfragen und - bei einer erfolglosen Nachfrage - von dem Kauf absehen. Schließt der Verbraucher gleichwohl einen Kaufvertrag, erleidet er keinen Nachteil, wenn ihm der Hersteller trotzdem eine Garantie gewährt, obwohl er hierüber vom Verkäufer nicht informiert worden ist.

Hingegen erschiene es verfehlt, dem Verkäufer Informationspflichten in Bezug auf Rechtsverhältnisse aufzuerlegen, an denen er in keiner Weise beteiligt ist.

(3) Auch aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich nicht, dass sich die Informationspflicht des Verkäufers auch auf Herstellergarantien erstrecken sollte, die der Verkäufer vor der Vertragserklärung des Verbrauchers nicht erwähnt hat.

Die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen beruhen auf dem Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20. September 2013, mit dem die Verbraucherrechterichtlinie der EU (Richtlinie 2011/83/EU) umgesetzt wurde. In dem Gesetzentwurf wird lediglich von einmaligen Umstellungskosten für die Wirtschaft ausgegangen (Drucksache 17/12637, Seiten 37, 40 f.). Weiter heißt es: „Jährlicher Erfüllungsaufwand und Bürokratiekosten aus Informationspflichten fallen durch die neuen rechtlichen Regelungen nicht an“ (Seite 37).

Damit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn Verkäufer auch dann über Herstellergarantien informieren müssten, wenn sie diese nicht für ihre Werbung verwenden oder in sonstiger Weise erwähnen. Denn mit einer solch weitreichenden Informationspflicht wäre - wie vorstehend unter Ziffer II. 2. b) aa) dargestellt - ein ganz erheblicher jährlicher Erfüllungsaufwand verbunden.

(4) Ein anderes Verständnis der gesetzlichen Regelung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der richtlinienkonformen Auslegung geboten.

Wie ausgeführt, setzen die - insoweit im Wesentlichen gleich lautenden - gesetzlichen Regelungen die Verbraucherrechterichtlinie (Richtlinie 2011/83/EU) um. Auch aus der Richtlinie ergibt sich nicht, dass der Verkäufer über eine von ihm gar nicht erwähnte Herstellergarantie informieren soll.

Gemäß Art. 6 Abs. 1 m) der Richtlinie müssen die Informationen „gegebenenfalls den Hinweis auf das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und gewerblichen Garantien“ enthalten. Gemäß Art. 2 Nr. 14 der Verbraucherrechterichtlinie ist „gewerbliche Garantie“ „jede dem Verbraucher gegenüber zusätzlich zur gesetzlichen Gewährleistung eingegangene Verpflichtung des Unternehmers oder eines Herstellers (Garantiegebers), den Kaufpreis zu erstatten oder die Waren auszutauschen oder nachzubessern oder Dienstleistungen für sie zu erbringen, falls sie nicht diejenigen Eigenschaften aufweisen oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllen, die in der Garantieerklärung oder der einschlägigen Werbung, wie sie bei oder vor dem Abschluss des Vertrags verfügbar war, beschrieben sind“.

Auch die Richtlinie lässt sich - unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen - dahin auslegen, dass über eine Herstellergarantie nur dann zu informieren ist, wenn der Verkäufer sich durch Werbung oder einen sonstigen Hinweis auf sie bezogen hat.

C.

I.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

II.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 1. Alt. ZPO zur Klärung der Frage zuzulassen, ob sich die Informationspflicht des gewerblichen Verkäufers gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB auch auf eine Garantie erstreckt, die von dem Hersteller oder einem sonstigen Dritten in Bezug auf die Kaufsache angeboten wird und der Unternehmer nicht - durch Werbung oder sonstige Erwähnung - zum Gegenstand seines Angebotes gemacht hat.




1. Diese - höchstrichterlich noch nicht geklärte - Frage betrifft den gesamten Internethandel; indirekt betrifft sie - über die gleichlautende Regelung des Art 246 Nr. 5 EGBGB - auch den stationären Handel. Da die Regelungen eine EU-Richtlinie umsetzen, kommt eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV in Betracht, sodass auch aus diesem Grund die Revision zuzulassen ist (vgl. BeckOK ZPO/Kessal-Wulf, 35. Ed. 1.1.2020, ZPO § 543 Rn. 23).

2. Die Frage ist - wenn von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen wird - auch entscheidungserheblich.

Wenn eine Informationspflicht angenommen wird, wäre das Angebot des Beklagten als unlauter im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG bzw. § 3a UWG anzusehen.

a) Der Beklagte hätte den Verbrauchern die Information über die Herstellergarantie i.S.d. § 5a Abs. 2 UWG vorenthalten.

Eine wesentliche Information wird vom Unternehmer vorenthalten, wenn sie zum Geschäfts- und Verantwortungsbereich des Unternehmers gehört oder dieser sie sich mit zumutbarem Aufwand beschaffen kann und der Verbraucher sie nicht oder nicht so erhält, dass er sie bei seiner geschäftlichen Entscheidung berücksichtigen kann (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 5a Rn. 3.23).

Hiervon ist im Streitfall auszugehen. Zwar hat der Beklagte nachvollziehbar dargetan, dass es großen Aufwand verursachen würde, wenn er für sämtliche von ihm angebotene Produkte recherchieren müsste, ob und ggf. zu welchen Konditionen der jeweilige Hersteller eine Garantie gewährt. Es handelt sich jedoch um den üblichen Aufwand, den die Bereitstellung der Information für den Verkäufer verursacht. Würde von einer Informationspflicht in Bezug auf Herstellergarantien ausgegangen, wäre dieser Aufwand nach der Wertung des Gesetzgebers auch als zumutbar anzusehen.

b) Das Vorenthalten der Information wäre auch wettbewerblich relevant im Sinne des § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG.

Gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG muss der Verbraucher die wesentliche Information benötigen, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und das Vorenthalten muss geeignet sein, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Zwar handelt es sich um zusätzliche Tatbestandsmerkmale, die selbständig zu prüfen sind (BGH, Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 41/16 - Komplettküchen, Rn. 31). Für die wettbewerbliche Relevanz im Sinne des § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG spricht aber ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Den Unternehmer trifft daher insoweit eine sekundäre Darlegungslast (aaO, Rn. 33 ff.; BGH, Urteil vom 7. März 2019 - I ZR 184/17 - Energieeffizienzklasse III, Rn. 27).

aa) Danach ist anzunehmen, dass der Verbraucher auch Informationen über die Herstellergarantie für eine „informierte Entscheidung“ benötigt (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UWG). Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Verbraucher von der Existenz und den Bedingungen der jeweiligen Herstellergarantie bereits Kenntnis haben.

bb) Das Vorenthalten der Information über die Garantie ist auch geeignet, den Verbraucher zu einer Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UWG).

(1) Zwar greift das Argument des Klägers, der Verbraucher könne durch das Fehlen der Information veranlasst werden, eine Garantie dazuzukaufen, nicht durch. Denn es ist schon nicht vorgetragen, dass der Beklagte den Erwerb einer zusätzlichen Garantie angeboten hat.

(2) Als Entscheidung des Verbrauchers im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UWG ist aber bereits seine - im Streitfall mögliche - Abstandnahme von dem Kauf anzusehen.

Sofern im konkreten Fall keine besonderen Umstände vorliegen, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Vorenthalten einer wesentlichen Information, die der Verbraucher nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei der geboten gewesenen Information nicht getroffen hätte (BGH, Urteil vom 02. März 2017 - I ZR 41/16 - Komplettküchen, Rn. 34). Zum einen kann regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher in einer solchen Situation von einer geschäftlichen Entscheidung absieht und deshalb nicht Gefahr läuft, eine andere Entscheidung zu treffen als dann, wenn er in der nach den Umständen gebotenen Weise informiert worden wäre. Zum anderen kann eine geschäftliche Entscheidung auch darin bestehen, dass der Verbraucher ein Tätigwerden unterlässt (aaO). Insoweit ist nicht erforderlich, dass die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers, die durch das Vorenthalten der Information veranlasst wird, für den Unternehmer wirtschaftlich vorteilhaft ist.

(3) Zudem ist die wettbewerbliche Relevanz der Informationspflichtverletzung auch dann gegeben, wenn eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers erst nach dem Kauf beeinflusst werden könnte (Götting/Nordemann, UWG, § 5a Rn. 30).

Im Streitfall kann der Verbraucher nach dem Kauf durch das Fehlen der Information davon abgehalten werden, Garantieansprüche gegenüber dem Hersteller geltend zu machen. Insoweit könnte etwas Anderes gelten, wenn der Verbraucher nach dem Kauf in gleichwertiger, unübersehbarer Form auf die Herstellergarantie hingewiesen wird. Dies ist jedoch weder dargetan noch sonst ersichtlich. Vielmehr hat der Beklagte vorgetragen, dass sich weder auf der Verpackung der Bohrmaschine noch in den beigefügten Unterlagen ein Hinweis auf die Garantie befinde.



c) Wird nicht von einem Anwendungsvorrang des § 5a Abs. 2, 4 UWG ausgegangen, wäre bei Bestehen einer Informationspflicht auch der Rechtsbruchtatbestand des § 3a UWG erfüllt.

Für das Erfordernis der Spürbarkeit des Verstoßes im Sinne von § 3a UWG gelten die Anforderungen des § 5a Abs. 2 UWG entsprechend.

Besteht der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung darin, dass dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten wird, ist dieser Verstoß nur dann spürbar im Sinne von § 3a UWG, wenn er die ihm vorenthaltene wesentliche Information je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2018 - I ZR 73/17 - Jogginghosen, Rn. 31; Urteil vom 28. März 2019 - I ZR 85/18 - Kaffeekapsel, Rn. 30).

Diese Voraussetzungen sind - wie vorstehend ausgeführt - erfüllt.

d) Von einer Wiederholungsgefahr wäre aufgrund des Verstoßes auszugehen.

III.

Der Streitwert ist gemäß § 51 Abs. 2 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Dabei ist das Interesse eines gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 UWG klagenden Verbandes im Regelfall ebenso zu bewerten wie das eines gewichtigen Mitbewerbers (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, 38. Aufl. 2020, UWG § 12 Rn. 5.8).

Der Senat bewertet die Klagen, mit denen Unterlassungsansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG wegen der Verletzung von Informationspflichten geltend gemacht werden, im Regelfall mit 3.000 € (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08. Februar 2016 - 13 W 6/16, Rn. 13, juris).

Im Streitfall besteht kein Anlass, von dieser Bewertung abzuweichen. Das wirtschaftliche Interesse eines Mitbewerbers daran, dass der Beklagte auf Herstellergarantien hinweist, ist als sehr gering zu bewerten. Es besteht lediglich darin, dass sich der Beklagte den mit der Information verbundenen Aufwand erspart und insoweit gegenüber einem Mitbewerber, der der - unterstellten - Verpflichtung nachkommt, einen gewissen Kostenvorteil hat.

IV.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien geben keinen Anlass zur Widereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO).

- nach oben -



Datenschutz    Impressum