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Landgericht Bochum Urteil vom 27.11.2019 - I-15 O 122/19 - Informationspflicht über Herstellergarantie

LG Bochum v. 27.11.2019: Informationspflicht über Herstellergarantie


Das Landgericht Bochum (Urteil vom 27.11.2019 - I-15 O 122/19) hat entschieden:

   Der Onlinehändler muss die potentiellen Kunden über eine bestehende Herstellergarantie informieren, auch wenn damit nicht geworben wird. - Um dieser Verpflichtung nachkommen zu können, trifft ihn eine Nachforschungspflicht über das Bestehen einer solchen Garantie.




Siehe auch
Garantiezusagen/Garantieversprechen
und
Informationspflichten im Onlinehandel - Pflichtangaben


Tatbestand:


Die Parteien bieten im Wege des Onlinehandels, unter anderem auf der Internetplattform f, Smartphones und Smartwatches an.

Die Verfügungsbeklagte bot jedenfalls am 09.08.2019 eine neue "B" unter der f-Artikelnummer ... Preis von 259,90 Euro zum Kauf an. Wegen der weiteren Einzelheiten des Angebots wird auf dessen Ausdruck (Anlage 1 zur Klageschrift, Bl. 50 ff der Papierakte verwiesen). Für das Produkt bestand eine Garantie des Herstellers, die sog. B-Garantie, die weder in dem vorgenannten f-Angebot noch während des Bestellvorgangs Erwähnung findet. Wegen der weiteren Einzelheiten der "Auf ein (1) Jahr beschränkte B-Garantie - (Deutschland)" wird auf den Ausdruck jener Herstellergarantie aus dem Internet unter https://www.B.com/legal/warranty/ (Anlage 4 zur Klageschrift, Bl. 60 ff der Papierakte) verwiesen.


Die Verfügungsklägerin mahnte die Verfügungsbeklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 09.08.2019 wegen fehlender näherer Informationen in Bezug auf jene Herstellergarantie, insbesondere zu deren Inhalt und allen wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung eines Garantieanspruchs erforderlich sind, ab und forderte diese unter Fristsetzung - fruchtlos - zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit Schreiben vom 19.08.2019 wies die Verfügungsbeklagte den geltend gemachten Anspruch aus folgenden Erwägungen zurück:

Bereits am 18.07.2019 hatte die Verfügungsklägerin nämlich die Verfügungsbeklagte - ebenfalls fruchtlos - im Zusammenhang mit dem Angebot eines gebrauchten "I Smartphones im Onlinehandel auf der Internetplattform "f" abgemahnt, welches sie als "Neu: Sonstige (siehe Artikelbeschreibung)" und ohne Angaben dazu, ob dass der geforderte Preis von 439,90 Euro die Umsatzsteuer enthält, anbot. In der Artikelbeschreibung beschränkte die Verfügungsbeklagte die Gewährleistung auf zwölf Monate. Unter dem 06.08.2019 erwirkte die Verfügungsklägerin die einstweilige Verfügung des Landgerichts Bochum, Az. I-15 O 113/19, mit welcher ihr die angegriffene Preisangabenpraxis sowie die Beschränkung der Gewährleistung auf zwölf Monate bei Mobilfunkgeräten, deren Artikelzustand als "Neu: Sonstige (siehe Artikelbeschreibung)" bei gleichzeitiger Begrenzung der Gewährleistung auf 12 Monate unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel untersagt wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte, Az. 15 O 112/19, LG Bochum verwiesen. Der Aspekt eines fehlenden Hinweises auf eine I-Herstellergarantie war weder Gegenstand der Abmahnung vom 18.07.2019, noch des Verfügungsantrags vom 01.08.2019 sowie der Entscheidung vom 06.08.2019. Dementsprechend stehe dem im vorliegend in Rede stehenden Unterlassungsanspruch in Bezug auf das "B Watch" - Angebot bereits der prozessuale Einwand des Rechtsmissbrauchs aus § 8 Abs. 4 UWG unter dem Gesichtspunkt des Vorgehens nach der "Salami-Taktik" entgegen, da mit Blick auf die I-Herstellergarantie der Komplex "Informationspflicht über Herstellergarantien" bereits zum Gegenstand jenes Verfahrens hätte gemacht werden können. Überdies bestehe keine keine Informationspflicht in Bezug auf die B-Herstellergarantie, da jene in dem maßgeblichen f-Angebot gerade keine Erwähnung gefunden habe.

Die Verfügungsklägerin vertritt die Auffassung, die Verfügungsbeklagte habe über eine bestehende Herstellergarantie sowie den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, zu informieren. Sie vertritt zudem nach Maßgabe der näheren Ausführungen aus dem Verfügungsantrag vom 29.08.2019 (Seiten 7 ff, Bl. 47 ff der Papierakte), es sei für sie in Bezug auf das I-Smartphone, dessen Angebot Gegenstand der einstweiligen Verfügung vom 06.08.2019 war, bereits mangels Kenntnis der Gerätehistorie und der Unklarheit, ob es sich um ein Neu oder Gebrauchtgerät handele, nicht erkennbar gewesen sei, ob eine Herstellergarantie bestanden habe. Daher ist die Verfügungsklägerin der Ansicht, sie habe den Komplex "Informationspflicht über Herstellergarantien" nicht schon am 18.07.2019 abmahnen müssen; ihr jetziges Vorgehen sei nicht rechtsmissbräuchlich. Im Ergebnis seien zwei vollkommen verschiedene Sachverhalte gegeben, sodass von einer künstlichen Aufspaltung ohne sachlichen Grund gerade nicht die Rede sein könne.

Mit Vorsitzendenbeschluss hat die Kammer am 03.09.2019 der Verfügungsbeklagten unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern zum Zwecke des Wettbewerbs im Fernabsatz eine B Watch anzubieten, ohne dabei den Verbraucher vor dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise über eine bestehende Herstellergarantie sowie den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, zu informieren, wenn dies geschieht wie unter der f-Artikelnummer ...# gemäß Anlage 1 zur Antragsschrift vom 29.08.2019. Die einstweilige Verfügung ist der Verfügungsbeklagten am 13.09.2019 zum Zwecke der Vollziehung zugestellt worden.

Gegen den Beschluss hat die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 01.10.2019 Widerspruch eingelegt.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

   die einstweilige Verfügung der 15. Zivilkammer des Landgericht Bochums vom 03.09.2019, Aktenzeichen I-15 O 122/19, zu bestätigen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

   die einstweilige Verfügung der 15. Zivilkammer des Landgericht Bochums vom 03.09.2019, Aktenzeichen I-15 O 122/19, aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte vertritt nach Maßgabe der näheren schriftsätzlichen Darlegungen aus dem Schriftsatz vom 01.10.2019 unter lit. B. anknüpfend an ihre vorgerichtliche Argumentation aus dem Schriftsatz vom 19.08.2019, auf die jeweils wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, die Auffassung, der Rechtsverfolgung stehe der prozessuale Einwand des Rechtsmissbrauchs unter dem Gesichtspunkt der Salami-Taktik entgegen, da auch der Hersteller I eine Herstellergarantie gewähre. Die Verfügungsklägerin - so die Ansicht der Verfügungsbeklagten - sei zudem bei ihrer ersten Abmahnung vom 18.07.2019 der Auffassung gewesen, es habe sich sich bei dem I-Smartphone um ein neues Produkt gehandelt. Dementsprechend habe sie schon am 18.07.2019 bezüglich des fehlenden Hinweises auf die Herstellergarantie abmahnen müssen.

Die Verfügungsbeklagte ist nach Maßgabe der näheren schriftsätzlichen Darlegungen aus dem Schriftsatz vom 01.10.2019 zu lit. A., auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, weiter der Ansicht, sie sei nicht dazu verpflichtet, den Verbraucher über etwaige Garantien des Herstellers oder Dritter, mit deren Bestehen sie in ihren Online-Angeboten nicht wirbt, hinzuweisen und zu informieren. Die Annahme einer derartigen Verpflichtung würde überdies zu einer Überforderung des Verkäufers im Onlinehandel führen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.





Entscheidungsgründe:


A.

Der zulässige Widerspruch ist unbegründet, infolgedessen ist die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten, §§ 936, 925 Abs. 2 ZPO.

I.

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Bochum nach §§ 937, 802 ZPO als angerufenes Gericht der Hauptsache gem. §§ 13 Abs. 1 S. 1, 14 Abs. 2 UWG ausschließlich sachlich und örtlich zuständig.

Der Geltendmachung des Sicherungsbegehrens steht entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten auch nicht der prozessuale Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 8 Abs. 4 S. 1 UWG entgegen. Jener setzt voraus, dass die beherrschenden Motive des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind. Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten können sich aus einer Mehrfachverfolgung im Wege der sog. "Salami-Taktik" ergeben. (vgl. Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl. 2016, § 8 UWG, Rn. 201). Die Verfügungsklägerin hatte die Verfügungsbeklagte vor der vorliegenden Abmahnung vom 09.08.2019 bereits am 18.07.2019 wegen eines I-Smartphones unter den im Tatbestand dargestellten Rahmenbedingungen abgemahnt, welches Letztere als "Neu: Sonstige (siehe Artikelbeschreibung)" angeboten und die Gewährleistungsrechte auf zwölf Monate beschränkt hatte. Die Verfügungsklägerin würde daher rechtsmissbräuchlich handeln, wenn die Inanspruchnahme der Verfügungsbeklagten mit einer einheitlichen Abmahnung / in einem Prozess mit keinen Nachteilen verbunden wäre (vgl. Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl. 2016, § 8 UWG, Rn. 214). Vorliegend liegt indes mit Blick auf die unterschiedlichen Beweislagen hinsichtlich des I-Smartphones einerseits und der B Watch andererseits ein Nachteil vor, den die Verfügungsklägerin nicht hinnehmen musste und dementsprechend nicht auf das Erfordernis einer einheitlichen Geltendmachung verwiesen werden kann. In Bezug auf das I-Smartphone hätte die Verfügungsbeklagte nämlich das Fehlen des Hinweises auf eine bestehende Herstellergarantie nicht hinreichend sicher glaubhaft machen können. Nach Auffassung der Kammer war nämlich nicht eindeutig erkennbar, ob es sich bei dem angebotenen Smartphone um ein neues oder altes Gerät handelte. Dementsprechend konnte die Verfügungsklägerin auch nicht sicher wissen, ob (noch) eine Herstellergarantie besteht. Bereits die Belastung des Unterlassungsbegehrens mit derartigen Unwägbarkeiten und Unsicherheiten war der Verfügungsklägerin nicht zumutbar. Sie handelte im Übrigen auch nicht widersprüchlich, indem sie sich bei ihrer Abmahnung vom 18.07.2019 und bei ihrem Verfügungsantrag im Verfahren, Az. 15 O 113/19, LG Bochum auch auf einen Verstoß gegen §§ 438, 476 Abs. 2 BGB stützte. Sie hatte in der dortigen Antragsschrift nämlich die verschiedenen Alternativen - entweder irreführend gemäß § 5 UWG oder unlauter gemäß §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit §§ 438, 476 Abs. 2 BGB - genannt und sich gerade nicht abschließend darauf festgelegt, dass das I-Smartphone neu sei.

Hinzu kommt, dass im hiesigen Verfügungsrechtsstreit - zulässigerweise - das Unterlassungsbegehren nur auf die - wenn auch sehr marktgängige und dementsprechend umsatzrelevante - Produktlinie B Watch beschränkt ist und die Kostenbelastung der Verfügungsbeklgten mit Blick auf einen nicht übersetzten Hauptsachewert von 15.000,00 Euro überschaubar ist.

II.

Die Verfügungsklägerin hat glaubhaft gemacht, dass ein Verfügungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3a, 12 UWG in Verbindung mit § 312d Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB besteht.

1. Die Verfügungsklägerin ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Als Vertreiberin von Elektrogeräten wie Smartphones und Smartwatches ist die Verfügungsklägerin als Mitbewerberin der Verfügungsbeklagten nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugt. Auf Grund des bundesweiten Angebots von Elektronikartikeln über die Internetplattform "f" liegt insbesondere ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG vor.

2. Der Verfügungsbeklagte hat eine nach §§ 3 Abs. 1, 3a UWG unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen.

a) Bei dem Angebot der Verfügungsbeklagten auf der Internetplattform "f" handelt es sich um eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 UWG.

b) Die Handlung verstößt auch gegen eine gesetzliche Vorschrift, die dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Der Verstoß ist auch dazu geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen.




Die Verfügungsbeklagte verstößt gegen die Informationspflicht des § 312d Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB, indem sie nicht über das Bestehen und den Umfang einer Herstellergarantie in Gestalt der B - Garantie - (Deutschland) informiert.

Die Verfügungsbeklagte vertreibt ihre Waren durch Kaufverträge, die außerhalb von Geschäftsräumen über das Internet geschlossen werden, sodass sie gemäß § 312d Abs. 1 S. 1 BGB verpflichtet ist, Verbraucher nach Maßgabe des Artikels 246a § 1 EGBGB zu informieren. Nach Artikel 246a § 1 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB muss der Unternehmer dem Verbraucher u. a. "Informationen gegebenenfalls über das Bestehen und die Bedingungen von Garantien" zur Verfügung stellen und zwar gemäß Artikel 246a § 4 Abs. 1 EGBGB in klarer und verständiger Weise vor Abgabe von dessen Vertragserklärung. Unstreitig ist, dass eine Garantie des Herstellers B besteht und die Verfügungsbeklagte über diese nicht informiert hat.

aa) Die Regelung in § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB knüpft (allein) an die Existenz einer Garantieerklärung (des Produktverkäufers, des Herstellers oder eines Dritten) an (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 25.08.2016 - 4 U 1/16 - , Rdnr. 58 und Urteil vom 26.11.2019 - 4 U 22/19 -).

Eine besondere werbliche Hervorhebung der Garantie ist weder nach dem Wortlaut der Regelung noch nach ihrem Sinn und Zweck, nämlich der möglichst umfassenden Information des Verbrauchers über das Für und Wider eines Vertragsschlusses (vgl. hierzu OLG Hamm, Urteil vom 25.08.2016 - 4 U 1/16 - , Rdnr. 5 und Urteil vom 26.11.2019 - 4 U 22/19 -) erforderlich, um den Anwendungsbereich der vorbezeichneten Regelung zu eröffnen.

bb) Nach Auffassung der Kammer (vom OLG Hamm, Urteil vom 26.11.2019 - 4 U 22/19 - ausdrücklich offengelassen) verpflichtet § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB den Verkäufer einer Ware, aktiv nach dem Bestehen von (Hersteller-)Garantien für die angebotene Ware zu forschen, um seine Kunden sodann näher über diese Garantien informieren zu können. Die Informationspflicht des Verkäufers greift nach Wortlaut der vorgenannten Vorschriften, ihrem Sinn und Zweck unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens nicht nur dann ein, wenn das Warenangebot - wie im Entscheidungsfall des OLG Hamm - einen Hinweis (in welcher Form auch immer) auf das Bestehen einer Garantie enthält.

(a) Soweit ersichtlich verhalten sich zur Frage der Nachforschungspflicht bzgl. Herstellergarantien neben dem vorgenannten Urteil des OLG Hamm vom 26.11.2019 - 4 U 22/19 -, welches die Frage im dortigen Entscheidungsfall offenlassen konnte, lediglich das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 30.04.2019 - 13 O 21/19 -, welches eine Nachforschungspflicht annimmt, und das Urteil des Landgerichts Hannover vom 23.09.2019, - 18 O 33/19 -, welches eine solche ablehnt. Das Landgericht Wuppertal beruft sich insoweit sinngemäß auf den Wortlaut der Regelung in § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB, wohingegen das Landgericht Hannover diesem eine Nachforschungs- und Informationspflicht gerade nicht entnehmen will.

(b) Nach Auffassung der Kammer sprechen die Auslegung nach Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck sowie die historische Auslegung auf Grund der Gesetzesmaterialien für die von ihr vertretene Auffassung, wonach Informationen zu Herstellergarantien zu erfolgen haben, auch wenn diese im Onlineangebot des Unternehmers keine Erwähnung finden.

(aa) Der Wortlaut des Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 EGBGB - Garantien - differenziert nicht zwischen einer Herstellergarantie und einer Garantie, die nur vom Verkäufer oder zwar von einem Dritten angeboten wird, mit der der Unternehmer jedoch selbst wirbt, eben nicht. Die globale Formulierung "Garantien" spricht nach Auffassung der Kammer bereits für eine umfassende Informationspflicht des Unternehmers über sämtliche Arten von Garantien. Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten ist nach Ansicht der Kammer der Tatsache, dass der Unternehmer nach der vorgenannten Regelung auch über das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst und Kundendienstleistungen zu informieren hat, nicht zwingend zu entnehmen, dass ausschließlich hinsichtlich solcher Garantien zu informieren wäre, bei denen der Unternehmer selbst der Garantiegeber ist. Denn dann würde sich die statuierte Informationspflicht nicht auf solche Garantien erstrecken, mit denen der Unternehmer zwar wirbt, die jedoch vom Hersteller oder sonstigen Dritten herrühren. Dass eine solche vom Wortlaut nicht geforderte und dem Verbraucherschutz diametral entgegenstehende Sichtweise unzutreffend ist, versteht sich nach Auffassung der Kammer von selbst; sie findet in der Rechtsprechung - soweit ersichtlich - keine Stütze. Vielmehr bestehen in jener Konstellation keine Zweifel hinsichtlich der Informationspflicht des mit der Garantie werbenden Unternehmers.

(bb) Die Systematik der gesetzlichen Regelungen zu Garantien und Informationspflichten des Unternehmers im Onlinehandel insoweit sprechen hingegen für das Bestehen einer Informationspflicht.

(aaa) Nach Auffassung der Kammer kann der Gesamtregelung aus Artikel 246 § 1 EGBGB entgegen der Ansicht des Landgerichts Hannovers nicht entnommen werden, dass sich alle Informationspflichten dieses Artikels lediglich auf den anbietenden Unternehmer und sein Angebot erstrecken würden, nicht aber auf Angebote etwaiger Dritter oder des Herstellers. Dagegen spricht nämlich, dass die vorstehende Norm eine differenzierte Betrachtung nahelegt. In Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 3, 7 EGBGB spricht die Norm explizit von "seine[r] Identität (Nr. 2)", "seine[r] Telefonnummer (Nr. 2)", "Geschäftsanschrift des Unternehmers (Nr. 3)" und "Verfahren des Unternehmers (Nr. 7)". Hier beschränkt sich das Gesetz ausdrücklich auf die unternehmerbezogene Informationen. In Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB findet sich indes gerade keine derartige Formulierung, wonach nur über das Bestehen und die Bedingungen der Garantien des Unternehmers informiert werden muss.

(bbb) Darüber hinaus wird in § 443 Abs. 1 BGB der Begriff der Garantie legaldefiniert:

   "Geht der Verkäufer, der Hersteller oder ein sonstiger Dritter in einer Erklärung oder einschlägigen Werbung, die vor oder bei Abschluss des Kaufvertrags verfügbar war, zusätzlich zu der gesetzlichen Mängelhaftung insbesondere die Verpflichtung ein, den Kaufpreis zu erstatten, die Sache auszutauschen, nachzubessern oder in ihrem Zusammenhang Dienstleistungen zu erbringen, falls die Sache nicht diejenige Beschaffenheit aufweist oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllt, die in der Erklärung oder einschlägigen Werbung beschrieben sind (Garantie), stehen dem Käufer im Garantiefall unbeschadet der gesetzlichen Ansprüche die Rechte aus der Garantie gegenüber demjenigen zu, der die Garantie gegeben hat (Garantiegeber)".

Demnach wird der Begriff Garantie sowohl für Herstellergarantien oder Garantien sonstiger Dritter als auch für Garantien des Verkäufers verwendet.



Die Regelungen aus Artikel 246a § 1 Abs. 1 EGBGB und § 443 Abs. 1 BGB beruhen jeweils auf der Verbraucherrechterichtlinie RL 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011, ABl. (EU) 2011 L.304, S. 64ff (nachfolgend RL 2011/83/EU oder Richtlinie) und wurden am 13.06.2014 in innerstaatliches Recht umgesetzt. Dies spricht dafür, die Legaldefinition des § 443 Abs. 1 BGB für Artikel 246a §1 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB zu übernehmen (so auch: Staudinger/Thüsing (2019) BGB § 312a Rn. 30).

Die Garantie des Kaufrechts nach § 443 BGB wurde an die der Richtlinie angepasst. Auch die Überschrift zu § 443 BGB wurde dahingehend geändert, dass sie allgemeiner "Garantie" statt vormals "Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantie" lautet. Der Vorschlag beruht darauf, dass die Richtlinie einheitlich die Bezeichnung der "gewerblichen Garantie" verwendet und in Artikel 2 Nummer 14 definiert (vgl. BT-Drs 17/12637 vom 06.03.2013, S. 34, 68).

In Artikel 2 Nummer 14 der RL 2011/83/EU heißt es:

   ""gewerbliche Garantie" jede dem Verbraucher gegenüber zusätzlich zur gesetzlichen Gewährleistung eingegangene Verpflichtung des Unternehmers oder eines Herstellers (Garantiegebers), den Kaufpreis zu erstatten oder die Warenauszutauschen oder nachzubessern oder Dienstleistungen für sie zu erbringen, falls sie nicht diejenigen Eigenschaften aufweisen oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllen, die in der Garantieerklärung oder der einschlägigen Werbung, wie sie bei oder vor dem Abschluss des Vertrags verfügbar war, beschrieben sind"

Weitergehender als die Richtlinie sieht der Gesetz gewordene Gesetzesentwurf des Bundestages zu § 443 BGB als Garantiegeber auch sonstige Dritte vor und geht damit weiter als Artikel 2 Nummer 14 der Richtlinie (vgl. BT-Drs 17/12637 vom 06.03.2013, S. 68). Dies verdeutlicht nach Auffassung der Kammer den gesetzgeberischen Willen, ein möglichst hohes Verbraucherschutzniveau erreichen zu wollen, was die Auferlegung korrespondierender Informationspflichten gerichtet den Unternehmer bedingt.

Nach Artikel 6 Abs. 1 m.) der RL 2011/83/EU, umgesetzt durch Artikel 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB, muss der Unternehmer den Verbraucher auf das Bestehen und die Bedingungen von gewerblichen Garantien hinweisen. Abweichend von der grundsätzlichen Vollharmonisierung gem. Artikel 4 der RL 2011/83/EU können die Mitgliedsstaaten nach Artikel 6 Abs. 8 der RL 2011/83/EU zusätzliche Informationspflichten vorsehen, jedoch nicht von den vorgeschriebenen abweichen. Daher muss das Wort "Garantie" des Artikel 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden, dass die "gewerbliche Garantie" gemeint ist und dementsprechend der Unternehmer auch auf eine zusätzlich zur gesetzlichen Gewährleistung eingegangenen Verpflichtung des Herstellers als Garantiegeber hinzuweisen hat.

(cc) Zur Bestimmung der inhaltlichen Reichweite der Informationspflicht aus § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB kann auf den Regelungsgehalt des § 479 Abs. 1 BGB zurückgegriffen werden (OLG Hamm, Urteil vom 26.11.2019 - 4 U 22/19). Mit der letztgenannten Vorschrift hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, welche Informationen im Zusammenhang mit Garantien aus seiner Sicht für eine adäquate Information des Verbrauchers erforderlich sind. Diese Wertungen sind zur Vermeidung nicht gerechtfertigter Widersprüche und Diskrepanzen zur Bestimmung der inhaltlichen Reichweite der Informationspflicht aus § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB zu übernehmen. Damit ist auch im Rahmen der Informationspflicht aus § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers hinzuweisen sowie darüber zu informieren, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden (vgl. § 479 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB), sowie der räumliche Geltungsbereich des Garantieschutzes anzugeben (vgl. § 479 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).




Entsprechende Informationen enthält das hier zu beurteilende f-Produktangebot der B Watch nicht. Unstreitig erhält der Verbraucher diese Informationen auch zu einem späteren Zeitpunkt eines etwaigen Bestellprozesses nicht.

(dd) Es kann mangels Entscheidungserheblichkeit vorliegend dahinstehen, ob der Gesetzgeber ebenfalls gewollt hat, dass der Unternehmer auch über eine Garantie eines sonstigen Dritten als Garantiegeber im Sinne des § 443 BGB informiert - wofür allerdings nach Auffassung der Kammer einiges spricht - oder ob die Informationspflicht des Artikel 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB nicht über den Begriff der gewerblichen Garantie der Richtlinie hinausgehen sollte.

Beide Normen umfassen jedenfalls auf Grundlage der Richtlinie die Herstellergarantie.

(ee) Nach Auffassung der Kammer lassen auch Sinn und Zweck des Artikels 246a § 1 Abs. 1 jedenfalls in Bezug auf Herstellergarantien keine andere Auslegung zu. Die Informationspflichten gewährleisten ein hohes Verbraucherschutzniveau und fördern den Binnenmarkt für Geschäfte zwischen Unternehmern und Verbrauchern (RL 2011/83/EU, Erwägungsgründe 3. ff.). Der Verbraucher soll anhand der umfassenden Informationen das grenzüberschreitende Angebot besser vergleichen können. Die Vorgaben der Richtlinie wurden daher vom Gesetzgeber nahezu wörtlich übernommen (vgl. BT-Drs 17/12637 vom 06.03.2013, S. 74). Die Vorabinformationen sollen den Verbraucher in die Lage versetzen, das Für und Wider des Vertrags abzuwägen, um sodann eine überlegte Entscheidung zu treffen (OLG Hamm, Urteil vom 25.08.2016 - I-4 U 1/16 -, Rn. 57, juris und 26.11.2019, - 4 U 22/19 -).

(ff) Vorliegend kann nach Auffassung der Kammer gegen die Annahme einer umfassenden Informationspflicht auch bzgl. Herstellergarantien, insbesondere nicht eingewendet werden, dass es nicht die Funktion von Informationspflichten sei, den Verbraucher rechtlich zu beraten und für ihn eine Günstigkeitsprüfung vorzunehmen (so das Landgericht Hannover, 18 O 33/19, Urteil vom 23.09.2019). Selbst nach Artikel 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 EGBGB sei eine Information nur über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelgewährleistungsrechts vorgeschrieben, nicht etwa dessen rechtliche Beurteilung etwa im Vergleich zu anderen Rechten des Verbrauchers.

Der Vergleich des Landgerichts Hannover mit Artikel 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 8 EGBGB hinkt. Zum einen verlangt die vorstehende Regelung nur eine Information über das Bestehen des Gewährleistungsrechts. Im Gegensatz dazu fordert Artikel 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB gerade einen Hinweis auf "das Bestehen und die Bedingungen". Im Übrigen stellt der Garantiegeber die Bedingungen der Garantie und nicht das Gesetz. Dementsprechend ist auch das Informationsbedürfnis des Verbrauchers in Bezug auf die Bedingungen der Garantie viel höher als in Bezug auf das gesetzliche Gewährleistungsrecht. Um eine überlegte Entscheidung treffen zu können, muss der Verbraucher wissen, ob eine Herstellergarantie vorliegt und falls ja, wie weit diese reicht. Gerade im Fernabsatz werden häufig zusätzlich zu dem Produkt noch weitere kostenpflichtige (Versicherungs-)Angebote zum Schutz des Produkts gemacht. So wurde auch im vorliegenden Fall, zwar nicht von dem Verkäufer, aber von der Internetplattform f, ein Produktschutz für ein Jahr für 30,99 Euro angeboten. Der Verbraucher kann nur dann das Für und Wider abwägen, um eine überlegte rationale Kaufentscheidung zu treffen, wenn er auch über eventuell bestehenden Herstellergarantien informiert wird.

(gg) Bezüglich der Herstellergarantie wird der Unternehmer regelmäßig nur über eine weitere Garantie informieren müssen. Eine derartige Informationspflicht wäre daher nach Auffassung der Kammer immer noch praktikabel und würde den Unternehmer auch nicht unbillig überfordern (a. A. LG Hannover, 18 O 33/19, Urteil vom. 23.09.2019). Zudem werden - so die Überzeugung der Kammer - Hersteller, Internethandelsplattformen und verkaufende Unternehmer unter dem Eindruck lauterkeitsrechtlicher Verpflichtungen zur Information über Herstellergarantien kurzfristig Wege finden, die Verkäufern wettbewerbskonforme Onlineangebote ermöglichen.



c) Der festgestellte Verstoß gegen die Regelungen des § 312d Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB weist einen Wettbewerbsbezug auf und ist daher auch als Marktverhaltensregelung dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Er ist spürbar im Sinne des § 3a UWG. Die Verfügungsbeklagte hat nicht konkret darlegen können, dass der Verbraucher die ihm vorenthaltenen Informationen für seine Entscheidung nicht benötigte und dass das Vorenthalten der Informationen den Verbraucher nicht zu einer anderen Entscheidung veranlassen konnte.

Wie vorstehend ausgeführt sind nach Auffassung der Kammer Informationen im Zusammenhang mit einer Herstellergarantie und der Bedingungen für deren Geltendmachung im Gegenteil von durchaus zentraler Bedeutung.

d) Gesichtspunkte, die geeignet wären, die aufgrund des begangenen Wettbewerbsverstoßes tatsächlich zu vermutende Wiederholungsgefahr auszuräumen, sind nicht ersichtlich.

Die Verfügungsbeklagte hat die in Rede stehende B Watch über ihrem f Account im Onlinehandel angeboten. Ihre Handlung ist daher adäquatkausal für den Verstoß gegen die Informationspflicht. Mit dem Einstellen ohne Hinweis auf die bestehende Herstellergarantie ist bereits eine Verletzungshandlung erfolgt, sodass eine tatsächliche Vermutung dahingehend besteht, dass eine Zuwiderhandlung erneut begangen wird (vgl. Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl. 2016, § 8 UWG, Rn. 33). Die Verfügungsbeklagte hat die von ihr begründete Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt, insbesondere keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.

III.

Der gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund wird gem. § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Diese Dringlichkeitsvermutung ist vorliegend nicht widerlegt.

B.

Die Entscheidung zur weiteren Kostentragung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist im Verfügungsverfahren vorliegend nicht veranlasst.

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