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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil vom 04.04.2019 - 3 K 5393/17 - Verbot für Arzneimittelautomat von Doc Morris

OLG Karlsruhe v. 04.04.2019: Verbot für Arzneimittelautomat von Doc Morris


Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 04.04.2019 - 3 K 5393/17) hat entschieden:

   Der grundsätzlich weit zu verstehende Begriff des „Versandhandels“ findet seine Grenze an dem in § 43 Abs. 1 AMG normierten verfassungs- und unionsrechtskonformen Apothekenmonopol.

Ein Versandhandel liegt nach Sinn und Zweck des § 43 Abs. 1 AMG jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn wertend unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls aus der Sicht eines verständigen Dritten nach außen der Eindruck des Betriebs einer Präsenzapotheke erweckt wird.

Vorschriften wie § 43 Abs. 1 AMG, die allein Apothekern das Recht vorbehalten, eine Apotheke zu betreiben (Apothekenmonopol), stellen einen gerechtfertigten Eingriff in die Grundfreiheiten dar. Art. 34 AEUV steht dem Grundsatz, wonach Arzneimittel nur in einer Apotheke oder von einer Apotheke im Wege des Versandes abgegeben werden dürfen, nicht entgegen. Personen, die über keine Apothekenbetriebserlaubnis verfügen, darf der Besitz und der Betrieb einer Apotheke inklusive der Abgabe von Arzneimitteln zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen verwehrt werden.




Siehe auch
Internetapotheke - Versandapotheke - Apothekenversandhandel
und
Medikamente - Arzneimittel - Heilmittel


Tatbestand:


Die Klägerin wendet sich gegen eine Verfügung des beklagten Landes vom 21.04.2017, mit der ihr untersagt wird, Arzneimittel, die nicht für den Verkehr außerhalb von Apotheken freigegeben sind, mittels eines Automaten in Räumlichkeiten in H. in den Verkehr zu bringen.

Die Klägerin, eine niederländische Aktiengesellschaft mit Sitz in N./Niederlanden, betreibt eine Apotheke in den Niederlanden, von der sie auf Bestellungen über das Internet Arzneimittel unter anderem an Kunden nach Deutschland liefert. Die Apothekenräume sind nach niederländischem Recht zum Versandhandel zugelassen.

Seit dem 19.04.2017 bot sie in den Räumen der ehemaligen B.-Apotheke in der ... Straße ... in H. nach eigenen Angaben eine "pharmazeutische Videoberatung mit angegliederter Arzneimittelabgabe" an. Mittels eines Videoterminals, eines Ausgabeautomats und eines Bezahlterminals wurde Kunden die Möglichkeit der direkten Mitnahme von Arzneimitteln ermöglicht. Die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel mittels des Abgabeterminals wurde am 21.04.2017 von der Klägerin auf die angefochtene Verfügung des Beklagten hin eingestellt. Am 14.06.2017 stellte sie auch die Abgabe nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel und die Arzneimittelabgabe damit insgesamt ein.

Mieterin der Räumlichkeiten in H. ist die T. B.V., eine Schwestergesellschaft der Klägerin mit beschränkter Haftung nach niederländischem Recht. In den genannten Räumlichkeiten lagerte die T. B.V. 8.000 häufig benötigte Arzneimittel und hielt diese vorrätig. Die T. B.V. hat dieses Arzneimittellager gegenüber dem Regierungspräsidium Karlsruhe am 18.04.2017 gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1, § 67 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetztes (AMG) angezeigt. Die in den Räumlichkeiten gelagerten Arzneimittel wurden von einem Arzneimittelgroßhändler mit Sitz in Deutschland zunächst in die Räumlichkeiten der Klägerin in den Niederlanden transportiert, dort einer stichprobenartigen Kontrolle unterzogen und anschließend nach H. verbracht. Die Arzneimittel standen während der Lagerung in H. im Eigentum des Arzneimittelgroßhändlers.

Die Arzneimittelabgabe war konkret wie folgt ausgestaltet: Der Kunde wird im Hauptraum des Gebäudes durch einen sogenannten "Welcome Manager", ein Angestellter der T. B.V. mit nichtpharmazeutischer Ausbildung, in Empfang genommen. Dieser erläutert dem Kunden den technischen Prozess und führt ihn in das Beratungszimmer. Vor dem ersten Bestellvorgang muss der Kunde eine "Einverständniserklärung" ausfüllen, in der er unter Angabe seines Namens, seiner Anschrift, seines Geburtsdatums und seiner Telefonnummer die Einrichtung eines Kundenkontos zur Nutzung des "...-Vertriebswegs mittels des Arzneimittelausgabeterminals" beantragt und sein Einverständnis in die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten erklärt. Die Einverständniserklärung enthält den Hinweis, dass die "Geschäftsbeziehung" mit der ... N.V. zustande kommt. Bei Bedarf ist der "Welcome Manager" dem Kunden beim Ausfüllen der Datenschutzerklärung behilflich. In dem Hauptraum befinden sich im Wesentlichen ein Schreibtisch des "Welcome Managers" und eine Sitzgruppe bestehend aus einem Tisch und vier Stühlen. Sämtliche Betriebsmittel und Einrichtungsgegenstände in den Räumlichkeiten stehen im Eigentum der T. B.V.

Das neben dem Hauptraum liegende und vermittels einer Tür verschließbare Beratungszimmer ist unter anderem mit einem Schreibtisch, auf dem sich ein Bildschirm, eine Tastatur, ein eingebauter Scanner und eine Webcam befinden, ausgestattet. Vermittels Bildschirm und Webcam kann der Kunde über das Internet mit dem "Videoberater", ein sich in den Räumen der Klägerin in N., Niederlanden befindender in Deutschland zugelassener Pharmazeutisch-Technischer-Assistent bzw. Apotheker, per Videochat kommunizieren. Eine Bestellung von Arzneimitteln ohne Kommunikation mit dem "Videoberater" ist nicht möglich. In dem Zimmer befinden sich außerdem ein Bezahlterminal, ein Drucker, das Arzneimittelabgabeterminal und eine Waage. Der "Welcome Manager" ist im Beratungszimmer grundsätzlich nicht anwesend.

Der Kunde scannt zunächst mithilfe des in dem vorhandenen Schreibtisch eingebauten Scanners die Datenschutzerklärung ein. Diese kann anschließend durch den "Videoberater" in eingescannter Form eingesehen werden. Das Original fällt in ein verschlossenes Fach unterhalb des Tisches, auf dem der Bildschirm steht. Das Fach wird abends durch den "Welcome Manager" geleert; der Inhalt wird zunächst in einem in den hinteren Räumlichkeiten befindlichen Tresor verwahrt und später nach N. geschickt. Entstehen Fragen oder Probleme während des Scanvorgangs, kann sich der Kunde an den "Welcome Manager" wenden. Hat der Kunde bereits zuvor eine Bestellung mithilfe des Arzneimittelausgabeterminals getätigt, muss er gegenüber dem "Videoberater" seinen Namen, seine Anschrift und sein Geburtsdatum angeben. Nach dem Einscannen der Datenschutzerklärung bzw. der Angabe seiner persönlichen Daten führt der "Videoberater" mit dem Kunden ein Beratungsgespräch über seine Beschwerden und Anliegen. Der Kunde kann dann entweder sein einzulösendes Rezept einscannen, mitteilen, welches rezeptfreie Medikament er benötigt, oder aufgrund der durchgeführten pharmazeutischen Beratung ein Arzneimittel bestellen. Scannt der Kunde ein Rezept ein, wird es wie die Einverständniserklärung eingezogen, gescannt und in dem Fach unterhalb des Schreibtisches verwahrt. Der "Videoberater" gibt den gewünschten Artikel in das System ein und prüft die Verfügbarkeit im Lager. Der in dem Beratungszimmer stehende Arzneimittelabgabeautomat kann direkt auf das Arzneimittellager zugreifen. Befindet sich der Artikel im Lager, wird zunächst per Scanner geprüft, ob die Pharmazentralnummer (PZN) auf dem durch den "Videoberater" freigegebenen Auftrag mit der PZN auf der Packung übereinstimmt. Per Sichtkontrolle mithilfe eines "Livebildes" von oben kontrolliert der "Videoberater" im Anschluss, ob die auf dem Förderband liegende Packung dem Auftrag entspricht. Gibt der "Videoberater" die Bestellung frei, wird das Medikament auf einem Förderband weiterbefördert. Auch hier findet eine weitere Sichtkontrolle von oben per Videokamera statt, bei der der "Videoberater" das Medikament aktiv freigegeben muss. Das Medikament befindet sich zu diesem Zeitpunkt für den Kunden sichtbar hinter einer Glasscheibe in dem Abgabeterminal. Nachdem der "Videoberater" den Bezahlvorgang eingeleitet hat, kann das Medikament an dem neben dem Schreibtisch befindlichen Bezahlterminal per EC-Karte oder in bar bezahlt werden. Das Medikament wird dann von einem sich in dem Abgabeterminal befindenden Label-Drucker mit einem Label versehen, das den Namen des Kunden und die Dosieranweisung enthält, soweit eine solche durch den Arzt vermerkt worden ist. Mit der Labelung erwirbt zunächst die Klägerin Eigentum an den Arzneimitteln. Anschließend erfolgt die Abgabe des Medikaments und Eigentumsübertragung an den Kunden, indem das Medikament auf dem Förderband weiterbefördert wird und in einen Ausgabeschacht fällt. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel werden an den Kunden im selben Verfahren abgegeben.

Ist das von dem Kunden gewünschte Arzneimittel nicht vorrätig, kann der Kunde es entweder bestellen und in die Räumlichkeiten in H. liefern lassen, oder seinen Bestellvorgang abbrechen. Bricht er einen Bestellvorgang ab, wird das eingescannte Rezept mittels der eingebauten Ausgabevorrichtung wieder freigegeben. Bestellt der Kunde das Arzneimittel, erhält er einen Abholschein und kann das Medikament ein paar Tage später in den Räumlichkeiten mithilfe des Abgabeterminals abholen. Eine Lieferung des Medikaments nach Hause ist nicht möglich.

Vermittels des sich in dem Beratungszimmer befindenden Druckers kann der "Videoberater" dem Kunden Informationen - insbesondere über die Arzneimittel und Nebenwirkungen - zukommen lassen. Die Waage kann der Kunde im Rahmen einer Gewichts- und Ernährungsberatung durch den "Videoberater" verwenden.

Die Lagerung der Arzneimittel war wie folgt ausgestaltet: Nach Verbringung der Arzneimittel nach H. durch den Arzneimittelgroßhändler werden diese durch den "Welcome Manager" einzeln abgescannt und mithilfe eines Kommissionierungsautomaten eingelagert. Der "Welcome Manager" gibt bei der Einlagerung das Verfallsdatum des jeweiligen Medikaments ein und überwacht, dass dieses mehr als ein Jahr beträgt. Ein sich in den Räumlichkeiten der Klägerin in den Niederlanden befindender Apotheker führt regelmäßig über das Internet eine Verfallsdatenkontrolle durch. Hierbei generiert er sich eine Liste der in H. eingelagerten Arzneimittel und wählt solche, deren Verfallsdatum weniger als sechs Monate beträgt, aus. Der Apotheker kann über das Internet die von ihm ausgewählten Arzneimittel aus dem Arzneimittellager auslagern. Die von ihm ausgewählten Arzneimittel fallen dann über einen Ausgabeschacht in eine Box, die der "Welcome Manager" hier zuvor platziert hat. Die zu retournierenden Artikel werden in den Räumlichkeiten in H. dergestalt zwischengelagert, dass sie einem Zugriff durch den Abgabeautomaten entzogen sind, und im Anschluss an den Arzneimittelgroßhändler zurückgeliefert.

Mit Bescheid vom 21.04.2017 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Klägerin, Arzneimittel, die nicht für den Verkehr außerhalb von Apotheken freigegeben sind, mittels des Automaten in den Räumlichkeiten ... Straße ..., H. in den Verkehr zu bringen (Nummer 1) und ordnete hinsichtlich verschreibungspflichtiger Medikamente die sofortige Vollziehung an (Nummer 2). Außerdem wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 EUR angedroht (Nummer 3) und eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 500 EUR erhoben (Nummer 4).

Die Untersagungsverfügung wurde auf § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG gestützt, wonach die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium Karlsruhe im Wesentlichen aus, die Klägerin verstoße gegen § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, da sie apothekenpflichtige Arzneimittel außerhalb einer Apotheke und nicht im Rahmen ihres Versandhandels in den Verkehr bringe. In den Räumlichkeiten in H. werde keine Apotheke betrieben, da die hierfür erforderliche Erlaubnis nach § 1 Abs. 2 Apothekengesetz (ApoG) nicht beantragt worden sei. Dennoch würden dort mittels des Abgabeterminals Arzneimittel in den Verkehr gebracht. Die von der Klägerin betriebene Abgabe von Arzneimitteln stelle auch keinen Versandhandel dar. Der Versandhandel grenze sich von der Arzneimittelabgabe in der Präsenzapotheke dadurch ab, dass das Arzneimittel von einer Apotheke, aber nicht in deren Betriebsräumen abgegeben werde. Anstelle der unmittelbaren Übergabe in der Präsenzapotheke trete die Versendung des Arzneimittels. Der von der Klägerin in H. betriebene Automat werde jedoch im Vorfeld mit häufig benötigten Arzneimitteln bestückt, so dass vorrätige Arzneimittel unmittelbar nach der Anforderung auf Veranlassung eines Apothekers abgegeben werden könnten. Eine Versendung finde nach der Anforderung durch den Kunden nicht statt. Dass diese Form der Abgabe keinen Versandhandel darstelle, ergebe sich auch aus § 11a ApoG, wonach der Versandhandel aus einer öffentlichen Apotheke heraus stattfinde. Auch wenn die Abgabe der Arzneimittel durch den Apotheker in den niederländischen Apothekerräumen veranlasst werde, finde kein Versand der Arzneimittel statt, da unter Berücksichtigung des § 11a ApoG mit dem Versand der Arzneimittel aus der öffentlichen Apotheke eine körperliche Verbringung der Arzneimittel aus den zugehörigen Apothekenbetriebsräumen gemeint sei. Die bloße Veranlassung der Verbringung aus diesen Räumen sei begrifflich nicht vom "Versand" umfasst. Für den Kunden solle im Übrigen auch nicht der Eindruck eines Versandhandels entstehen. Er solle vielmehr glauben, die "Apotheke der Zukunft" zu betreten. Der von der Klägerin angebotene "digitale Beratungsservice mit Abholfunktion" erwecke nach außen den Eindruck des Betriebs einer Präsenzapotheke und müsse sich denselben rechtlichen Anforderungen stellen.

Im Übrigen müssten nach § 4 Abs. 4 Satz 2 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) die Räume, die den Versandhandel betreffen, in angemessener Nähe zu den übrigen Betriebsräumen liegen. Die Apotheke der Klägerin liege in den Niederlanden und befinde sich circa 370 Kilometer von dem Lager- und Abgaberaum in H. entfernt. Dies stelle keine angemessene Nähe dar. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht nach § 17 Abs. 5 und Abs. 6 ApBetrO vor. Hiernach sei der Apotheker bei Unklarheiten verpflichtet, die Verschreibung zu ändern und vor der Abgabe des Medikaments jede Änderung auf der Verschreibung zu vermerken und diese zu unterschreiben. Außerdem sei auf jeder Verschreibung das Namenszeichen des Apothekers, der die Abgabe veranlasse, durch handschriftliches Abzeichnen hinzuzufügen. Diese Erfordernisse könne die Klägerin nicht erfüllen.

Die Untersagung sei unter Abwägung der widerstreitenden Interessen auch erforderlich und verhältnismäßig. Das Gebot des § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, Arzneimittel nur in Apotheken in den Verkehr zu bringen, bezwecke, dass ein Apotheker kraft seiner pharmazeutischen Ausbildung und seiner Erfahrung sicherstelle, dass die Arzneimittel bei der Abgabe die erforderliche Qualität hätten und der Kunde die benötigten Informationen erhalte. Fehlanwendungen und Missbräuchen solle auf diese Weise vorgebeugt werden. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an dem weiteren Betrieb des Abgabeautomaten müsse hinter dem öffentlichen Interesse der Arzneimittelsicherheit zurückstehen. Durch den Betrieb solcher Terminalapotheken, welche nicht den hohen Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung entsprächen, würden ordnungsgemäße Präsenzapotheken verdrängt. Die eigentliche durch das Gesetz bezweckte Wahl des Kunden, ob er eine persönliche Beratung wahrnehme oder nicht, werde somit unmöglich. Insbesondere sei die Video-Beratung kein gleichwertiger Ersatz für eine persönliche Beratung, etwa wenn es darum gehe, die Anwendungsweise von Arzneimitteln zu demonstrieren oder den gesundheitlichen Zustand des Kunden richtig zu erfassen.

Gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe hat die Klägerin am 26.04.2017 vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes (3 K 5394/17) gestellt. Der Eilantrag wurde mit Schriftsatz vom 20.06.2017 zurückgenommen.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, die Verbotsnorm des § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG betreffe nicht den durch Inhaber ausländischer Apotheken vorgenommenen Arzneimittelversandhandel, für den ausschließlich § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG gelte. § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG und § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG stünden in einem Konkurrenzverhältnis. Die von ihr in H. angebotene Abgabe von Arzneimitteln sei als Versandhandel im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG zulässig. Der gesetzlich nicht näher definierte Begriff des Versandhandels sei seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.03.2008 (- 3 C 27.07 -) weit auszulegen. Ihm unterfielen nicht nur einzelne, fest zementierte Vorgänge, sondern auch innovative neue Vorgänge. Es gebe heutzutage nicht nur klassische Form des Versandhandels, wie insbesondere den "Otto-Katalog"; der Bestellvorgang könne vielmehr auch über eine "App" auf dem "Smartphone" losgelöst von zuhause stattfinden. Auch die Übergabe des Produkts sei flexibel an Abholstationen der Deutschen Post, im Einzelhandelsgeschäft oder zuhause möglich. "Amazon" liefere in manchen Städten seine Ware bereits am Tag der Bestellung an den Kunden aus stadtgebietsbezogenen eigenen Logistikzentren aus. Einziger "Nenner" dieser genannten Formen sei die Abgrenzung vom Einzelhandel, bei dem der Kunde ein Produkt seiner Wahl unmittelbar vor Ort ohne Nutzung anderer Vertriebsformen, wie insbesondere dem Internet, aussuche und dieses direkt vor Ort an der Kasse bezahle. Sobald der Bestellvorgang nicht mehr nur direkt vor Ort erfolge, sondern insbesondere über das Internet, liege kein Einzelhandel mehr vor, sondern eine Form des Versandhandels.

Unter diesen weiten Wortsinn falle ihr streitgegenständliches Angebot. Hier erfolge der Bestellvorgang ausnahmslos über das Internet vermittels "Videoberater", der den Versand an den Kunden ausschließlich freigeben könne. Mit dem klassischen Einzelhandel in einer Präsenzapotheke habe dies nichts zu tun. Das durch das Regierungspräsidium zugrunde gelegte enge Verständnis, dass ein Versand erst nach dem Erwerb durch den Kunden stattfinden müsse, ergebe sich nicht aus dem Gesetz. Im Übrigen finde auch hier ein Versand erst nach der Anforderung durch den Kunden statt, da der relevante Prozess der Freigabe des Produkts durch den sich in den Niederlanden befindenden Apotheker stattfinde und erst den finalen Versandweg auslöse. Ob der Versand und die Zustellung durch einen Postdienstleister oder durch einen technischen Vorgang ausgelöst und durchgeführt würden, könne keine Rolle spielen. Der Versand des Produkts werde hier lediglich räumlich und zeitlich so weit wie möglich abgekürzt. Ein Teil der Versandlogistik finde vorgelagert statt, lediglich der finale Schritt, die Zustellung an den Kunden, erfolge kurze Zeit nach der elektronischen Bestellung und dem Erwerb des Produkts.

Ziel des Gesetzgebers, den Versandhandel für Arzneimittel freizugeben, sei es gewesen, Einsparpotentiale zu erschließen und einen Service entsprechend der individuellen Bedürfnisse des Kunden zu ermöglichen. Dies sei hier erfüllt. Die Zustellung an eine individuelle Anschrift sei aufwendiger als die unmittelbare Abgabe nach der Bestellung vor Ort. Das Angebot komme den Kunden auch individuell entgegen, da viele Kunden aus beruflichen oder privaten Gründen zu einer Entgegennahme der bestellten Ware nicht in der Lage seien. Diese könnten sich bei dem von ihr angebotenen Konzept die Ware an Ort und Stelle zustellen lassen und sofort mitnehmen. Entgegen der durch das Regierungspräsidium zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.06.2010 - 3 C 30.09 -) drohe hier auch keine Gesundheitsgefährdung, da Beratung, Prüfung und Freigabe vor Abgabe des Medikaments durch pharmazeutisches Personal erfolge. Damit sei ausgeschlossen, dass die Arzneimittel verwechselt oder an Unbefugte abgegeben würden; eine automatische Ausgabe eines Produkts wie in einem Selbstbedienungsautomaten erfolge hier gerade nicht.

Der Kunde habe auch nicht den Eindruck, er befinde sich in einer Apotheke. An der der Straße zugewandten Seite des Gebäudes finde sich jeweils ein Hinweis auf eine "... Videoberatung". In den Räumlichkeiten selbst finde sich kein Hinweis auf eine Apotheke. Der Empfangsraum sei mit einem Schreibtisch für den "Welcome Manager", einem runden Tisch mit vier Stühlen und einigen Pflanzen ausgestattet. Es gebe weder im Empfangsraum noch im Warteraum die in einer Präsenzapotheke üblichen Aufsteller mit Freiwahlprodukten oder ähnlichem. Im Beratungsraum stehe ein Schreibtisch mit Bildschirm und eingelassener Scaneinrichtung. Damit werde gerade kein Eindruck einer Präsenzapotheke vermittelt. Der Kunde befinde sich auch nicht in einem Geschäftslokal der Versandhändlerin, da er die Ware in der Abholstelle eines externen Dienstleisters, der T. B.V., abhole.

Es bestünde auch kein eingeschränkter Kundenkreis; vielmehr stehe die Bestellmöglichkeit jedermann zur Verfügung, da es keine Zugangsbeschränkungen gebe. Dass aufgrund des Internetvideoterminals in H. die Kunden vornehmlich aus H. und der Umgebung kämen, liege in der Natur der Sache. Diese örtliche Lage stehe dem Versandhandel jedoch nicht entgegen. Es gebe heutzutage viele Formen des Versandhandels, die einen eingeschränkten Kundenkreis hätten, wie beispielsweise Supermärkte und Restaurants, die ihre Waren bzw. Speisen regelmäßig nur an bestimmte Postleitzahlgebiete versenden würden. Auch Amazon ermögliche in einigen Städten über das "Prime-Now-Angebot" eine Auslieferung innerhalb von ein bis zwei Stunden, da dort eigene lokale Logistikzentren unterhalten würden. Auch in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.03.2008 (- 3 C 27/07 -) zugrundeliegenden Sachverhalt sei der Kundenkreis beschränkt gewesen, da die Abholstellen für Arzneimittel in Drogeriemärkten nur in acht Filialen angeboten worden seien.

Gegen einen Versandhandel spreche auch nicht eine Erwartung des Kunden, er müsse bei einer Bestellung im Rahmen des Versandhandels einige Zeit auf den Erhalt des bestellten Produkts warten. Vielmehr ginge auch im Versandhandel die Erwartung des Kunden dahin, seine bestellte Ware so schnell wie möglich zu erhalten. Amazon biete beispielsweise eine Auslieferung innerhalb kürzester Zeit nach der Bestellung an ("same day delivery"). Die augenblickliche Verfügbarkeit im Versandhandel werde auch durch die Bestellung von E-Books im Internet, die unmittelbar nach der Bestellung heruntergeladen und gelesen werden könnten, und durch den technologischen Fortschritt im Bereich von 3D-Druckern, die es dem Kunden ermöglichten, sein bestelltes Produkt unmittelbar nach der Bestellung zu drucken, verdeutlicht. Der Versandhandel setze damit alles daran, die Wegstrecke zum Kunden so kurz wie möglich zu halten. In der Praxis komme es zudem vor, dass ein Kunde in den Räumen eines Ladengeschäfts eine Ware per Smartphone im Onlineshop desselben Unternehmens ordere und sie am Ende seines "konventionellen" Einkaufs an der Kasse abhole, sofern sie im örtlichen Warenlager verfügbar gewesen sei. Auch hier würde unstreitig eine Form des Versandhandels vorliegen. Im Übrigen wisse der Kunde, der auf ihr Angebot zurückgreife, im Zeitpunkt der Bestellung in den Räumen in H. nicht, ob sich das Arzneimittel in den Betriebsräumen befinde. Das Sortiment in H. sei deutlich kleiner als das in einer normalen Präsenzapotheke. Es sei auch nicht entscheidend, wo sich das Arzneimittel im Zeitpunkt der Bestellung befinde. Erforderlich sei nur, dass der Versand aus einer öffentlichen Apotheke erfolge. Dies sei hier gegeben, da der Apotheker in N. das Arzneimittel freigebe.

Die weite Auslegung des Begriffs des Versandhandels sei auch unionrechtskonform geboten. Eine enge Auslegung des Begriffs "Versand" würde Versandapotheken in ihrer Warenverkehrsfreiheit unangemessen beschränken. Es bestünde eine grenzüberschreitende Tätigkeit der Klägerin. Die Entscheidung darüber, ob und wann der Kunde das Arzneimittel ausgeliefert bekommen solle, erfolge ausschließlich im grenzüberschreitenden Warenverkehr, da die Entscheidung über die Auslieferung ausschließlich in den Niederlanden getroffen werde. Da die Apothekenräume in den Niederlanden lägen, liege kein rein innerdeutscher Sachverhalt mehr vor. Die Versandfreigabe für das Arzneimittel werde immer von den Niederlanden aus erteilt. Unerheblich sei, auf welchem Staatsgebiet sich das Arzneimittel, das versendet werden solle, im Zeitpunkt der Bestellung befinde. Es komme nicht darauf an, ob sich das Arzneimittel schon in dem an dem Abgabeautomaten angeschlossenen Arzneimittellager in ... befinde oder noch in den Niederlanden oder in einem anderen Land.

Der Versandhandel sei nach dem Urteil des EuGH in der Sache DocMorris ./. Deutsche Parkinson Vereinigung vom 19.10.2016 (- C-148/15 -) für europäische Unternehmen wegen der Besonderheiten des deutschen Marktes sogar das einzige Mittel für einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt. Eine Ausnahme vom Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit nach dem eng auszulegenden Art. 36 AEUV liege hier nicht vor. Das Ziel der Gewährleistung einer flächendeckenden sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung falle grundsätzlich unter Art. 36 AEUV. Es obliege aber den deutschen Behörden, die dafür erforderlichen Beweise in jedem Einzelfall beizubringen. Ein nationales Gericht müsse, wenn es eine nationale Regelung oder die Maßnahme einer Behörde darauf prüfe, ob sie zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen nach Art. 36 AEUV gerechtfertigt sei, mit Hilfe statistischer Daten, auf einzelne Punkte beschränkter Daten oder anderen Mitteln objektiv prüfen, ob die von dem betreffenden Mitgliedsstaat vorgelegten Beweise bei verständiger Würdigung die Einschätzung erlaubten, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung der verfolgten Ziele geeignet sind, und ob es möglich ist, diese Ziele durch Maßnahmen zu erreichen, die den freien Warenverkehr wenige einschränken. Das Regierungspräsidium Karlsruhe habe diese erforderlichen Nachweise nicht erbracht. Im Rahmen der durch das Regierungspräsidium vorgenommenen Abwägung habe weder eine konkrete Darlegung von Gefahren stattgefunden noch seien Nachweise erbracht worden. Auch das Argument, die Klägerin würde durch ihr Konzept Präsenzapotheken verdrängen, dringe nicht durch, da die ehemalige Präsenzapotheke in H. geschlossen habe und eine andere Präsenzapotheke die Räumlichkeiten nicht übernommen habe.

Es liege auch kein Verstoß gegen § 11a ApoG vor, da der Versandhandel der Klägerin aus den Niederlanden heraus erfolge und eine deutsche Erlaubnis im Sinne des § 11a ApoG nicht erforderlich sei. Auch ein Verstoß gegen § 17 Abs. 5 und Abs. 6 ApBetrO bestehe nicht. Diese Normen gälten nicht für ausländische Versandapotheken, da die ApBetrO nach § 1 Abs. 1 ApBetrO nur Anwendung auf Apotheken finde, die innerhalb des deutschen Staatsgebiets lägen. Die Räumlichkeiten in der ... Straße ... in H. seien keine öffentliche Apotheke. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG garantiere die Einhaltung der deutschen Sicherheitsstandards dadurch, dass die ausländische Versandapotheke entweder im Besitz einer Versandhandelserlaubnis nach § 11a ApoG sein müsse oder nach ihrem nationalen Recht - hier nach dem Recht der Niederlande - zum Versandhandel berechtigt sei und die ausländischen Sicherheitsstandards den deutschen Standards gleichwertig seien. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben. Im Übrigen wären diese Vorschriften allenfalls nur insoweit anwendbar, als sie nicht darauf angelegt seien oder faktisch dazu führen würden, den Versandhandel gegenüber dem stationären Handel in Präsenzapotheken zu diskriminieren und die Waren- und Dienstleistungsfreiheit einzuschränken. Darüber hinaus liege - eine Anwendbarkeit unterstellt - kein Verstoß gegen § 17 Abs. 5 Satz 3 ApBetrO vor, da sich hieraus nicht ergebe, dass die Verschreibung vor der Abgabe des Medikaments schriftlich zu ändern und diese zu unterschreiben sei. Durch die mehrfachen Kontrollen im System sei sichergestellt, dass das abgegebene Arzneimittel der Verschreibung entspreche. Bei inhaltlichen Mängeln der Verschreibung werde die Verschreibung zurückgewiesen. Aus den genannten Vorschriften ergebe sich zudem nicht, dass der Apotheker die Verschreibung in seinen Händen halten müsse. Das Vorhandensein und die visuelle Wahrnehmung der eingescannten Verordnung reiche aus. Der Apotheker könne auch anhand der Druckspuren oder Schwärzungen bzw. Farbe der Verordnung erkennen, ob es sich um eine gefälschte Verschreibung handele. Nur eine Prüfung der Papierqualität sei nicht möglich, dies werde aber dadurch kompensiert, dass der "Videoberater" als Indizien für eine Fälschung das Auftreten des Kunden, die Menge des verordneten Arzneimittels und die Besonderheit des Arzneimittels im Hinblick auf Missbrauchsvermögen sowie Abhängigkeitspotentiale bewerten könne. Außerdem könne er sich bei dem vermeintlich verschreibenden Arzt telefonisch rückversichern. Bei bestehenden Zweifeln könne die Ausgabe des Medikaments verweigert werden.

Auch das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluss vom 20.11.2018 - 1 BvR 442/18 - eine weite Auslegung des Begriffs des Versandhandels im Lichte der Berufsfreiheit gefordert. Das Bundesverfassungsgericht stelle wie die Klägerin darauf ab, dass eine weite Auslegung des Versandhandelsbegriffs nicht zu einem signifikanten Rückgang der Apothekendichte und einer Gefährdung der Arzneimittelversorgung führen würde. Bei der von ihr angebotenen Arzneimittelabgabe würde die lokale Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln nicht verschlechtert, sondern sogar verbessert.

Zuletzt sei die Androhung des Zwangsgeldes rechtswidrig, da ihr keine angemessene Frist gesetzt worden sei, innerhalb derer der angeordneten Pflicht nachzukommen sei.

Die Klägerin beantragt,

   den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.04.2017 in den Nummern 1, 3 und 4 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt das beklagte Land die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und trägt ergänzend vor, die von der Klägerin gewählte Betriebsform falle nicht unter den weit auszulegenden Begriff des Versandhandels. Die Versandhandelserlaubnis der Klägerin umfasse nicht die Abgabe von Arzneimitteln durch zuvor vom Großhandel unabhängig von einer konkreten Bestellung bestückte Automaten. Zwar erfolgten das Warenangebot und die Bestellung durch elektronische Medien, die Ware werde aber nicht "durch Transportmittel zugestellt", sondern lediglich durch den Automaten abgegeben. Ein Transportmittel sei ein zum Transportieren von Gütern und Personen dienendes Kraft-, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeug. Der Apotheker der Klägerin veranlasse, dass das Arzneimittel aus dem Lager auf ein Förderband gelegt und ausgegeben werde. Dies ersetze aber nur den Mitarbeiter, der das Arzneimittel sonst aus dem Lager holen würde und stelle keinen "abgekürzten Versand" dar. Im Übrigen sei es auch heute in den Präsenzapotheken üblich, dass die Arzneimittel per Knopfdruck durch einen Automaten aus dem Lager abgegeben und durch den Apotheker ausgehändigt würden, was offensichtlich keinen "Versand" darstelle. Auch wenn es heutzutage unzählige unterschiedliche Formen des Versandhandels gebe, könne gerade nicht jedwede Vertriebsform außerhalb der Präsenzapotheke zum Versandhandel werden. Die Klägerin selbst definiere den Einzelhandel, von dem sie den Versandhandel abgrenze, so, dass der Kunde sich ein Produkt vor Ort aussucht und dieses direkt an der Kasse bezahle. Genau dieser Vorgang finde in der ... Str. ... in H. statt, nur, dass der Kunde nicht mit einem Apotheker vor Ort spreche, sondern über einen Video-Chat mit diesem verbunden sei. Der Erwerb von Arzneimitteln auf diese Weise entspreche dem in der Präsenzapotheke viel mehr als dem eines irgendwie gearteten Versandhandels. Denn auch sämtliche Formen des Versandhandels, die die Klägerin in ihrem Vortrag beispielhaft aufzähle, hätten den Versand mittels eines Transportmittels nach Bestellung gemeinsam. Es sei zwar richtig, dass die Räumlichkeiten nicht den Eindruck einer klassischen Präsenzapotheke erweckten, es entstehe jedoch auch nicht der Eindruck eines Versandhandels. Es werde zwar einige Kunden geben, die aufgrund ihres "erlernten Wissens" den Namen der Klägerin mit Versandhandel verbänden, dies führe aber nicht zu dem Eindruck, dass die Arzneimittel in H. von der niederländischen Apotheke aus "versandt" würden. Der Kunde erkenne vielmehr, dass die Arzneimittel aus dem Lager in H. ohne zusätzlichen Versand abgegeben würden. Unabhängig davon mache es einen Unterschied, zu welchem Zeitpunkt die Waren durch Transportmittel transportiert würden. Denn Versandhandel bedeute gerade "Versand aufgrund von Bestellung" und nicht "Versand zur eigenen Lagerbestückung".

Auch Sinn und Zweck des apothekenrechtlichen Versandhandels rechtfertigten keine andere Sichtweise. Nach § 11a Abs. 1 Nr. 1 ApoG müsse der Erlaubnisinhaber gewährleisten, dass der Versand aus einer öffentlichen Apotheke erfolge. Der Versand müsse also so aus Räumen erfolgen, die von der Apothekenbetriebserlaubnis umfasst seien. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ApBetrO müsse grundsätzlich jeder Betriebsraum (auch Lagerraum) ohne Verlassen der Apotheke zu betreten sein (Raumeinheit). Dies werde für den Versandhandel durch § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ApBetrO gelockert, jedoch mit der Einschränkung, dass sich die Räume noch in angemessener Nähe zu den übrigen Räumen befinden müssten. Eine angemessene Nähe sei dann gegeben, wenn sich die Räume in einer Zeitspanne erreichen ließen, dass sie noch der persönlichen Leitung und Überwachung durch den Apothekenleiter unterworfen angesehen werden könnten. Damit habe der Gesetzgeber eine Abwägungsentscheidung getroffen. Der Kunde könne Arzneimittel erwerben, ohne dafür eine Apotheke zu betreten. Dabei werde der Arzneimittelsicherheit dadurch Rechnung getragen, dass die Räume, in denen die Arzneimittel gelagert und aus denen heraus sie verschickt würden, sich noch in angemessener Nähe zu der Apotheke und damit unter der Aufsicht des Apothekenleiters befinden müssten. Die Lagerung und Abgabe aus einem Automaten, räumlich unabhängig von der öffentlichen Apotheke und unter Sachherrschaft eines Arzneimittelgroßhandels, wie es bei der Klägerin der Fall sei, sei auch von Sinn und Zweck des Gesetzes kein zulässiger Versandhandel.

Auch Art. 34 AEUV gebiete keine andere Auslegung des Wortes "Versandhandel". Im Gegensatz zur Preisbindung, die sich auf ausländische Versandapotheken stärker auswirke als auf inländische Apotheken (EuGH, Urteil vom 19.10.2016 - C- 148/15 -), seien hier alle Wirtschaftsteilnehmer von diesem Versandhandelsverständnis in gleicher Weise betroffen. Denn Versandhandel, egal ob aus dem Inland oder Ausland, bedeute, dass gerade keine Vorortversorgung stattfinde. Dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.10.2016 lasse sich entnehmen, dass die ausländischen Versandapotheken, die gerade nicht vor Ort individuell beraten und die Notfallversorgung von Arzneimitteln sicherstellen könnten, ganz besonders auf den Preiswettbewerb angewiesen seien. Dies mache deutlich, dass auch vom Europäischen Gerichtshofs eine Vertriebsform, die sowohl eine Akutversorgung als auch eine individuelle Beratung vor Ort beinhalteten, nicht als Versandhandel angesehen würden. Aus dem Urteil lasse sich keineswegs ableiten, dass "Versandhandel" so weit ausgelegt werden müsse, dass jegliche Abgabe außerhalb einer Präsenzapotheke darunterfalle.

Zuletzt sei auch die Androhung des Zwangsgelds rechtmäßig erfolgt. Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG brauche dem Pflichtigen keine Frist zur Erfüllung der Verpflichtung gesetzt werden, wenn diese in einem Unterlassen bestehe. Entgegen der Auffassung der Klägerin liege hier eine schlichte Unterlassungsverpflichtung vor. Das Zwangsgeld sei nur für den Fall angedroht worden, dass die Klägerin entgegen der Anordnung Arzneimittel mittels des Automaten in den Räumlichkeiten in H. in den Verkehr bringe. Insbesondere die bloße Videoberatung sei in jedem Fall weiter zulässig gewesen. Die von der Klägerin aufgeführten Vorbereitungshandlungen, wie Abschaltung des "Videoberaters" und die Schließung der Geschäftsräume für die Öffentlichkeit, seien nicht erforderlich gewesen.

Die Kammer hat die Geschäfts- und Betriebsräume in der ... Straße ... in H. in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Augenscheineinnahme wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung nebst Anlage Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Behördenakte verwiesen.





Entscheidungsgründe:


Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig (hierzu unter 1.) aber unbegründet (hierzu unter 2.).

1. Die Klage ist zulässig.

Die Klage ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft und am 26.04.2017 fristgerecht im Sinne des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids vom 21.04.2017 erhoben worden. Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens vor Klageerhebung war nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AGVwGO entbehrlich.

2. Die Klage ist nicht begründet, da der Bescheid vom 21.04.2017 in seinen Nummern 1, 3 und 4 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Der Bescheid ist zunächst formell rechtmäßig. Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist die zum Erlass der Untersagungsverfügung zuständige Behörde, § 1 Abs. 1 Pharmazie- und Medizinprodukte-Zuständigkeitsverordnung Baden-Württemberg vom 17.10.2000 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG. Die Klägerin wurde vor Erlass der Verfügung ordnungsgemäß im Sinne des § 28 Abs. 1 LVwVfG angehört.

Der Bescheid ist in seiner Nummer 1 (hierzu unter 2.1.) sowie in seinen Nummern 3 und 4 (hierzu unter 2.2.) auch materiell rechtmäßig.

2.1. Die in Nummer 1 des Bescheids ergangene Untersagungsverfügung ist materiell rechtmäßig.

Ermächtigungsgrundlage der Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), wonach die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen kann. Zu den Verstößen, die hiernach die zuständigen Behörden zum Eingreifen ermächtigen, gehört neben der Missachtung arzneimittelrechtlicher Vorschriften auch die Verletzung apothekenrechtlicher Bestimmungen (BVerwG, Urteil vom 22.01.1998 - 3 C 6.97 -, juris, Rn. 14).

Die von der Klägerin in H. angebotene Videoberatung mit anschließender Arzneimittelausgabe verstößt sowohl gegen die in § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG normierte Apothekenpflicht (hierzu unter 2.1.1.) als auch gegen das Verbringungsverbot des § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG (hierzu unter 2.1.2.). Die Untersagungsverfügung ist sowohl verfassungskonform (hierzu unter 2.1.3.) als auch unionsrechtskonform, insbesondere ist sie mit der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 34 AEUV vereinbar (hierzu unter 2.1.4.).

2.1.1. Die Arzneimittelabgabe der Klägerin verstößt zunächst gegen § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, da die Klägerin in H. Arzneimittel weder in einer Apotheke noch im Wege des Versandes in den Verkehr bringt.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG, die nicht durch die Vorschriften des § 44 AMG oder der nach § 45 Abs. 1 AMG erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, außer in den Fällen des § 47 AMG berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden. Nach § 4 Abs. 17 AMG ist Inverkehrbringen das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere.

Der von der Klägerin angebotene Beratungsservice mit Arzneimittelabgabe stellt ein Inverkehrbringen von Arzneimitteln für den Endverbrauch im Sinne des § 4 Abs. 17 AMG dar, da dem Endverbraucher die Besitzeinräumung an den Arzneimitteln im Sinne einer Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt ermöglicht wird.

Das Inverkehrbringen findet nicht in einer Apotheke statt. Die Klägerin betreibt nach übereinstimmendem Parteivortrag, an dem keine Zweifel bestehen, in H. keine Apotheke, da sie keine Apothekenerlaubnis im Sinne des § 1 Abs. 2 ApoG hat.

Das Inverkehrbringen der Arzneimittel findet auch nicht im Wege des Versandes statt. Der Begriff des "Versandes" bzw. des "Versandhandels" ist gesetzlich nicht definiert. Sowohl nach seinem Wortlaut (hierzu unter 2.1.1.1.), als auch nach einer systematischen (hierzu unter 2.1.1.2.) und historisch-genetisch (hierzu unter 2.1.1.3.) sowie teleologischen (hierzu unter 2.1.1.4.) Auslegung stellt die von der Klägerin angebotene Arzneimittelabgabe keinen Versand von Arzneimitteln dar. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass ihre Arzneimittelabgabe unionsrechtskonform als Versandhandel auszulegen ist, da sie insofern rechtsmissbräuchlich in den Genuss des Unionsrechts gelangen möchte (hierzu unter 2.1.1.5.).

2.1.1.1. Ausgehend vom Wortlaut stellt die Arzneimittelabgabe in H. keinen Versand von Arzneimitteln dar.

Die Brockhaus-Enzyklopädie definiert den Begriff des "Versandhandels" als eine Form des Direktvertriebs, bei der Einzel- und Großhandelsbetriebe, aber auch Hersteller ihre Angebote durch Kataloge, Prospekte, Anzeigen, elektronische Medien oder Außendienstmitarbeiter (i.d.R. Sammelbesteller oder Vertreter im Nebenberuf) abgeben und die schriftlich, telefonisch, elektronisch oder mündlich bestellten Waren den Käufern durch Transportunternehmen oder eigene Transportmittel zustellen, unter Umständen über Kontaktstellen (BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 - 3 C 27.07 -, juris, Rn. 18 unter Bezugnahme auf Brockhaus, 21. Aufl. 2005, Stichwort "Versandhandel").

Orientiert man sich am allgemeinen Sprachgebrauch und der derzeitigen allgemeinen und üblichen Praxis im Versand- und Internethandel, ist unter Versand die Übermittlung von Waren auf Veranlassung des Versenders an den Besteller (Empfänger) durch ein vom Versender beauftragtes (Logistik-)Unternehmen mittels dazu geeigneter Transportsysteme zu verstehen. Abgeschlossen ist der Versand, wenn das Logistikunternehmen die Ware dem Empfänger übergibt, ihm also den unmittelbaren Besitz verschafft, was regelmäßig unter einer vom Besteller angegebenen Lieferanschrift erfolgt. Auch der Verzicht auf eine individuelle Zustellung und die Abholung der bestellten Ware an einer Abholstation durch den Empfänger ist vom Begriff des Versandhandels gedeckt (BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 - 3 C 27.07 -, juris).

Wie die Klägerin zu Recht vorgetragen hat, sind die Bestellmöglichkeiten im Versand- und Internethandel in den vergangenen Jahren durch neue Kommunikationstechniken immer zahlreicher geworden. Auch die Zeit zwischen Bestellung und Auslieferung der Ware hat sich in den letzten Jahren verkürzt, worauf die Klägerin ebenfalls richtigerweise hingewiesen hat.

Daran, dass die im Rahmen des Internet- und Versandhandels bestellten Waren regelmäßig und typischerweise zu einer von dem Besteller angegebenen Adresse - entweder im Wege einer individuellen Zustellung an die Wohn- und Arbeitsanschrift oder an eine Paketstation bzw. "Pick-up Stelle" - geliefert und dort übergeben werden, hat sich jedoch nichts geändert. Anhaltspunkte dafür, dass ein wie von der Klägerin angebotenes Abholverfahren im Versand- und Internethandel, das dem Kunden die Möglichkeit gibt, die Sachherrschaft an den gekauften Waren nur wenige Sekunden nach Abschluss des Kaufvertrags zu erlangen, inzwischen im größeren Umgang praktiziert wird oder gar zum Regelfall geworden ist und die bisher übliche Zustellung abgelöst hat, sind von der Klägerin weder hinreichend dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Zwar nennt die Klägerin einzelne Beispiele, bei denen im Rahmen eines Versandhandels die Abholung der Ware praktiziert werde. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Ausnahme und nicht um die derzeit übliche Regel.

Der bloße Hinweis der Klägerin auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 13.03.2008 - 3 C 27.07 -, juris) und die dort enthaltene weite Auslegung des Versandhandelsbegriffs führt nicht zwangsläufig dazu, jeden getätigten Kauf von Waren über Fernkommunikationsmittel bereits nach seinem Wortlaut unter den Begriff des Versandes von Arzneimitteln fassen zu können. Beim Versandhandel ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch neben dem Kauf mittels Fernkommunikationsmittel einerseits auch die Übermittlung der bestellten Waren an den Besteller andererseits erforderlich. Der Käufer, der die im Wege des Versandhandels gekaufte Ware auch beim Verkäufer abholen könnte (vgl. § 269 Abs. 1 BGB), möchte sie sich bequemer verschaffen und vereinbart mit dem Verkäufer deren Versand. Hierbei kann die Ware im Gegensatz zum Erwerb im Rahmen des Einzelhandels nicht direkt nach dem Kauf an den Käufer übergeben werden. Die nicht mögliche direkte Übergabe wird durch Versendung der Ware ersetzt. Diese Versendung ist dabei ausgehend vom Wortlaut "Versandhandel" mehr, als den Artikel aus dem Lager zu holen und ihn dem Kunden zu übergeben, gegebenenfalls wie im Fall der Klägerin unter Einsatz technischer Hilfsmittel wie Förderbänder. Vielmehr liegt beim Versandhandel zwischen Kauf und Übergabe der Ware eine gewisse Zeitspanne, in der Auftragsannahme, Versandabwicklung und Auslieferung vorgenommen werden. Dahinstehen kann, wie groß die Zeitspanne zu sein hat, in der die Versendung der Ware vorgenommen wird, damit (noch) ein Versandhandel vorliegt. Bei der von der Klägerin angebotenen Abgabe von Arzneimitteln handelt es sich ausgehend vom Wortlaut jedenfalls bereits deshalb nicht um einen Versandhandel, da dem Kunden aufgrund der geringen Zeitspanne von weniger als einer Minute zwischen Kauf und Übergabe der Arzneimittel die Möglichkeit der direkten Mitnahme der gekauften Waren gegeben wird.

2.1.1.2. Eine systematische Auslegung des Begriffs Versand von Arzneimitteln, insbesondere in Hinblick auf § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG, führt ebenfalls zu dem Schluss, dass es sich bei der von der Klägerin angebotenen Arzneimittelabgabe nicht um einen Versand von Arzneimitteln handelt.

Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG dürfen Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder Genehmigung nach § 21a AMG oder zur Registrierung unterliegen, in den Geltungsbereich dieses Gesetzes nur verbracht werden, wenn sie zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen, nach § 21a AMG genehmigt, registriert oder von der Zulassung oder der Registrierung freigestellt sind und im Falle des Versandes an den Endverbraucher das Arzneimittel von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, welche für den Versandhandel nach ihrem nationalen Recht, soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, oder nach dem deutschen Apothekengesetz befugt ist, entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel versandt wird.

§ 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG wurde durch Art. 23 Nr. 4 lit. a des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I S. 2190) mit Wirkung zum 01.01.2004 als Folgeänderung zu der Änderung des § 43 Abs. 1 AMG (Art. 23 Nr. 1 lit. a GKV-Modernisierungsgesetz), wonach das Inverkehrbringen von Arzneimitteln auch im Wege des Versandes gestattet ist, eingeführt. Die Regelung dient dazu, die Anforderungen des innereuropäischen Versandhandels mit Arzneimitteln nach Deutschland an den in Deutschland geltenden Anforderungen auszurichten (Feiden/Pabel, Arzneimittelrecht, Loseblattsammlung, 133. Lieferung 2017, § 73 Amtliche Begründung). Damit kann § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG zur Auslegung des in § 43 Abs. 1 AMG normierten Begriffs des Versandes von Arzneimitteln unmittelbar herangezogen werden.

Bereits der Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG, wonach "der Versand an den Endverbraucher" stattzufinden hat, lässt den Schluss zu, dass im Zeitpunkt der Verbringung des Arzneimittels in das Bundesgebiet ein namentlich individualisierter Empfänger des Arzneimittels bestehen muss. Der "Versand an den Endverbraucher" stellt eine objektive Voraussetzung dar. Die bloße Absicht, das Arzneimittel zu einem späteren Zeitpunkt an einen Endverbraucher zu veräußern, reicht bereits nach dem Wortlaut der Norm nicht aus, da der Versand nicht an "einen" - also an einen noch nicht bestimmten Endverbraucher - sondern an "den" - also an einen konkreten Endverbraucher - zu erfolgen hat.

Auch die Systematik des § 73 AMG spricht dafür, dass im Zeitpunkt des Grenzübertritts des Arzneimittels bereits ein konkreter individualisierter Empfänger feststehen muss. Grundsätzlich müssen Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder zur Registrierung unterliegen und die in die Bundesrepublik Deutschland verbracht werden, zugelassen oder registriert sein. Eine solche Zulassung oder Registrierung kann nur in den in § 73 Abs. 1 Nr. 1 bis 2 und Abs. 2, Abs. 3 AMG genannten Ausnahmefällen entfallen. Die normierten Ausnahmen stellen dabei entweder auf objektive Umstände oder auf subjektive Erfordernisse ab; in beiden Fällen ist die Zulassung- bzw. Registrierungspflicht entbehrlich.

Die Ausnahmen, die an ein subjektives Moment anknüpfen, enthalten dabei entweder die Formulierung, dass die Arzneimittel für einen "Zweck" "bestimmt sind" (§ 73 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 2b, Nr. 4, Nr. 5, Nr. 7, Nr. 8 AMG) oder dass die Arzneimittel "benötigt werden" (§ 73 Abs. 2 Nr. 2a, Nr. 9a AMG). Andere Normen, die an objektive Umstände anknüpfen, nennen nicht den Zweck, sondern den Empfänger des Arzneimittels (§ 73 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 AMG) bzw. knüpfen an die Menge und die Art des Arzneimittels an (§ 73 Abs. 2 Nr. 6, Nr. 6a, Nr. 9, Nr. 9a, Nr. 10 AMG). Die hier entscheidende Norm des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG stellt sich nach systematischer Auslegung als eine Ausnahme dar, die ausschließlich an objektive Umstände anknüpft, da ihr die subjektiven Formulierungen "Zweck", "bestimmt sind" oder "benötigt werden" fehlen. Das Privileg des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG, Arzneimittel ohne Zulassung bzw. Registrierung in das Bundesgebiet zu verbringen, soll damit gerade nur entstehen, wenn im Zeitpunkt des Grenzübertritts ein objektiver Empfänger des Arzneimittels bereits feststeht. Auch die Nummern 1 und 2 des § 73 Abs. 1 AMG sprechen für diese Auslegung; sie bestimmen, dass der Empfänger der Arzneimittelsendung zum Empfang berechtigt sein muss, dass also im Zeitpunkt des Grenzübertritts ein bestimmter Empfänger bereits objektiv vorhanden sein und feststehen muss. Nichts anderes kann für den in § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG genannten Endverbraucher gelten.

Auch Sinn und Zweck des § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG sprechen dafür, dass der Endverbraucher im Zeitpunkt des Grenzübertritts bereits objektiv feststehen muss. Grundsätzlich dürfen nur zugelassene Arzneimittel, die im Inland einer Zulassungspflicht unterliegen, in den Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes verbracht werden. Unter engen Voraussetzungen erlaubt § 73 AMG Ausnahmen von diesem Grundsatz (Rehmann, Arzneimittelgesetz, 4. Auflage 2014, Vorbemerkung zu §§ 72-74 Rn. 1). Zulassungspflichtige Arzneimittel sowie Arzneimittel, die als Gewebezubereitungen einer Genehmigung nach § 21a AMG bedürfen, dürfen nur in die Bundesrepublik Deutschland verbracht werden, wenn die Arzneimittel hier über eine entsprechende Marktzugangsberechtigung verfügen. Das Verbringungsverbot des § 73 AMG dient dazu, eine vorhergehende staatliche Prüfung auf Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Arzneimitteln zu ermöglichen. Der Verbraucher soll bereits im Vorfeld vor gesundheitlichen Gefahren geschützt werden, indem nicht der Vorschrift entsprechende Arzneimittel schon an der Grenze abgefangen und deren Einfuhr verhindert wird (Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2. Auflage 2016, § 73 Rn. 2).

Diesen Anforderungen wird die Arzneimittelabgabe der Klägerin nicht gerecht. Die Verbringung der von der Klägerin angebotenen Arzneimittel in das Bundesgebiet lässt die Möglichkeit zu, dass das Arzneimittel niemals an den Endverbraucher veräußert wird; dies kann insbesondere der Fall sein, wenn für das Arzneimittel keine Nachfrage besteht. Insofern führte die Klägerin selbst aus, dass Arzneimittel, die nicht an den Kunden verkauft werden, an die Klägerin zurückgehen. In diesem Fall befinden sich Arzneimittel im Bundesgebiet, hinsichtlich derer eine vorhergehende staatliche Prüfung auf Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Arzneimittel, wie von § 73 AMG beabsichtigt, nicht möglich ist, da die Arzneimittel regelmäßig dem Zugriff der Behörden entzogen sein dürften.

Die von der Klägerin angebotene Arzneimittelabgabe stellt damit nach einer systematischen Auslegung keinen Versand dar, da im Zeitpunkt des Grenzübertritts der Arzneimittel ein Endverbraucher nicht objektiv feststeht.

2.1.1.3. Eine historische Auslegung führt ebenfalls zu dem Schluss, dass es sich bei der in H. angebotenen Arzneimittelabgabe nicht um einen Versand von Arzneimitteln handelt.

In dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG), auf den die jetzige Fassung des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG zurückgeht, heißt es in der Begründung zur Einführung dieser Vorschrift, dass der Versandhandel und elektronische Handel mit dem Endverbraucher ermöglicht werden solle; ferner ist von Bestellungen von Arzneimitteln über das Internet (Elektronischer Handel, E-Commerce) aus dem Ausland die Rede (vgl. BT-Drucks. 15/1525, S. 165). Weitergehende Ausführungen finden sich insoweit dort nicht.

Die von dem Gesetzgeber mit der Einführung des Versandhandels beabsichtigten Belange des Verbraucherschutzes und der Arzneimittelsicherheit (vgl. BT-Drucks. 15/1525, S. 75) stehen einer Auslegung der von der Klägerin angebotenen Arzneimittelabgabe als Versand von Arzneimitteln entgegen, da die von der Klägerin angebotene Arzneimittelabgabe gegenüber der Individualzustellung bzw. der Lieferung an eine Pick-up-Stelle als weniger sicher erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 - 3 C 27.07 -, juris, Rn. 21). Bei der Individualzustellung bzw. der Lieferung an eine Pick-up-Stelle ist - im Gegensatz zu der von der Klägerin angebotenen Arzneimittelausgabe - gewährleistet, dass das Medikament noch in der Apotheke an den Kunden adressiert wird. Im Zeitpunkt dieser Adressierung befindet sich das Medikament im Herrschaftsbereich der Apotheke und damit im Herrschaftsbereich des verantwortlichen Apothekers. Dieser kann das Medikament im Zeitpunkt der Adressierung prüfen und bei festgestellten Mängeln austauschen.

Diese Möglichkeit besteht bei der von der Klägerin angebotenen Arzneimittelabgabe nur unzureichend. Der bei der Klägerin beschäftigte und mit der Abgabe des Arzneimittels beauftragte Pharmazeutisch-Technische-Assistent bzw. Apotheker ("Videoberater") kann das Medikament nur einer äußeren Sichtkontrolle durch die eingerichteten Videoanlagen unterziehen. Diese Sichtkontrolle ist im Gegensatz zu einer Kontrolle durch einen Apotheker in dessen Apothekenräumen ungenügend. Die von der Klägerin im Rahmen der Arzneimittelabgabe vorzunehmende Kontrolle der Arzneimittel ist ausschließlich durch mehrere von oben filmende Kameras gewährleistet. Die Arzneimittelpackung kann über die Kameras nur von oben, nicht aber von der Seite oder von unten gesehen werden. Dies hat zum einen zur Folge, dass der "Videoberater" die Packungsgröße mithilfe der Videokameras nur erkennen kann, wenn diese auf der Frontseite der Arzneimittelpackung aufgedruckt ist. Dies kann, muss aber nicht immer der Fall sein, wie sich bei der Inaugenscheinnahme der Räumlichkeiten gezeigt hat. Auch das Verfallsdatum ist mithilfe der Videosichtkontrolle nicht erkennbar, da sich das Verfallsdatum regelmäßig auf der Seite bzw. Rückseite der Arzneimittelpackung befindet. Sowohl eine Sichtkontrolle des Verfalldatums als auch der Packungsgröße des Arzneimittels über die Videokameras scheiden damit in der Regel aus.

Die von der Klägerin sonstigen eingerichteten Mechanismen zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes und der Arzneimittelsicherheit können diesen Mangel nicht ausgleichen. Während der Einlagerung des Medikaments mithilfe des Kommissionierungsautomaten findet zwar eine Kontrolle sowohl der Packungsgröße als auch des Verfallsdatums statt. Diese Kontrolle wird allerdings von dem "Welcome-Manager", einem nichtpharmazeutischen Angestellten, durchgeführt. Darüber hinaus ist der "Welcome-Manager" nicht einmal Angestellter der Klägerin, sondern der T. B.V., und damit einer Weisungsbefugnis der Klägerin weitestgehend entzogen. Die gesamte Überprüfung der Arzneimittel während des Einlagerungsvorgangs ist auf die T. B.V. und den von ihr beschäftigten "Welcome-Manager" und damit auf einen Dritten ausgelagert. Die T. B.V. hat zudem die alleinige Herrschaftsgewalt über die in H. gelagerten Medikamente. Die während des Einlagerungsvorgangs zur Verwendung kommende Software soll zwar nach Angaben der Klägerin ein falsches Einlagern der Medikamente verhindern. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegführen, dass der gesamte Prozess der Lagerung nicht in der Verantwortung der Klägerin selbst steht, sondern auf einen Dritten ohne pharmazeutische Ausbildung und Kenntnisse ausgelagert wird.

Unerheblich ist, dass das Verfallsdatum nach der seit dem 09.02.2019 geltenden Verordnung (EU) 2016/161 der Kommission vom 02.10.2015 zur Ergänzung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates durch die Festlegung genauer Bestimmungen über die Sicherheitsmerkmale auf der Verpackung von Humanarzneimitteln bereits im Label der Arzneimittel aufgeführt sein muss, was unter anderem zur Arzneimittelsicherheit beitragen soll. Aufgrund dieses sogenannten 2-D-Labels muss das Verfallsdatum zwar nicht mehr händisch eingegeben werden, sondern wird aufgrund des Einlesens des Labels erfasst. Gleichwohl liegt die gesamte Verantwortung der Einlagerung der Arzneimittel, inklusive des Einlesens der Arzneimittel, im Verantwortungsbereich des nicht pharmazeutisch ausgebildeten "Welcome-Managers", der den Weisungen der Klägerin nicht unterliegt.

Im Übrigen gilt die Verordnung insoweit nur für verschreibungspflichtige Arzneimittel (vgl. Art. 2 Nr. 1 lit. a VO (EU) 2016/161), so dass es bei den nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln dabei bleibt, dass das Verfallsdatum händisch eingegeben werden muss.

Auch der Umstand, dass von der Klägerin verschreibungspflichtige Arzneimittel an den Kunden abgegeben werden, ohne dass dem "Videoberater" die Verschreibung im Original vorliegt, spricht dafür, dass die Arzneimittelabgabe nicht den Belangen des Verbraucherschutzes und der Arzneimittelsicherheit gerecht wird. Die Kontrolle der Verschreibung über den eingebauten Scanner erscheint gegenüber deren Kontrolle im Original als weniger sicher. Die Echtheit der ärztlichen Verschreibung kann mittels des Videoterminals nicht hinreichend wirksam geprüft werden. Es lässt sich insbesondere nicht erkennen, ob es sich bei der eingescannten Verschreibung um eine bloße Kopie einer Verschreibung oder um ein Original handelt. Diese Unterscheidung ist für das menschliche Auge u.a. erkennbar durch die Druckpunkte der Unterschrift des verschreibenden Arztes, mithin durch den durch die Unterschrift entstehenden "3-D-Effekt". Diese durch die Unterschrift entstehenden Druckpunkte auf dem Papier können mithilfe des Scanners nicht überprüft werden. Unerheblich ist, dass auch in einer Präsenzapotheke auf gefälschte Verordnungen verschreibungspflichtige Arzneimittel herausgegeben werden können. Durch die von der Klägerin geschaffene Möglichkeit, mittels des Einscannens von Verschreibungen verschreibungspflichtige Medikamente zu erhalten, schafft sie einen Anreiz, der bei einer Abgabe nur gegen unmittelbaren Erhalt des Originalrezepts nicht vorhanden ist. Bereits aufgrund des geschaffenen Anreizes ist das Risiko erhöht, dass ärztliche Verschreibungen missbräuchlich oder fehlerhaft verwendet werden.

2.1.1.4. Zuletzt handelt es sich auch nach Sinn und Zweck des § 43 Abs. 1 AMG bei der von der Klägerin angebotenen Arzneimittelabgabe nicht um einen Versand von Arzneimitteln.

Die Vorschrift des § 43 AMG verankert im Arzneimittelgesetz das vom Bundesverfassungsgericht in seinen Urteilen vom 11.06.1958 - 1 BvR 596/56 - und 07.01.1959 - 1 BvR 100/57 - (beide juris) anerkannte "natürliche Monopol der Apotheken" zur Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln (Apothekenmonopol). Während das Apothekengesetz (ApoG) in § 1 den entsprechenden Versorgungsauftrag statuiert, weist das Arzneimittelgesetz die gewerbs- oder berufsmäßige Abgabe von Arzneimitteln an den Endverbraucher grundsätzlich den Apotheken zu (Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2. Auflage 2016, § 43 Rn. 7).

Der Begriff des Versandes von Arzneimitteln setzt nach dem Zweck des § 43 Abs. 1 AMG zwar nicht voraus, dass die Arzneimittel dem Endverbraucher an seine Adresse zugestellt werden (BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 - 3 C 27.07 -, juris, Leitsatz). Das grundsätzlich weite Verständnis des Begriffs "Versandhandel" entbindet jedoch nicht von dem in § 43 Abs. 1 AMG normierten verfassungskonformen Apothekenmonopol. Der Versandhandel als die weitere vom Gesetzgeber zugelassene Form des Inverkehrbringens von Arzneimitteln grenzt sich von der Medikamentenabgabe in der Präsenzapotheke dadurch ab, dass das Arzneimittel von einer Apotheke, aber nicht in deren Betriebsräumen abgegeben wird. Anstelle der unmittelbaren Übergabe in der Präsenzapotheke und der ihr durch § 17 Abs. 2 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) gleichgestellten Zustellung durch Boten der Apotheke im Sinne dieser Vorschrift tritt die Versendung der Arzneimittel. Maßgebliches Kriterium für das Vorliegen eines Versandhandels ist das Fehlen einer räumlichen Bindung des Abgabevorgangs an die Präsenzapotheke (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.10.2012 - 3 C 25.11 -, juris, Rn. 21, und vom 13.03.2008 - 3 C 27.07 -, juris, Rn. 25). Das in § 43 AMG normierte Apothekenmonopol wird durch den Versandhandel aber nicht aufgehoben.

Ein Versandhandel liegt nach Sinn und Zweck des § 43 AMG jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn unter Beteiligung einer Abholstation nach außen der Eindruck des Betriebs einer Präsenzapotheke erweckt wird oder es aber den Anschein hat, dass Arzneimittel nicht mehr von einer Apotheke versandt, sondern vom Transporteur bzw. dem Gewerbebetrieb, in dessen Räumen sich die Abholstation befindet, in den Verkehr gebracht werden (BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 - 3 C 27.07 -, juris, Rn. 25 - 26). Im ersten Fall würde nach außen hin eine Präsenzapotheke betrieben, ohne dass die Arzneimittel durch pharmazeutisches Personal ausgehändigt würden (§ 17 Abs. 1 ApBetrO) und ohne dass den Anforderungen an die Beschaffenheit der Betriebsräume nach § 4 ApBetrO genügt würde. Im zweiten Fall würde gegen § 43 Abs. 1 und 3 AMG verstoßen, wonach Arzneimittel nur von Apotheken in Apotheken oder im Wege des Versandhandels in den Verkehr gebracht werden dürfen (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 15.03.2012 - 7 B 371/12 -, juris, Rn. 29 - 30).

Ob der Anschein einer Präsenzapotheke erweckt wird, ist wertend unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls aus der Sicht eines verständigen Dritten (Kunden) zu prüfen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 - 3 C 27.07 -, juris, Rn. 25, welches auf den "Eindruck" abstellt, den das in den Vertrieb eingeschaltete Unternehmen erweckt).

Die von der Klägerin angebotene Arzneimittelabgabe stellt für einen verständigen Kunden eine Präsenzapotheke dar. Zunächst wurden die Räumlichkeiten früher als Apotheke genutzt. Bereits von außen zeigen deutlich sichtbare Schilder den Namen der Klägerin, der mit einer Apotheke assoziiert wird. Entgegen dem Vortrag der Klägerin bringen Kunden ihren Namen nicht zwangsläufig und ausschließlich mit einer Versandapotheke in Zusammenhang. Vielmehr zeigen die bisherigen Verkaufsstrategien der Klägerin auf dem deutschen Markt, dass sie in der Vergangenheit auch als Präsenzapotheke wahrgenommen werden wollte. Die Klägerin bot unter anderem im Bundesgebiet eine Art Franchise-Modell an, bei der der Apotheker die Apotheke betreibt, die Ausstattung inklusive des Logos und des Namens der Klägerin aber von der Klägerin gesponsert wird (vgl. ...). Sowohl die grün-weiß-schwarze Farbgebung, als auch das "Apotheken-Kreuz", die im Rahmen des Franchiseangebots durch Apotheker verwendet werden durften, finden sich auch vor und in den Räumlichkeiten in H. wieder.

Die konkrete Ausgestaltung der von der Klägerin angebotenen Arzneimittelabgabe zielt zudem - wie eine Präsenzapotheke - darauf ab, zielgerichtet nur Kunden aus dem Einzugsbereich H. und der näheren Umgebung zu gewinnen. Die Bestellung und Mitnahme von Arzneimitteln sind final auf diesen Kundenkreis zugeschnitten. Dass die Arzneimittelabgabe zumindest faktisch auch von anderen Personen zum Erwerb von Arzneimitteln genutzt werden kann, führt zu keiner abweichenden Bewertung, denn es ist realistischerweise nicht zu erwarten, dass eine Vielzahl von Personen außerhalb H.s von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird. Dies gilt umso mehr, als ein Kunde nach Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung weder zuvor daheim über das Internet bestellte Arzneimittel in den Räumlichkeiten in H. abholen kann noch sich bei Nichtvorhandensein der gewünschten Arzneimittel beim Vor-Ort-Besuch diese nach Hause senden lassen kann.

Aus Sicht der Kunden erfolgt die Abgabe der Arzneimittel zudem unmittelbar aus den Räumen der Klägerin, da ihr Name mehrfach an der Außenwand deutlich sichtbar angebracht ist. Es wird für den Kunden nicht deutlich, dass der "Arzneimittelautomat" nicht in ihrem Eigentum steht und dass nicht die Klägerin, sondern die T. B.V. für die Lagerung der Arzneimittel verantwortlich ist. Es findet sich in den Räumlichkeiten auch kein für den Kunden deutlich erkennbarer Unterschied zwischen der Klägerin als Vertragspartnerin im Hinblick auf die bestellten Arzneimittel und der T. B.V. als Inhaberin der Räumlichkeiten und Einrichtungsgegenstände. Der Name der T. B.V. ist lediglich klein an der Außentür der Räumlichkeiten angebracht und verschwindet sowohl hinsichtlich seiner Größe als auch hinsichtlich seiner Gestaltung hinter den häufigeren und deutlich größeren Schildern, die den Namen der Klägerin tragen. Zudem lässt sich allein aus der Nennung des Namens der T. B.V. die konkrete Art der Beteiligung im Rahmen der Arzneimittelabgabe nicht entnehmen. Insbesondere ist für den Kunden nicht erkennbar, dass die T. B.V. der "Transporteur" der Arzneimittel sein soll und quasi als "Logistikunternehmen" dem Kunden die Sachherrschaft an den Arzneimitteln verschaffen soll.

Es ist in den Räumlichkeiten auch kein sonstiges Warenangebot eines von der Klägerin deutlich abgrenzbaren Dritten - wie beispielsweise ein Drogeriemarkt - vorhanden. Damit ist nicht erkennbar, dass es sich bei den in H. vorhandenen Räumlichkeiten lediglich um eine Abholstation handeln soll. Hinweise auf die Versandhandelserlaubnis der Klägerin und auf die Tatsache, dass die Ausgabe der Medikamente im Rahmen der Versandhandelstätigkeit der Klägerin erfolgen soll, finden sich nur in geringer Anzahl. So lässt sich der von dem Kunden zu unterzeichnenden Einverständniserklärung nur entnehmen, dass die Nutzung des "...-Vertriebsweges mittels des Arzneimittelausgabeterminals" beantragt wird. Über der Einverständniserklärung heißt es lediglich "Versandapotheke ...". Am Automaten sowie im Rahmen der Bestellung findet sich kein für den Kunden erkennbarer Hinweis auf die Versandhandelserlaubnis der Klägerin bzw. die Tatsache, dass die Ausgabe der Medikamente im Rahmen ihrer Versandhandelstätigkeit erfolgen soll. Vielmehr ist die gesamte Videoberatung und Arzneimittelabgabe wie in einer Präsenzapotheke ausgestaltet. Wenn der Kunde das Beratungszimmer betritt, ist der "Videoberater" bereits zugeschaltet, um den Kunden zu begrüßen. Die sich daraufhin anschließende Unterhaltung mit dem "Videoberater" stellt ein apothekentypisches Beratungsgespräch dar. Der Kunde muss insbesondere nicht - wie es im Rahmen eines Versandhandelsgeschäfts üblich ist - die von ihm gewünschten Produkte selbst auswählen, in den Warenkorb legen und einen Kauf durch Klicken auf einen Button ausdrücklich bestätigen. Vielmehr kommt der Kaufvertrag bei der von der Klägerin angebotenen Arzneimittelabgabe ausschließlich mündlich über Bildschirm und Webcam zustande. Eine Ausschaltung der Videoberatung ist - nach Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung - weder vorgesehen noch möglich. Der Kunde kann insbesondere keine versandhandelstypische Bestellung abgeben, indem er ohne Beratung ein Arzneimittel über Fernkommunikationsmittel kauft.

Der Anschein einer Präsenzapotheke wird noch dadurch verstärkt, dass sich das Medikament, bevor der Kunde es bezahlt, bereits für den Kunden sichtbar hinter einer Glasscheibe befindet. Hieran angeschlossen findet sodann der Bezahlvorgang und die Ausgabe des Medikaments statt. Der für den Versandhandel typische Umstand, dass der Kaufvertrag geschlossen und das gekaufte Produkt bezahlt wird, bevor der Kunde das Produkt sehen kann, liegt bei der von der Klägerin angebotenen Arzneimittelabgabe gerade nicht vor. Hierdurch entsteht für den Kunden aufgrund der Möglichkeit, das Arzneimittel noch vor dem Bezahlen zu sehen, vielmehr der Eindruck, der Apotheker habe das Arzneimittel herausgesucht und es - wie in einer Apotheke - auf den Tresen gelegt. Der Eindruck einer Präsenzapotheke wird noch dadurch verstärkt, dass der "Videoberater" auch nach Abgabe des Arzneimittels über den Bildschirm zugeschaltet bleibt, um Fragen zu beantworten oder gegebenenfalls erneut eine Bestellung des Kunden entgegen zu nehmen. Nach Angabe der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist auch eine unmittelbare Rückgabe des Arzneimittels möglich, falls der Kunde sich nach der Ausgabe des Medikaments anders entscheidet.

Auch die sonstigen von der Klägerin im Rahmen der Arzneimittelabgabe angebotenen Leistungen, insbesondere Ernährungs- und Gewichtsberatung, stellen Serviceleistungen dar, die ein verständiger Kunde in einer Präsenzapotheke erwartet.

Die apothekentypischen Öffnungszeiten (Montag bis Freitag von 09.00 Uhr bis 12.30 Uhr und von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr und am Samstag von 09.00 Uhr bis 12.00 Uhr) erwecken ebenfalls den Anschein einer Präsenzapotheke.

Zuletzt wird der Anschein des Betriebs einer Präsenzapotheke auch dadurch erweckt, dass vom Kunden beim "Videoberater" bestellte Arzneimittel, die im Lager nicht vorrätig sind, ausschließlich in die Räumlichkeiten nach H. geliefert und dort von dem Kunden abgeholt werden können. Eine Lieferung nach Hause ist ebenso wenig möglich wie die Bestellung von Arzneimitteln von zuhause mit anschließender Lieferung in die Räumlichkeiten nach H. Der gesamte Abgabevorgang ist damit, wie bei einer Präsenzapotheke, zwingend an die Räumlichkeiten in H. gebunden.

Damit stellt die von der Klägerin angebotene Arzneimittelabgabe auch nach dem Sinn und Zweck des § 43 Abs. 1 AMG keinen Versand von Arzneimitteln dar.

2.1.1.5. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass ihre Arzneimittelabgabe unionsrechtskonform als Versandhandel auszulegen ist, da sie insofern rechtsmissbräuchlich in den Genuss des Unionsrechts gelangen möchte.

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichthofs gilt im Unionsrecht der allgemeine Grundsatz, dass man sich nicht betrügerisch oder missbräuchlich auf das Unionsrecht berufen kann (EuGH, Urteil vom 26.02.2019 - C-116/16 und C-117/16 -, juris, Rn. 70 m.w.N.). Dieser allgemeine Grundsatz ist zwingend. Die Anwendung der Unionsvorschriften kann nicht so weit reichen, dass Vorgänge geschützt werden, die zu dem Zweck durchgeführt werden, betrügerisch oder missbräuchlich in den Genuss von im Unionsrecht vorgesehenen Vorteilen zu gelangen (EuGH, Urteil vom 26.02.2019 - C-116/16 und C-117/16 -, juris, Rn. 71). Aus diesem Grundsatz folgt, dass ein Mitgliedstaat die Anwendung von Vorschriften des Unionsrechts verweigern muss, wenn diese nicht geltend gemacht werden, um die Ziele der Vorschriften zu verwirklichen, sondern um in den Genuss eines im Unionsrecht vorgesehenen Vorteils zu gelangen, obwohl die entsprechenden Voraussetzungen lediglich formal erfüllt sind (EuGH, Urteil vom 26.02.2019 - C-116/16 und C-117/16 -, juris, Rn. 72).

Die Feststellung eines Missbrauchs setzt zum einen eine Gesamtheit objektiver Umstände voraus, aus denen sich ergibt, dass trotz formaler Einhaltung der unionsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Regelung nicht erreicht wurde, zum anderen ein subjektives Element, nämlich die Absicht, sich einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden. Dies ist im Wege einer Analyse des gesamten Sachverhalts zu ermitteln. Für die Würdigung der Tatsachen des Ausgangsverfahrens ist allein das nationale Gericht zuständig (EuGH, Urteil vom 26.02.2019 - C-116/16 und C-117/16 -, juris, Rn. 97 ff.). Aus dem Zusammentreffen einer Reihe von Indizien kann, sofern diese objektiv und übereinstimmend sind, geschlossen werden, dass ein Missbrauch vorliegt. Den Beteiligten ist zudem die Möglichkeit zu geben, die festgestellten Indizien zu widerlegen (vgl. EuGH, Urteil vom 26.02.2019 - C-116/16 und C-117/16 -, juris, Rn. 99 und 114).

Nach diesem Maßstab stellt die vorliegend zu prüfende Arzneimittelabgabe der Klägerin unter Verweis auf ihre Versandhandelserlaubnis eine missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht dar. Die Klägerin will dem Kunden mit ihrer in H. angebotenen Arzneimittelabgabe unter Konstruktion eines Versandhandels alle Vorteile einer Präsenzapotheke, insbesondere die Möglichkeit der unmittelbaren Mitnahme von Arzneimitteln nach einer persönlichen Beratung, verschaffen, ohne die hierdurch entstehenden Nachteile tragen zu müssen, die mit einer deutschen Apothekenbetriebserlaubnis einhergehen.

Dies ergibt sich neben den unter 2.1.1.4. aufgeführten Tatsachen außerdem aus folgenden Indizien:

Die Beteiligung der T. B.V. an der Arzneimittelabgabe erscheint konstruiert. Die T. B.V. soll wie ein Transportunternehmen als Dritter tätig werden, indem die Arzneimittel auf dem in ihrem Eigentum stehenden Förderband zum Kunden "transportiert" werden. Die an der Arzneimittelabgabe in wesentlichen Faktoren beteiligte T. B.V. (Mieterin der Räumlichkeiten, Eigentümerin der Einrichtungsgegenstände und Arbeitgeberin des "Welcome Managers") tritt nach außen für den Kunden als "Transportunternehmen" zum einen nicht wesentlich in Erscheinung (s.o.), nimmt aber über ein bloßes Transportunternehmen hinaus "transportuntypische" Aufgaben wahr. Die T. B.V. bzw. ihre Mitarbeiter ("Welcome Manager") sind unter anderem verantwortlich für die ordnungsgemäße Einspeisung der Arzneimittel in das Lager und für die Begrüßung und Verabschiedung des Kunden. Die "Welcome Manager" stehen außerdem bei technischen Fragen zur Verfügung. Sämtliche Einrichtungsgegenstände stehen in im Eigentum der T. B.V.; sie ist auch Mieterin der Räumlichkeiten. Umso bemerkenswerter ist bei dieser Sachlage, dass die T. B.V. nach Angaben der Klägerin für ihre in H. erbrachten "Transportleistungen" bisher keine Vergütung erhalten haben will. Eine marktangemessene Vergütung ist nach Angaben der Klägerin lediglich "beabsichtigt". Dies erscheint insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass der Klägerin die Räumlichkeiten und die Einrichtungsgegenstände fast zwei Monate für ihre Arzneimittelabgabe zur Verfügung standen und die T. B.V. diverse Leistungen erbrachte, als nicht nachvollziehbar.

Insbesondere lässt aber die durch die Klägerin als "Versendung" bezeichnete Beförderung der Arzneimittel auf dem Förderband den Schluss zu, dass ein Versandhandel künstlich konstruiert wird. Die Arzneimittel werden durch einen Automaten aus dem Lager geholt und auf ein Förderband gelegt, das das Arzneimittel zum Kunden befördert. Nichts anderes geschieht in einer Präsenzapotheke, wenn der Apotheker das gewünschte Arzneimittel aus dem Lager anfordert. Allein aus dem Umstand, dass das Förderband nicht durch einen persönlich anwesenden Apotheker, sondern durch einen Pharmazeutisch-Technischen-Assistenten bzw. Apotheker über das Internet gesteuert wird, folgt aber nicht zwangsläufig, dass es sich um einen Versandhandel handelt. Vielmehr wird ein Versandhandel vorliegend künstlich erschaffen.

Aus der Gesamtheit der unter 2.1.1.4. und 2.1.1.5. aufgeführten Tatsachen und Indizien ist der Schluss zu ziehen, dass die Klägerin die Absicht hat, sich einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass sie einen Versandhandel künstlich konstruiert hat.

Die aufgeführten Tatsachen und Indizien beruhen auf eigenen Angaben der Klägerin sowie auf im Rahmen des durch die Kammer eingenommenen Augenscheins, bei der die Klägerin anwesend war, festgestellten Tatsachen. Mithin hatte die Klägerin auch die Gelegenheit, diese selbst vorgetragenen bzw. festgestellten Indizien zu widerlegen.

Damit kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, ihre Arzneimittelabgabe sei unionsrechtlich als Versandhandel auszulegen.

2.1.2. Die von der Klägerin angebotene Abgabe von Arzneimitteln, die der Pflicht zur Zulassung oder Genehmigung nach § 21a AMG unterliegen, verstößt darüber hinaus und zusätzlich gegen das Verbringungsverbot des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG.

Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder zur Registrierung unterliegen, in den Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes nur verbracht werden, wenn sie zum dortigen Verkehr zugelassen oder registriert oder von der Zulassung oder Registrierung freigestellt sind. Zusätzlich verlangt Nr. 1a dieser Bestimmung, dass das Arzneimittel im Falle des Versandes an den Endverbraucher zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt ist und von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum, welche für den Versandhandel nach ihrem nationalen Recht, soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, oder nach dem deutschen Apothekengesetz befugt ist, entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel versandt wird. Die Bestimmung verlangt also, dass die in der Europäischen Union ansässige ausländische Versandapotheke, wenn sie nicht nach deutschem Recht befugt ist, nach dem Recht ihres Heimatlandes zum Versandhandel befugt ist und dass dieses Recht dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht (BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 - 3 C 27.07 -, juris, Rn. 28).

Die in der EU ansässige Klägerin ist zwar als ausländische Versandapotheke nach dem Recht ihres Heimatlandes zum Versandhandel befugt (hierzu unter 2.1.2.1.). Die Verbringung der Arzneimittel in das Gebiet der Bundesrepublik stellt jedoch keinen Versand an den Endverbraucher dar (hierzu unter 2.1.2.2.). Außerdem findet die Verbringung nicht entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel statt (hierzu unter 2.1.2.3.).

2.1.2.1. Die Klägerin ist als ausländische Versandapotheke nach dem Recht ihres Heimatlandes, das dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, zum Versandhandel befugt.

Mit der Regelung des § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG sollen die tatsächlich bestehenden Sicherheitsstandards für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln auf einem dem deutschen Recht entsprechenden Niveau abgesichert werden. Für die zweite Alternative des § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG regelt § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG Näheres im Hinblick auf die mit dem deutschen Recht vergleichbaren Sicherheitsstandards in den EU-Mitgliedstaaten bzw. EWR-Vertragsstaaten zum Versandhandel. Mit der Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG wird das Bundesministerium für Gesundheit verpflichtet, in regelmäßigen Abständen eine aktualisierte Übersicht über die EU-Mitgliedstaaten bzw. EWR-Vertragsstaaten, in denen für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen, zu veröffentlichen. Die Regelung soll der Orientierung des Verbrauchers beim Bezug von Arzneimitteln aus EWR-Vertragsstaaten und somit dem Schutz der deutschen Verbraucher dienen. Der Veröffentlichungspflicht ist das Bundesministerium für Gesundheit zuletzt durch die Bekanntmachung vom 05.07.2011 nachgekommen. Dort werden vergleichbare Sicherheitsstandards für Island, die Niederlande (soweit Versandapotheken gleichzeitig eine Präsenzapotheke unterhalten), Schweden (nur für den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln), Tschechien (nur für den Versandhandel mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln) und das Vereinigte Königreich konstatiert (vgl. Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2. Auflage 2016, § 73 Rn. 24). Für die von § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG geforderte Entsprechung des ausländischen mit dem deutschen Recht kommt es auf die jeweiligen Sicherheitsstandards an. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG verlangt nicht, den Versandhandel wegen Unterschieden der ausländischen zur deutschen Rechtsordnung zu untersagen oder einer individuellen Überprüfung in einem deutschen Erlaubnisverfahren zu unterziehen, wenn ohne Weiteres ersichtlich ist, dass die betreffende ausländische Apotheke das zusätzliche deutsche Erfordernis erfüllt. Der Bekanntmachung kommt unabhängig von ihrer rechtlichen Qualifikation jedenfalls die Bedeutung einer gesetzlich vorgesehenen sachverständigen Feststellung zu, die auch für die Gerichte grundsätzlich so lange bindend ist, wie die ihr zugrundeliegende fachliche Einschätzung nicht substantiiert in Frage gestellt wird (BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 - 3 C 27.07 -, juris, Rn. 31).

Substantiierte Einwände gegen die Richtigkeit der in der Bekanntmachung getroffenen Einschätzung hat der Beklagte nicht vorgebracht. Zwar trug der Beklagte vor, die von der Klägerin angebotene Arzneimittelabgabe sei nach niederländischem Recht nicht von der Versandhandelserlaubnis der Klägerin umfasst. Dem ist die Klägerin jedoch mit dem Verweis auf den in den Niederlanden geltenden funktionalen Apothekenbegriff entgegengetreten. Der Beklagte hat sich hierzu im weiteren Verfahren nicht geäußert und in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts angegeben, es werde nicht bestritten, dass die Klägerin nach dem Recht ihres Heimatlandes, das dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, zum Versandhandel befugt ist. Damit ist das Gericht an die gesetzlich vorgesehene sachverständige Feststellung gebunden, wonach die niederländischen Vorschriften den deutschen entsprechen, da der Beklagte die ihr zugrundeliegende fachliche Einschätzung, insbesondere nach den Erläuterungen der Klägerin zum funktionalen Apothekenbegriff, nicht substantiiert in Frage gestellt hat.

2.1.2.2. Die von der Klägerin angebotene Arzneimittelabgabe verstößt gegen das Verbringungsverbot des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG, da die Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder Genehmigung unterliegen, nicht im Wege des Versandes an den Endverbraucher in das Bundesgebiet verbracht werden. Die von der Klägerin angebotene Arzneimittelabgabe stellt keinen "Versand an den Endverbraucher" dar, da im Zeitpunkt des Grenzübertritts ein Endverbraucher nicht objektiv feststeht. Es wird insofern auf die obigen Ausführungen unter 2.1.1.2. verwiesen.

2.1.2.3. Selbst wenn es sich bei der von der Klägerin angebotenen Arzneimittelabgabe um einen Versandhandel handeln sollte, findet die Verbringung der Arzneimittel jedenfalls nicht "entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel" statt. Die deutschen Vorschriften zum Versandhandel finden auch auf EU-Apotheken wie diejenigen der Klägerin Anwendung (hierzu unter 2.1.2.3.1.). Die Klägerin verstößt mit ihrer Arzneimittelabgabe gegen deutsche Vorschriften zum Versandhandel, da sie weder hinsichtlich verschreibungspflichtiger Arzneimittel die Dokumentationspflichten nach § 17 Abs. 5 Satz 4 und Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 ApBetrO (hierzu unter 2.1.2.3.2.) noch hinsichtlich aller von ihr abgegebenen Arzneimittel die Vorschriften über die Beschaffenheit der Apothekenbetriebsräume nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ApBetrO (hierzu unter 2.1.2.3.3.) einhält.

2.1.2.3.1. Die deutschen Vorschriften zum Versandhandel finden auch auf EU-Apotheken wie diejenigen der Klägerin Anwendung.

Bereits dem eindeutigen Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG, wonach das Arzneimittel entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel zu versenden ist, lässt sich entnehmen, dass die deutschen Vorschriften zum Versandhandel auch auf alle Apotheken eines Mitgliedstaates der Europäischen Union Anwendung finden. Die Formulierung bezieht sich sowohl auf inländische Apotheken und EU-Apotheken mit deutscher Versandhandelserlaubnis nach § 11a ApoG als auch - wie im Fall der Klägerin - auf EU-Apotheken ohne deutsche Versandhandelserlaubnis aber mit vergleichbaren Sicherheitsstandards im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG.

Auch Sinn und Zweck des § 73 Abs. 1 AMG lässt diesen Schluss zu. Mit der Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG sollen die tatsächlich bestehenden Sicherheitsstandards für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln auf einem dem deutschen Recht entsprechenden Niveau abgesichert werden (Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2. Auflage 2016, § 73 Rn. 14). Die Privilegierung des § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG führt aber nur dazu, dass EU-Apotheken, deren nationales Recht im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG dem des deutschen Rechts zum Versandhandel entspricht, dem in § 11a ApoG normierten präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt nicht unterliegen. Bei EU-Apotheken, deren nationales Recht dem des deutschen Rechts im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, soll damit nur das Erfordernis einer Erlaubnis nach § 11a ApoG entfallen. Die deutschen Vorschriften zum Versandhandel müssen aber auch ohne deutsche Versandhandelserlaubnis eingehalten werden. Auch mit der Nennung des Herkunftslandes auf der Länderliste ist die EU-Apotheke nicht von der Einhaltung der sonstigen apotheken- und arzneimittelrechtlichen Vorschriften befreit (Kieser; in: Kieser/Wesser/Saalfrank, Apothekengesetz, Loseblattsammlung 2015, § 11a Rn. 11 und 20; vgl. Feiden/Pabel, Arzneimittelgesetz, Loseblattsammlung, 133. Lieferung 2017, § 73 Rn. 10).

Welches die deutschen Vorschriften zum Versandhandel sind, ergibt sich aus § 11a ApoG. Nach § 11a Satz 1 Nr. 1 ApoG erfolgt der Versand aus einer öffentlichen Apotheke zusätzlich zu dem üblichen Apothekenbetrieb und nach den dafür geltenden Vorschriften, soweit für den Versandhandel keine gesonderten Vorschriften entstehen. Damit finden auf Apotheken, die Versandhandel betreiben, grundsätzliche sämtliche Vorschriften des Arzneimittelrechts, des Heilmittelwerberechts sowie des Apothekenrechts Anwendung (Feiden/Pabel, Arzneimittelgesetz, Loseblattsammlung, 133. Lieferung 2017, § 73 Rn. 19a). Hierunter fällt auch die Apothekenbetriebsordnung. Nach § 1 Abs. 1 ApBetrO findet die Verordnung Anwendung auf den Betrieb und die Einrichtung von öffentlichen Apotheken einschließlich der krankenhausversorgenden Apotheken, Zweig- und Notapotheken sowie von Krankenhausapotheken. Die ApBetrO bezieht sich damit zunächst (nur) auf solche Apothekentypen, die das Apothekengesetz kennt (Rixen, in: Rixen/Krämer, Apothekengesetz, 2014, ApBetrO, § 1 Rn. 1). Hieraus lässt sich aber nicht entnehmen, dass Apotheken der Europäischen Union nicht an die Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung gebunden sind. Vielmehr ist nur der Schluss zulässig, dass Apotheken der Europäischen Union nicht an den in § 1 Satz 1 ApBetrO normierten Versorgungsauftrag gebunden sind. Der Versorgungsauftrag betrifft nur die in Deutschland niedergelassenen "öffentlichen Apotheken". Er legt fest, wie die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten sicherzustellen ist. Die öffentliche Apotheke muss aus gesundheitspolitischen - nicht aus wirtschaftlichen - Gründen als Institution erhalten bleiben; es muss möglich sein, durch die Apothekenbetriebsordnung den Apotheker zu zwingen, Arzneimittel zu halten, die für ihn wirtschaftlich völlig uninteressant sind, um einen möglichen Bedarf umgehen zu decken (Feiden/Pabel, Arzneimittelgesetz, Loseblattsammlung 133. Lieferung 2017, § 43 Rn. 2 unter Hinweis auf die Verhandlungen des Gesundheitsausschusses des Bundestages zum AMG 1961, Protokoll Nr. 62, S. 7). Nur eine inländische, nicht aber eine ausländische Apotheke darf unter Berufung auf diesen Auftrag dazu gezwungen werden, die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen und in Deutschland Arzneimittel für den Endverbraucher abzugeben (Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, Loseblattsammlung Januar 2017, § 1 Rn. 53). Sobald die EU-Apotheke jedoch an dieser Versorgung teilnimmt, hat sie alle nationalen Bestimmungen einzuhalten, die für den Versand apothekenpflichtiger Arzneimittel gelten.

2.1.2.3.2. Die Arzneimittelabgabe der Klägerin verstößt hinsichtlich verschreibungspflichtiger Arzneimittel gegen die Dokumentationspflichten nach § 17 Abs. 5 Satz 4 und Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 ApBetrO.

Nach § 14 Abs. 5 Satz 4 ApBetrO i.V.m. § 12 Abs. 3 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) hat der abgebende Apotheker auf der Verschreibung das Abgabedatum und das Namenszeichen des Abgebenden dauerhaft zu vermerken. Das System der Klägerin kann dies nicht gewährleisten. Zum einen kann es anders als die gesetzliche Regelung Zuordnungsprobleme infolge einer erst nachträglichen Zusammenführung der zunächst anderweitig vermerkten Angaben mit der entsprechenden Verordnung nicht in gleicher Weise ausschließen. Zum anderen lässt das System selbst bei nachträglicher richtiger Zuordnung eine zeitliche Lücke entstehen, während der ein Arzneimittel in den Verkehr gegeben ist, ohne dass eine entsprechende Verschreibung, die von dem abgebenden Apotheker vor der Abgabe des Arzneimittels abgezeichnet wurde, zugrunde liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 - 3 C 30.09 -, juris, Rn. 16). Unerheblich ist, dass - wie die Klägerin vorträgt - im Falle einer erforderlichen Änderung der Verschreibung das Arzneimittel von dem "Videoberater" gar nicht an den Kunden abgegeben wird. Denn auch wenn eine Änderung der Verschreibung medizinisch nicht erforderlich ist, ist eine nach § 14 Abs. 5 Satz 4 ApBetrO i.V.m. § 12 Abs. 3 BtMVV erforderliche Abzeichnung der Verschreibung vor der Abgabe des verschreibungspflichtigen Arzneimittels durch das in H. aufgestellte Terminal nicht möglich. Die Abzeichnung der Verschreibung erfolgt vielmehr nach Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erst, nachdem das Rezept in den Niederlanden eingetroffen ist. Außerdem zeichnen nach ihren Angaben nicht stets der jeweils ausgebende Apotheker bzw. Pharmazeutisch-Technische-Assistent, sondern ein anderer bei der Klägerin beschäftigter Apotheker die Verschreibung ab.

Die Dokumentationspflichten nach § 17 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 ApBetrO werden durch die Klägerin bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln durch das Terminal ebenfalls nicht eingehalten. Hiernach müssen jeder Verschreibung das Namenszeichen des Apothekers, des Apothekerassistenten, des Pharmazieingenieurs oder des Apothekenassistenten, der das Arzneimittel abgegeben, oder des Apothekers, der die Abgabe beaufsichtigt hat, hinzugefügt werden. Damit ist ein handschriftliches Zeichen im Sinne eines Abzeichnens gemeint und nicht lediglich ein aufgedruckter oder gestempelter Namenszug. Das folgt zum einen aus § 17 Abs. 6 Satz 2 ApBetrO, der in Bezug auf § 17 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 ApBetrO das Delegieren des "Abzeichnens" der Verschreibung regelt. Der Verordnungsgeber hat diese Ausnahmeregelung gerade deshalb geschaffen, um dem Apothekenleiter ein kurzzeitiges Verlassen der Apotheke zu ermöglichen. Es folgt ferner aus dem Umstand, dass an die Stelle des Handzeichens im Falle einer elektronischen Verschreibung die digitale Signatur tritt (§ 17 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 ApBetrO), die gemäß § 126a BGB die Unterschrift ersetzt. Auch dieser Regelung hätte es nicht bedurft, wenn das Handzeichen keine Eigenhändigkeit verlangte (BVerwG, Urteil vom 24.06.2010 - 3 C 30.09 -, juris, Rn. 18).

Dem wird das System der Klägerin nicht gerecht. Das Abzeichnen der Verschreibung erfolgt nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht zwingend durch denjenigen, der das Arzneimittel abgegeben hat.

2.1.2.3.3. Die von der Klägerin angebotene Arzneimittelausgabe verstößt zusätzlich - einen Versandhandel unterstellt - gegen § 4 Abs. 4 Satz 2 ApBetrO.

Hiernach müssen die Räume, die den Versandhandel einschließlich des elektronischen Handels mit Arzneimitteln sowie die dazugehörige Beratung und Information betreffen, in angemessener Nähe zu den übrigen Betriebsräumen liegen. Sinn und Zweck der Regelung ist es, dass der Apothekenbetrieb auch hinsichtlich des Versandhandels ordnungsgemäß durchgeführt wird und durch den verantwortlichen Apotheker überwacht werden kann. Die Räume, die den Versandhandel betreffen, müssen jedenfalls innerhalb derselben Gemeinde wie die Betriebsräume der Apotheke liegen (vgl. Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, Loseblattsammlung Januar 2017, § 4 Rn. 174).

Zwischen den Niederlanden und H. liegt keine "angemessene Nähe" im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 2 ApBetrO. Die Betriebsräume der Klägerin liegen in den Niederlanden, während die Räume in H., die den Versandhandel betreffen, da dort die von der Klägerin angebotenen Arzneimittel gelagert und an den Kunden abgegeben werden, von den Betriebsräumen mehr als 370 km entfernt liegen.

2.1.3. Die Untersagung der von der Klägerin angebotenen Arzneimittelabgabe ist verfassungskonform.

Es kann dahinstehen, ob die Untersagungsverfügung einen Eingriff in die Grundrechte der Klägerin als niederländische Aktiengesellschaft in ihr Recht auf freie Berufsausübung gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 26 Abs. 2, Art. 18 AEUV darstellt (vgl. zum Grundrechtsschutz juristischer Personen mit Sitz in der Europäischen Union: BVerfG, Beschluss vom 19.07.2011 - 1 BvR 1916/09 -, juris).

Der Eingriff ist jedenfalls gerechtfertigt. Die Abgabe von Arzneimitteln wird durch das sogenannte Apothekenmonopol grundsätzlich dem "Apotheker in der Apotheke" vorbehalten. Diese Apothekenpflichtigkeit ist nicht zuletzt dadurch gerechtfertigt, dass von dem, der Arzneimittel abgibt, auch bei industriell hergestellten Spezialitäten eine besondere Fachkunde gefordert wird (BVerfG, Beschluss vom 07.01-1959 - 1 BvR 100/57 -, juris, Rn. 26 und Urteil vom 13.02.1964 - 1 BvL 17/61 -, juris, Rn. 49). Die Apotheke soll unter der Leitung des unabhängigen, eigenverantwortlichen Apothekers stehen; ein Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG ist aufgrund dieses der Volksgesundheit dienenden Grundsatzes gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Urteil vom 13.02.1964 - 1 BvL 17/61 -, juris, Rn. 55). Dies gilt auch für den Versandhandel, bei dem die Abgabe von Arzneimittel ebenfalls durch einen Apotheker, nur nicht in einer Apotheke zu erfolgen hat.

Ein Versand von Arzneimitteln liegt hier unter Bezugnahme auf die obigen Ausführungen nicht vor. Hieran ändert auch der von der Klägerin vorgetragene Hinweis auf den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.11.2018 (- 1 BvR 442/18 -, juris) nichts. Nach dieser Entscheidung spricht für eine Auslegung des § 11a ApoG im Lichte der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG bzw. im Fall der Klägerin Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 26 Abs. 2, Art. 18 AEUV) viel dafür, dass eine Versandhandelserlaubnis die Sammlung von Rezepten und die Auslieferung bestellter Arzneimittel im Wege der Botenzustellung umfasst. Die von der Klägerin angebotene Arzneimittelausgabe stellt kein Sammeln von Rezepten und Ausliefern bestellter Arzneimittel im Wege der Botenzustellung dar.

2.1.4. Die Untersagung der von der Klägerin angebotenen Arzneimittelabgabe ist unionsrechtskonform. Insbesondere ist sie mit dem Grundsatz des freien Warenverkehrs vereinbar.

Die wegen Verstoßes gegen § 43 Abs. 1 AMG und § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG ausgesprochene Untersagung der Arzneimittelabgabe stellt einen Eingriff in den freien Warenverkehr im Sinne des Art. 34 AEUV dar (hierzu unter 2.1.4.1.). Dieser Eingriff ist nach Art. 36 AEUV aufgrund des in § 43 Abs. 1 AMG normierten unionsrechtskonformen Apothekenmonopols gerechtfertigt, da die Klägerin Arzneimittel weder in einer Apotheke noch im Wege des Versandes abgibt und damit gegen das unionsrechtskonforme nationale Fremdbesitzverbot verstößt (hierzu unter 2.1.4.2.). Hinsichtlich verschreibungspflichtiger Arzneimittel ist der Eingriff außerdem aufgrund des Erfordernis, die Echtheit der ärztlichen Verschreibungen wirksam und verantwortlich nachprüfen zu können und die Aushändigung des Arzneimittels an den Kunden selbst oder an eine von ihm mit dessen Abholung beauftragte Person zu gewährleisten, nach Art. 36 AEUV gerechtfertigt (hierzu unter 2.1.4.3.).

2.1.4.1. Nach Art. 34 AEUV sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Jede Regelung, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern, ist als eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung anzusehen und damit nach Art. 34 AEUV verboten (EuGH, Urteil vom 11.07.1974 - C-8/74 -, juris). Selbst wenn eine Regelung nicht bezweckt, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu regeln, bleibt ausschlaggebend, wie sie sich tatsächlich oder potenziell auf den innergemeinschaftlichen Handel auswirkt (EuGH, Urteil vom 20.02.1979 - C-120/78 -, juris). Handelsregelungen können, auch wenn sie nicht die Merkmale der Waren selbst, sondern die Modalitäten von deren Verkauf betreffen, doch Maßnahmen gleicher Wirkung im Sinne von Art. 34 AEUV sein, wenn sie zwei Voraussetzungen nicht genügen. So müssen diese Regelungen erstens für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sie müssen zweitens den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berühren (EuGH, Urteil vom 24.11.1993 - C-267/91 -, juris).

Das Verbot der von der Klägerin angebotenen Arzneimittelabgabe stellt eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne des Art. 34 AEUV dar. Es handelt sich zwar um eine Handelsregelung, die für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gilt, da das in § 43 Abs. 1 AMG i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG normierte Verbot, wonach Arzneimittel ausschließlich von einer Apotheke in der Apotheke oder im Wege des Versandhandels in den Verkehr gebracht werden dürfen, für alle betroffenen inländischen oder ausländischen Wirtschaftsteilnehmer gelten. Wegen der Besonderheiten des deutschen Marktes, dass ausländische Apotheken in Deutschland keine Apothekenerlaubnis erhalten und nur über den Versandhandel Zugang zum deutschen Markt erhalten, berühren § 43 AMG i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG die Abgabe von Arzneimitteln durch inländische Apotheken und die Abgabe von Arzneimitteln aus Apotheken anderer Mitgliedstaaten nicht in gleicher Weise (vgl. EuGH, Urteil vom 19.10.2016 - C-148/15 -, juris, Rn. 25).

2.1.4.2. Der durch § 43 Abs. 1 AMG i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG entstehende Eingriff in Art. 34 AEUV ist im Sinne des Art. 36 AEUV gerechtfertigt.

Nach Art. 36 AEUV steht die Bestimmungen des Art. 34 AEUV Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.

Da der Verkauf von Arzneimitteln an den Endverbraucher bisher nicht Gegenstand einer vollständigen gemeinschaftlichen Harmonisierung ist, bleibt Art. 36 AEUV im Bereich der Herstellung und Vermarktung von Arzneimitteln so lange anwendbar, wie die Harmonisierung der nationalen Vorschriften in diesem Bereich nicht vollständig durchgeführt ist. Unter den in Art. 36 AEUV geschützten Gütern und Interessen nehmen die Gesundheit und das Leben von Menschen den ersten Rang ein. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, in den durch den Vertrag gesetzten Grenzen zu bestimmen, auf welchem Niveau sie deren Schutz gewährleisten wollen und insbesondere wie streng die durchzuführenden Kontrollen sein sollen. Jedoch ist eine nationale Regelung oder Praxis, die eine die Einfuhren pharmazeutischer Erzeugnisse beschränkende Wirkung hat oder haben kann, mit dem Vertrag nur vereinbar, soweit sie für einen wirksamen Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen notwendig ist (EuGH, Urteil vom 11.12.2003 - C-322/01 -, juris). Da sich dieses Niveau von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden kann, ist den Mitgliedstaaten ein Wertungsspielraum zuzuerkennen. Insbesondere kann das Erfordernis, die regelmäßige Versorgung des Landes für wichtige medizinische Zwecke sicherzustellen, eine Behinderung des innergemeinschaftlichen Handelsverkehrs im Rahmen von Art. 36 AEUV rechtfertigen, da dieses Ziel unter den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen fällt. Das Ziel der Gewährleistung einer flächendeckenden sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung fällt grundsätzlich unter Art. 36 AEUV, doch lässt sich eine Regelung, die eine durch den Vertrag gewährleistete Grundfreiheit wie den freien Warenverkehr beschränken kann, nur dann mit Erfolg rechtfertigen, wenn sie geeignet ist, die Verwirklichung des verfolgten legitimen Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-531/06 -, juris, Rn. 36 und Urteil vom 19.10.2016 - C-148/15 -, juris, Rn. 34). Aus Art. 168 Abs. 7 AEUV und dem 26. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36 geht hervor, dass das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit und insbesondere für den Erlass von Vorschriften zur Organisation von Diensten im Gesundheitswesen wie der öffentlichen Apotheken unberührt lässt. Jedoch müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Zuständigkeit das Gemeinschaftsrecht und insbesondere die Bestimmungen des Vertrags über die Verkehrsfreiheiten beachten. Diese Bestimmungen untersagen es den Mitgliedstaaten, ungerechtfertigte Beschränkungen der Ausübung dieser Freiheiten im Bereich der Gesundheitsversorgung einzuführen oder beizubehalten (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 und C-172/07 -, juris, Rn. 18).

Nach diesen Maßstäben ist der aufgrund der Verbotsnormen der § 43 Abs. 1 AMG i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG stattfindende Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit gerechtfertigt. Die Klägerin betreibt in H. mit ihrer Arzneimittelabgabe eine Präsenzapotheke, ohne Inhaberin einer Apothekenbetriebserlaubnis zu sein und ohne dass die Abgabe der Arzneimittel von ihrer Versandhandelserlaubnis umfasst ist (s.o.). Art. 34 und Art. 36 AEUV stehen dem in § 43 Abs. 1 AMG i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG normierten Grundsatz, wonach Arzneimittel nur in einer Apotheke oder von einer Apotheke im Wege des Versandes abgegeben werden dürfen (Apothekenmonopol), nicht entgegen. Personen wie der Klägerin, die über keine Apothekenbetriebserlaubnis verfügen, darf der Besitz und der Betrieb einer Apotheke inklusive der Abgabe von Arzneimitteln zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen verwehrt werden (vgl. EuGH, Urteile vom 19.05.2009 - C-531/06, C-171/07, C-172/07, C-171/07 und C-172/07 -, alle juris).

Das erkennende Gericht folgt insofern dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.05.2009 - C-171/07 und C-172/07 -, wonach Vorschriften wie § 43 Abs. 1 AMG, die allein Apothekern das Recht vorbehalten, eine Apotheke zu betreiben, einen gerechtfertigten Eingriff in die Grundfreiheiten darstellen. Von dem unionsrechtskonformen Grundsatz, dass Besitz und Betrieb einer Apotheke nur durch Apotheker zulässig sind, ist der Europäische Gerichtshof bisher nicht abgerückt. Damit ist eine Vorlage an den Europäische Gerichtshof im Sinne des Art. 267 Abs. 3 AEUV - wie von der Klägerin angeregt - nicht erforderlich. Das in § 43 Abs. 1 AMG normierte Verbot, wonach der Besitz und der Betrieb einer Apotheke nur durch Apotheker zulässig ist, und der hierdurch entstehende Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit, lassen sich mit dem Ziel rechtfertigen, eine sichere und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 und C-172/07 -, juris, Rn. 28).

Die Regel des Ausschlusses von Nichtapothekern ist zur Erreichung des im Sinne des Art. 36 AEUV gerechtfertigten Ziels, eine sichere und qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und somit den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung sicherzustellen, geeignet. Der Mitgliedstaat muss, wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne warten zu müssen, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Außerdem kann der Mitgliedstaat diejenigen Maßnahmen treffen, die eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung, wozu im Einzelnen eine Gefahr für die sichere und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gehört, weitest möglich verringern (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 und C-172/07 -, juris, Rn. 30). In diesem Zusammenhang kommt dem Charakter der Arzneimittel besondere Bedeutung zu, deren therapeutische Wirkungen sich substanziell von den übrigen Waren unterscheiden. Aufgrund dieser therapeutischen Wirkungen können Arzneimittel, wenn sie ohne Not oder falsch eingenommen werden, der Gesundheit schweren Schaden zufügen, ohne dass der Patient sich dessen bei ihrer Verabreichung bewusst sein kann. Eine übermäßige Einnahme oder falsche Verwendung von Arzneimitteln führt außerdem zu einer Verschwendung finanzieller Mittel, die umso schädlicher ist, als der Pharmabereich erhebliche Kosten verursacht und wachsenden Bedürfnissen entsprechen muss, während die finanziellen Mittel, die für die Gesundheitspflege bereitgestellt werden können, unabhängig von der Art und Weise der Finanzierung nicht unbegrenzt sind. Zwischen diesen finanziellen Mitteln und den Gewinnen von auf dem Pharmasektor tätigen Wirtschaftsteilnehmern besteht zudem eine unmittelbare Beziehung, denn die Verschreibung von Arzneimitteln wird von den betreffenden Krankenversicherungsträgern erstattet (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 und C-172/07 -, juris, Rn. 32 f.).

In Anbetracht dieser Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und das finanzielle Gleichgewicht der Sozialversicherungssysteme können die Mitgliedstaaten die mit dem Einzelhandelsvertrieb der Arzneimittel betrauten Personen, u. a. was die Modalitäten ihrer Vermarktung und das Gewinnstreben anbelangt, strengen Anforderungen unterwerfen. Insbesondere können sie den Verkauf von Arzneimitteln im Einzelhandel grundsätzlich Apothekern vorbehalten wegen der Garantien, die diese bieten müssen, und der Informationen, die sie den Verbrauchern geben können müssen. Da die Mitgliedstaaten befugt sind, über das Niveau des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung zu entscheiden, können sie verlangen, dass die Arzneimittel von Apothekern vertrieben werden, die über tatsächliche berufliche Unabhängigkeit verfügen. Sie können auch Maßnahmen treffen, die geeignet sind, eine Gefahr der Beeinträchtigung dieser Unabhängigkeit zu beseitigen oder zu verringern, da eine derartige Beeinträchtigung geeignet wäre, sich auf das Niveau der Sicherheit und der Qualität der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung auszuwirken (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 und C-172/07 -, juris, Rn. 34 f.). Zwar verfolgt auch der Betreiber, der Apotheker ist, ebenso wie andere Personen das Ziel, Gewinne zu erwirtschaften. Als Berufsapotheker ist bei ihm aber davon auszugehen, dass er die Apotheke nicht nur aus rein wirtschaftlichen Zwecken betreibt, sondern auch unter einem beruflich-fachlichen Blickwinkel. Sein privates Interesse an Gewinnerzielung wird somit durch seine Ausbildung, seine berufliche Erfahrung und die ihm obliegende Verantwortung gezügelt, da ein etwaiger Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder berufsrechtliche Regeln nicht nur den Wert seiner Investition, sondern auch seine eigene berufliche Existenz erschüttert. Nichtapotheker unterscheiden sich von Apothekern dadurch, dass sie definitionsgemäß keine derjenigen der Apotheker entsprechende Ausbildung, Erfahrung und Verantwortung haben. Demnach ist festzustellen, dass sie nicht die gleichen Garantien wie Apotheker bieten. Folglich kann ein Mitgliedstaat im Rahmen seines Wertungsspielraums der Ansicht sein, dass der Betrieb einer Apotheke durch einen Nichtapotheker im Unterschied zu einer von einem Apotheker betriebenen Apotheke eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung, insbesondere für die Sicherheit und Qualität des Einzelhandelsvertriebs der Arzneimittel, darstellen kann, weil das Gewinnstreben im Rahmen eines derartigen Betriebs nicht mit mäßigenden Faktoren, wie seine Ausbildung, seine berufliche Erfahrung und die ihm obliegende Verantwortung, einhergeht, die die Tätigkeit der Apotheker kennzeichnen (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 und C-172/07 -, juris, Rn. 37 ff.).

Der Mitgliedstaat kann im Rahmen des dargestellten Wertungsspielraums beurteilen, ob eine derartige Gefahr bei Herstellern und Großhändlern pharmazeutischer Produkte deshalb vorliegt, weil sie die Unabhängigkeit der angestellten Apotheker dadurch beeinträchtigen könnten, dass sie diese zu einer Förderung derjenigen Arzneimittel anhalten, die sie selbst herstellen oder vertreiben. Er darf außerdem beurteilen, ob die Gefahr besteht, dass Betreiber, die keine Apotheker sind, die Unabhängigkeit der angestellten Apotheker dadurch beeinträchtigen, dass sie diese dazu anhalten, Arzneimittel zu verkaufen, deren Bevorratung nicht mehr einträglich ist, oder dass diese Betreiber Betriebskostenkürzungen vornehmen, die geeignet wären, die Modalitäten des Einzelhandelsvertriebs der Arzneimittel zu beeinträchtigen (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 und C-172/07 -, juris, Rn. 39 f.).

Diesen Wertungsspielraum hat der deutsche Gesetzgeber mit dem in § 43 Abs. 1 AMG normierten Apothekenmonopol nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19.05.2009 - C-171/07 und C-172/07 - unionsrechtskonform ausgeschöpft.

Hierbei wird die Regel des Ausschlusses von Nichtapothekern durch den deutschen Gesetzgeber in kohärenter Weise verfolgt (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 und C-172/07 -, juris, Rn. 41 ff.).

Die Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit aufgrund des Apothekenmonopols geht auch nicht über dasjenige hinaus, was zur Erreichung des genannten Ziels erforderlich ist. Es gibt keine die von Art. 34 AEUV garantierte Freiheit weniger beschränkenden Maßnahmen, die es erlauben würden, dieses Ziel ebenso wirksam zu erreichen. Der genannte Zweck lässt sich insbesondere nicht durch weniger beschränkende Maßnahmen wie die Verpflichtung zur Anwesenheit eines Apothekers in der Apotheke, zum Abschluss einer Versicherung oder ein System angemessener Kontrollen und wirksamer Maßregeln erreichen. Im Hinblick auf den den Mitgliedstaaten überlassenen Wertungsspielraum kann ein Mitgliedstaat der Ansicht sein, dass die Gefahr besteht, dass in der Praxis gegen die Rechtsvorschriften zur Sicherstellung der beruflichen Unabhängigkeit der Apotheker verstoßen wird, weil das Interesse eines Nichtapothekers an der Erzielung von Gewinnen nicht entsprechend dem der selbständigen Apotheker gemäßigt würde und die Unterstellung von Apothekern als Angestellte unter einen Betreiber es für sie schwierig machen könnte, sich den von diesem Betreiber erteilten Anweisungen zu widersetzen. Die Gefahren für die Unabhängigkeit des Apothekerberufs lassen sich auch nicht ebenso wirksam dadurch ausräumen, dass eine Pflicht zum Abschluss einer Versicherung wie der zivilen Haftpflichtversicherung auferlegt wird. Eine solche Maßnahme würde zwar dem Patienten erlauben, für einen etwa erlittenen Schaden einen finanziellen Ausgleich zu erhalten, doch würde sie im Nachhinein greifen und wäre weniger wirksam als die genannte Regel, da sie in keiner Weise den betreffenden Betreiber davon abhalten würde, auf die angestellten Apotheker Einfluss auszuüben. In Anbetracht des besonderen Charakters der Arzneimittel und ihres Marktes, die sich als für die Gesundheit sehr schädlich erweisen können, wenn sie ohne Not oder falsch eingenommen werden, und der Verschwendung öffentlicher Finanzmittel im Falle eines medizinisch nicht gerechtfertigten Verkaufs von Arzneimitteln, ist der Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit gerechtfertigt (EuGH, Urteil vom 19.05.2009 - C-171/07 und C-172/07 -, juris, Rn. 54 ff.).

Eine nach den Maßstäben des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 19.10.2016 - C-148/15 - besondere Darlegungspflicht des Mitgliedstaates ist damit hier - da der EuGH das in § 43 Abs. 1 AMG normierte deutsche Fremdbesitzerverbot und Apothekenmonopol bereits im Jahr 2009 für unionsrechtskonform erklärt hat - nicht geboten. Darüber hinaus hat der Europäische Gerichtshof das in § 43 Abs. 1 AMG festgeschriebene Fremdbesitzverbot und die Differenzierung zwischen der Abgabe von Arzneimitteln in einer Apotheke und von einer Apotheke im Wege des Versandes auch in seiner Entscheidung im Jahr 2016 - C-148/15 - nicht in Frage gestellt, sondern ausdrücklich anerkannt, das deutsche Apothekenmonopol erneut als unionsrechtskonform bestätigt und lediglich dessen Auswirkungen auf den freien Warenverkehr möglichst weitgehend zu minimieren versucht.

2.1.4.3. Der Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit ist hinsichtlich verschreibungspflichtiger Arzneimittel zusätzlich aufgrund des Erfordernis, die Echtheit der ärztlichen Verschreibungen wirksam und verantwortlich nachprüfen zu können und die Aushändigung des Arzneimittels an den Kunden selbst oder an eine von ihm mit dessen Abholung beauftragte Person zu gewährleisten, gerechtfertigt.

Das erkennende Gericht folgt insofern der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 11.12.2003 - C-322/01 - (juris), wonach ein nationales Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln einen gerechtfertigten Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit darstellen kann.

Hinsichtlich verschreibungspflichtiger Arzneimittel erfordert die öffentliche Versorgung eine strengere Kontrolle als hinsichtlich nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel. Diese lässt sich mit den größeren Gefahren, die von diesen Arzneimitteln ausgehen können, rechtfertigen (vgl. Art. 71 Abs. 1 RL 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel). Angesichts der Gefahren, die mit der Verwendung verschreibungspflichtiger Arzneimittel verbunden sein können, kann das Erfordernis, die Echtheit der ärztlichen Verschreibungen wirksam und verantwortlich nachprüfen zu können und die Aushändigung des Arzneimittels an den Kunden selbst oder an eine von ihm mit dessen Abholung beauftragte Person zu gewährleisten, insofern ein Verbot des Versandhandels rechtfertigen. Die Zulassung einer Ausgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel erst nach Erhalt der Verschreibung und ohne weitere Kontrolle könnte das Risiko erhöhen, dass ärztliche Verschreibungen missbräuchlich oder fehlerhaft verwendet werden (EuGH, Urteil vom 11.12.2003 - C-322/01 -, juris, Rn. 124).

Da ein nationales Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unionsrechtskonform wäre, ist das gegenüber der Klägerin ausgesprochene Verbot, wonach das nicht im Wege des Versandes stattfindende Inverkehrbringen verschreibungspflichtiger Arzneimittel untersagt wird, erst Recht unionsrechtskonform.

2.2. Die Nr. 3 und 4 des Bescheids sind in der Folge ebenfalls rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Androhung des Zwangsgeldes in Höhe von 20.000 EUR beruht auf § 20 Abs. 1 Satz 1 LVwVG. Eine Fristsetzung war nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 LVwVG entbehrlich.

Die Festsetzung der Verwaltungsgebühr in Höhe von 500 EUR beruht auf § 1, § 4 Abs. 2, Abs. 5, § 12 Abs. 4 LGebG i.V.m. der Gebührenverordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales und Nr. 13.7. des Gebührenverzeichnisses des Sozialministeriums.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss:
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 100.000 EUR festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, Anh § 164) unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Jahresgewinns einer Apotheke. Im Jahr 2017 betrug der durchschnittliche Gewinn einer Apotheke vor Steuern 144.000 EUR (vgl. Die Apotheke Zahlen Daten Fakten 2018, S. 59). Die Kammer hat vom Durchschnittsgewinn einer Apotheke Abschläge von etwa einem Drittel vorgenommen, da die Arzneimittelabgabe der Klägerin vorliegend in einer besonderen Form erfolgt.

Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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