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Landgericht München Urteil vom 15.01.2009 - 12 O 13709/08 - Zur Einbeziehung von AGB anderer beteiligter Geschäftspartner in einen Reisevertrag

LG München v. 15.01.2009: Zur Einbeziehung von AGB anderer beteiligter Geschäftspartner in einen Reisevertrag


Das Landgericht München I (Urteil vom 15.01.2009 - 12 O 13709/08) hat entschieden:

   Ordnet eine Klausel in den AGB eines Reisevermittlers die Geltung auch der AGB der eigentlichen Reiseveranstalter an, dann sind diese dadurch nicht ordnungsgemäß in den Vertrag einbezogen. Denn nach § 305 Abs. 2 BGB muss für die Einbeziehung die Möglichkeit geschaffen sein, in zumutbarer Weise vom Inhalt der einbezogenen AGB Kenntnis zu nehmen. Dass bloße Angebot, die AGB zu übersenden reicht nicht aus.

Siehe auch
Reiseveranstalter - Reisevermittler - Ferienwohnungen - Ferienhäuser - Hotelbuchungen
und
Allgemeine Geschäftsbedingungen - AGB

Zum Sachverhalt:


Die Parteien stritten um die Wirksamkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.

Die Beklagte und deren Tochter- und Schwestergesellschaften boten die Vermittlung von Reiseleistungen an. Die Beklagte unterhielt eine Internetseite unter www. … für die sie nach § 5 TMG die Verantwortung übernommen hat.

Auf dieser Internetseite sind unter einem entsprechendem Link die von der Klägerin angegriffenen AGB vorgehalten.

Unter Ziffer I der AGB lauteten die AGB ursprünglich dort wie folgt, wobei die Beklagte dies bis zur mündlichen Verhandlung, soweit die … genannt ist dies … geändert hatte:

   Für die Vermittlung von Reisen durch die … gelten die nachfolgenden Bedingungen. Sie regeln das Rechtsverhältnis zwischen dem Anmeldenden und der …. Es wird eine entgeltliche Geschäftsbesorgung gemäß § 675 BGB vereinbart. Zwischen dem Anmeldenden und dem jeweiligen Leistungsträger (insbesondere Fluggesellschaften, Reiseveranstalter etc.)ist die … ausschließlich als Vermittler tätig und handelt in Auftrag und für Rechnung des jeweiligen Leistungsträgers.

Sodann fanden sich unter anderem noch folgende weitere AGB auf der Seite:

   Für die Beförderungs- und Reiseverträge mit dem jeweiligen Leistungsträger gelten die Tarif-, Beförderungs- und Teilnahmebedingungen der an der Reise beteiligten Leistungsträger, die Ihnen auf Wunsch zur Verfügung gestellt werden.

Die Anmeldung erfolgt durch den Anmelder auch für alle in der Anmeldung mit aufgeführten Teilnehmer, für deren Verpflichtung der Anmelder wie für seine eigenen Verpflichtungen einsteht.

Schließlich waren auch noch Bestimmungen über den Reisepreis, den Rücktritt und die Haftung des Veranstalters enthalten.

In den angegriffenen AGB ist bis auf Ziffer I immer die … als Vermittler -und Vertragspartner genannt, in den als … abrufbaren AGB ist die … nicht genannt.

Bei Buchung einer Reise war ein Buchungsformular auszufüllen, bei dessen Ausfüllung jeweils die Kenntnisnahme der AGB der einzelnen Veranstalter mittels Mausklick zu bestätigen war. Zudem konnten im Buchungsformular die einzelnen AGB der jeweiligen Veranstalter aufgerufen werden.

Der Kläger war der Ansicht, dass die Beklagte Verwenderin der AGB sei, da sie die Verantwortliche der Internetseite sei und als solche auftrete, zudem sei sie in den angegriffenen AGB auch als Vertragspartnerin genannt. Schließlich sei auch dem Verbraucher in keiner Weise deutlich gemacht, dass etwa nur die GmbH, nicht aber die AG, sein Vertragspartner sei und wer ihm die Reise tatsächlich vermittle. Die Beklagte könne sich daher nicht darauf berufen, dass tatsächlich die GmbH der Vertragspartner sei und sie selbst daher die AGB nicht verwende.

Der Kläger war weiterhin der Ansicht, dass die angegriffenen AGB unwirksam seien, da sie nicht mit den Vorschriften des AGB-Rechts vereinbar seien. Ziffer I der AGB beziehe unzulässig weitere AGB ein und verstoße gegen § 307 i.V.m. § 305 BGB.



Mit der gewählten Formulierung werde der Eindruck erweckt, die AGB der jeweiligen Veranstalter würden einbezogen und Vertragsbestandteil, die Klausel umgehe damit die Vorrausetzungen des § 305 BGB. Dass die AGB im Buchungsvorgang zur Kenntnis genommen werden könnten, sei unbeachtlich, da dieser nicht Teil der AGB sei. Die Klausel sei intransparent.

Schließlich beanstandete der Kläger noch weitere Klauseln im Einzelnen.

Der Kläger hat hinsichtlich der von ihm beanstandeten Klauseln Unterlassung und weiterhin Verurteilung zur Zahlung der außergerichtlichen Abmahnkosten beantragt.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie war der Auffassung, dass sie nicht passivlegitimiert sei. Die AGB-Regelungen seien nämlich nur im Verhältnis der Vertragspartner untereinander einschlägig, die Beklagte sei jedoch nicht der Vertragspartner, der die Reisevermittlungen, die über die Internetseite … abgeschlossen würden, vermittele. Vertragspartner sei vielmehr die … was sich auch eindeutig aus den AGB ergebe. Bei der einmaligen Nennung der Beklagten in den AGB handle es sich um ein Redaktionsversehen, was auch daran zu ersehen sei, dass sie in den als PDF-Datei herunterladbaren AGB eben gerade nicht genannt sei.

Dass sie nach § 5 TMG als Verantwortliche der Internetseite benannt sei, begründe nicht ihre Passivlegitimation.

Zudem ergebe sich aus dem Buchungsvorgang, dass die Zahlung an die … zu leisten sei, so dass klar sei, wer der Vertragspartner sei.

Die Beklagte war der Ansicht, dass darüber hinaus die angegriffenen Klauseln auch wirksam seien.

Die Beklagte war ferner der Ansicht, dass sie zum Ersatz der Abmahnkosten nicht verpflichtet sei, da sie die falsche Beklagte sei.

Die Klage hatte Erfolg.





Aus den Entscheidungsgründen:


Die zulässige Klage ist begründet.

I.

1. Die Beklagte ist passivlegitimiert.

a) Die Beklagte ist Verwenderin der AGB nach § 1 UKlaG, der im Gegensatz zu § 305 Abs. 1 BGB nicht die konkrete Verwendung in einem Vertragsverhältnis durch den einen Vertragspartner voraussetzt, sondern es genügen lässt, dass die AGB im rechtsgeschäftlichen Verkehr verwendet werden (Palandt, § 1 UklaG Rdn. 7). Eine solche Verwendung liegt hier auch vor. Denn die Klägerin tritt nach außen hin mit der Internetseite … im allgemeinen Rechtsverkehr auf und hält auf dieser Seite die AGB vor. Das Vorhalten einer Internetseite mit Angeboten an mögliche Kunden ist ein Auftritt im Rechtsverkehr. Wenn dabei AGB ebenfalls vorgehalten werden, stellt dies eine Verwendung dieser AGB dar. Dass, wie die Beklagte vorträgt, sie die Internetseite nur für die … vorhält, quasi als Dienstleister, könnte einer Verwendung im Sinne des § 1 UKlaG nur dann entgegenstehen, wenn dieses Verhältnis sich eindeutig aus der Seite selbst ergäbe. Wird im Rechtsverkehr nicht kenntlich gemacht, dass nicht eigene Erklärungen abgegeben werden, sondern Erklärungen für einen Dritten, so kommt es nicht darauf an, dass man tatsächlich keine eigenen Erklärungen abgeben wollte (Rechtsgedanke des § 164 Abs. II BGB). So liegt der Fall auch hier. Einzig in den AGB, die auf der Seite vorgehalten werden, ergibt sich ansatzweise, dass nicht die Beklagte sondern die … Angebote zur Reisevermittlung machen will. Selbst hier tritt jedoch nicht eindeutig hervor, dass die Beklagte mit dieser Vermittlung und damit auch mit den AGB nichts zu tun haben soll, sondern nur für einen Dritten sozusagen logistische Unterstützung leistet, da sie in den AGB genannt war. Selbst wenn die Nennung der Beklagten in den AGB ein Redaktionsversehen gewesen sein sollte, führt dies jedoch in jedem Fall dazu, dass die behauptete Funktion der Beklagten als bloßer Dienstleister für die … nicht eindeutig hervortritt. Dann aber kann sie sich nicht darauf berufen, sie führe bloß die technische Abwicklung und Vorhaltung der Internetseite durch und habe mit dem Inhalt nichts zu tun und sei für diesen im Rechtsverkehr nicht verantwortlich.

Insoweit kommt es dementsprechend nicht darauf an, ob die Beklagte die Internetseite und die AGB nun für sich selbst oder die … erstellt und vorgehalten hat, sondern sie ist vorliegend in jedem Fall Verwenderin im Sinne des UKlaG und damit passiv legitimiert.




b) Darüber hinaus ist die Beklagte auch als Verwenderin der AGB im Sinne des § 305 BGB anzusehen.

Geht man vom Vortrag der Beklagten aus, vermittelt nicht sie, sondern vielmehr die … tatsächlich die Reisen. Insoweit wäre die Beklagte nicht Verwenderin im Sinne des § 305 Abs. I BGB, da dieser voraussetzt, dass der Verwender die AGB bei Vertragsschluß diese AGB der anderen Partei stellt. Solange die Beklagte nicht die Reisen vermittelt, nimmt sie nicht am Vertragsschluß teil und kann nicht Verwenderin sein.

Anders ist dies jedoch dann, wenn bei Vertragsschluß der Vertragspartner des Kunden unbekannt oder nicht eindeutig identifizierbar ist und verborgen bleibt, das derjenige, der nach außen hin auftritt, nicht derjenige ist der den eigentlichen Vertrag schließt. Die Beklagte tritt als Verantwortliche der Internetseite auf. Weder aus der Seite selbst noch aus dem aufrufbaren Buchungsformular ergibt sich, dass nicht die Beklagte sondern die … diejenige ist, mit der der Vertrag geschlossen wird. Soweit im Buchungsformular die GmbH als Zahlungsempfängerin (Genauer: „Ihre Kreditkarte wird sofort nach Bestellabgabe mit folgendem Text belastet werden: … genannt wird, reicht dies nicht aus, um eindeutig festzustellen, dass die GmbH auch der Vertragspartner ist, da es durchaus üblich ist, dass Dritte zur Abwicklung der Zahlungen eingeschaltet werden. Darüber hinaus ist auch auf der Ursprungsseite, die bei Aufruf der Internetadresse … angezeigt wird, nirgendwo die genaue Bezeichnung des Vertragspartners zu finden, es wird allgemein auf … Bezug genommen. Über die in der Fußzeile der Internetseite angezeigten Links gelangt man zu weiteren Seiten, zum Beispiel dem TÜV Zertifikat, aus dem nur die Beklagte, nicht aber die … hervorgeht und genannt wird. Einzig auf der Seite Unternehmensprofil ist auch die … genannt, dies jedoch gleichberechtigt neben der Beklagten, wobei für alle die Reisevermittlung als Geschäftszweck genannt wird. Bei dieser Sachlage ist daher nicht nur davon auszugehen dass der eigentliche Vertragspartner im unklaren bleibt vielmehr entsteht sogar der positive Eindruck, da die AG Vertragspartner ist.

Eine Bestimmung der GmbH als Vertragspartei durch die - erst in den Vertrag einzubeziehenden AGB entfaltet insoweit eine Wirkung, da die Bestimmung des eigentlichen Vertragspartners eben gerade nicht durch AGB erfolgen kann.



Insgesamt ergibt sich damit aus der Internetseite der Anschein, dass die als Verantwortliche genannte Beklagte auch diejenige ist, die der Vertragspartner sein soll. Durch die Aufmachung der Seite, die Nichtnennung des eigentlichen Vertragspartners und die Benennung der Beklagte als Verantwortliche der Seite und die Benennung der Beklagten in den weiterführenden Links hat diese zumindest den Rechtsschein gesetzt, dass sie die Reisevermittlung durchführe und Vertragspartner werde. Dieser Rechtsschein erstreckt sich dabei auch auf die AGB. Denn die auf der Seite vorgehaltenen AGB sollen in den Vertrag einbezogen werden, der geschlossen werden kann. Besteht dabei ein Rechtsschein, dass die Beklagte Vertragspartner ist, hat dies zur Folge, dass auch ein Rechtsschein besteht, dass sie die AGB verwende und einbeziehen will. Dem steht auch nicht entgegen, dass die AGB überwiegend die … bezeichnen. Denn zumindest in einem Punkt, und zwar einem entscheidenden, ist dort auch die Beklagte genannt, als Vermittlern der Reisen. Da dies auch zu ihrem Geschäftsfeld gehört, wie sich über verschiedene Links in Erfahrung bringen lässt, wird dadurch, dass die Beklagte nur einmal auftaucht auch der bereits gesetzte Rechtsschein nicht so erschüttert, dass er in sich zusammenfiele.

c) Insgesamt kann sich die Beklagte daher nicht darauf berufen, nicht sie, sondern die … sei die eigentliche Verwenderin der AGB und sie selbst daher nicht die richtige Beklagte, da sie sich an dem von ihr selbst gesetzten Rechtsschein, der sie als Verwenderin im Sinne des § 305 BGB darstellt und ihrer Eigenschaft als Verwenderin im Sinne des § 1 UKlaG, durch Auftreten im Rechtsverkehr, festhalten lassen muss.

2. Die mit Klageantrag Ziffer I a, Ziffer I der AGB angegriffenen Klausel ist unwirksam da sie gegen § 305 i.V.m. § 307 BGB verstößt.

a) Die Klausel ordnet die Geltung der AGB der Veranstalter an, ohne das diese ordnungsgemäß selbst einbezogen würden. Denn nach § 305 Abs. 2 BGB muss für die Einbeziehung die Möglichkeit geschaffen sein, in zumutbarer Weise vom Inhalt der einbezogenen AGB Kenntnis zu nehmen. Dass bloße Angebot, die AGB zu übersenden reicht nicht aus. Ein Link, der die AGB in zumutbarer Weise abrufbar machen würde, ist in der Klausel selbst nicht enthalten. Dass diese weiteren AGB beim Buchungsvorgang dann zur Kenntnis genommen werden können bzw. müssen und dort abrufbar sind, steht dem nicht entgegen. Denn auf den Buchungsvorgang kommt es nicht an. Dieser ist nicht Teil der AGB. Er ist weder in diese eingebettet noch sonst einbezogen, sondern steht für sich und ist auch jederzeit abänderbar, so dass eben nicht feststeht, dass die Klausel in Verbindung mit dem Buchungsvorgang die weiteren AGB der Veranstalter in ausreichender Weise einbeziehen wird. Die AGB sind grundsätzlich abstrakt zu prüfen.



b) Die Klausel erweckt für den Verbraucher zudem den Eindruck, die AGB der Veranstalter würden durch diese Klausel ordnungsgemäß Vertragsbestandteil und er sei an sie gebunden. Zudem erweckt die Formulierung, die AGB wurden auf Wunsch übersandt, den Eindruck, damit würden die Verpflichtungen aus § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfüllt. Damit weicht die Klausel vom Grundgedanken des § 305 BGB zum Nachteil des Kunden ab. c) Der Kunde wird unangemessen benachteiligt, da er durch die Klausel davon abgehalten werden kann, ihm zustehende Rechte geltend zu machen, die er im Fall der Nichteinbeziehung der AGB der Veranstalter hat, da er aufgrund der Klausel davon ausgeht, dass er an die AGB der Veranstalter gebunden ist. Dem Kunden werden damit wesentliche Rechte aus dem Vertrag genommen. Selbst wenn durch den Buchungsvorgang gegebenenfalls - was nicht zu prüfen ist - die AGB des jeweiligen Veranstalters tatsächlich einbezogen würden und zwar wirksam, würde die Klausel hierdurch nicht wirksam, da es für die Beurteilung der Wirksamkeit der Klausel eben gerade nicht darauf ankommt, ob das Ergebnis, dass durch die Klausel unzulässig erreicht werden soll, auf anderem Weg zulässig erreicht wird. d) Die Klausel ist zudem unklar und intransparent, da dem Kunden unklar bleibt, welche konkreten AGB welcher Veranstalter eingezogen werden sollen. Der Kunde kann in keiner weise erkennen, auf welche AGB die Beklagte Bezug nimmt und welchen Inhalt diese haben. (folgen Ausführungen zur Unwirksamkeit der übrigen Klauseln ...)

8. Dementsprechend war der Klage vollumfänglich stattzugeben. ...

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