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BGH v. 03.11.2008: Die Wahl der Kurzbezeichnung "Dr. L. & Associates" für ein Anwaltsbüro ist unzulässig, wenn die dazugehörenden Gesellscchaften für Unternehmens- und Steuerberatung jeweils nur Dr. L. als alleinigen Gesellschafter haben, weil dadurch beim rechtssuchenden Publikum der Eindruck hervorgerufen wird, dass es sich um eine auf Dauer angelegte Zusammenarbeit mindestens zweier entsprechender Berufsträger handele.
Der BGH (Urteil vom 03.11.2008 - AnwSt (R) 10/08) hat entschieden:
Die Wahl der Kurzbezeichnung "Dr. L. & Associates" für ein Anwaltsbüro ist unzulässig, wenn die dazugehörenden Gesellscchaften für Unternehmens- und Steuerberatung jeweils nur Dr. L. als alleinigen Gesellschafter haben, weil dadurch beim rechtssuchenden Publikum der Eindruck hervorgerufen wird, dass es sich um eine auf Dauer angelegte Zusammenarbeit mindestens zweier entsprechender Berufsträger handele.
Gründe:
I.
Nach den Feststellungen betreibt der betroffene Rechtsanwalt in M. eine Einzelkanzlei. Er ist ausschließlich beratend tätig. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der Beratung von Unternehmen in den Bereichen Kauf, Verkauf und Restrukturierung. Hierbei stellt er für jeden Einzelfall seiner Beratungstätigkeit ein Team aus erfahrenen Spezialisten zusammen, die sodann gemeinsam das konkrete Einzelmandat durchführen. Seit mindestens August 2004 verwendet der Betroffene für seine Schriftsätze, mit denen er als Rechtsanwalt auch gegenüber Dritten nach außen in Erscheinung tritt, folgenden Briefkopf:
Dr. L. & Associates Dr. A. L. Rechtsanwalt und Steuerberater Fachanwalt für Steuerrecht
Associates: Dr. L. & Associates Unternehmensberatungs GmbH Dr. L. & Partner Steuerberatungs GmbH, bzw. Steuerberatungsgesellschaft mbH.
Mit an die Rechtsanwaltskammer M. gerichtetem Schreiben vom 26.11.2004 hat der Betroffene erklärt, zwischen ihm als Rechtsanwalt und der Dr. L. & Associates Unternehmensberatungs GmbH bestehe weder ein Gesellschafts- oder sonstiges Sozietätsverhältnis noch eine Bürogemeinschaft.
II.
Das Anwaltsgericht für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer M. hat die Gestaltung des Briefkopfs als Verletzung anwaltlicher Pflichten (§ 113 Abs. 1 BRAO, § 6 BORA i.V. mit §§ 9, 10 BORA gewertet und gegen den Betroffenen die anwaltsgerichtliche Maßnahme der Warnung (§ 114 Abs. 1 Nr. 1 BRAO) ausgesprochen. Der Bayerische Anwaltsgerichtshof hat das Urteil auf die Berufung des Betroffenen aufgehoben und diesen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die - vom Anwaltsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene - Revision der Generalstaatsanwaltschaft. Die Revision rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg; es führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Verwerfung der Berufung gegen die Entscheidung des Anwaltsgerichts.
III.
1. Der Anwaltsgerichtshof hat eine Irreführung des Verkehrs durch die gewählte Kurzbezeichnung "Dr. L. & Associates" verneint und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Der Begriff "Associates" habe in erster Linie die Bedeutung "Gesellschafter, Partner, Sozius, Kollege", umfasse aber auch weitere, nicht so häufig gebrauchte Bedeutungen und entziehe sich letztlich einer einengenden Übersetzung. Stellenanzeigen international ausgerichteter Kanzleien sei zu entnehmen, dass bei Anwälten zwischen Berufsanfängern, "Associates" und Partnern unterschieden werde. Auch bei einer Zusammenarbeit selbständiger Unternehmen könne das Verb "to associate" verwendet werden. Bei der Beurteilung sei darauf abzustellen, welcher Personenkreis mit der verfahrensgegenständlichen Kurzbezeichnung angesprochen werden solle. Der Begriff "Associate" sei daher eher als Kooperation i.S. von § 8 BORA zu verstehen. Da der Betroffene zumindest fallweise mit den auf dem Briefkopf bezeichneten Gesellschaften, der Dr. L. & Associates Unternehmensberatungs GmbH und der Dr. L. & Partner Steuerberatungs GmbH, zusammenarbeite, mithin eine auf Dauer angelegte und durch tatsächliche Ausübung verfestigte Kooperation mit diesen vorliege, dürfe hierauf auch werbend hingewiesen werden.
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Die Wahl der Kurzbezeichnung einer Anwaltskanzlei stellt ebenso wie die Gestaltung und Verwendung des Briefkopfs oder -bogens ein werbendes Verhalten dar, das darauf abzielt, den Verkehr für die Inanspruchnahme von Leistungen dieser Kanzlei zu gewinnen (vgl. BGH, NJW 1997, 3236; Senat, NJW 2001, 1573; NJW 2003, 346). Nach § 43b BRAO ist dem Rechtsanwalt Werbung (nur) erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Die Bestimmung wird inhaltlich teilweise konkretisiert durch §§ 6 ff. BORA. Gemäß § 6 Abs. 1 BORA darf der Rechtsanwalt über seine Dienstleistung und seine Person informieren, soweit die Angaben sachlich unterrichten und berufsbezogen sind. Hieraus ergibt sich ein Verbot irreführender Werbung (Senat , Beschl. v. 23. 9. 2002 - AnwZ (B) 67/01; NJW 2003, 346).
b) Es bedarf hier keiner abschließenden Beurteilung, ob die beanstandete Kurzbezeichnung - wofür Vieles spricht - bereits deshalb irreführend ist, weil ein nicht nur unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs den englischen Begriff "associate" als Hinweis auf ein in Wahrheit nicht bestehendes Gesellschafts-, Partnerschafts- oder Sozietätsverhältnis mit den so Bezeichneten versteht (vgl. Senat , Beschl. v. 18. 4. 2005 - AnwZ (B) 35/04, NJW 2005, 1770). Als irreführend erweist sich der beanstandete Briefkopf nämlich auch dann, wenn man das vom Berufungsgericht in Betracht gezogene weitere Verständnis des Begriffs "associate" zugrunde legt. Denn der durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame Rechtsuchende wird den Angaben des beanstandeten Briefkopfs jedenfalls entnehmen, dass der Betroffene - wofür im Übrigen auch eine Werbung nach § 8 Satz 1 BORA allein zulässig wäre - sich mit anderen Berufsträgern zu einer auf Dauer angelegten beruflichen Zusammenarbeit zusammengeschlossen hat. An einem dieser Verkehrserwartung entsprechenden Zusammenschluss mehrerer Berufsträger fehlt es im vorliegenden Fall. Im Einzelnen:
Wie der Betroffene in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals klargestellt hat, ist er alleiniger Gesellschafter sowohl der Dr. L. & Associates Unternehmensberatungs GmbH als auch der Dr. L. & Partner Steuerberatungs GmbH. Der durch den Briefkopf hervorgerufene Eindruck einer auf Dauer angelegten interprofessionellen Zusammenarbeit mit zumindest jeweils einem weiteren Angehörigen aus dem Bereich der Steuer- und Unternehmensberatung entspricht mithin nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Entgegen der durch die firmenähnliche Kurzbezeichnung "Dr. L. & Associates" hervorgerufenen Verkehrserwartung profitiert der Mandant gerade nicht vom Sachverstand mehrerer, dauerhaft mit der Kanzlei kooperierender Berufsträger. Der Verkehr kann auch nicht erkennen, dass der Betroffene alleiniger Inhaber der genannten Gesellschaften ist, denn diese firmieren ihrerseits mit den Zusätzen "& Associates" bzw. "& Partner". Damit wird der Verkehr durch die gewählte Kurzbezeichnung irregeführt.
Die vorgenannten Gesellschaften verfügen auch nicht über ständige feste weitere Mitarbeiter, die in die Beratungstätigkeit eingebunden werden. Vielmehr wechselt - mandatsspezifisch - jeweils die Zusammensetzung der Mitarbeiter und Beratungsunternehmen ständig. Damit fehlt es bezogen auf die Mitarbeiter der Gesellschaften an dem Merkmal einer auf Dauer angelegen und durch tatsächliche Ausübung verfestigten beruflichen Zusammenarbeit. Mit Blick hierauf hat der Betroffene in seiner Berufungsbegründungsschrift vom 2. Oktober 2006 selbst die Auffassung vertreten, dass auch der Begriff "in Kooperation" einer solchen Konstellation nicht gerecht würde, sondern seinerseits als irreführender Hinweis zu werten wäre. Nichts anderes gilt aber für die vom Betroffenen gewählte Kurzbezeichnung, denn auch dadurch wird beim Verkehr - wie dargelegt - der Eindruck einer auf Dauer angelegten beruflichen Zusammenarbeit mit zumindest einem Berufsträger geweckt, der dem Berufsbild des Steuer- oder Unternehmensberaters entspricht. Da eine solche dauerhafte Zusammenarbeit mit anderen Berufsträgern nach eigener Darstellung des Betroffenen nicht vorliegt, ist die beanstandete Werbung nach § 8 Satz 1 BORA unzulässig und geeignet, das rechtsuchende Publikum irrezuführen.
Aus denselben Gründen hilft auch der Hinweis des Betroffenen auf ein "Netzwerk" von nicht auf dem Briefkopf aufgeführten Spezialisten, die er mandatsspezifisch hinzuziehe, nicht weiter. Auch mit diesen Dritten arbeitet der Betroffene nach eigener Darstellung nur im Einzelfall zusammen, sodass die Voraussetzungen einer Kooperation nach § 8 BORA nicht erfüllt sind.
c) Da der beanstandete Briefbogen sich mithin schon nach § 43b BRAO i.V. mit § 8 BORA als irreführend erweist, kommt es auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob § 9 BORA einer verfassungskonformen Auslegung im Hinblick auf Kooperationsverhältnisse mit nicht sozietätsfähigen Personen zugänglich ist, nicht an.
3. Nach allem kann das angegriffene Urteil keinen Bestand haben. Dies führt zur Aufhebung des Urteils und Verwerfung der Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Anwaltsgerichts für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer M. vom 30. August 2006, welches sich als richtig darstellt. Der Senat konnte in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO in der Sache selbst entscheiden und die Berufung des Rechtsanwalts als unbegründet verwerfen. Bei der vom Anwaltsgericht festgesetzten Maßnahme der Warnung (§ 114 Abs. 1 Nr. 1 BRAO) handelt es sich um die gesetzlich niedrigste Ahndung; einer Verschärfung steht das Verschlechterungsverbot entgegen, da der Rechtsanwalt alleiniger Berufungsführer war (§ 143 Abs. 3 BRAO i.V.m. § 331 StPO).
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