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OLG Oldenburg v. 08.05.2009: Ein Erfahrungssatz dahingehend, dass ein bloßer
auch wiederholter - Nutzer einer Tauschbörse wisse oder doch damit rechne, dass er die von ihm heruntergeladenen Dateien schon durch seinen Download anderen Nutzern zur Verfügung stelle, existiert nicht. Der Name des Eingangs-Ordners "incoming" spricht jedenfalls dagegen und lässt ohne weiteres gerade nicht vermuten, dass hier auch "Ausgangs"Dateien gespeichert werden. Das Erfordernis eines gesonderten Ausgangs-Ordners ist auch deswegen naheliegend, weil andernfalls immer nur schon heruntergeladene Dateien zum Tauschen zur Verfügung ständen.
Das OLG Oldenburg (Beschluss vom 08.05.2009 - 1 Ss 46/09) hat entschieden:
Ein Erfahrungssatz dahingehend, dass ein bloßer - auch wiederholter - Nutzer einer Tauschbörse wisse oder doch damit rechne, dass er die von ihm heruntergeladenen Dateien schon durch seinen Download anderen Nutzern zur Verfügung stelle, existiert nicht. Der Name des Eingangs-Ordners "incoming" spricht jedenfalls dagegen und lässt ohne weiteres gerade nicht vermuten, dass hier auch "Ausgangs"Dateien gespeichert werden. Das Erfordernis eines gesonderten Ausgangs-Ordners ist auch deswegen naheliegend, weil andernfalls immer nur schon heruntergeladene Dateien zum Tauschen zur Verfügung ständen.
Entscheidungsgründe:
"Das Amtsgericht Jever hat den Angeklagten mit Urteil vom 30.10.2007 wegen Verbreitung gewaltpornographischer Schriften zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 25.00 € verurteilt.
Gegen dieses Urteil haben der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, wobei das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft auf das Strafmaß beschränkt wurde.
Mit Urteil vom 12.08.2008 hat das Landgericht Oldenburg die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte wegen Zugänglichmachung gewaltpornographischer Schriften verurteilt wird. Die Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht in dem genannten Urteil verworfen.
Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Angeklagte Revision eingelegt, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
Die zulässige Revision hat mit der Sachrüge den sich aus dem Tenor ergebenden Erfolg.
Die Feststellungen des Landgerichts rechtfertigen nicht die Verurteilung des Angeklagten wegen Zugänglichmachung gewaltpornographischer Schriften (§ 184 a Nr. 2 StGB). Die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils zum Vorsatz des Angeklagten ist rechtsfehlerhaft. Zwar obliegt die Beweiswürdigung allein dem Tatgericht. Dessen Überzeugung, die es sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung gebildet hat, ist für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend. Dies gilt auch dann, wenn eine andere Würdigung des Beweisergebnisses möglich gewesen wäre. Jedoch hat das Revisionsgericht die Beweiswürdigung des Tatrichters auf Rechtsfehler zu überprüfen. Ein solcher ist etwa dann zu bejahen, wenn die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesichertes Erfahrungswissen verstößt, oder sich so sehr von einer tragfähigen Tatsachengrundlage löst, dass sich die vom Tatrichter gezogene Schlussfolgerung letztlich lediglich als bloße Vermutung erweist, die nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermag (BGH R StPO, § 261, Vermutung 7, 8, 11). So liegt der Fall hier.
Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass die von ihm heruntergeladenen und im Ordner (incoming) "gespeicherten Daten" sofort auch anderen Nutzern der Tauschbörse zur Verfügung standen. Er sei vielmehr davon ausgegangen, dass man Dateien in einem gesonderten Ordner ausdrücklich freigeben müsse, um sie anderen Nutzern der Tauschbörse zugänglich zu machen.
Das Landgericht hat die Überzeugung, der Angeklagte habe als Nutzer einer Tauschbörse gewusst, dass bei Nutzung des Programms auch von dem eigenen PC Daten zur Verfügung gestellt werden oder dieses zumindest in Kauf genommen, damit begründet, dass derjenige, der wie der Angeklagte aktiv an Tauschbörsen teilnehme, auch Kenntnis darüber habe, wie das Programm funktioniere und worauf der Unterschied zu anderen Anbietern beruhe. Hinzu komme, dass ähnliche Dateien sich in nicht frei zugänglichen Ordnern auf dem PC des Angeklagten befunden hätten. Wenn sich der Angeklagte der Funktion der Tauschbörse nicht bewusst gewesen wäre, hätte er diese anderen Dateien nicht in andere Ordner zu verschieben brauchen.
Die Ausführungen des Landgerichts sind nicht geeignet, die Einlassung des Angeklagten zu widerlegen. Ein Erfahrungssatz dahingehend, dass ein bloßer
auch wiederholter - Nutzer einer Tauschbörse wisse oder doch damit rechne, dass er die von ihm heruntergeladenen Dateien schon durch seinen Download anderen Nutzern zur Verfügung stelle, existiert nicht. Der Name des Eingangs-Ordners "incoming" spricht jedenfalls dagegen und lässt ohne weiteres gerade nicht vermuten, dass hier auch "Ausgangs"Dateien gespeichert werden. Das Erfordernis eines gesonderten Ausgangs-Ordners ist auch deswegen naheliegend, weil andernfalls immer nur schon heruntergeladene Dateien zum Tauschen zur Verfügung ständen.
Der zum Beweis des Vorsatzes des Angeklagten vom Landgericht ferner ausgeführte Umstand, dass sich in ähnlichen Dateien nicht frei zugänglichen Ordnern auf dem PC des Angeklagten befanden, ist irrelevant, denn das Verschieben von heruntergeladenen Dateien in andere Ordner kann aus vielerlei Gründen erfolgen, etwa um sie in ein eigenes Dateiordnungssystem einzufügen.
Da das Urteil bereits aufgrund der Sachrüge aufzuheben ist, bedarf es keines Eingehens auf die ebenfalls erhobene Verfahrensrüge.
Soweit das Landgericht hinsichtlich der auf dem PC des Angeklagten vorgefundenen Videodatei ein Beweisverwertungsverbot verneint hat, merkt der Senat an, dass die Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht zu beanstanden sind. Insoweit war auch zu berücksichtigen, dass der Verteidiger des Angeklagten, wie sich aus dem Vermerk des KHK … vom 06.04.2006 ergibt, mit der Spiegelung der PC-Daten und der voraussichtlichen Rückgabe des PC am 10.04.2006 einverstanden erklärt hat und darüber hinaus angegeben hat, dass in diesem Fall keine förmliche Entscheidung des Gerichts über die Spiegelung erforderlich sei."
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