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Verpackungen
- Wettbewerbsverstöße
OLG Frankfurt am Main v. 21.10.2008: Für einen verständigen Durchschnittsverbraucher ist bei sog. Weichfertigpackungen nicht entscheidend, ob er den tatsächlichen Füllzustand ermitteln kann, sondern eine Täuschung liegt nicht vor, wenn er durch Betasten und Schütteln leicht feststellen kann, dass die Füllmenge geringer ist als der Verpackungsinhalt, weil die Verpackung in erheblichem Umfang mit Luft gefüllt ist.
Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.10.2008 - 14 U 240/07) hat entschieden:
Für einen verständigen Durchschnittsverbraucher ist bei sog. Weichfertigpackungen nicht entscheidend, ob er den tatsächlichen Füllzustand ermitteln kann, sondern eine Täuschung liegt nicht vor, wenn er durch Betasten und Schütteln leicht feststellen kann, dass die Füllmenge geringer ist als der Verpackungsinhalt, weil die Verpackung in erheblichem Umfang mit Luft gefüllt ist.
Zum Sachverhalt: Die Klägerin nahm die Beklagte auf Unterlassung des Vertriebs von angeblich irreführenden Packungen von Gewürzmischungen, sogenannten Mogelpackungen, in Anspruch.
Die Klägerin ist ein eingetragener Verein zur Wahrnehmung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen, das u.a. Weichfertigpackungen mit getrockneten Gewürzkräutern und Gewürzsalzen vertreibt. Die Packungen wiesen jeweils die gleiche Größe auf und ihre Aufmachung unterschied sich nur durch die jeweils auf der Rückseite der Packung aufgedruckte Mengenangabe in Gramm. Die Packungen waren undurchsichtig und hatten ein kleines Sichtfenster auf der Vorderseite der Packungen, durch das der Verbraucher den Wareninhalt sehen konnte. Die Packungen vermittelten einen prallen Eindruck, da in ihnen auch Luft eingeschlossen ist.
Der Kläger ist der Auffassung, bei den Weichfertigpackungen handele es sich um sogenannte Mogelpackungen, da die in den Packungen eingeschlossene Luft beim Verbraucher den Eindruck erwecke, die Packungen seien prall mit Gewürzmischungen oder Gewürzsalzen gefüllt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Die Klage sei weder nach den Vorschriften des UWG noch nach den Vorschriften des Eichgesetzes (§ 7 Abs. 2 EichG) begründet, weil alle Tatbestände eine Täuschung des Verbrauchers voraussetzten. Eine solche Täuschung des Verbrauchers könne aber nicht festgestellt werden, weil gerichtsbekanntermaßen Verbraucher Gewürzmischungen und Gewürzsalze nicht nach der Verpackungsaufmachung, sondern nach den aufgedruckten Mengenangaben in Gramm kauften. Die Mengenangabe auf den Packungen sei aber korrekt. Die Beklagte habe die Füllmenge in den Packungen gegenüber früher auch nicht reduziert. Eine Täuschung des Verbrauchers sei daher nicht gegeben.
Hiergegen richtete sich die Berufung der Klägerin.
Die Klägerin meinte, das Landgericht habe sich nur ungenügend mit den Voraussetzungen der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 7 Abs. 2 EichG auseinandergesetzt. § 7 Abs. 2 EichG sei erfüllt, weil die Packungen durch den Lufteinschluss einen prall gefüllten Zustand vortäuschten, während in Wirklichkeit in den Packungen Freiräume von mehr als 30 % vorhanden seien. Damit sei zugleich durch die Aufmachung der Packung eine Irreführung der Verbraucher nach §§ 3, 5 UWG gegeben. Das Landgericht hätte deshalb den Vertrieb der Packungen in dieser konkreten Gestaltung untersagen müssen. Die Gewichtsangabe auf der Rückseite der Packungen schließe eine Täuschung der Verbraucher nicht aus, da der Verbraucher auch vom optischen Eindruck her, also mit dem Auge, kaufe.
Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz u.a. beantragt,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu vollstrecken an den gesetzlichen Vertreter der Beklagten für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Würzmitteln gefüllte, im unbefüllten Teil undurchsichtige Fertigpackungen in den Verkehr zu bringen, die durch Einschluss von Luft in Weichpackungen ohne deutliche Kennzeichen, als in ihnen enthalten ist, soweit der Freiraum der jeweiligen Fertigpackungen einen Umfang von 30 % überschreitet.
Die Beklagte verteidigte das angefochtene Urteil und sieht eine Täuschung des Verbrauchers als nicht gegeben.
Die Berufung blieb erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
"... Die an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
A. Die Unterlassungsklage ist weder aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 7 Abs. 2 EichG, noch aus §§ 3, 5 UWG oder einem sonstigen rechtlichen Gesichtspunkt begründet.
1. Die Beklagte verstößt mit der von ihr vertriebenen Gewürzpackungen nicht gegen § 7 Abs. 2 EichG oder eine sonstige Vorschrift des UWG. Nach § 7 Abs. 2 EichG müssen Packungen so gestaltet und befüllt sein, dass sie keine größere Füllmenge vortäuschen, als in ihnen enthalten ist. § 7 Abs. 2 EichG ist dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer den Markt im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG zu regeln, denn es handelt sich lediglich um eine nähere Gestaltung des § 5 UWG (so BGH NJW 1982, 236, 237 zum inhaltsgleichen § 17 a EichG a.F. und § 3 UWG a.F.). Ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 EichG stellt zugleich ein wettbewerbswidriges Verhalten im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG und eine irreführende Werbung im Sinne der §§ 3, 5 UWG dar. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung erfüllen die von der Beklagten vertriebenen Gewürzpackungen nicht die Tatbestandsmerkmale des § 7 Abs. 2 EichG. In § 7 Abs. 2 EichG kommt zum Ausdruck, dass nur eine Täuschung durch die Verpackung selbst, d.h. durch ihre äußere Erscheinungsform, gemeint ist, denn das Gesetz will Täuschungen durch die Gestaltung der Verpackung verhindern, z.B. durch doppelwandige Verpackungen, Hohlräume o.ä. Zweck des § 7 Abs. 2 EichG ist es, den Verbraucher davor zu schützen, dass bei ihm aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes einer Fertigpackung der Eindruck erweckt wird, er könne das Produkt in einer Menge erwerben, die dem äußeren Volumen der Verpackung in etwa entspricht, obwohl diese tatsächlich wesentlich weniger enthält. Dabei ist maßgeblich darauf abzustellen, welche Vorstellung der Durchschnittsverbraucher über den Inhalt der jeweiligen Verpackung aufgrund deren äußerer Gestaltung entwickelt und ob dabei eine Diskrepanz zwischen seiner Vorstellung über den Inhalt und den tatsächlichen Inhalt der Fertigpackung entsteht (vgl. OVG Berlin, Gewerbearchiv 2004, 221; OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 263). Im Streitfall kann nicht festgestellt werden, dass die von der Beklagten vertriebenen Gewürzpackungen eine wesentlich größere Füllmenge vortäuschen, als in ihnen tatsächlich enthalten ist.
2. Bei den Gewürzpackungen der Beklagten handelt es sich um Weichfertigpackungen, bei denen die Gewürzmischungen und Gewürzsalze in einer weichen Tüte enthalten sind. In den Tüten ist jeweils Luft eingeschlossen, so dass die Tüten einen prallen Eindruck vermitteln. Aufgrund der Verpackung entsteht für den Verbraucher jedoch nicht der Eindruck, die Tüten seien jeweils prall mit Ware gefüllt. Der Verbraucher, der die Packungen in die Hand nimmt, kann vielmehr sofort feststellen, dass die Fertigpackung nicht prall gefüllt ist, sondern er entdeckt optisch und taktil, dass die Tüten auch einen erheblichen Anteil von Luft enthalten. Trotz des Lufteinschlusses lässt sich beim Betasten der Packungen bereits feststellen, dass sie nur bis zu einem bestimmten Teil mit Gewürzsalzen oder Gewürzmischungen gefüllt sind, während das restliche Volumen mit Luft ausgefüllt ist. Auch wenn die Packungen bis auf ein kleines Sichtfenster undurchsichtig sind und auch eine Gegenlichtkontrolle nicht möglich ist, bleibt dem aufmerksamen Verbraucher nicht verborgen, dass die Tüten nur zum Teil gefüllt sind. Dies lässt sich auch an Hand des kleinen Sichtfensters beobachten. Zwar erlaubt das kleine Sichtfenster auf der Vorderseite der Packungen keine genaue Bestimmung des Füllgrades, doch kann beim Schütteln der Packungen durch die Bewegung des Inhaltes erkannt werden, dass die Packungen keineswegs prall mit Ware gefüllt sind. Bei Weichfertigpackungen dieser Art erkennt der Verbraucher sofort, dass die Tüten kein Warenvolumen entsprechend ihrem äußeren Erscheinungsbild haben, sondern erhebliche mit Luft gefüllte Hohlräume aufweisen. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zu den sonst in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen, wie BGH NJW 1982, 236 (Kippdeckeldose), OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 263 (Kaffeepads) und LG Frankfurt GRUR-RR 2002, 80 (Korrekturflüssigkeit), in denen das Produkt jeweils in einer Dose oder in einer sonstigen festen Verpackung enthalten war, die weder optisch noch durch Betasten eine Füllmengenkontrolle zuließen und bei denen der Verbraucher auch die Vorstellung entwickelt, die Packung sei mit Ware im wesentlichen entsprechend ihrem äußeren Erscheinungsbild gefüllt. Ein solcher Eindruck konnte bei den hier vorliegenden Weichfertigpackungen nicht entstehen. Da die Weichfertigpackungen dem Verbraucher nicht den Eindruck vermitteln, sie seien prall mit Ware gefüllt, liegt keine Täuschung im Sinne des § 7 Abs. 2 EichG vor. Dabei ist nach der Rechtsprechung des auf die Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und vernünftigen Durchschnittsverbraucher abzustellen (vgl. EuGH NJW 2000, 1173). Ein solcher Verbraucher weiß aber, dass gerade Weichfertigpackungen häufig erhebliche Lufteinschlüsse aufweisen, wie dies beispielsweise auch bei Saatgutverpackungen regelmäßig der Fall ist. Bei den vorliegenden Verpackungen entsteht beim Verbraucher keine Diskrepanz zwischen den von ihm vorgestellten und dem tatsächlichen Inhalt der Verpackung. Er kann durch Betasten der Tüten trotz des Lufteinschlusses feststellen, ob die Packung überwiegend oder nur zu einem Teil gefüllt ist. Dass er optisch oder taktil nicht die exakte Füllmenge einschätzen kann, ist unerheblich, weil auf den Packungen jeweils die exakte Füllmenge in Gramm angegeben ist. Entscheidend ist, dass die Packung nicht den Eindruck vermittelt, sie sei prall mit Ware gefüllt, weil erhebliche Hohlräume durch Lufteinschlüsse sofort erkennbar sind. Da eine Täuschung über die Füllmenge im Sinne des § 7 Abs. 2 EichG nicht vorliegt, kommt es auch nicht darauf an, ob die Freiräume in den Packungen mehr als 30 % des Volumens ausmachen. Selbst wenn die Packungen zum Teil nur bis zu 50 % gefüllt sind, lässt sich dies durch das Betasten der Packungen ohne weiteres feststellen, so dass von einer Täuschung des Verbrauchers keine Rede sein kann.
3. Soweit das Landgericht Stade in seinem Urteil vom 11.4.2006 - 10 O 142/05 - (Bl. 29 d.A.) zu einer anderen Beurteilung von Weichfertigpackungen gelangt ist, so vermag das nicht zu überzeugen. Das Landgericht Stade geht davon aus, dass der Verbraucher mit einer solchen Packung die Erwartung verbinde, die Packung sei prall mit Ware gefüllt, zumal sie das tatsächliche Füllvolumen wegen der Undurchsichtigkeit der Packung und dem kleinen Sichtfenster nicht erkennen lasse. Das Landgericht verkennt jedoch, dass sich der erhebliche Lufteinschluss in Weichfertigpackungen taktil und auch optisch ohne weiteres feststellen lässt. Es kommt nicht darauf an, ob der Verbraucher den tatsächlichen Inhalt der Packungen ermitteln kann, sondern nur darauf, ob nach dem äußeren Erscheinungsbild die Packungen mehr Inhalt vortäuschen, als tatsächlich in ihnen enthalten ist. Dies ist nach dem äußeren Erscheinungsbild und der Gestaltung der Packung nicht der Fall. Gerade Weichfertigpackungen ermöglichen durch Betasten das Abschätzen des ungefähren Warenvolumens. Deshalb kann in solchen Fällen nicht angenommen werden, die Verpackung führe den Verbraucher über den tatsächlichen Inhalt in die Irre. Gerade bei Weichfertigpackungen erwarte der Verbraucher keine mit Ware prall gefüllte Verpackung, sondern er weiß, dass solche Verpackungen erhebliche Lufteinschlüsse aufweisen, wie dies beispielsweise bei Saatgutverpackungen regelmäßig der Fall ist. Zum Teil ist der Lufteinschluss auch erforderlich, um die Rieselfähigkeit der darin enthaltenen Ware zu erhalten. Die von der Beklagten vertriebenen Packungen mit Gewürzmischungen und Gewürzsalzen sind daher wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu.
B. Da der Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht begründet ist, kann die Klägerin auch keine Erstattung der Aufwendungen für die Rechtsverfolgung in Höhe von 189 € verlangen. Die Klage ist insgesamt unbegründet. ..."
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