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Landgericht München Urteil vom 18.09.2008 - 7 O 8506/07 - Lizenzgebühren für die unbefugte Benutzung von fremden Fotos

LG München v. 18.09.2008: Zu den Lizenzgebühren für die unbefugte Benutzung von fremden Fotos


Das Landgericht München (Urteil vom 18.09.2008 - 7 O 8506/07) hat entschieden:
   Die Verwendung von sechs Fotografien auf einer Homepage ohne die Nennung der Fotografen verletzt deren Rechte aus § 13 Satz 2 UrhG. Den Fotografen steht daher ein Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 und 2 UrhG n.F. zu, der in Übereinstimmung mit der in der Instanzrechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung mit einem 100-%igen Zuschlag des üblichen Nutzungshonorars bemessen werden kann. Der Umstand, dass die Bilder tatsächlich nur 27 Monate online standen und das EDV-Unternehmen damit den üblichen Lizenzzeitraum von drei Jahren nicht ausgeschöpft hat, ist für die Berechnung der Höhe des Schadensersatzanspruchs im Sinne der Lizenzanalogie ohne Belang. Entgehen dem Fotografen durch die unterlassene Urheberbenennung zudem entsprechende Werbewerte, erfolgt ein hundertprozentiger Zuschlag zum üblichen Nutzungshonorar.




Siehe auch

Lizenzgebühren

und

Urheberschutz


Zum Sachverhalt:


Der Kläger betreibt in Unterschleißheim ein EDV-Unternehmen, für das er einen Internerauftritt unterhält (…). Aufgrund einer Beanstandung von Seiten der Beklagten, wonach Bilder unberechtigt genutzt würden, erhob der Kläger am 7.5.2007 eine negative Feststellungsklage mit dem Antrag festzustellen, dass der Kläger der Beklagten keine Vergütung für eine unberechtigte Nutzung von Bildern für Online-Werbezwecke schulde und erweiterte diese sodann um einen Hilfsantrag mit der Begründung, die Beklagte sei zur Geltendmachung von Lizenzentgelten nicht berechtigt. Im Übrigen stelle sich die Frage, ob die Bilder überhaupt urheberrechtlich geschützt seien.

Auf die Widerklage der Beklagten vom 22.11.2007 (Bl. 54f), mit der ein Unterlassungsanspruch und ein Auskunftsantrag geltend gemacht wurde, erging im Termin vom 13.12.2007 ein Teilanerkenntnisurteil gegen den Kläger im Umfang des Unterlassungsantrags. Nach Erteilung der begehrten Auskunft änderte die Beklagte ihren Widerklageantrag dahingehend, dass anstelle des Auskunftsantrags ein bezifferter Zahlungsantrag gestellt wird. Die Anträge zur Klage wurden im Termin vom 26.6.2008 übereinstimmend für erledigt erklärt. In der Hauptsache ist Gegenstand des Verfahrens somit nur noch der Widerklageantrag auf Zahlung von Schadensersatz. Im Einzelnen:




Mit Schreiben vom 23.3.2007 wandte sich die Beklagte, die Bild- und Filmmaterial zur Lizenzierung anbietet, an den Kläger wegen der behaupteten unberechtigten Nutzung eines Bildes der Beklagten. Dem Schreiben war ein „Settlement Demand“ vom 13.3.2007 beigefügt, in dem insgesamt sechs Fotos aufgeführt sind, wobei für jedes ein „Image price“ in Höhe von € 1 450,00 angegeben ist. Am 10.4.2007 nahm der Kläger telefonischen Kontakt mit der Beklagten auf und erklärte sich bereit, für jedes der von der Beklagten beanstandeten und von ihm verwendeten Fotos einen Betrag in Höhe von € 200,00 zur Abgeltung etwaiger Ansprüche zu bezahlen. Mit Schreiben vom 12.4.2007 forderte der Kläger für den Fall, dass sein Vorschlag nicht akzeptiert werde, auf, ihm nachzuweisen, dass die Beklagte berechtigt sei, die geltend gemachten Lizenzgebühren einzufordern. Hierauf erwiderte die Beklagte mit E-Mail vom 1.5.2007, wonach die Bilder seit 2001 von der Beklagten vermarktet würden. Die vertraulichen Verträge mit den Fotografen, dürften nur auf eine Anordnung durch ein Gericht öffentlich zugänglich gemacht werden. Mit Schreiben vom 8.8.2007 mahnte die Beklagte den Kläger wegen der Verwendung der sechs Fotos ab. Hierauf antwortete der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 24.8.2007.

Hinsichtlich der Bilder legte die Beklagte mit der Klageerwiderung entsprechende Internetausdrucke aus ihrer Datenbank und Bestätigungen der Fotografen vor; weiter Unterlagen betreffend die Bekanntheit/Qualifikation der Fotografen. Mit Schriftsatz vom 22.11.2007 wurde eine CD mit hoch auflösenden Originalaufhahmen vorgelegt.

Die Beklagte macht geltend, bei den sechs Bildern handele es sich um Lichtbildwerke unabhängig davon, dass jedenfalls ein Schutz nach § 72 UrhG bestehe. Auch hinsichtlich des US-amerikanischen und der englischen Fotografen komme deutsches Urheberrecht zur Anwendung.

Dem Kläger falle jedenfalls Fahrlässigkeit zur Last. Hinsichtlich der Höhe des Schadensersatzanspruches, berechnet nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie, seien die Empfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing nicht einschlägig. Im Hinblick auf die Nutzung der Fotos im Internet in der Zeit vom 28.9.2004/10.2.2005 bis April 2007 sei die bei der Beklagten übliche Lizenzzeit, die im Übrigen der gängigen Praxis entspreche, von drei Jahren zugrunde zu legen. Unter Berücksichtigung der aufgeführten weiteren Parameter ergebe sich folgende Berechnung.

Hieraus ergebe sich ein Gesamtbetrag in Höhe von € 5.230,00. Diesen Lizenzpreis habe auch der Kläger in dem Schriftsatz gemäß der Anlage B 24 ausdrücklich eingeräumt.



Dieser Anspruch erhöhe sich im Hinblick auf die unterlassene Urheberbenennung um 100 %, da den betroffenen Fotografen ein entsprechender Werbewert entgangen sei, der in der Rechtsprechung in dieser Höhe angesetzt werde. Diese Ansprüche könne die Beklagte aufgrund Ermächtigung der Urheber geltend machen.

Die Beklagte beantragte nunmehr im Wege der Widerklage (mit Zustimmung des Klägers zur Klageänderung):
   Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte € 10 460,- zu zahlen.

Auch wenn sich aus dem Gebührenkatalog der Beklagten bei einer Nutzungsdauer von drei Jahren ein Gesamtlizenzhonorar für die streitgegenständlichen sechs Fotografien in Höhe von € 5.230,00 ergebe würde, könne den Ausführungen der Beklagten zur Schadenshöhe nicht gefolgt werden. Die Umstände des hier zu entscheidenden Einzelfalles rechtfertigten es indes nicht, den Schadensersatzanspruch nach den „Tarifen“ der Beklagten für die Nutzung der Bilder über einen Zeitraum von drei Jahren zu berechnen. Der Kläger habe die Bilder um den Jahreswechsel 2004/2005 anläßlich eines Providerwechsels Online gestellt. Dabei sei die Website für sein Unternehmen durch eine dritte Person, … entworfen worden. Bis zum Einschreiten der Beklagten habe der Kläger weder Kenntnis davon noch Anhaltspunkte dafür gehabt, dass die Fotos von besonderer künstlerischer Qualität seien, von professionellen Fotografen erstellt worden seien und von … aus dem Katalog der Beklagten „entnommen“ worden seien. Aus den den Fotografien zugrunde liegenden Allerweltsmotiven sei dies ebenso wenig ersichtlich gewesen, wie aus der Online-Wiedergabe der Bilder. Realistischerweise sei von einer Nutzungsdauer von Anfang 2005 bis März 2007, also von einem Zeitraum von 27 Monaten auszugehen. Es werde bestritten, dass die Beklagte jedem rechtmäßigen Kunden ein Nutzungsrecht nur für diese Standard-Zeiträume einräume. Es sei realtitätsfremd zu glauben, dass die Beklagte, einem Kunden, der bereit sei, hohe Lizenzgebühren für einen Nutzungszeitraum einzuräumen, der erheblich kürzer als der Standardzeitraum sei, nicht insoweit entgegen komme, dass mit ihm eine Nutzungsgebühr „pro rata temporis“ entsprechend dem tatsächlichen Nutzungszeitraum vereinbart werde. Bezogen auf die tatsächliche Nutzungsdauer ergebe sich richtigerweise ein Betrag in Höhe von € 3.922,55 (= € 5.230,00: 36 × 27). Er verweist auf die Entscheidung „Schallplattenimport“ ( GRUR 1988, 373, 376). Nichts anderes gelte in vorliegendem Fall, denn der Kläger wäre unverhältnismäßig benachteiligt, wenn er mehr an fiktiven Lizenzgebühren zu zahlen habe, als nach dem Tarif der Beklagten, berechnet nach dem tatsächlichen Nutzungszeitraum. Im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht gewusst habe, dass die verwendeten Fotografien urheberrechtlich geschützt sind.

Ein Zuschlag für die unterlassene Urheberbenennung stehe der Beklagten nicht zu. Dem Kläger sei nicht bekannt gewesen, dass die von … für die Erstellung seiner Website verwendeten Fotos unter Verstoß gegen Urheberrechte genutzt worden seien, zumal Fotografien der streitgegenständlichen Art zu hunderttausenden zur freien Verfügung im Internet stünden. Die Rechtsprechung zum Zuschlag wegen unterlassener Urheberbenennung sei auch keineswegs so einhellig, wie die Beklagte behaupte.

Die Beklagte vertiefte demgegenüber ihre Argumentation. Insbesondere verkenne der Kläger die Grundsätze der Berechnungsmethode nach der Lizenzanalogie. Dass er die Fotografien nicht selbst online gestellt habe, sei ohne Bedeutung. Der Kläger habe jedenfalls fahrlässig gehandelt. Dass die jeweiligen gestaffelten Lizenzzeiträume zugrunde gelegt würden, sei keinesfalls realitätsfremd, vielmehr sei der Grund hierfür die damit realisierbare Degression des jeweiligen Lizenzhonorars. Die vom Kläger berechnete Tarifgebühr liege zudem noch unter demjenigen Lizenzhonorar, das ein Kunde für eine Nutzung bis zu zwei Jahren hätte entrichten müssen, da eine lineare Berechnung gerade nicht stattfinde. Die vom Kläger herangezogene Entscheidung des BGH sei nicht übertragbar. Bei dem Schadensersatz wegen unterlassener Urheberbenennung handele es sich nicht um einen „Strafzuschlag“, sondern um einen eigenständigen Schadensersatzanspruch, der sich aus §§ 97, 13 UrhG ergebe, auch wenn die Begründungen in der Praxis hierfür unterschiedlich seien.


Aus den Entscheidungsgründen:


"Nach der Erledigterklärung des Feststellungsantrags einschließlich des Hilfsantrags zur Klage war in der Sache nur noch über den bezifferten Zahlungsantrag zur Widerklage zu entscheiden. Die Bezifferung des Schadensersatzanspruches ist zulässig, da der Kläger der darin zu sehenden Klageänderung zugestimmt hat (§ 263 Alt. 1 ZPO).

I. Der Beklagten steht ein Schadensersatzanspruch in Höhe von € 5.230,00 wegen Verletzung ihrer ausschließlichen Nutzungsrechte an den sechs Fotografien gemäß § 97 Abs. 2 (n.F. gemäß Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7.7.2008, BGBl I S. 1191, in Kraft getreten am 1.9.2008), § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, § 72 Abs. 1, § 19a, § 31 Abs. 1, Abs. 3 UrhG zu.




1. Anwendbarkeit des deutschen UrhG

Das Urhebergesetz ist hinsichtlich der Fotografien Nr. 1 und 3 bis 5, die von englischen Fotografen gemacht wurden, gemäß § 120 Abs. 2 Nr. 2 UrhG anwendbar.

Auch das von dem US-amerikanischen Fotografen … gemachte Foto genießt Schutz nach dem deutschen UrhG, da die USA im Jahre 1989 der RBÜ beigetreten sind (§ 121 Abs. 4 UrhG, Art. 5 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 RBÜ). Zu den von der RBÜ erfassten Werke gehören nach Art. 2 Abs. 1 Lichtbildwerke im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG. Inwieweit auch Lichtbilder im Sinne von § 72 UrhG von der RBÜ erfasst werden (vgl. zum Streitstand Schricker/Vogel, UrhG, 3. Aufl., § 72 Rdn. 16 m.w.N.), kann dahinstehen.

2. Die Fotografien der englischen und des deutschen Fotografen (Nr. 1, 3 bis 6) genießen jedenfalls den Schutz als Lichtbilder gemäß § 72 Abs. 1 UrhG. Die Frage der Werkqualität (§ 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG), der von professionellen Fotografen angefertigten Fotos, für die sowohl die Motivwahl als auch die Weise der Darstellung spricht - insoweit handelt es sich, wie die Kammer aus eigener Sachkunde beurteilen kann, sicher nicht um Allerweltsfotografien -, kann folglich dahingestellt bleiben.

Das Foto des US-amerikanischen Fotografen … ist als Lichtbildwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG geschützt. Die Anforderungen an die Werkhöhe sind unter Berücksichtigung von Art. 6 der Schutzdauerrichtlinie vorn 29.10.1993 (93/98/EWG) zu bestimmen. Danach kommt Lichtbildwerken dann Werkqualität zu, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind; andere Kriterien sind für die Bestimmung der Schutzfähigkeit nicht heranzuziehen. Danach ist maßgeblich vor allem, dass das Lichtbildwerk von der Individualität des Fotografen geprägt wird (Schricker/Loewenheim, § 2 Rdn. 179 m.w.N.). Die erforderliche individuelle Betrachtungsweise ergibt sich bei dem Foto von … bereits durch die Wahl des Bildausschnittes der Computertastatur sowie der perspektivischen Darstellung, durch die die andersfarbige „control“-Taste besonders hervorgehoben wird, während die weiteren Tasten in bewusster Unschärfe „verschwimmen“.

3. Die Beklagte ist als Inhaberin von ausschließlichen Nutzungsrechten an den Fotografien (§ 31 Abs. 1, Abs. 3 UrhG) aktivlegitimiert. Diese Frage bestimmt sich nach dem Schutzlandsprinzip (Art. 5 Abs. 2 RBÜ) auch hinsichtlich des Fotos des Fotografen … nach den Bestimmungen des deutschen Rechts.

Dass der Beklagten von den jeweiligen Fotografen die ausschließlichen Nutzungsrechte übertragen wurden, ergibt sich aus den vorgelegten Bestätigungen (Anlage B 5). Da dies auch vom Kläger nicht mehr in Zweifel gezogen wird, sind hierzu keine weiteren Ausführungen veranlasst.

4. Die Nutzung der sechs streitgegenständlichen Fotografien auf der Homepage des Klägers verletzt die ausschließlichen Nutzungsrechte der Beklagten (§ 15, § 19a UrhG). Dass der Kläger zur Nutzung der Fotografien im Rahmen seines Internetauftritts berechtigt gewesen wäre, macht er selbst nicht geltend.

Da dem Kläger insoweit jedenfalls der Vorwurf der Fahrlässigkeit zu machen ist (§ 276 Abs. 2 BGB), hat er der Beklagten den durch die Rechtsverletzung entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 UrhG a.F. bzw. § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG n.F.).

Auch wenn hinsichtlich des Schadensersatzanspruches die Zurechnungsnorm des § 100 UrhG a.F. (§ 99 UrhG n.F.) nicht zur Anwendung kommt, genügt der Kläger nicht den hohen Sorgfaltsanforderungen bei der Verwertung von nach dem UrhG geschützten Werken bzw. Leistungen (vgl. BGH GRUR 1999, 49, 51 - Bruce Springsteen and his Band; Dreier/Schulze, § 97 Rdn. 57), wenn er die von der beauftragten Erstellerin des neu gestalteten Internet-Auftritts hierfür verwendeten Fotografien ohne eigene Überprüfung der dahingehenden Berechtigung nutzt. Denn unabhängig davon, dass es sich - wie bereits ausgeführt - bei den fraglichen Fotografien nicht um „Allerweltsfotografien“ handelt, wäre auch bei der Verwendung von Allerweltsfotografien im Internetauftritt im Hinblick auf den in § 72 UrhG geregelten Lichtbildschutz eine Überprüfung dahin erforderlich gewesen, ob die Erstellerin der neu gestalteten Seite die erforderlichen Nutzungsrechte für die Fotos eingeholt hat oder ob es sich dabei um gemeinfreie Aufnahmen bzw. um solche Aufnahmen handelt, die unentgeltlich genutzt werden können (vgl. LG München (21. Zivilkammer) CR 2007, 674, 675; Urt.v. Kammer vom 19.6.2008 - 7 O 14276/07; st. Rspr.).

5. Die Beklagte kann ihren Schadensersatzanspruch, wie geschehen, nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen, wie dies nunmehr in § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG n.F. auch ausdrücklich im Wortlaut des Gesetzes zum Ausdruck kommt. Insoweit hat sich an den von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen der Schadensberechnung nichts geändert. Ob für die Berechnung des konkreten Schadens nach den Grundsätzen der §§ 249 ff BGB bzw. der Herausgabe des Verletzergewinns aufgrund der Regelung in § 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG n.F. entgegen den Ausführungen in der Gesetzesbegründung etwas anders gilt, kann dahinstehen.

Bei der Bemessung der angemessenen Lizenzgebühr ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten. Die Berechnung beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der ausschließliche Rechte anderer verletzt, nicht besser stehen soll, als der im Falle einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechtsinhaber gestanden hätte (vgl. BGH GRUR 1990, 1008 - Lizenzanalogie; GRUR 2006, 143, 145 - Catwalk), d.h. es wird ein Lizenzvertrag der im Verkehr üblichen Art fingiert (BGH a.a.O. - Lizenzanalogie).



Nach diesen Grundsätzen ist die Berechnung der angemessenen Vergütung nach den üblichen Tarifen, die der Kläger bei Einholung einer Nutzungserlaubnis bei der Beklagten zu entrichten gehabt hätte, nicht zu beanstanden. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, es könne nicht auf den Standardzeitraum einer Nutzung der Fotografien bis zu drei Jahren abgestellt werden, sondern der Berechnung könne nur die tatsächliche Nutzungsdauer von 27 Monaten zugrunde gelegt werden. Diese Sichtweise unter Ansatz eines Bruchteils von 27/36, der für die dreijährige Nutzung von der Beklagten verlangt wird, steht nicht nur im Widerspruch zu der degressiv gestalteten Vergütungsbemessung der Beklagten - der Kläger als Verletzer stünde danach günstiger als derjenige, der eine Nutzungserlaubnis für eine Dauer von zwei Jahren eingeholt hätte - sondern auch mit der ständigen Rechtsprechung, wonach der Verletzer mit dem Argument, er habe das Werk nur in einem geringerem Umfang genutzt wie es einem vertraglichen Lizenznehmer möglich gewesen wäre (vgl. BGH GRUR 1990, 353, 355 unter 3.c - Raubkopien; GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie) nicht durchdringen kann. Dass der Verletzer den üblichen Lizenzzeitraum, anders als ein Lizenznehmer, der keinem Unterlassungsanspruch ausgesetzt ist, nicht ausschöpfen kann, ist insoweit ohne Bedeutung (vgl. BGH GRUR 1993, 899 - Dia-Duplikate). Folglich war die Einvernahme des vom Kläger benannten Zeugen zur Widerlegung der zu Unrecht als realtitätsfremd bezeichneten Lizenzierungspraxis der Beklagten bereits aus Rechtsgründen nicht geboten.

Dem Ansatz eines Nutzungszeitraums von drei Jahren steht auch die Entscheidung „Schallplattenimport III“ ( GRUR 1988, 373) nicht entgegen. Denn die vom Kläger für seine Betrachtungsweise herangezogene Argumentation in dieser Entscheidung bezieht sich - anders als in vorliegendem Fall - auf die Heranziehung eines nicht „passenden“ Tarifs, worauf die Beklagte zutreffend hinweist.

II. Anspruch wegen unterlassener Urheberbenennung

1. Wie die Beklagte bereits schriftsätzlich ausgeführt und im Termin vom 26.6.2008 klargestellt hat, macht sie insoweit Ansprüche der sechs Fotografen in gewillkürter Prozessstandschaft und keinen Anspruch aus eigenem Recht geltend. Die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft - Ermächtigung, den fremden Anspruch in eigenem Namen geltend zu machen und das Vorliegen eines eigenen schutzwürdigen Interesses - sind gegeben. Diese Anforderungen des deutschen Rechts als der lex fori sind auch bei Fällen mit Auslandsberührung anzuwenden ( BGH NJW 1994, 2891 m.w.N. - Museumskatalog). Die Beklagte wurde von den Fotografen ermächtigt, Ansprüche wegen unterlassener Urheberbenennung in eigenem Namen gerichtlich geltend zu machen (siehe die Bestätigungen gemäß Anlage B 3). Die Unabtretbarkeit von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Ansprüchen steht dem nicht entgegen, da es vorliegend (nur) um die Geltendmachung eines nach dem Vortrag der Beklagten bereits entstandenen Schadensersatzanspruches geht.

Im Hinblick auf das zwischen der Beklagten und den Fotografen bestehende Vertragsverhältnis und der Inhaberschaft der ausschließlichen (materiellen) Verwertungsrechte (§ 31 Abs. 1, Abs. 3, §§ 15 ff UrhG) an den Fotografien ist auch das schutzwürdige eigene Interesse der Beklagten an der Rechtsverfolgung zu bejahen, auch wenn sich die Kammer der weiteren Begründung des LG Düsseldorf in dem von der Beklagten vorgelegten Urteil vom 19.3.2008, S. 30 (präventive Wirkung durch die Möglichkeit der Geltendmachung verhältnismäßig großer Ersatzforderungen) nicht anzuschließen vermag.

2. Die Verwendung der sechs Fotografien auf der Homepage des Klägers ohne die Nennung der Fotografen verletzt deren Rechte aus § 13 Satz 2 UrhG. Den Fotografen steht daher ein Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 und 2 UrhG n.F. zu, der in Übereinstimmung mit der in der Instanzrechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung (vgl. die Nachweise bei Dreier/Schulze, § 13 Rdn. 35) mit einem 100 %igen Zuschlag des üblichen Nutzungshonorars bemessen werden kann (§ 287 ZPO).

Nach § 13 UrhG, der auch für den Lichtbildner zur Anwendung kommt (§ 72 Abs. 1 UrhG), hat der Urheber/Lichtbildner das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk (Satz l). Er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist (Satz 2). Dass der Fotograf oder Lichtbildner, dessen Werk bzw. Lichtbild im Internet zu Werbezwecken genutzt wird, einen Anspruch auf Anerkennung seiner Urheberschaft hat und deshalb zu nennen ist, denn nur auf diese Weise ist die Anerkennung der Urheberschaft in der Öffentlichkeit gewährleistet (vgl. Bullinger, in Wandtke/Bullinger, § 13 Rdn. 1), stellt auch der Kläger nicht in Frage. Denn aus dem Bestimmungsrecht in Satz 2 folgt nicht, dass der Urheber erst auf konkretes Verlangen zu benennen wäre (vgl. Schricker/Dietz, § 13 Rdn. 14 a.E., Rdn. 12a m.w.N.).

Dabei werden bei unterlassener Nennung des Urhebers nicht nur seine urheberpersönlichkeitsrechtlichen sondern auch materielle Belange berührt, da die mit der Nennung seines Namens verbundene Werbewirkung nicht eingreifen und dem Urheber dadurch Folgeaufträge entgehen können (vgl. BGH WRP 1982, 85, 86 - Architektenwerbung; LG München I Schulze LGZ 173, 15; Bullinger a.a.O.; Schricker/Wild, § 97 Rdn. 77 m.w.N.) mit der Folge, dass die Rechtsprechung - insbesondere bei der Beurteilung von Schadensersatzansprüchen von Fotografen - den Schadensersatz zum Teil als immateriellen Schadensersatz (§ 97 Abs. 2 UrhG a.F.; jetzt § 97 Abs. 2 Satz 4 UrhG n.F.) und zum Teil als materiellen Schadensersatz im Sinne von § 97 Abs. 1 UrhG a.F. (nunmehr § 97 Abs. 2 Satz 1 und 2 UrhG n.F.) qualifiziert (siehe die im Schriftsatz der Beklagten vom 19.6.2008 sowie im Termin bereits erörterten Entscheidungen des LG München I (21. Zivilkammer) ZUM 1995, 57, 58: immaterieller Schadensersatz; ZUM 2000, 519, 522: materieller Schadensersatz; LG Berlin ZUM 1998, 673, 674: immaterieller Schadensersatz). Soweit das Landgericht Kiel in der vom Kläger herangezogenen Entscheidung ( ZUM 2005, 81, 85) die unterlassene Urheberbenennung im Rahmen der Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie nicht berücksichtigt, da mit dem materiellen Schaden, berechnet nach der Lizenzanalogie bereits sämtlicher Schaden abgegolten sei, und es sich dabei in Wahrheit um einen immateriellen Schadensersatz handele, dessen Voraussetzungen ebenfalls verneint werden, kann dem nicht gefolgt werden. Denn hierbei wird unabhängig von der rechtlichen Qualifizierung als materieller oder immaterieller Schadensersatz (siehe hierzu nachfolgend) der Umstand vernachlässigt, dass bei einer rechtswidrigen Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes ohne Namensnennung des Urhebers zum einen eine Verletzung der materiellen Verwertungsrechte (§§ 15 ff UrhG) und zusätzlich eine Verletzung des Namensnennungsrechts vorliegt (§ 13 Satz 2 UrhG).

Da auch der aufgrund eines Lizenzvertrages rechtmäßige Nutzer des Werkes das Namensnennungsrecht des Urhebers ohne abweichende Vereinbarung zu beachten hätte, wird durch die Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie die zusätzliche Rechtsverletzung in Gestalt der unterlassenen Namensnennung, die auch Auswirkungen auf die materiellen Interessen des Urhebers hat (entgangener Werbewert) nicht erfasst. Diese entgangene Werbewirkung ist nach den Grundsätzen der Berechnung eines materiellen Schadens zu bestimmen (vgl. Schricker/Wild, § 97 Rdn. 77; OLG München ZUM 2000, 404, 407). Der gegenteiligen Auffassung des Klägers unter Hinweis auf die Entscheidung des Landgerichts Kiel, die unterlassene Urheberbenennung könne nur bei Vorliegen der weiteren Voraussetzung nach § 97 Abs. 2 UrhG a.F. einen immateriellen Schadensersatzanspruch auslösen, kann nicht gefolgt werden, da die Einbuße des Werbewerts nicht als immaterieller Schaden qualifiziert werden kann. Ein Ausgleich würde daher - sofern an den relativ hohen Anforderungen für die Zubilligung eines immateriellen Schadensersatzes festgehalten wird - in der Regel überhaupt nicht gewährt werden.

III. Nebenentscheidungen

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, § 91a ZPO.

a. Soweit der Kläger auf die Widerklage hin zur Unterlassung und zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt wurde, hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 91 ZPO. Hinsichtlich des im Termin vom 13.12.2007 anerkannten Unterlassungsantrags kommt § 93 ZPO nicht zur Anwendung.



Auf diese Ausnahme von dem Grundsatz des § 91 ZPO könnte sich der Kläger nur dann berufen, wenn er vor Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im Wege der Widerklage mit Schriftsatz vom 22.11.2007 nicht (wirksam) abgemahnt worden wäre. Nur dann hätte er Veranlassung zur gerichtlichen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gegeben, wie dies in der Rechtsprechung und Literatur auch vor Einführung des § 97a Abs. 1 UrhG n.F. zum 1.9.2008 allgemein anerkannt war. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht gegeben, da die zeitgleich mit der Klageerwiderung vom 8.8.2007 (Bl. 17/27), dem Kläger zugestellt am 14.8.2007, ausgesprochene Abmahnung (Anlage B 8, B 9) den inhaltlichen Anforderungen an eine wirksame Abmahnung (vgl. Kefferpütz, in Wandtke/Bullinger, UrhG, 2. Aufl., Vor §§ 97 ff Rdn. 7) entspricht. Dem steht nicht entgegen, dass in der von der Beklagten vorformulierten Unterlassungserklärung die fraglichen Fotografien nur mit den Katalognummern der Beklagten bezeichnet worden waren. Denn aufgrund der vorangegangenen Korrespondenz der Parteien und des bereits anhängigen Verfahrens konnte kein Zweifel darüber bestehen, dass sich die Abmahnung der Beklagten vom 8.8.2007 auf die streitgegenständlichen sechs Fotografien bezog. Es hätte daher dem Kläger oblegen, wenn er in der Unterlassungserklärung eine Bezugnahme auf „irgendwelche Katalognummern“ (vgl. das Schreiben vom 24.8.2008, Anlage B 24) nicht für ausreichend hielt, eine eigene Unterlassungserklärung zu formulieren (vgl. BGH GRUR 1983, 128 - Vertragsstrafeversprechen; GRUR 1988, 459, 460f - Teilzahlungsankündigung; Harte/Henning/Brüning, UWG, § 12 Rdn. 46 m.w.N.). Die Abmahnung war auch nicht deshalb inhaltlich unzureichend, wie ebenfalls mit Schreiben vom 24.8.2007 geltend gemacht wurde, weil mit ihr keine Nachweise hinsichtlich der Rechteinhaberschaft der Beklagten vorgelegt worden waren. Eines solchen Nachweises im Rahmen der Abmahnung bedurfte es nicht, weil ein dahingehender Nachweis bereits durch Vorlage der Auszüge aus der Datenbank der Beklagten (Anlage B 4) und der Bestätigungen der Fotografen (Anlage B 5) in der Klageerwiderung vom 8.8.2007, die dem Kläger am 14.8.2008, d.h. innerhalb der in der Abmahnung gesetzten Frist bis zum 24.8.2007 vorlag. Diese Darlegungen zur Aktivlegitimation war nicht deshalb unzureichend, weil die Bestätigungen der Fotografen erst vom Juli 2007 datierten (so der Kläger im Schriftsatz vom 20.9.2007, S. 2 = Bl. 30), wie sich bereits daraus ergibt, dass die Abmahnung vom 8.8.2007 datiert, zumal die Bestätigungen keine erst mit deren Ausstellung erfolgte Übertragung von Nutzungsrechten belegen, sondern eine bereits vorher bestehende Rechtsinhaberschaft der Beklagten.

b. Über die Kosten der für erledigt erklärten Klage war nach den Grundsätzen des § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO zu entscheiden. Danach entspricht es in der Regel billigem Ermessen, derjenigen Partei die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, die ohne die Erledigterklärung - wie hier die Klägerin, siehe vorstehend unter I. und II. - voraussichtlich unterlegen wäre. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass die Erhebung der negativen Feststellungsklage durch das E-Mail der Beklagten vom 1.5.2007 in vorwerfbarer Weise veranlasst worden wäre. Denn in diesem Schreiben hat sich die Beklagte nicht geweigert, den vom Kläger geforderten Nachweis der Rechteinhaberschaft zu erbringen, vielmehr wurde in dem Schreiben lediglich darauf hingewiesen, -dass die vertraulichen Verträge mit den Fotografen dem Kläger nicht zugänglich gemacht und die mit dem Vorgang bis dahin befasste Abteilung der Beklagten den Vorgang nicht weiter bearbeiten könne, da der vom Kläger zu erbringende Nachweis über seine Einkommensverhältnisse nicht beigebracht worden sei und der Fall deshalb an den Anwalt weitergeleitet werden müsse. ..."

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