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Amtsgericht Düsseldorf Urteil vom 10.09.2008 - 32 C 6293/08 - Zur arglistigen Täuschung eines Webseitensystemvertrages bei nicht eingehaltener Zusage eines Sonderpreises

AG Düsseldorf v. 10.09.2008: Zur arglistigen Täuschung eines Webseitensystemvertrages bei nicht eingehaltener Zusage eines Sonderpreises


Das Amtsgericht Düsseldorf (Urteil vom 10.09.2008 - 32 C 6293/08) hat entschieden:

   Wird versprochen, dass ein Webauftritt zu besonders günstigen Bedingungen (Selbstkostenpreis, weil die Seite als Referenz dienen soll) abgeschlossen und werden später die gleichen Kosten wie für andere Kunden auch berechnet, so liegt eine arglistige Täuschung vor, die zur Anfechtung des Webseitensystemvertrages berechtigt.

Siehe auch
Software
und
Webdesign


Zum Sachverhalt:


Die Parteien schlossen am 18.08.2006 vermittelt durch die Zeugin E. einen Internet-System-Vertrag mit einer Laufzeit von 36 Monaten. Vor Abschluss des Vertrages erklärte die Zeugin E. gegenüber dem Beklagten, die für ihn zu erstellende Internetpräsentation solle als Referenzseite der Klägerin genutzt werden, so dass ihm besonders günstige Vertragskonditionen angeboten werden könnten. Gegenstand des Vertrages ist die Erstellung einer Webseite und deren Aufrechterhaltung für die Dauer des Vertrages. Für die Erstellung der Internetseite wurden Anschlusskosten in Höhe von 99,00 € netto vereinbart. Weiter wurden monatliche Leistungen des Beklagten in Höhe von 125,00 € netto vereinbart. Mit der vorliegenden Klage wird das Entgelt für das erste Vertragsjahr geltend gemacht. In § 1 Abs. 1 S. 3 des Vertrages wurde vereinbart, dass das Entgelt für das erste Vertragsjahr 30 Tage nach Vertragsschluss fällig wird.

Mit Fax vom 20.08.2006 erklärte der Beklagte den Widerruf des Vertrages.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.03.2007 mahnte die Klägerin den nunmehr geltend gemachten Betrag an. Die anwaltliche Tätigkeit wurde mit 192,90 € abgerechnet.

Mit Schreiben vom 18.07.2997 focht der Beklagte den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an. Diese Anfechtung wurde damit begründet, dass ihm gegenüber fälschlicherweise erklärt worden sei, bei den von ihm zu zahlenden Kosten handele es sich um die Selbstkosten der Klägerin.

Der Klägerin sind Mahnkosten in Höhe von 2,50 €, Auskunftskosten in Höhe von 9,50 € und Bankrücklastkosten in Höhe von 9,00 € entstanden.

Die Klägerin hat beantragt,

   die beklagte Partei zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2 068,74 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 1 854,84 € seit dem 18.09.2006, aus einem Betrag von 192,90 € seit dem 31.03.2007 sowie aus einem Betrag von 21,00 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie behauptete, die Zeugin E. habe vor Abschluss des Vertrages erklärt, dass es sich um einen Vertrag zu den Selbstkosten der Klägerin handele und dass die für den Premiumdienst geltend gemachten Gebühren nur aus den Kosten der Domain bei der DENIC und den Serverkosten bestehe.

Der Beklagte behauptete weiter, ihm sei ein Widerrufsrecht eingeräumt worden. Zur Einräumung des Widerrufsrechts habe er eine zweite Unterschrift geleistet.

Die Klägerin machte ihre Rechte zunächst im Urkundsverfahren geltend. In diesem Verfahren erging am 10.04.2008 ein Vorbehalts-Anerkenntnisurteil, mit dem die Beklagte antragsgemäß verurteilt wurde.

Die Klage wurde abgewiesen.




Aus den Entscheidungsgründen:


"Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Antrag der Klägerin ist als Antrag auf Aufrechterhaltung des erlassenen Vorbehalts-Anerkenntnisurteils im Urkundsverfahren auszulegen. Zwar beantragt die Klägerin ausdrücklich, die Verurteilung des Beklagten zu einer Zahlung. Eine solche Verurteilung erfolgte jedoch bereits in dem Vorbehalts-Anerkenntnisurteil vom 10.04.2008. Da im vorliegenden Nachverfahren zu dem Urkundsverfahren ausschließlich um die sich bereits aus dem Vorbehalts-Anerkenntnisurteil ergebenden Ansprüche gestritten wird, ist der Antrag der Kläger als Antrag auf Aufrechterhaltung dieses Urteils auszulegen.

Der geltend gemachte Anspruch besteht nicht.

Der ursprünglich zwischen den Parteien abgeschlossene Internetsystemvertrag ist auf Grund der Anfechtung des Beklagten nach § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen.

Durch die Anfechtungserklärung des Beklagten vom 18.07.2008 sowie durch die Erklärung des Beklagten im Rahmen der Klageerwiderung vom 19.07.2007 hat dieser zu verstehen gegeben, dass er auf Grund einer Täuschung nicht mehr an dem Vertrag festhalten wolle, da er darüber getäuscht worden sei, dass es sich bei dem von ihm abgeschlossenen Vertrag um ein besonders günstiges Angebot gehandelt habe. Diese Täuschung beinhaltete nach dem Vortrag des Beklagten zum einen, dass die für die Klägerin handelnde Zeugin E. erklärt habe, er, der Beklagte, habe nur die Selbstkosten der Klägerin zu tragen. Ferner wurde eine Täuschung im Verlauf des Verfahrens damit begründet, dass die Zeugin E. angegeben habe, dass die für den Beklagten zu erstellende Internetpräsentation als Referenzseite für die Klägerin genutzt werden solle und daher besonders preisgünstig sei.




Durch seine Erklärung hat der Beklagte die Anfechtung des mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrages bewirkt. Es ist insoweit zunächst zu berücksichtigen, dass eine Anfechtungserklärung nur erkennen lassen muss, dass der Erklärende das Rechtsgeschäft nicht gelten lassen will. Das Wort „Anfechtung“ braucht nicht ausdrücklich verwendet zu werden. Auch muss der Anfechtungsgrund nicht ausdrücklich genannt zu werden, muss jedoch für die Gegenseite erkennbar sein (Palandt – Heinrichs, BGB, 66. Auflage, § 143 Rn. 3). Der entsprechende Inhalt ergibt sich aus beiden in Bezug genommenen Erklärungen des Beklagten, da sich aus diesen Erklärungen entnehmen lässt, dass eine Anfechtung wegen fehlerhafter Angaben der Zeugin E. im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss erfolgte. Die Anfechtung wurde auch fristgerecht innerhalb der Jahresfrist des § 124 BGB erklärt, so dass sie zur anfänglichen Vertragsbeendigung führte.



Ein Anfechtungsgrund nach § 123 Abs. 1 BGB liegt vor. Voraussetzung einer Anfechtung nach § 123 BGB ist eine vorsätzliche Täuschung der Gegenseite. Eine solche Täuschung ergibt sich aus der Tatsache, dass die Zeugin E. im Rahmen des Vertragsschlusses gegenüber dem Beklagten erklärte, der mit ihm abgeschlossene Vertrag erfolge zu besonders günstigen Konditionen, da die für den Beklagten zu erstellende Internetpräsentation als Referenzseite der Klägerin dienen sollte. Die von der Klägerin benannte Zeugin E. und die von dem Beklagten benannte Zeugin S. haben übereinstimmend und unwidersprochen bekundet, dass die Zeugin E. erklärt habe, dass die für den Beklagten zu erstellende Internetseite als Werbung für die Klägerin genutzt werden solle. Dementsprechend sei der vereinbarte Preis besonders günstig. Aus dieser Angabe ergibt eine arglistige Täuschung des Beklagten jedoch nur dann, wenn die dem vorliegenden Vertrag zu Grunde liegenden Vertragsbedingungen nicht im Vergleich zu den üblicherweise von der Klägerin vertragsbedingungen besonders günstig waren. Der Beklagte hat keine Angaben zu den üblicherweise von der Klägerin vereinbarten Vertragskonditionen gemacht. Allein auf Grundlage unstreitigen bzw. bewiesenen Vortrages kann daher nicht festgestellt werden, ob die Angaben der Zeugin E. falsch waren. Allerdings ist die Klägerin hinsichtlich der von ihr üblicherweise verwendeten Vertragsbedingungen darlegungspflichtig. Dieser Darlegungspflicht ist sie trotz eines ausdrücklichen Hinweises des Gerichts im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2008 nicht nachgekommen. Auf Grund dieser fehlenden Darlegung der Klägerin ist von einer arglistigen Täuschung des Beklagten auszugehen. Grundsätzlich trägt zwar die Partei, die sich auf eine Anfechtung beruft, die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Anfechtungsrechts (BGH NJW 57, 988). Die Darlegungslast der Klägerin ergibt sich zum Einen daraus, dass die Zeugin E, eine ehemalige Mitarbeiterin der Klägerin, selbst angegeben hat, üblicherweise zu den mit dem Beklagten vereinbarten Konditionen Verträge abgeschlossen zu haben sowie zum anderen daraus, dass nur die Klägerin die Möglichkeit hat, zu dem Anteil der Verträge zu normalen und zu dem Anteil der Verträge mit Referenzkunden zu günstigeren Konditionen vorzutragen. Mangels entsprechender Angaben der Klägerin ist der Entscheidung zu Grunde zu legen ist, dass sie mit anderen Kunden Verträge nicht zu günstigeren Konditionen abgeschlossen hat. Hieraus ergibt sich eine arglistige Täuschung. Diese liegt vor, wenn der Erklärungsempfänger vorsätzlich zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums getäuscht wird. Durch die Erklärung der Zeugin E, die der Klägerin zuzurechnen ist, wurde bei dem Beklagten eine Fehlvorstellung darüber hervorgerufen, dass der ihm angebotene Vertrag zu besonders günstigen Konditionen erfolgen sollte. Eine solche Täuschung war offensichtlich auch beabsichtigt und zumindest mitursächlich für den Vertragsschluss durch den Beklagten. Der Vorsatz der Zeugin E. hinsichtlich der Täuschung ergibt sich bereits daraus, dass diese angegeben hat, einen besonders günstigen Vertrag zu schließen, obwohl sie dem Vertrag dieselben Vertragsbedingungen wie üblicherweise zu Grunde gelegt hat. Auch erklärte sie nicht zu wissen, in welchem Umfang tatsächlich Verträge zu einem teureren Normaltarif geschlossen wurden, so dass sie ins Blaue hinein erklärte, dem Beklagten besonders günstige Konditionen bieten zu können. Das Vorgehen der Klägerin, die ihrem potentiellen Vertragspartner vorgespiegelte, ein besonders günstiges Angebot zu erhalten ist daher als arglistige Täuschung anzusehen (vgl. OLG Hamm NJW-RR 93, 628).

Da der Vertrag durch die Anfechtung des Beklagten beendet wurde, kann dahinstehen, ob der Beklagte einen Anspruch auf Vertragsaufhebung auch als Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB zusteht.

Da der geltend gemachte Anspruch in der Hauptsache nicht besteht, bestehen auch nicht die auf Verzug mit der Zahlung des Hauptsacheanspruchs beruhenden Ansprüche auf Zinsen sowie Kosten. Ferner besteht auf Grund der wirksamen Vertragsanfechtung auch kein Anspruch nach § 280 Abs. 1 BGB auf Erstattung der Bankrücklastkosten oder anderer Kosten. ..."

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