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OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 03.03.2017 - 6 W 17/17 - Irreführung durch Nichtberücksichtigung eines einmalig gewährten Neukundenbonus

OLG Frankfurt am Main v. 03.03.2017: Irreführung durch Nichtberücksichtigung eines einmalig gewährten Neukundenbonus im Rahmen eines Preisvergleichs


Das OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 03.03.2017 - 6 W 17/17) hat entschieden:

   Ein Werbevergleich zwischen den für Stromlieferung anfallenden Jahrespreisen verschiedener Anbieter ist irreführend, wenn der Werbende in seinen - niedrigeren - Jahrespreis einen Neukundenbonus einbezogen hat, ohne deutlich darauf hinzuweisen, dass dieser Vorteil nur für das erste Bezugsjahr gilt. Für den danach gebotenen Hinweis reicht es nicht aus, wenn an anderer Stelle des Werbemittels der Neukundenbonus zwar erwähnt, in der vergleichenden Preistabelle jedoch - etwa durch einen Sternchenhinweis - kein Bezug dazu hergestellt wird.




Siehe auch Preiswerbung - Werbung mit Verkaufspreisen und Vergleichende Werbung


Gründe:



Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.

1. Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 5 Abs. 1 UWG auf Unterlassung zu, mit einem Jahrespreis für einen Strom- oder Gastarif zu werben, ohne deutlich darauf hinzuweisen, dass in den Jahrespreis ein einmaliger Neukundenbonus eingerechnet ist.

a) Die mit dem Antrag zu 1 a) beanstandete Bewerbung ist irreführend (§ 5 I Nr. 2 UWG), weil nicht deutlich wird, dass in die Jahrestarife der Antragsgegnerin bereits der - an anderen Stellen des Flyers beworbene - Neukundenbonus eingerechnet ist. Die Einbeziehung eines Neukundenbonus in einen zum Vergleich herangezogenen eigenen Preis ist nicht grundsätzlich irreführend. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Nicht zu beanstanden ist es, wenn sich aus dem Gesamtinhalt der Werbung mit hinreichender Klarheit ergibt, dass sich der vorgenommene Vergleich nur auf die Ersparnismöglichkeiten bezieht, die sich für den Kunden nach einem Wechsel zur Antragsgegnerin im ersten Vertragsjahr ergeben können (OLG Frankfurt, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 6 U 110/09, Rn. 6 - juris). An einer solchen Klarstellung fehlt es im Streitfall.

b) Die Antragsgegnerin wirbt in ihrem Flyer mit einer Preisvergleichstabelle, in der ihre Tarife "A" bzw. "A1" entsprechenden Tarifen der Antragstellerin gegenübergestellt werden. In einer gesonderten Spalte wird fett gedruckt die vermeintliche Ersparnis beworben, die sich bei einem Wechsel zur Antragsgegnerin ergeben soll. Die Aussage "Ihre mögliche Ersparnis" ist mit einem Sternchen versehen, das zu einem Hinweis auf der Rückseite des Flyers führt. Weder aus der Preistabelle noch aus dem Sternchenhinweis auf der Rückseite geht hervor, dass in die Tarife der Antragsgegnerin ein einmaliger Neukundenbonus eingerechnet ist. Lediglich unterhalb der Tabelle findet sich eine Aufschlüsselung, in der vorrangig der Arbeitspreis und der Grundpreis der A-​Tarife angegeben werden. Daneben findet sich - in sehr kleiner Schrift - der Hinweis "inkl. 100,00 Bonus ..." Ein Großteil der Leser des Werbeflyers wird diese versteckte Angabe nicht zur Kenntnis nehmen. Der Leser wird insbesondere nicht durch einen deutlichen Sternchenhinweis auf diese Angabe geleitet.

c) Es genügt nicht, dass an anderen Stellen des Flyers deutlich damit geworben wird, dass der Wechsel zur Antragsgegnerin mit einem Neukunden-​Bonus verbunden ist. Es fehlt ein Bezug zu der Preisvergleichstabelle. Das Preisvergleichsbeispiel bezieht sich nicht explizit nur auf das erste Vertragsjahr. Die beworbenen Preise können deshalb so verstanden werden, dass es sich nicht um spezielle, nur für Neukunden geltende Preise handelt, sondern um die regulären Tarife der Antragsgegnerin. Es kann damit der Eindruck entstehen, den Bonus könne der Kunde noch zusätzlich zu den dargestellten günstigen Preisen beanspruchen.

d) Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann auch nicht angenommen werden, dass allen relevanten Teilen der Durchschnittsverbraucher aus Vergleichsportalen im Internet bzw. aus der Werbepraxis der vergangenen Jahre bekannt ist, dass in Preisvergleichen von Energieversorgern stets eventuelle Wechselboni mit eingerechnet sind. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Wechsel von Strom- und Gastarifen für einen Großteil der Verbraucher ganz alltäglich und das Bewusstsein der Verbraucher entsprechend geschärft ist. Es kann nicht angenommen werden, dass der maßgebliche Verkehr auch ohne deutlichen Hinweis davon ausgeht, dass Neukunden-​Boni in den beworbenen Tarif eingepreist sind.




2. Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist die Dringlichkeitsvermutung des § 12 II UWG nicht deshalb widerlegt, weil der Aspekt der Einpreisung des Bonus erst mit der Beschwerdebegründung aufgeworfen worden ist. Der Streitgegenstand eines auf die konkrete Verletzungsform bezogenen Unterlassungsantrags umfasst alle Rechtsverletzungen, die in der konkreten Verletzungsform verwirklicht sind. Beanstandet der Antragsteller eine Werbung unter mehreren Gesichtspunkten, überlässt er es dem Gericht zu bestimmen, auf welchen Aspekt das Verbot gestützt wird (BGH GRUR 2013, 401Rn. 24 - Biomineralwasser). Wegen der Dispositionsmaxime darf ein gerichtliches Verbot allerdings nur auf solche Beanstandungen gestützt werden, die vom Antragsteller im Verfahren erhoben werden. Im Fall einer Irreführungsgefahr darf es nur mit einer Irreführung begründet werden, auf die sich der Kläger konkret berufen hat (Senat, GRUR-​RR 2013, 302 - Zählrate). In der Antragsschrift wird beanstandet, in dem Flyer werde nicht darauf hingewiesen, dass der in den Preis eingerechnete Bonus nur im ersten Vertragsjahr gezahlt wird. Dieser Vorwurf beinhaltet im Kern auch den Umstand, dass die Tarife der Antragsgegnerin als reguläre Tarife erscheinen und damit der Eindruck entstehen kann, dass zusätzlich zu der beworbenen Einsparung noch ein Bonus gezahlt wird.

3. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Unterlassung, in der Werbung Angaben zu zukünftigen Preiserhöhungen zu machen und dabei unterschiedliche Beträge zu nennen (Antrag zu 1. b). Insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen. Insoweit bezieht sich die Antragstellerin darauf, dass in dem Flyer mit einer Strompreiserhöhung ab dem 1.1.2017 um 0,556 Cent/kWh geworben wird, wobei der Erhöhungsbetrag nicht mit dem in der zweiten Fußnote auf der Rückseite angegebenen Erhöhungsbetrag von 0,467 Cent/kWh übereinstimme. Selbst wenn man hierin eine Unklarheit sieht, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass diese geeignet ist, Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen.



4. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Unterlassung, in der Werbung gegenüber Letztverbrauchern mit Preisangaben zu werben, ohne die anfallende Umsatzsteuer in den Endpreis einzubeziehen (Antrag zu 1. c). Auch insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen.

a) Nach § 3 PAngV hat, wer als Anbieter von Elektrizität oder Gas gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, den verbrauchsabhängigen Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und aller spezifischen Verbrauchssteuern (Arbeits- oder Mengenpreis) in der Werbung anzugeben.

b) Die Antragsgegnerin gibt im Innenteil des Flyers unter der tabellarischen Übersicht jeweils den Arbeitspreis pro Kilowattstunde als Bruttopreis an. Hierbei handelt es sich um die zum Zeitpunkt der Werbung gültigen Preise. Oberhalb der Preisvergleichstabelle findet sich die Angabe: "12 Monate Preisgarantie (ausgenommen Steuern und Umlagen; ab 01.01.2017 + 0,556 Cent/kWh ...)" Auch bei dem hier angegebenen Wert handelt es sich nach dem Vortrag der Antragsgegnerin in der Schutzschrift um einen Bruttowert. Dies stellt die Antragstellerin nicht in Abrede. Der Wert beinhaltet die Steuern und Umlagen ab dem 01.01.2017 pro Kilowattstunde. Lediglich in der Fußnote zu der so beworbenen Preisgarantie wird in der Erläuterung, um welchen Wert sich die Umlagen ab dem 1.1.2017 erhöhen, ein Nettowert angegeben. Es ist schon zweifelhaft, ob es sich hierbei um einen "Preis" im Sinne der PAngV handelt. Die fehlende Hinzurechnung der Umsatzsteuer ist jedenfalls deshalb unschädlich, weil in dem groß gedruckten Text der Bruttowert angegeben wird, um den sich die Kilowattstunde ab dem 1.1.2017 verteuert. Der Fußnotentext beinhaltet lediglich eine weitere Aufschlüsselung.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO.

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