Allein die Anzahl der Abmahnungen rechtfertigt einen Rechtsmissbrauchsvorwurf nicht, denn grundsätzlich steht es jedem Unternehmen offen, eine Vielzahl von Mitbewerbern abzumahnen, um den Wettbewerb auf diese Weise lauter zu halten. Vielmehr muss hinzukommen, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahners steht, nämlich einerseits was den Umfang der für die Abmahnungen aufgewendeten Tätigkeit - inklusive Kosten - anbetrifft, andererseits was den Anteil an erwirtschafteten Einnahmen betrifft. Die Grenze zum Rechtsmissbrauch ist dann überschritten, wenn der Umfang und die Kosten der Abmahntätigkeit bzw. die hieraus erzielten Einnahmen (Abmahnkosten und Vertragsstrafen) außer Verhältnis zur übrigen Geschäftstätigkeit des Unternehmens stehen. |
1. | festzustellen, dass ihr bis zum 31.10.2007 ein Unterlassungsanspruch dahingehend zustand, dass es der Beklagten untersagt war, im geschäftlichen Verkehr gegenüber privaten Endverbrauchern bei Fernabsatzverträgen über Kinderbekleidung auf der Internetplattform eBay die gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsbelehrung in der Weise zu erteilen, dass die Frist für den Widerruf zwei Wochen beträgt, |
2. | die Beklagte zu verurteilen, an sie 661,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen. |
".... Die Geltendmachung des erhobenen Unterlassungsanspruchs ist unter den gegebenen Umständen missbräuchlich im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG. a) Bei der Anwendung der Missbrauchsklausel des § 13 Abs. 5 UWG ist zu berücksichtigen, dass dieser Regelung neben der Aufgabe der Bekämpfung von Missbräuchen bei Wettbewerbsverbänden die Funktion eines Korrektivs gegenüber der weit gefassten Anspruchsberechtigung der Mitbewerber zukommt (vgl. BGH, Urt. V 6.4.2000 - I ZR 76/98, WRP 2000, 1269, 1271 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Dies gilt vor allem dann, wenn ein Wettbewerber einen Unterlassungsanspruch nicht als unmittelbar Verletzter geltend macht, sondern sich auf eine Klageberechtigung aus § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG aufgrund eines lediglich abstrakten Wettbewerbsverhältnisses beruft. Nach § 13 Abs. 2 UWG kann ein und derselbe Wettbewerbsverstoß durch eine Vielzahl von Anspruchsberechtigten verfolgt werden. Dies erleichtert zwar die im Interesse der Allgemeinheit liegende Rechtsverfolgung; die Fülle der Anspruchsberechtigten kann aber den Anspruchsgegner in erheblichem Maße belasten, so insbesondere dadurch, dass der Wettbewerbsverstoß zum Gegenstand mehrerer Abmahnungen und gerichtlicher Verfahren gemacht werden kann. Umso wichtiger ist es, dass die Regelung des § 13 Abs. 5 UWG immer dann eine Handhabe bietet, wenn der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch missbräuchlich geltend gemacht wird, insbesondere, wenn sachfremde Ziele - wie das Interesse, den Gegner durch möglichst hohe Prozesskosten zu belasten - als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (vgl. BGH WRP 2000, 1269, 1271 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung, m.w.N.). Aus diesem Grund ist bei der Anwendung des § 13 Abs. 5 UWG auch in besonderer Weise die Zielsetzung der UWG-Novelle vom 25. Juli 1994 zu beachten, die § 13 - wenn auch nicht unmittelbar § 13 Abs. 5 UWG selbst - neu gefasst hat. Zweck der UWG-Novelle 1994 war dabei auch, Missbräuche abzustellen, die sich daraus ergeben haben, dass Mitbewerber auf der Grundlage eines lediglich abstrakten Wettbewerbsverhältnisses ohne wesentliche anderen Eigeninteressen als den finanziellen Anreizen, die sich aus der Rechtsverfolgung ergeben konnten, massenhaft - häufig aufgrund eines systematischen Durchforstens von gewerblichen Anzeigen in Tageszeitungen oder Zeitschriften - Wettbewerbsverstöße abmahnen konnten (vgl. die Begründung zu Art. 1 Nr. 4 des Entwurfs des UWG-Änderungsgesetzes, BT-Drucks. 12/7345 S. 10 f. = WRP 1994, 369, 376 f.). b) Bei Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 13 Abs. 5 UWG ergibt sich bereits aus dem unstreitigen Sachverhalt und dem eigenen Vorbringen des Klägers, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im vorliegenden Fall missbräuchlich ist. Der Kläger hat schon nach eigenem Vorbringen im Jahr 1997, d. h. im Jahr der mit Schreiben vom 30. Juli 1997 ergangenen Abmahnung, etwa 150 wettbewerbsrechtliche Abmahnungen vorgenommen. Im Jahr 1998 hat er nach eigener Darstellung immer noch etwa 35 Abmahnungen ausgesprochen. Wie das Berufungsgericht festgestellt hat, ist Grundlage seiner Abmahntätigkeit die Überprüfung des Immobilienteils von Tageszeitungen auf wettbewerbswidrige Anzeigen. Schon aus der Zahl der Abmahnungen des Klägers ergibt sich, dass seine Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zu seinen behaupteten gewerblichen Tätigkeiten gestanden hat. Als weiteres Indiz für ein missbräuchliches Vorgehen kommt hinzu, dass der Kläger unter den gegebenen Umständen selbst dann, wenn seine eigenen Angaben zu seiner Tätigkeit als Bauträger und Altbausanierer zugrunde gelegt werden, an der Verfolgung des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse haben kann. Aus der Sicht eines wirtschaftlich denkenden Gewerbetreibenden dient seine Rechtsverfolgung vielmehr keinem anderen Interesse als seinem Gebühreninteresse als Rechtsanwalt. Es ist jedoch nicht Sinn des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG, den Gewerbetreibenden die Möglichkeit zu geben, unabhängig von jedem vernünftigen wirtschaftlichen Interesse ihres Unternehmens als selbsternannte Wettbewerbshüter Wettbewerbsverstöße jeglicher Art zu verfolgen. Der Kläger ist auch nach seinen eigenen Behauptungen lediglich in Berlin und dort auch nur bei einzelnen, wenn auch größeren Objekten, im Immobilienbereich gewerblich tätig. Die beanstandete Anzeige betraf dagegen Neubauwohnungen in K. bei Rosenheim, d. h. in einem weit von der Großstadt Berlin entfernten ländlichen Raum. Selbst dann, wenn solche Objekte in denselben Zeitungen angeboten werden sollten, ist es nach der Lebenserfahrung praktisch ausgeschlossesn, dass sich die Angebote tatsächlich behindern könnten. Der Kläger hat in den Vorinstanzen selbst nichts anderes vorgetragen. Er hat sich lediglich darauf berufen, dass er befürchten müsse, dass der beanstandete Wettbewerbsverstoß von anderen nachgeahmt werde. Allein mit dieser Erwägung lässt sich jedoch die sich aufgrund der Gesamtumstände aufdrängende Annahme eines Handelns im Gebühreninteresse nicht widerlegen. Auf die Frage, ob der Kläger mit der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen subjektiv nicht vornehmlich sein Gebühreninteresse als Rechtsanwalt verfolgt hat, kommt es - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht an. Entscheidend ist, dass eine derartige Verselbständigung der Abmahn- und Rechtsverfolgungstätigkeit von der eigentlichen Tätigkeit als Wettbewerber der mit der Regelung der Klageberechtigung verfolgten Zielsetzung des Gesetzes so klar widerspricht, dass objektiv ein Missbrauch im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG anzunehmen ist ..." |