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Landgericht Berlin Urteil vom 16.04.2008 -15 O 585/07 - Rechtsmissbrauch durch Vielfachabmahnungen, wenn deren Ertrag den der eigentlichen gewerblichen Tätigkeit übersteigt

LG Berlin v. 16.04.2008: Rechtsmissbrauch durch Vielfachabmahnungen


Das Landgericht Berlin (Urteil vom 16.04.2008 -15 O 585/07) hat entschieden:

   Allein die Anzahl der Abmahnungen rechtfertigt einen Rechtsmissbrauchsvorwurf nicht, denn grundsätzlich steht es jedem Unternehmen offen, eine Vielzahl von Mitbewerbern abzumahnen, um den Wettbewerb auf diese Weise lauter zu halten. Vielmehr muss hinzukommen, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahners steht, nämlich einerseits was den Umfang der für die Abmahnungen aufgewendeten Tätigkeit - inklusive Kosten - anbetrifft, andererseits was den Anteil an erwirtschafteten Einnahmen betrifft. Die Grenze zum Rechtsmissbrauch ist dann überschritten, wenn der Umfang und die Kosten der Abmahntätigkeit bzw. die hieraus erzielten Einnahmen (Abmahnkosten und Vertragsstrafen) außer Verhältnis zur übrigen Geschäftstätigkeit des Unternehmens stehen.




Siehe auch
Abmahnung
und
Rechtsmissbrauch


Zum Sachverhalt:


Die Parteien streiten um eine Unterlassungsverpflichtung und Abmahnkosten wegen eines Wettbewerbsverstoßes.

Die Klägerin handelte - wie auch die Beklagte unter dem Benutzernamen ... auf der Internetplattform eBay mit Kinderbekleidung.

Die Beklagte bot unter der Artikelnummer ... ein Kindernachthemd an. Das Angebot enthielt eine Widerrufsbelehrung, in der auf ein zweiwöchiges Widerrufsrecht hingewiesen wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K1 Bezug genommen.

Die Klägerin mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 22.Feb. 2007 ab. Nachdem die Beklagte die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgab, beantragte sie beim Landgericht Heilbronn den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Die Klägerin gab ihren Geschäftsbetrieb im Oktober 2007 (der genaue Zeitpunkt ist zwischen den Parteien streitig) auf.

Die Klägerin meint, bis zur Aufgabe ihres Geschäftsbetriebes zur Unterlassung und zum Ersatz der entstandenen Abmahnkosten nach einem Gegenstandswert von 7.500,00 EUR berechtigt gewesen zu sein, weil die Beklagte gegen § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. §§ 312c, 312d, 355f. BGB i. V. m. § 1 BGB - InfoVO verstoßen habe. Das Begehren der Klägerin sei nicht rechtsmissbräuchlich. Allein eine höhere Anzahl von Abmahnungen in vergleichbaren Fällen genüge für die Bejahung des Rechtsmissbrauchs nicht. Das Mandatsverhältnis des Prozessbevollmächtigten beruhe nicht auf einer - ohnehin nicht von diesem stammenden - Anzeige im Internet unter dem Pseudonym "H...". Auch Absprachen mit einem Prozessfinanzierer bestünden nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vortrages zur Frage des Rechtsmissbrauchs wird auf die Klageschrift und Schriftsätze vom 29. Feb. 2008, 11. März 2008 und 8. Apr. 2008 Bezug genommen.

Nachdem die Klägerin zunächst angekündigt hatte, Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten zu beantragen, beantragte sie zuletzt,

  1.  festzustellen, dass ihr bis zum 31.10.2007 ein Unterlassungsanspruch dahingehend zustand, dass es der Beklagten untersagt war, im geschäftlichen Verkehr gegenüber privaten Endverbrauchern bei Fernabsatzverträgen über Kinderbekleidung auf der Internetplattform eBay die gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsbelehrung in der Weise zu erteilen, dass die Frist für den Widerruf zwei Wochen beträgt,

  2.  die Beklagte zu verurteilen, an sie 661,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Sie meint, die Geltendmachung des Unterlassungsanspruches und des Ersatzes der Abmahnkosten sei rechtsmissbräuchlich. Hierzu behauptet sie, die Klägerin bzw. deren Prozessbevollmächtigter betreibe eine umfangreiche Abmahntätigkeit, die in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur geringen wirtschaftlichen Betätigung - insbesondere der nur geringen Umsätze im Textilbereich - der Klägerin stehe. Im Internet veröffentliche der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Angebote "kostenneutraler Abmahnungen". Dies sei zum einen das Angebot unter dem Pseudonym "H...", zum anderen das Angebot mit dem Absender gegen ...@aol.com. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin und die M... Prozessfinanzierungs- & Beteiligungs GmbH (im Folgenden M...GmbH) und die Klägerin wirkten dergestalt zusammen, dass der Prozessbevollmächtigte mit der Klägerin vereinbart habe, dass die Abmahnungen für sie kostenneutral erfolgen, weil er die Gebührenansprüche über die M... GmbH liquidiert, dies wiederum gegen Beteiligung an den Gebühren- und Vertragsstrafeerlösen. Es sei davon auszugehen, dass der Prozessbevollmächtigte mit der Klägerin eine Vereinbarung getroffen habe, wonach diese in erheblicher Höhe an seinen Gebühreneinnahmen aus der Abmahntätigkeit beteiligt wird. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin betreibe das Abmahngeschäft zudem in eigener Sache, denn die Klägerin selbst habe überhaupt keine Ahnung von den Rechten und Pflichten im Fernabsatzverkehr. Auch spreche der Prozessbevollmächtigte Abmahnungen im Namen der Klägerin aus, obwohl die Klägerin bereits ihre Tätigkeit bei eBay eingestellt habe. Schließlich deute auch die Inanspruchnahme einer Vielzahl von Landgerichten und die Verfolgung trotz Aufgabe des rechtsverletzenden Verhaltens auf einen Rechtsmissbrauch hin.

Die Kostenforderung sei auch deshalb unberechtigt, weil der Nachweis fehle, dass der Klägerin die Aufwendungen entstanden seien. Die Hinzuziehung eines Anwaltes sei nicht erforderlich gewesen. Schließlich sei der Gegenstandswert allenfalls mit 500,00 EUR zu bemessen, jedenfalls aber eine Streitwertminderung nach § 12 Absatz 4 UWG zu berücksichtigen.

Der Rechtsmissbrauch im vorliegenden Verfahren sei bereits durch die Entscheidungen des Landgerichts Heilbronn vom 23. Apr. 2007 und in weiteren vergleichbaren - von einem anderen Abmahner angestrengten - Verfahren indiziert, sodass es Sache der Klägerin sei, den Rechtsmissbrauch zu widerlegen.

Die Klage blieb erfolglos.





Aus den Entscheidungsgründen:


"Die Klage ist - auch mit den geänderten Anträgen - unzulässig.

Die in die Form eines Feststellungsantrages gekleidete Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches - und damit auch des Anspruchs auf Zahlung von Abmahnkosten - ist rechtsmissbräuchlich i. S. v. § 8 Absatz 4 UWG.

Bei missbräuchlicher Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs ist das Fehlen der Klage - oder Prozessführungsbefugnis anzunehmen, so dass eine Klage dann als unzulässig abzuweisen ist (vgl. Nachweise aus der Rspr. des BGH bei Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 8 Rn. 4.3). Folglich war das Vorliegen eines Missbrauchs von Amts wegen im Wege des Freibeweises zu prüfen (vgl. a.a.O. Rn 4.24). Da grundsätzlich von der Zulässigkeit der Geltendmachung des Anspruchs auszugehen ist, war es Sache der Beklagten, die grundsätzlich für die Klagebefugnis sprechende Vermutung zu erschüttern. Da ihr dies gelungen ist, hatte die Klägerin ihrerseits substantiiert die aufgekommenen Verdachtsgründe zu widerlegen (vgl. KG vom 16.01.2007 - 5 U 169/06; KG vom 25.01.2008 - 5 W 371/07). Dies ist ihr mangels Erfüllung der gerichtlichen Auflage vom 12.März 2008 nicht gelungen.

Dabei hat sich die Kammer bei der Bejahung des Rechtsmissbrauchs allerdings nicht bereits von der Entscheidung des Landgerichts Heilbronn leiten lassen.

Ob bereits deshalb von einem Indiz für die Rechtsmissbräuchlichkeit ausgegangen werden kann, weil das LG Heilbronn das Vorgehen der Klägerin als rechtsmissbräuchlich angesehen hat, bedarf keiner Entscheidung. Denn Rechtsmissbrauch liegt unabhängig von einer möglichen Indizwirkung des einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem LG Heilbronn vor:

Zwar liegt weder ein Fall der sogenannten Konzernsalve vor, denn die Beklagte trägt selbst nicht vor, dass sie wegen der streitgegenständlichen Rechtsverletzungen von mehreren konzernmäßig verbundenen Unternehmen in Anspruch genommen wird. Auch der umgekehrte Fall der Inanspruchnahme mehrerer Unternehmen auf Passivseite liegt nicht vor.

Der von der Kammer zu entscheidende Fall fällt aber in die vom Bundesgerichtshof entschiedene Fallkonstellation "Vielfachabmahner", zu der der BGH (GRUR 2001, 260 - Vielfachabmahner -, zu § 13 Absatz 3 UWG a.F.) sich wie folgt geäußert hat:

   ".... Die Geltendmachung des erhobenen Unterlassungsanspruchs ist unter den gegebenen Umständen missbräuchlich im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG.

a) Bei der Anwendung der Missbrauchsklausel des § 13 Abs. 5 UWG ist zu berücksichtigen, dass dieser Regelung neben der Aufgabe der Bekämpfung von Missbräuchen bei Wettbewerbsverbänden die Funktion eines Korrektivs gegenüber der weit gefassten Anspruchsberechtigung der Mitbewerber zukommt (vgl. BGH, Urt. V 6.4.2000 - I ZR 76/98, WRP 2000, 1269, 1271 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Dies gilt vor allem dann, wenn ein Wettbewerber einen Unterlassungsanspruch nicht als unmittelbar Verletzter geltend macht, sondern sich auf eine Klageberechtigung aus § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG aufgrund eines lediglich abstrakten Wettbewerbsverhältnisses beruft. Nach § 13 Abs. 2 UWG kann ein und derselbe Wettbewerbsverstoß durch eine Vielzahl von Anspruchsberechtigten verfolgt werden. Dies erleichtert zwar die im Interesse der Allgemeinheit liegende Rechtsverfolgung; die Fülle der Anspruchsberechtigten kann aber den Anspruchsgegner in erheblichem Maße belasten, so insbesondere dadurch, dass der Wettbewerbsverstoß zum Gegenstand mehrerer Abmahnungen und gerichtlicher Verfahren gemacht werden kann. Umso wichtiger ist es, dass die Regelung des § 13 Abs. 5 UWG immer dann eine Handhabe bietet, wenn der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch missbräuchlich geltend gemacht wird, insbesondere, wenn sachfremde Ziele - wie das Interesse, den Gegner durch möglichst hohe Prozesskosten zu belasten - als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (vgl. BGH WRP 2000, 1269, 1271 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung, m.w.N.). Aus diesem Grund ist bei der Anwendung des § 13 Abs. 5 UWG auch in besonderer Weise die Zielsetzung der UWG-Novelle vom 25. Juli 1994 zu beachten, die § 13 - wenn auch nicht unmittelbar § 13 Abs. 5 UWG selbst - neu gefasst hat. Zweck der UWG-Novelle 1994 war dabei auch, Missbräuche abzustellen, die sich daraus ergeben haben, dass Mitbewerber auf der Grundlage eines lediglich abstrakten Wettbewerbsverhältnisses ohne wesentliche anderen Eigeninteressen als den finanziellen Anreizen, die sich aus der Rechtsverfolgung ergeben konnten, massenhaft - häufig aufgrund eines systematischen Durchforstens von gewerblichen Anzeigen in Tageszeitungen oder Zeitschriften - Wettbewerbsverstöße abmahnen konnten (vgl. die Begründung zu Art. 1 Nr. 4 des Entwurfs des UWG-Änderungsgesetzes, BT-Drucks. 12/7345 S. 10 f. = WRP 1994, 369, 376 f.).

b) Bei Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 13 Abs. 5 UWG ergibt sich bereits aus dem unstreitigen Sachverhalt und dem eigenen Vorbringen des Klägers, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im vorliegenden Fall missbräuchlich ist.

Der Kläger hat schon nach eigenem Vorbringen im Jahr 1997, d. h. im Jahr der mit Schreiben vom 30. Juli 1997 ergangenen Abmahnung, etwa 150 wettbewerbsrechtliche Abmahnungen vorgenommen. Im Jahr 1998 hat er nach eigener Darstellung immer noch etwa 35 Abmahnungen ausgesprochen. Wie das Berufungsgericht festgestellt hat, ist Grundlage seiner Abmahntätigkeit die Überprüfung des Immobilienteils von Tageszeitungen auf wettbewerbswidrige Anzeigen. Schon aus der Zahl der Abmahnungen des Klägers ergibt sich, dass seine Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zu seinen behaupteten gewerblichen Tätigkeiten gestanden hat.

Als weiteres Indiz für ein missbräuchliches Vorgehen kommt hinzu, dass der Kläger unter den gegebenen Umständen selbst dann, wenn seine eigenen Angaben zu seiner Tätigkeit als Bauträger und Altbausanierer zugrunde gelegt werden, an der Verfolgung des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse haben kann. Aus der Sicht eines wirtschaftlich denkenden Gewerbetreibenden dient seine Rechtsverfolgung vielmehr keinem anderen Interesse als seinem Gebühreninteresse als Rechtsanwalt. Es ist jedoch nicht Sinn des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG, den Gewerbetreibenden die Möglichkeit zu geben, unabhängig von jedem vernünftigen wirtschaftlichen Interesse ihres Unternehmens als selbsternannte Wettbewerbshüter Wettbewerbsverstöße jeglicher Art zu verfolgen. Der Kläger ist auch nach seinen eigenen Behauptungen lediglich in Berlin und dort auch nur bei einzelnen, wenn auch größeren Objekten, im Immobilienbereich gewerblich tätig. Die beanstandete Anzeige betraf dagegen Neubauwohnungen in K. bei Rosenheim, d. h. in einem weit von der Großstadt Berlin entfernten ländlichen Raum. Selbst dann, wenn solche Objekte in denselben Zeitungen angeboten werden sollten, ist es nach der Lebenserfahrung praktisch ausgeschlossesn, dass sich die Angebote tatsächlich behindern könnten. Der Kläger hat in den Vorinstanzen selbst nichts anderes vorgetragen. Er hat sich lediglich darauf berufen, dass er befürchten müsse, dass der beanstandete Wettbewerbsverstoß von anderen nachgeahmt werde. Allein mit dieser Erwägung lässt sich jedoch die sich aufgrund der Gesamtumstände aufdrängende Annahme eines Handelns im Gebühreninteresse nicht widerlegen.

Auf die Frage, ob der Kläger mit der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen subjektiv nicht vornehmlich sein Gebühreninteresse als Rechtsanwalt verfolgt hat, kommt es - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht an. Entscheidend ist, dass eine derartige Verselbständigung der Abmahn- und Rechtsverfolgungstätigkeit von der eigentlichen Tätigkeit als Wettbewerber der mit der Regelung der Klageberechtigung verfolgten Zielsetzung des Gesetzes so klar widerspricht, dass objektiv ein Missbrauch im Sinne des § 13 Abs. 5 UWG anzunehmen ist ..."



Allein die Anzahl der Abmahnungen rechtfertigt dabei einen Rechtsmissbrauchsvorwurf nicht, denn grundsätzlich steht es jedem Unternehmen offen, eine Vielzahl von Mitbewerbern abzumahnen, um den Wettbewerb auf diese Weise lauter zu halten (vgl. auch OLG München vom 20.12.2006 - 29 W 2903/06, zitiert nach juris; OLG Frankfurt GRUR-RR 2007, 56). Alleine der Umstand, dass die Klägerin vielfach abmahnt, was der Kammer auch aus eigener Anschauung bekannt ist, ist daher nicht als maßgebliches Indiz für Rechtsmissbrauch geeignet.

Vielmehr muss - so auch der BGH in der zitierten Entscheidung - hinzukommen, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahners steht, nämlich einerseits was den Umfang der für die Abmahnungen aufgewendeten Tätigkeit - inklusive Kosten - anbetrifft (vgl. hierzu auch OLG Frankfurt GRUR-RR 2007, 56), andererseits was den Anteil an erwirtschafteten Einnahmen betrifft (vgl. hierzu auch OLG Hamm vom 24.10.2007 - 4 U 8/06; zitiert nach juris). Die Grenze zum Rechtsmissbrauch ist dann überschritten, wenn einerseits der hierfür aufgewendete Umfang und Kosten der Tätigkeit bzw. andererseits die hieraus erzielten Einnahmen (Abmahnkosten und Vertragsstrafen) außer Verhältnis zur übrigen Geschäftstätigkeit des Unternehmens stehen.

Hierzu ist von der Beklagten vorgetragen, dass die Klägerin angesichts ihrer Angebote im niedrigen Preissegment und bekanntlich geringer Gewinnspanne im Textilbereich nur geringe Umsätze erzielen kann. Dem ist die Klägerin mit substantiiertem Vortrag nicht entgegengetreten, obwohl alleine sie hierzu hätte Angaben machen können. Der Vortrag der Beklagten genügt, um die für die Klagebefugnis sprechende Vermutung zu erschüttern, denn die Anforderungen an den zwecks Erschütterung der Vermutung von der Beklagten zu fordernden Vortrag sind nicht zu überspannen, denn sie hat naturgemäß keine Einblicke in das (vormalig betriebene) Unternehmen der Klägerin, weshalb die Klägerin eine sekundäre Behauptungslast trägt.

Die Klägerin ist dem Vortrag der Beklagten zur wirtschaftlichen Unverhältnismäßigkeit nicht mit konkretem Vortrag entgegengetreten, denn sie hat die Auflage des Gerichts vom 12. März 2008 nicht erfüllt. Die dafür angegebene Begründung überzeugt nicht. Dass eingereichte Unterlagen zur Geschäfts- und Abmahntätigkeit auch der Gegenseite zur Kenntnis gebracht werden müssen, entspricht den Grundsätzen der ZPO wie auch des verfassungsrechtlich verankerten Anspruchs auf rechtliches Gehör. Die Einsetzung eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Mittlers bzw. ein in-camera-Verfahren lehnt die Kammer aus (verfassungs)grundsätzlichen Erwägungen ab, weshalb eine diesbezügliche Anregung von der Kammer nicht erfolgte.

Die Befürchtung der Klägerin, die Unterlagen könnten einer breiten Öffentlichkeit bekannt werden, verfängt nicht, denn die Prozessbeteiligten unterliegen insoweit gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten.

Ob auch die weiteren von der Beklagten angeführten Umstände für einen Rechtsmissbrauch sprechen (Absprache über die Kosten, Einschaltung eines Prozessfinanzierers, behaupteter Aufruf im Internet zwecks Begründung von Mandatsverhältnisses, Inanspruchnahme einer Vielzahl unterschiedlicher wohnsitzferner Gerichte) kann dahinstehen. ..."

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