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OLG Hamburg Urteil vom 24.08.2000 - 3 U 178/00 - Einstweilige Verfügung und Rechtsmissbrauch

OLG Hamburg v. 24.08.2000: Einstweilige Verfügung und Rechtsmissbrauch


Das OLG Hamburg (Urteil vom 24.08.2000 - 3 U 178/00) hat entschieden:
Die Befugnis eines Wettbewerbers zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung wegen eines angeblich wettbewerbswidrigen Handelns durch Verstoß gegen das Rabattgesetz fällt weg, wenn er mit der Antragstellung nicht die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, sondern rechtsmissbräuchliche Ziele bezweckt. - Rechtsmissbräuchlich ist die Nutzung der Klagebefugnis aufgrund eines Wettbewerbsverstoßes stets dann, wenn der Wettbewerber mit der einstweiligen Verfügung eine Geldleistung erreichen will, die einen möglicherweise bestehenden Schadensersatzanspruch deutlich übersteigt.




Siehe auch Einstweilige Verfügung und Rechtsmissbrauch - die rechtsmissbräuchliche Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs in Abmahnung und Prozess


Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Antragsgegnerin, über das Internet Waren unter Anwendung eines sogenannten Co-​Shoppings zu vertreiben.

Die Parteien sind Wettbewerber und verkaufen unter ihren jeweiligen Internetadressen Waren, wobei die Antragstellerin ein Handelsforum für Verkäufer und Käufer zur Verfügung stellt, während die Antragsgegnerin die Waren im eigenen Namen an Endabnehmer veräußert. Dabei verwendet sie das von ihr als Co-​Shopping bezeichnete Verfahren, das sie u.a. wie folgt beschreibt:
"Zu jedem Produkt finden Sie eine mehrstufige Preisskala. Dort sehen Sie, wie viele Co-​Shopper sich bereits für das Produkt entschieden haben und auf welcher Preisstufe es sich zurzeit befindet. Denn welche Preisstufe erreicht ist, hängt von der aktuellen Zahl an Co-​Shoppern ab. Auf der Skala erkennen Sie ebenfalls, wie viele Co-​Shopper für die nächst niedrigere Preisstufe oder den Besten Preis benötigt werden, und wie lange das Angebot noch offen bleibt. Wenn schon vor dem eigentlichen Verkaufsende genügend Co-​Shopper zusammenkommen, wird das Angebot sofort geschlossen. Sie haben die Wahl: Möchten Sie das Produkt auf jeden Fall kaufen, dann erhalten Sie es zu dem Preis, der bei Angebotsende erreicht ist. Das ist, je nach Käuferzahl, entweder der Beste Preis oder einer der ebenfalls sehr günstigen Co-​Shopping-​Preise. Möchten Sie das Produkt nur zum Besten Preis erwerben, kommt der Kaufvertrag nur dann zustande, wenn sich bis Angebotsende genügend andere Co-​Shopper gefunden haben und der Beste Preis tatsächlich erreicht wurde."
Die Muttergesellschaft der Antragsgegnerin, die LetsBuyIt.com N.V. , ist inzwischen am 20. Juli 2000 an die Börse gegangen, nachdem sie den zunächst für den 12. Juli 2000 geplanten ersten Handelstag verschoben hatte. Das Ende der Bookbuildingphase, innerhalb derer die Anleger die Aktien zeichnen konnten, war seinerzeit der 7.Juli 2000.

Die Antragstellerin, die im September 1999 gegründet wurde und die ihren Dienst im Internet offiziell am 15. Mai 2000 in Betrieb nahm, nachdem sie bereits ab 27. April 2000 eine Testphase durchlaufen hatte, mahnte die Antragstellerin mit Schreiben vom 29. Mai 2000 wegen des nach ihrer Ansicht u.a. gegen das Rabattgesetz verstoßenden Co-​Shoppings ab. Die Antragsgegnerin unterwarf sich nicht, sondern regte im Rahmen eines Telefonats ihres Geschäftsführers vom 5. Juni 2000 an, eine einverständliche Regelung des Streits durch eine "kaufmännische Lösung" zu suchen. Der weitere Verlauf des Gesprächs ist streitig. Sodann erwirkte die Antragstellerin die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 28. Juni 2000, mit welcher der Antragsgegnerin im Ergebnis die Verwendung ihres Verkaufssystems "Co-​Shopping" untersagt wurde, deren Zustellung die Antragstellerin aber zunächst unterließ. Hierüber kam es im weiteren Verlauf zwischen den Vorstandsmitgliedern der Antragstellerin und dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin sowie den beteiligten Anwälten zunächst zu Telefonaten streitigen Inhalts. Darauf wies die L in ihrem Börsenprospekt auf die Existenz der einstweiligen Verfügung hin. Schließlich fand am 3. Juli 2000 in Frankfurt ein Treffen zwischen den gesetzlichen Vertretern der Parteien und ihren Anwälten statt. Auf Seiten der Antragsgegnerin nahmen auch zwei Vertreter der Fa. L an dem Gespräch teil.

Gegenstand des Gespräches war jedenfalls auch die Erörterung einer vergleichsweisen Regelung. In diesem Zusammenhang wurde u.a. über eine mögliche finanzielle Beteiligung der Firma L an der Antragstellerin gesprochen. Ob dabei von Seiten der Antragsgegnerin bereits ein Betrag von 10 Mio. DM in Aussicht gestellt worden ist, den die Antragstellerin zuvor als ihren Gesamtfinanzierungsbedarf für die nächsten zwölf Monate dargelegt hatte, steht zwischen den Parteien im Streit. Jedenfalls ging man mit der Maßgabe auseinander, dass über die in Aussicht genommene Investition der Antragsgegnerseite ein "Letter of Intent" erstellt und hierüber am 13. Juli 2000 weiterverhandelt werden sollte. Am 5. Juli 2000 übermittelte die Antragstellerin der Antragsgegnerin dann ein Schreiben ihrer Anwälte, in dem die Antragstellerin mitteilte, sie stelle sich ein Investment der Antragsgegnerseite von mindestens 10,0 Mio. DM vor. Die Antragsgegnerin möge bis zum darauffolgenden Tag, 0.00 Uhr, verbindlich erklären, für den Fall, dass eine Einigung über das Investment nicht zustande kommen sollte, eine Vertragsstrafe von DM 5 Mio. zu zahlen. In dem Schreiben heißt es u.a. wörtlich:
"Aufsichtsrat und Vorstand der C haben gestern beschlossen, die Vertragsstrafenregelung nicht bis zum 13.07.2000 hinauszuschieben. Vielmehr wird verlangt, dass L bzw. L bis spätestens Donnerstag, den 06.07.2000, 24.00 Uhr, verbindlich zusichert, für den Fall des Nichtzustandekommens des oben umschriebenen Investments pauschal 5, 0 Mio. DM zum Ausgleich der entstandenen Nachteile an die C zu zahlen. Dadurch soll die C für den wenngleich unerwarteten Fall abgesichert werden, dass das oben umschriebene Investment nicht oder nicht innerhalb des besprochenen Zeitraumes vereinbart wird. Durch die Zusicherung, gegebenenfalls 5, 0 Mio. DM an die C zu zahlen, sollen L bzw. .L motiviert werden, die Verhandlungen im Hinblick auf das oben umschriebene Investment bei der C ernsthaft und zügig zu betreiben. Umgekehrt wird die C für den Fall, dass eine verbindliche Zahlungszusage seitens L bzw. .L fristgerecht vorliegt, darauf verzichten, die bei dem Landgericht Hamburg erwirkte einstweilige Verfügung gegen L zuzustellen und umzusetzen."
Die Antragsgegnerin lehnte die Eingehung der geforderten Verpflichtungen unter Hinweis darauf ab, dass sie sich erpresst fühle, worauf es schließlich zum Abbruch der Verhandlungen durch die Antragstellerin kam. Sie stellte die einstweilige Verfügung am 20. Juli 2000 zu.

Mit ihrem Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung hat die Antragsgegnerin die Auffassung vertreten, die Sache sei nicht dringlich. Sie hat vor allem gemeint, die Antragstellerin habe den Verfügungsantrag mit Rücksicht auf den Börsengang der Muttergesellschaft der Antragsgegnerin zur Unzeit gestellt und evident rechtsmissbräuchlich gehandelt, denn sie habe den erlangten Titel nur dazu nutzen wollen, die Antragsgegnerin gerade zum Zeitpunkt des Börsenganges ihrer Muttergesellschaft unter Druck zu setzen und von ihr bzw. der Muttergesellschaft unverhältnismäßig hohe Zahlungen zu erpressen. Im übrigen verstoße ihr Geschäftskonzept weder gegen das Rabattgesetz, noch gegen die Preisangabenverordnung oder das UWG. Ihr Modell enthalte eine zulässige Preisspaltung.

Die Antragstellerin hat vorgetragen, ihr primäres Interesse sei darauf gerichtet gewesen, dass die Antragsgegnerin ihr rechtswidriges Verhalten einstelle. Diese habe dann aber ein "kaufmännische Lösung" und später im Gespräch vom 3. Juli 2000 die hohe Investitionssumme angeboten. Darüber zu verhandeln sei nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. Eine Investition von 10 Mio. DM bei der Antragstellerin sei von Seiten der Antragsgegnerin ins Gespräch gebracht worden. Man habe aber Misstrauen gegen die Ernsthaftigkeit der vorgeschlagenen Regelung gehabt und befürchtet, die Antragsgegnerin wolle durch die Verhandlungen lediglich Zeit gewinnen, damit ihre Muttergesellschaft vor Zustellung der einstweiligen Verfügung ungestört an die Börse gehen könne. Daher habe man als Sicherheit und zur Überprüfung der Ernsthaftigkeit der Absichten der Antragsgegnerin unter kurzer Fristsetzung die Vertragsstrafe von DM 5 Mio. gefordert, was aber - wie auch telefonisch erläutert - der Höhe nach verhandelbar gewesen sei.

Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung bestätigt. Es hat unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats zum sogenannten powershopping (WRP 2000, 412) einen Verstoß der Antragsgegnerin gegen das Rabattgesetz festgestellt und gemeint, angesichts der Tatsache, dass zwischen Erpressung und beiderseitiger kaufmännischer Betrachtung nur Nuancen lägen, sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein rechtsmissbräuchliches Verhaltens der Antragstellerin nicht überwiegend wahrscheinlich feststellbar.

Im Berufungsrechtszug trägt die Antragsgegnerin unwidersprochen ergänzend vor, ein Vorstandsmitglied der Antragstellerin habe bereits in dem nach der Abmahnung der Antragsgegnerin geführten Gespräch geäußert, die Antragstellerin erhalte derzeit kein weiteres Kapital, weshalb die finanziellen Mittel für Marketing nicht vorhanden seien und die Antragstellerin auf den "PR-​Effekt" einer Abmahnung des größten Konkurrenten angewiesen sei.

Die Antragstellerin verteidigt den Bestand der einstweiligen Verfügung unter erneutem Hinweis darauf, dass es die Antragsgegnerseite gewesen sei, die ein Investment bei der Antragstellerin vorgeschlagen habe.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat Erfolg. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, denn sie hat die ihr grundsätzlich zustehende Klagebefugnis missbraucht, indem sie die erlangte einstweilige Verfügung dazu benutzte, den Versuch zu unternehmen, die Antragsgegnerin unter Druck zu setzen, um so von dieser bzw. deren Muttergesellschaft der Antragstellerin nicht zustehende Vermögensvorteile zu erlangen.

I.

1. Die Dringlichkeitsvermutung des § 25 UWG, die auch für Ansprüche aus dem RabattG gilt (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., Rdnr. 11 zu § 25 UWG), ist allerdings nicht widerlegt.

Das könnte dann der Fall sein, wenn die Antragstellerin durch ihr eigenen Verhalten zu erkennen gegeben hätte, dass ihr die Sache selbst nicht eilig ist (ebenda, Rdnr. 13 zu § 25 UWG). Hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen jedoch nicht.

Soweit dabei auf den Zeitpunkt abgestellt wird, zu dem die Antragstellerin offiziell auf dem Markt erschienen ist und ihre Dienste im Internet für jedermann angeboten hat (15. Mai 2000), ist eine Zeitverzögerung von Gewicht nicht festzustellen. Die Abmahnung vom 29. Mai 2000 erfolgte alsbald. Auch wenn die der Antragsgegnerin gesetzte Erklärungsfrist bereits am 5. Juni 2000 ablief, lässt der bis zur Beantragung der einstweiligen Verfügung verstrichene Zeitraum eine zögerliche Behandlung der Sache nicht erkennen. Die Prüfung, ob nach erfolgloser Abmahnung gerichtliche Schritte eingeleitet werden, darf der Abmahnende sorgfältig und ohne übermäßige Eile vornehmen. Dabei sind im konkreten Fall angesichts des für die Antragstellerin mit dem Vorgehen gegen die wirtschaftlich wesentlich stärkere Antragsgegnerin verbundenen Risikos, wie etwa dem späterer Schadensersatzleistungen nach § 945 ZPO, die verstrichenen ca. dreieinhalb Wochen von dem Ende der gesetzten Frist bis zur Beantragung der einstweiligen Verfügung nicht zu lang.

Eine weitere zeitliche Verzögerung könnte allerdings dann angenommen werden, wenn von der Antragstellerin - wie die Antragsgegnerin meint - zu verlangen gewesen wäre, dass sie bereits in der Phase der Vorbereitung ihres Marktauftrittes Maßnahmen gegen das ihr unstreitig bereits lange bekannte und nach ihrer Ansicht unzulässige Verkaufssystem der Antragsgegnerin ergreift. Das wäre dann der Fall, wenn angenommen werden könnte, dass zwischen den Parteien bereits vor dem 15. Mai 2000 ein die Klagebefugnis der Antragstellerin begründendes Verhältnis im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG bestand, das die Antragstellerin zum Vorgehen gegen das System der Antragsgegnerin nötigte. Dass die Antragstellerin vor dem 15. Mai 2000 nicht bereits Waren auf demselben Markt vertrieben hat, die gegenüber denen der Antragsgegnerin "gleicher oder verwandter Art" waren, sondern allenfalls ab dem 27. April 2000 einen Testbetrieb eingerichtet hatten, steht außer Streit. Grundsätzlich reicht es für den Abwehranspruch des Mitbewerbers nach § 13 UWG auch aus, dass nach dem Gegenstand der Geschäftsbetriebe jederzeit zukünftig wettbewerbsrechtliche Beziehungen eintreten können (BGHZ 13, 244 ff. - Cupresa-​Kunstseide; HansOLG WRP 96, 218 (220) - MASKULA). Die Vorbereitung und die ernstliche Absicht, die Waren auf dem Markt anzubieten, ist ausreichend (HansOLG, GRUR 77, 161 - Teaquick). Das setzt aber voraus, dass der Betrieb als solcher bereits aufgenommen worden ist. Wer den Betrieb noch nicht aufgenommen hat, ist nicht klagebefugt (KG, WRP 81, 461). Ob dies vorliegend bei dem Testbetrieb der Antragstellerin der Fall war, braucht aber nicht entschieden zu werden. Die Antragstellerin hat nämlich unwiderlegt vorgetragen, dass über die tatsächliche Durchführung des von ihr später angebotenen "Dienstes" wegen zunächst noch fehlender Investitionsmittel noch nicht entschieden worden war. Stand aber noch nicht endgültig fest, ob die Antragstellerin ihren Betrieb endgültig aufnehmen und welchen Markt sie bedienen würde, so brauchte sie das finanzielle Risiko, das in einer - gerichtlichen - Auseinandersetzung mit der Antragsgegnerin lag, nicht bereits einzugehen, und zwar unabhängig davon, ob sie im Streitfall bereits schon als klagebefugt hätte angesehen werden können. Letzteres war jedenfalls mit einer rechtlichen Unsicherheit behaftet. Wenn sie das auch deshalb bestehende Risiko, im Streitfall wegen einer fehlenden Klagebefugnis zu unterliegen, nicht einging, sondern bis zur endgültigen Aufnahme ihres Betriebes zuwartete, so kann ihr dies nicht als ein Zögern entgegengehalten werden, aus dem ihr mangelndes Interesse an einer schnellen Klärung der Angelegenheit geschlossen werden könnte.

Das gilt nach dem Vorstehenden erst recht für die Zeit seit Eintragung der Antragstellerin in das Handelsregister bis zum Beginn der Testphase.

Unter diesen Umständen ist auch nicht zu erkennen, dass die Antragstellerin etwa zur Unzeit gegen die Antragsgegnerin vorgegangen wäre, denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass zwischen der offiziellen Betriebsaufnahme und dem Börsengang der L ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der erkennen ließe, dass die Antragstellerin ihren Betrieb etwa nur deshalb aufgenommen haben könnte, um aus dem Börsengang der Muttergesellschaft der Antragsgegnerin Kapital zu schlagen.

2. Die Antragstellerin ist grundsätzlich auch klagebefugt im Sinne des § 13 Abs. 2 Ziff. 1 UWG. Das steht zwischen den Parteien zu Recht nicht im Streit, denn infolge der Inbetriebnahme ihres an den Endverbraucher gerichteten Verkaufssystems vertreibt die Antragstellerin wie die Antragsgegnerin Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt. Das angegriffene Verkaufssystem der Antragsgegnerin ist auch geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Ist es nämlich rechtswidrig, so erlangt die Antragsgegnerin gegenüber den sich rechtstreu verhaltenden Mitbewerbern einen nicht ... gerechtfertigten ... Vorteil. Insoweit besteht zwischen den Parteien auch ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, denn sie bedienen den gleichen Markt. Als unmittelbar Verletzte ist die Antragstellerin somit gleichfalls klagebefugt.

3. Die Antragstellerin hat aber von ihrer Klagebefugnis nicht in einer deren Zweck dienenden Weise Gebrauch gemacht, sondern sie missbräuchlich genutzt, womit die Klagebefugnis entfällt und der Verfügungsantrag unzulässig ist. Soweit die Antragstellerin als unmittelbar betroffene Wettbewerberin aktivlegitimiert ist, entfällt gleichermaßen das Rechtsschutzinteresse für den geltend gemachten Verfügungsanspruch. Der Verfügungsantrag ist folglich als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdnr. 47 zu § 13 UWG).

Diese Feststellungen ergeben sich bereits aus dem unstreitigen Sachverhalt, insbesondere dem Schreiben des Rechtsanwalts S vom 5. Juli 2000 (Anlage AG 12) und dem eigenen Vortrag der Antragstellerin. Schon deshalb kommt es nicht darauf an, welche der von den Parteien zum Verlauf der Verhandlungen jeweils vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen inhaltlich zutreffend sind.

a) Die Klagebefugnis des § 13 Abs. 2 UWG dient dazu, unlauteren Wettbewerb im Interesse der Allgemeinheit wirksam zu bekämpfen. Ist aber nach den Umständen der Ausübung der Klagebefugnis erkennbar, dass die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs - hier ggf. einer unzulässigen Rabattgewährung - nur als Vorwand dient und der eigentlich beherrschende Zweck der Rechtsverfolgung ein anderer ist, wie etwa die Erzielung von Geldeinnahmen, dann liegt eine missbräuchliche Geltendmachung der Klagebefugnis vor, die ihrem Zweck zuwider läuft. Die Eröffnung einer zusätzlichen Erwerbsquelle ist nicht der Zweck der Rechtsschutzgewährung. Das hat der Bundesgerichtshof für die Tätigkeit von Wettbewerbsvereinen und Verbänden im Sinne des § 13 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 UWG angenommen (vgl. BGH GRUR 90, 282 ff. (285) - Wettbewerbsverein IV; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., RN 48 ff. zu § 13 UWG; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 13, RN 56 ff.). Das gilt aber gleichermaßen auch für den Mitbewerber im Sinne des § 13 Abs. 2 Ziff. 1 UWG, auch soweit er unmittelbar und nicht nur abstrakt verletzt ist. Die Vorschrift des § 13 Abs. 5 UWG erfasst sämtliche Umstände, die im Akt der Geltendmachung eines Anspruches begründet sind, also alle Umstände der vorprozessualen und prozessualen Geltendmachung, die mit einem Makel behaftet sind, der das Vorgehen missbräuchlich erscheinen lässt (vgl. Teplitzky, a.a.O., RN 46). Die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen ermöglicht keinesfalls die Verfolgung eigensüchtiger, dem Zweck der Klagebefugnis widersprechender Ziele (vgl. OLG Karlsruhe, WRP 86, 49; OLG München, WRP 86, 304f (305)). Für Letzteres ist zwar grundsätzlich der Beklagte/Antragsgegner darlegungs- und beweispflichtig. Treffen aber mehrere einen Missbrauch indizierende Umstände zusammen, so ist die Vermutung der korrekten Ausübung der Klagebefugnis erschüttert, so dass der Kläger/Antragsteller darlegen und beweisen bzw. glaubhaft machen muss, dass sein Vorgehen dem Zweck der Klagebefugnis entspricht (vgl. Teplitzky, a.a.O., RN. 54; OLG Köln, GRUR 93, 571). So liegt der Fall hier.

Die Antragstellerin hat ihre Stellung als klagebefugte Partei dazu genutzt, die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 28. Juni 2000 zu erwirken und diese bzw. die Frage ihrer Zustellung sodann zum Gegenstand von Verhandlungen mit der Antragsgegnerin zu machen, deren beherrschendes Ziel es jedenfalls im Verlaufe der Verhandlungen geworden ist, eine Zahlung der Antragsgegnerin bzw. ihrer Muttergesellschaft zu erlangen, die weit über einen möglicherweise berechtigten Schadensausgleich hinausging.

b) Ob sie bereits mit dem Erwirken der einstweiligen Verfügung die Absicht verfolgt hat, durch den Angriff gegen einen großen Konkurrenten auf dem Markt von Internetwarenbörsen ein Publizität zu erzielen, die sie ansonsten voraussichtlich nur durch kostenintensivere Werbemaßnahmen erlangt hätte, kann dahinstehen, obwohl dafür bereits die unstreitig gebliebene Äußerung des Vorstandsmitglieds der Antragstellerin ... in dem mit dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin nach der Abmahnung vom 29. Mai 2000 geführten Gespräch spricht, die dahin ging, dass die finanziellen Mittel der Antragstellerin für Marketing nicht vorhanden seien, weshalb die Antragstellerin auf den "PR-​Effekt" einer Abmahnung des größten Konkurrenten angewiesen ... sei. Darauf, ob die Frage nach einer kaufmännischen Lösung nach Erlass der einstweiligen Verfügung von seiten der Antragstellerin oder aber erneut durch die Antragsgegnerin aufgeworfen worden ist, kommt es ebenfalls nicht an. Wenn die Antragstellerin derartige Verhandlungen führte, handelte sie zwar ersichtlich allein im eigenen Interesse, denn der gegenüber der Antragsgegnerin in Aussicht gestellte Verzicht auf die Zustellung der einstweiligen Verfügung konnte - die Rechtswidrigkeit des Verkaufssystems der Antragsgegnerin unterstellt - nicht im Allgemeininteresse liegen. Allerdings kann in diesem Umstand allein noch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten gesehen werden. Immerhin konnte die Antragstellerin für sich in Anspruch nehmen, durch das angegriffene Verkaufssystem der Antragsgegnerin nicht nur abstrakt, sondern auch ganz konkret in der Weise betroffen zu sein, dass ihr eigener Warenumsatz durch das - nach ihrer Ansicht rechtmäßige - Verkaufssystem infolge der Konkurrenz der Antragsgegnerin beeinträchtigt sein konnte, ihr also ein Schaden entstanden ist. Wenn sie in ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse in Erwägung zog, die einstweilige Verfügung nicht zuzustellen, wenn die Antragsgegnerin im Gegenzug etwaige auf seiten der Antragstellerin durch die Anwendung des angegriffenen Verkaufssystems entstehende Nachteile im Rahmen einer "kaufmännischen Lösung" ausgleicht, so ist dies nicht zu beanstanden. Derartige wirtschaftliche Überlegungen durfte die Antragstellerin mit Rücksicht auf ihre tatsächliche Beeinträchtigung anstellen. Dabei durfte sie selbstverständlich auch das in der Durchführung eines Rechtsstreits liegende Risiko eines späteren Unterliegens und daraus möglicherweise folgende Schadensersatzansprüche nach § 945 ZPO berücksichtigen.

Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang auch auf die im Schreiben der Anwälte der Antragstellerin vom 5. Juli 2000 erhobene Forderung nach einer Investition in Höhe von DM 10 Mio. Wer diese Summe im Verlaufe der Vertragsverhandlungen als mögliche Investitionssumme der Antragsgegnerseite ins Gespräch gebracht hat, braucht nicht geklärt zu werden. Unstreitig haben im Verlaufe des Gesprächs vom 3. Juli 2000 beide Seiten darüber diskutiert, ob die "kaufmännische Lösung" durch eine Investition der Antragsgegnerseite bei der Antragstellerin erreicht werden könnte. Das war als solches schon deshalb nicht rechtsmissbräuchlich, weil die es Antragsgegnerin war, die von sich aus eine einvernehmliche Lösung im Sinne eines finanziellen Ausgleichs angeregt hatte. Allerdings war der dann von der Antragstellerin im Schreiben ihres Anwalts vom 5. Juli 2000 angeführte Betrag von DM 10 Mio. ungewöhnlich hoch. Immerhin handelte es sich dabei um den gesamten Finanzbedarf des Antragstellerin für die nächsten 12 Monate, durch den die weitere Etablierung des seinerzeit unstreitig finanziell noch nicht hinreichend ausgestatteten Unternehmens der Antragstellerin als Internetwarenbörse hätte sichergestellt werden sollen. Dennoch war eine solche Investition auch der Höhe nach nicht zu beanstanden, mag diese Summe - unterstelltermaßen - auch erstmals von der Antragstellerin genannt worden sein. Immerhin wäre eine solche Investition keinesfalls allein an den Bestand bzw. die Zustellung der einstweiligen Verfügung geknüpft worden. Vielmehr hätte hier auch ein darüber hinausgehendes Gegenseitigkeitsverhältnis bestanden, denn die Antragsgegnerseite hätte über die Investitionsleistung auch über Beteiligungsansprüche an einem etwaigen wirtschaftlichen Erfolg der Antragstellerin partizipiert. Auch waren die Beteiligten des Gespräches vom 3. Juli 2000 mit der Maßgabe auseinandergegangen, die Gespräche über eine mögliche Investition und deren Höhe erst am 13. Juli 2000 und somit nach dem zunächst geplanten Börsengang der L fortzusetzen und zuvor nur eine Absichtserklärung zu unterzeichnen. Damit hätte die Antragsgegnerseite auch - trotz der weiter bestehenden Möglichkeit der Zustellung der einstweiligen Verfügung - nicht unter dem infolge des beabsichtigten Börsenganges lastenden Druck gestanden. Dass die Antragstellerin diesen unlauter hätte ausnutzen wollen, wäre nicht zu erkennen gewesen.

c) Ob sich an dieser Situation durch das Schreiben vom 5. Juli 2000 etwas geändert hat, weil die Antragstellerin darin eine Festschreibung der Investitionssumme von DM 10 Mio. verlangte, kann dahinstehen. Jedenfalls das darüber hinausgehende Verlangen der Antragstellerin lässt erkennen, dass sie die einstweilige Verfügung, mag sie diese zunächst auch in lauterer Absicht erwirkt haben, jedenfalls ab diesem Zeitpunkt vornehmlich zu dem Zweck genutzt hat, sich nicht gerechtfertigte finanzielle Vorteile ... zu ... sichern. Sie hat unter kurzer Fristsetzung die Forderung nach einer Vertragsstrafe von DM 5 Mio. erhoben, die ohne jegliche andere Gegenleistung als die der Nichtzustellung der einstweiligen Verfügung war und weit über das Maß der berechtigten Wahrnehmung wirtschaftlicher Interessen hinausging. Mit dieser Forderung hat die Antragstellerin zu erkennen gegeben, dass ihr Streben nach Geld spätestens zu jenem Zeitpunkt das beherrschende Ziel der im Zusammenhang mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung geführten Verhandlungen geworden ist.

aa) Dies gilt auch angesichts der unstreitigen Tatsache, dass das Vorstandsmitglied der Antragstellerin ... nach der Abmahnung der Antragsgegnerin zuerst von seiten des Geschäftsführers der Antragsgegnerin darauf angesprochen worden ist, ob die Angelegenheit, also das zunächst außergerichtliche und bereits angekündigte gerichtliche Vorgehen gegen das Verkaufssystem der Antragsgegnerin, nicht "kaufmännisch gelöst" werden könne. Mit Letzterem war zwar erkennbar jedenfalls auch eine Zahlung an die Antragstellerin gemeint, die diese davon abbringen sollte/konnte, weitere Maßnahmen gegen das Verkaufssystem der Antragsgegnerin zu ergreifen. Das rechtfertigte - wie ausgeführt - die Verhandlungen auch über ein größeres Investment der Antragsgegnerseite bei der Antragstellerin, durfte diese aber keineswegs dazu veranlassen, in diesem Rahmen gegenüber der Antragsgegnerin in dem Wissen um deren Befürchtungen, ein gerichtliches Verbot ihres Verkaufssystems könne den Börsengang ihrer Muttergesellschaft gefährden, unter Hinweis darauf, dass anderenfalls die einstweilige Verfügung zugestellt werde, Forderungen zu erheben, die ohne jede andere Gegenleistung weit außerhalb dessen lagen, was zur Kompensation eines auf seiten der Antragstellerin möglicherweise entstandenen Schadens erforderlich war. Das hat sie aber getan, wie schon das Schreiben ihres Anwaltes S vom 5. Juli 2000 (Anlage AG 12) belegt. Die von seiten der Antragstellerin eingereichten eidesstattlichen Versicherungen sind demgegenüber nicht geeignet, die getroffenen Feststellungen in Frage zu stellen.

bb) Die geforderte Vertragsstrafe ging weit über das hinaus, was als konkrete Störung ihres Geschäftsbetriebes durch die beanstandete Geschäftstätigkeit der Antragsgegnerin entstanden sein konnte. Immerhin handelt es sich bei der Antragstellerin um ein noch recht junges Unternehmen, das seine Geschäftstätigkeit erstmals seit dem 15. Mai 2000 begonnen hat. Eventuell eingetretene Schäden konnten daher keinesfalls die Größenordnung von DM 5 Mio. erreichen. Das trägt die Antragstellerin auch nicht vor. Zwar lassen die eidesstattlichen Versicherungen ..., B und S erkennen, dass die Vertreter der Antragstellerin in den Verhandlungen mit der Antragsgegnerin die Auffassung vertreten haben, das aus ihrer Sicht rechtswidrige Verhalten der Antragsgegnerin wirke sich für die Antragstellerin existenzbedrohend aus (Anlage AS 17, dort Ziff. 8), die Antragsgegnerin besetze mit einem großen Werbeetat den Markt (Anlage As 18) und sichere sich durch die Ausnutzung ihrer rechtswidrig erlangten Position einen unlauteren Wettbewerbsvorteil, durch den auch die Antragstellerin geschädigt und in ihrer Existenz bedroht werde (Anlage AS 19). Diese Auffassung erweist sich bei genauerem Hinsehen jedoch als eine bloß allgemeine und ungeprüfte Behauptung der Vertreter der Antragstellerin, die keinesfalls eine Schadenskompensation in der genannten Größenordnung hätte rechtfertigen können. Dass der Antragstellerin ein solcher Schaden gerade durch das angegriffene Verkaufsmodell der Antragsgegnerin entstanden ist oder in Zukunft entstehen würde, ist durch nichts belegt und auch sonst nicht ersichtlich. Bei der Behauptung, die Antragsgegnerin habe ihre Marktposition allein durch rechtswidriges Vorgehen erlangt, handelt es sich ebenso um eine bloße Spekulation wie bei der Annahme, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des noch jungen Unternehmens der Antragstellerin seien teilweise oder gar ausschließlich in eben jenem Geschäftsgebaren der Antragsgegnerin begründet. Anhaltspunkte dafür, dass der geschäftliche Erfolg der Antragstellerin in der Zukunft allein durch das angegriffene Geschäftsgebaren der Antragsgegnerin derart gestört werden könnte, dass diese Beeinträchtigung nur durch die Zahlung von DM 5 Mio. ausgeglichen werden könnte, sind nicht gegeben. Angesichts der unterschiedlichen Verkaufssysteme der Parteien und des Umstandes, dass diese auf dem Markt weiteren Wettbewerbern begegnen, ist eine solche Annahme schon wegen der nur kurzen Geschäftstätigkeit der Antragstellerin ohne jede Substanz. Eine derartige Mutmaßung über künftige geschäftliche Entwicklungen konnte es keinesfalls rechtfertigen, von der Antragsgegnerin eine so weitreichende Mindestzahlung zu verlangen, deren unmittelbarer Zusammenhang mit der beanstandeten Wettbewerbshandlung weder für die Antragsgegnerin erkennbar war noch sonst ersichtlich ist.

cc) Hinzu kommt vorliegend das Zeitmoment. Die Antragstellerin hat von der Antragsgegnerin bzw. deren Muttergesellschaft eine Entscheidung binnen kürzester Frist verlangt, andernfalls sie die einstweilige Verfügung zustellen werde. Sie hat der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 5. Juli 2000 eine Frist bis zum 6. Juli 2000, 24.00 Uhr, gesetzt. Die Frist war so bemessen, dass sie vor dem erwarteten Börsengang der Muttergesellschaft der Antragsgegnerin endete, obwohl die Vollziehungsfrist erst drei Wochen später ablief. Die Frist war auch so bemessen, dass eine Entscheidung noch vor Ablauf der Zeichnungsfrist für die Anleger verlangt wurde, also vor dem Tag (7. Juli 2000), an dem der Ausgabekurs der Aktie festgeschrieben und damit über den finanziellen Erfolg des Börsenganges der Muttergesellschaft der Antragsgegnerin entschieden wurde. Das konnte nur den Zweck haben, die durch den bevorstehenden Börsengang entstandene Zwangssituation der Antragsgegnerin für sich zu nutzen. Die Antragsgegnerin sollte mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung noch bis zu dem Zeitpunkt rechnen müssen, indem der endgültige Ausgabekurs der Aktie noch nicht feststand.

Die Beteuerungen der Antragstellervertreter in ihren eidesstattlichen Versicherungen, es sei ihnen stets nur darum gegangen, ein gesetzeskonformes Verhalten der Antragsgegnerin zu erreichen, stehen in krassem Widerspruch zu den tatsächlichen Geschehensabläufen. Die Antragstellerin hat dazu insbesondere gemeint, sie habe eine "Absicherung" für ihre "Rechtsposition" noch vor Ablauf der Vollziehungsfrist benötigt, in ihrem Schreiben vom 5. Juli 2000 aber eine wesentlich kürzere Frist bis zum 6. Juli 2000 gesetzt. Wenn es der Antragstellerin allein um die Wahrung der Vollziehungsfrist gegangen wäre, hätte es einer solchen kurzen Fristsetzung nicht bedurft. Im übrigen hatte die Antragstellerin keinerlei "Rechtsposition", die sie berechtigterweise durch die verlangte "Vertragsstrafe" hätte absichern dürfen. Wie ausgeführt, ist nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass das geforderte Investment in Millionenhöhe der berechtigten Kompensation eines etwaigen Schadens der Antragstellerin hätte dienen können. Um so weniger hatte die Antragstellerin einen Anspruch auf Absicherung eines Investments von DM 10 Mio. durch ein Vertragsstrafeversprechen in Höhe von DM 5 Mio., das noch dazu innerhalb von nur wenigen Tagen und Stunden gegeben werden sollte. Die Prüfung der Ernsthaftigkeit des Investitionsangebotes konnte auch ohne diese Fristsetzung erfolgen. Die gesetzte Frist zeigt im Gegenteil, dass es die Investition, jedenfalls aber die sogenannte Vertragsstrafe war, die durch den zeitlichen Druck sichergestellt werden sollte. Damit ist der Antragsgegnerin zudem auch die von ihr verlangte Zeit zur Prüfung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die ihr die Antragstellerin zunächst noch zugebilligt hatte, als sie einer Vertagung der Gespräche auf den 13. Juli 2000 zugestimmt hatte, wieder genommen worden.

Der Umstand, dass die Antragstellerin später in einem Telefonat auch eine - nicht näher konkretisierte - geringere Summe als Vertragsstrafe für möglich erachtet hat, hilft ihr nicht. Es ist daraus nicht zu erkennen, dass sie von ihrer Grundhaltung abgerückt wäre, von der Antragsgegnerin innerhalb nur kurzer Frist eine bindende Entscheidung über die Verpflichtung zur Zahlung einer von berechtigten Schadensersatzansprüchen losgelösten Vertragsstrafe zu fordern. Ein solcher Gesinnungswandel war auch nicht zu erwarten, nachdem der Anwalt der Antragstellerin insoweit bereits in dem Gespräch vom 3. Juli 2000 ein "substantielles" Investment verlangt hatte.

d) Dass die Antragsgegnerin danach - wie die Antragstellerin meint - den Versuch unternommen hätte, die Antragstellerin mit einem Angebot zu korrumpieren, das diese nicht hat ablehnen können, ist nicht feststellbar. Vielmehr hat im Gegenteil die Antragstellerin zumindest hinsichtlich der geforderten Vertragsstrafe für sich eine Rechtsposition in Anspruch genommen, die ihr nach den Umständen nicht zustand. Dennoch versuchte sie ihre vermeintlichen Ansprüche durchzusetzen, indem sie als Druckmittel die noch nicht zugestellte einstweilige Verfügung einsetzte, auf deren Zustellung sie nur unter der Voraussetzung des durch eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe abgesicherten Investments verzichten wollte. Sie hat damit die einstweilige Verfügung nur als Vehikel genutzt, um ihre wirtschaftlichen Interessen über den auf die Antragsgegnerin ausgeübten zeitlichen Druck, der sich für die Antragsgegnerin aus dem bevorstehenden Börsengang ergab, durchzusetzen. Dass die Antragstellerin um diese Situation wusste und diese bewusst für ihre Forderungen einsetzte, kann angesichts der unstreitig schon in dem Gespräch vom 3. Juli 2000 erhobenen Forderung nach einer Einigung noch vor dem Börsengang und angesichts der sodann erfolgten Fristsetzung im Schreiben vom 5. Juli 2000, die - wie ausgeführt - durch nichts gerechtfertigt war, keinem Zweifel unterliegen.

3. Nach allem braucht die Frage der Rechtmäßigkeit des Verkaufssystems der Antragsgegnerin nicht mehr entschieden zu werden.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.



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