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Landgericht Erfurt Urteil vom 13.7.2010 - 1 HK O 5/10 - Zu den Pflichtangaben bei Bewerbung von Elektronik-Haushaltsgeräten zum Einbau in Einbauküchen

LG Erfurt v. 13.7.2010: Zu den Pflichtangaben bei Bewerbung von Elektronik-Haushaltsgeräten zum Einbau in Einbauküchen


Das Landgericht Erfurt (Urteil vom 13.7.2010 - 1 HK O 5/10) hat entschieden:
Durch den Einbau in Einbauküchen werden die Elektrogeräte nicht zu Gebrauchtgeräten im Sinne des § 3 Abs. 2 EnVKV. Das gilt auch für Ausstellungsstücke. Dieses ergibt sich aus der Zweckrichtung der Verordnung, die Energieeinsparung zu befördern, und dem dazu gewählten Weg, der Kennzeichnung durch mitgelieferte Etiketten und Datenblätter, sowie dem Zusammenhang der Ausschlusstatbestände, wobei in § 3 Abs. 2 EnVKV neben Gebrauchtgeräten auch Altgeräte von dem Ausnahmetatbestand erfasst sind. Zur Erreichung des Verordnungszwecks ist eine Erstreckung auf möglichst alle Verkaufsfälle geboten und sind Ausnahmen möglichst zu minimieren, und zwar auf solche Fälle, in denen eine Kennzeichnung mit den vorgesehenen Mitteln nicht praktikabel ist.




Siehe auch Energieeffizienz - Energieverbrauchskennzeichnung - Energieeffizienzklasssen und Haushaltsgeräte - Kennzeichnungspflichten


Tatbestand:

Die Parteien führen eine wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung über die Kennzeichnung von Haushaltsgeräten nach der Energieeffizienzverordnung (EnVKV). Beide Parteien vertreiben Haushaltselektrogeräte u. a. mit Hilfe des Internets. Die Beklagte bietet auf diesem Wege Ausstellungsküchen zum Abverkauf an und bewirbt Aktionsküchen; letztere sind lediglich in ihren Verkaufsstellen erhältlich. Im Rahmen einer vorangegangenen Auseinandersetzung mahnte der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 17.04.2009 ab, worauf die Beklagte am 20.04.2009 eine vom Kläger vorformulierte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgab, in welcher sie sich verpflichtete, bei der Werbung für Geräte der weißen Ware die nach der EnVKV erforderlichen Angaben zu machen und für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe 5.001,00 EUR an den Kläger unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs zu zahlen.

Am 12.05.2009 stellte der Kläger fest, dass die Beklagte über das Internet Ausstellungsküchen zum Abverkauf anbot, welche mit Elektroeinbaugeräten ausgestattet waren, ohne dass für diese die nach der EnVKV erforderlichen Angaben aufgeführt waren. Weiterhin stellte der Kläger fest, dass die Beklagte im Internet weitere Küchen im Paket mit Elektrogeräten bewarb, bei denen ebenfalls keine oder nur lückenhafte Angaben nach der EnVKV vorgenommen wurden. Nach erfolgloser Abmahnung verlangt der Kläger neben der Unterlassung die Zahlung der versprochenen Vertragsstrafe für fünf Fälle, daneben die Erstattung außergerichtlicher Kosten für die Geltendmachung der Vertragsstrafe und die erneute Abmahnung. Im Anschluss an die Erörterung in der mündlichen Verhandlung und dem Übergang in das schriftliche Verfahren hat er seinen Unterlassungsantrag abgeändert.

Der Kläger beantragt nunmehr:
  1. Die Beklagte hat es zur Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, jeweils zu vollstrecken an deinem Geschäftsführer, zu unterlassen,

    im geschäftlichen Verkehr im Fernabsatz handelnd Haushaltskühl- und -gefriergeräte, Haushaltsgeschirrspüler, Elektrobacköfen in und/oder für Einbauküchen und/oder in Ausstellungsküchen, die neuwertig sind, zum Verkauf anzubieten und/oder zu bewerben, ohne

    1. Haushaltskühl- und -gefriergeräte mit Angaben zur Energieeffizienzklasse und/oder Angaben zum Energieverbrauch und/oder Angaben zum Nutzinhalt des Kühlfachs und/oder Angaben zum Nutzinhalt des Gefrierfachs und/oder Angaben zur Sternekennzeichnung und/oder Angaben zur anwendbaren Skala der jeweiligen Energieeffizienzklasse zu kennzeichnen;

    2. Haushaltsgeschirrspüler mit Angaben zum Standardprogramm, auf das sich die nachfolgenden Angaben beziehen und/oder Angaben zur Energieeffizienzklasse und/oder Angaben zum Energieverbrauch und/oder Angaben zur Reinigungswirkungsklasse und/oder Angaben zur Trockenwirkungsklasse und/oder Angaben zur Kapazität bei Standardbefüllung und/oder Angaben zum Wasserverbrauch für Waschen, Schleudern und Trocknen und/oder Angaben zum geschätzten Jahresverbrauch für 220 Standardprogrammen und/oder zur anwendbaren Skala der jeweiligen Energieeffizienzklasse, Reinigungs- und Trockenwirkungsklasse zu kennzeichnen;

    3. Elektrobacköfen mit Angaben zur Energieeffizienzklasse und/oder Angaben zum Energieverbrauch für konventionellen Betrieb und/oder Um- und/oder Heißluftbetrieb und/oder Angaben zum nutzbaren Volumen und/oder Angaben zur Größe (klein/mittel/Groß) und/oder Angaben zur anwendbaren Skala der jeweiligen Energieeffizienzklasse zu kennzeichnen.

  2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 25.005,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Mai 2009 zu zahlen,

  3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Nebenforderung 1.268,50 EUR vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, weder gegen ihre Unterlassungsverpflichtung verstoßen noch unlauter unter Verstoß gegen die Kennzeichnungspflichten nach der EnVKV Angebote unterbreitet zu haben. Denn die EnVKV erfasse weder eingebaute noch gebrauchte Geräte, um welche es sich bei dem Abverkauf von Einbauküchen handele. Solche seien auch durch ihre Unterlassungserklärung nicht erfasst, deren Inhalt ohnehin lediglich deklaratorisch, nicht jedoch als Anspruchsgrundlage zu verstehen sei. Da sich EnVKV auch nicht mit der bloßen Werbung für Elektrogeräte befasse, bedürften ihre Angebote für Aktionsküchen, die nicht über das Internet bestellbar seien, keiner Angaben zur Energieeffizienz. Der Unterlassungsantrag sei zudem unbestimmt, die Rechtsverfolgung rechtsmissbräuchlich.

Ergänzend wird zur Darstellung des Sach- und Streitstandes auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nur hinsichtlich des abgeänderten Unterlassungsantrags sowie eines Teils des Kostenerstattungsanspruchs begründet.

Der nunmehr auf lediglich drei Gerätegruppen weißer Ware beschränkte Antrag beinhaltet eine teilweise Rücknahme des zuvor sämtliche Geräte der weißen Ware einschließenden Klageantrags. Er beschränkt sich zudem auf in Einbauküchen enthaltene oder für solche Küchen bestimmte neuwertige Geräte. Demgegenüber erkennt die Kammer in der ausdrücklichen Aufführung von Verkaufsangeboten zusätzlich zum Bewerben keine Erweiterung des ursprünglichen Klageantrags, sondern lediglich eine Klarstellung, dass das Bewerben, welches zwangsläufig Gegenstand eines Verkaufsangebotes ist, im Unterlassungsbegehren eingeschlossen sein soll.

In dieser eingeschränkten Form ist der Unterlassungsantrag begründet. Denn die Beklagte hat jedenfalls durch die Bewerbung ihrer im Internet bestellbaren Ausstellungsküchen ohne die erforderlichen Energieeffizienzangaben gegen §§ 3 Abs. 1, 5 EnVKV i. V. m. Ziff. 6 der Anlage 1 verstoßen. Dieses stellt ein unlauteres Handeln im Wettbewerb im Sinne des § 3, 4 Nr. 11 UWG dar, welches das Unterlassungsbegehren gemäß § 8 UWG begründet (vgl. HansOLG Hamburg, 3 W 99/06). Dies gilt ausweislich § 6 Abs. 2 der Anlage 1 zur EnVKV auch für die Bewerbung von Elektrogeräten im Internet jedenfalls im Zusammenhang mit deren Angebot. Insoweit hat der Kläger einschlägige Verstöße der Beklagten ausweislich der Anlagen DPMS 5 – 9 dokumentiert. Ob die festgestellten Verstöße eine Ausweitung des Unterlassungsbegehrens auch auf andere Gerätetypen zulassen, kann dahinstehen, nachdem der Kläger sein Unterlassungsbegehren auf die in den konkreten Verletzungsfällen gegenständlichen Gerätegruppen beschränkt hat. Da sich der Klageantrag lediglich auf das Handeln im Fernabsatz bezieht, kann dahinstehen, ob die Beklagte auch in den Fällen DPMS 12 – 15, also mit der Werbung für Aktionsküchen, gegen die Regelungen der EnVKV verstoßen hat.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es als Verletzungshandlung ausreichend, dass die Elektrogeräte in als Gesamtheit angebotenen Einbauküchen enthalten waren und es sich bei diesen um Ausstellungsküchen handelte. Denn durch den Einbau wurden die Elektrogeräte nicht zu Gebrauchtgeräten im Sinne des § 3 Abs. 2 EnVKV. Dieses ergibt sich aus der Zweckrichtung der Verordnung, die Energieeinsparung zu befördern, und dem dazu gewählten Weg, der Kennzeichnung durch mitgelieferte Etiketten und Datenblätter, sowie dem Zusammenhang der Ausschlusstatbestände, wobei in § 3 Abs. 2 EnVKV neben Gebrauchtgeräten auch Altgeräte von dem Ausnahmetatbestand erfasst sind. Zur Erreichung des Verordnungszwecks ist eine Erstreckung auf möglichst alle Verkaufsfälle geboten und sind Ausnahmen möglichst zu minimieren, und zwar auf solche Fälle, in denen eine Kennzeichnung mit den vorgesehenen Mitteln nicht praktikabel ist. Das ist typischerweise dann der Fall, wenn die notwendigen Datenerhebungen während der Produktionszeit nicht erforderlich waren und deshalb nicht vorgenommen wurden und damit auch keine Etiketten und Datenblätter anzufertigen waren. Eine rückwirkende Vornahme solcher Maßnahmen noch nach Produktionsschluss anzuordnen, wäre weder zumutbar noch sinnvoll und stünde in keinem Verhältnis zu der möglichen dadurch bewirkten Energieeinsparung.

Diese für Altgeräte zugrunde zu legenden Erwägungen gelten bei Gebrauchtgeräten entsprechend im Hinblick darauf, dass auch bei diesen die Datenblätter und Etiketten nach erstmaliger Ingebrauchnahme regelmäßig nicht mehr vorhanden sind und eine Neubeschaffung den – ohnehin unbedeutenden – Handel mit solchen Geräten unzumutbar erschweren würde; faktisch würde eine Einbeziehung solcher Geräte den Handel mit ihnen sogar unterbinden. Diese Situation liegt aber bei Ausstellungsstücken, und seien sie auch in eine Einbauküche eingefügt, gerade nicht vor. Denn der Händler, welcher die Geräte in Küchenmöbel integriert, um damit für den Absatz von Einbauküchen zu werben, hat keinerlei Veranlassung, die der Kennzeichnung dienenden Etiketten und Datenblätter zu vernichten; ebenso wenig werden diese durch eine gar nicht erfolgende Inbetriebnahme der eingebauten Geräte beschädigt, weil der Händler keine Veranlassung hat, diese anzuschließen. Das zur Zweckerreichung vom Verordnungsgeber gewählte Mittel in Gestalt der Etiketten- und Datenblätter steht daher weiterhin ungeschmälert zur Verfügung und kann vom Händler sogar zum Zwecke der Werbung eingesetzt werden. Es besteht daher keinerlei Anlass, in Ausstellungsküchen eingebaute Elektrogeräte von der Kennzeichnungspflicht auszunehmen und damit den von ihr verfolgten Zweck der Energieeinsparung zu schmälern.

Dieselben Erwägungen gelten auch bei der Auslegung der Ziff. 6 Abs. 1 S. 2 der Anlage 1 zur EnVKV. Zudem wäre diese Regelung schlicht überflüssig, würde sie sich tatsächlich nur auf für den Einbau in Einbauküchen erst noch bestimmte Geräte beschränken. Solche Geräte erfasst nämlich bereits § 3 Abs. 1 EnVKV ohne Weiteres unabhängig davon, ob es sich um Stand- oder Einbaugeräte handelt. Sinn macht Satz 2 des Abs. 1 von Ziff. 6 Anlage 1 daher nur, wenn er den Anwendungsbereich klarstellt, indem er einbezieht („auch“), was im Zweifel nicht erfasst wäre: Das sind aber gerade Einbaugeräte, die nicht isoliert, sondern als Teil einer Einbauküche angeboten und beworben werden. Da dieses einen wesentlichen Vertriebsweg für die geregelten Haushaltsgeräte darstellt, bedarf es zur Zweckerreichung des Verbraucher- und insbesondere Umweltschutzes unbedingt ihrer Einbeziehung in die Kennzeichnungspflicht. Da es sich bei den eingebauten Geräten, wenn man sie als Typus in den Blick nimmt, auch um „Einbaugeräte für Einbauküchen“ handelt, entspricht diese Auslegung der vom Gesetzgeber verwendeten allgemeinen Formulierung; lediglich wenn man auf das konkret beworbene Gerät fokussiert, erscheint die Bezeichnung nicht präzise. Zweifel erwachsen daraus gleichwohl nicht, weil es für die Zweckerreichung des Gesetzes keinen Unterschied macht, ob die angebotenen Geräte bereits eingebaut sind oder ob sie dieser Bestimmung erst noch zugeführt werden sollen.

Ein rechtsmissbräuchliches Handeln des Klägers bei Verfolgung der Rechtsverstöße durch die Beklagte ist nicht festzustellen. Es ist insbesondere nicht durch den Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs in der vorformulierten Unterwerfungserklärung indiziert. Dieses kann zwar bei Wettbewerbsverbänden der Fall sein (vgl. BGH, I ZR 186/90). Bei der Rechtsverfolgung durch Wettbewerber rechtfertigt jedoch regelmäßig der Aspekt des pauschalierten Schadenersatzes einen solchen Ausschluss. Auch die Abrechnung der Rechtsverfolgungskosten des Klägers rechtfertigt nicht den Verdacht rechtsmissbräuchlichen Handelns. Bei der Geltendmachung der Vertragsstrafe handelt es sich um eine andere Angelegenheit als bei der Abmahnung der erneuten Rechtsverstöße.

Allerdings sind die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten insoweit unbegründet, als der Kläger sie aus der Geltendmachung der Vertragsstrafe herleitet. Denn dieser Anspruch (Klageantrag zu 2.) besteht nicht. Dieses ergibt sich aus einer Auslegung der Unterwerfungserklärung der Beklagten vom 20.04.2009. Zwar hat sie sich darin nach dem übereinstimmenden Verständnis beider Parteien verpflichtet, bei der Werbung für weiße Ware die nach der EnVKV erforderlichen Angaben vorzunehmen. Schon dieser Inhalt der Unterlassungserklärung ergibt sich jedoch erst durch Auslegung unter Heranziehung der zugrunde liegenden Abmahnung: Denn nach dem Wortsinn hat sich die Beklagte zum Gegenteil, nämlich der Werbung ohne Energieeffizienzangaben verpflichtet. Der Inhalt der Abmahnung ist aber weiterhin auch zur Auslegung des Umfangs der Unterlassungsverpflichtung heranzuziehen. Da nicht anzunehmen ist, dass die Unterwerfung weitergehen sollte als die durch Abmahnung konkretisierte Verletzungshandlung, und die vorformulierte Unterwerfungserklärung (Vertragsangebot) dahinter sogar noch zurückbleibt, da in dieser von Einbaugeräten nicht die Rede ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte sich auch insoweit verpflichten wollte und in ihre Unterlassungsverpflichtung in Einbauküchen eingebaute und mit diesen als Komplettleistung angebotene Geräte einschließen wollte. Damit hat die Beklagte durch das Angebot von Ausstellungsküchen, in welche Elektrogeräte eingebaut waren, gegen ihre Unterlassungserklärung vom 20.04.2009 nicht verstoßen und mithin die Vertragsstrafe nicht verwirkt. Insoweit erweist sich die Klage als unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.










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