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Internetprovider
- Jugendschutz
- Pornografie
- Providerhaftung
VG Neustadt an der Weinstraße v. 16.12.2009: Die Landesmedienanstalt ist eine öffentliche Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 LIFG. Als solche nimmt sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Die Kammer ist der Ansicht, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 5 LIFG nach ihrem Sinn und Zweck auf die Landeszentrale für Medien und Kommunikation entsprechend anzuwenden ist. Einem geltend gemachten Anspruch auf Akteneinsicht steht nach Auffassung der Kammer die Vorschrift des § 9 Nr. 3 LIFG entgegen, wonach der Antrag auf Informationszugang abzulehnen ist, soweit und solange das Bekanntwerden der amtlichen Information die öffentliche Sicherheit, insbesondere die Tätigkeit der Polizei, der sonstigen für die Gefahrenabwehr zuständigen Stellen, der Staatsanwaltschaften oder der Behörden des Straf- und Maßregelvollzugs einschließlich ihrer Aufsichtsbehörden, beeinträchtigenwürde.
Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (Urteil vom 16.12.2009 - 4 K 694/09) hat entschieden:
Die Landesmedienanstalt ist eine öffentliche Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 LIFG. Als solche nimmt sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Die Kammer ist der Ansicht, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 5 LIFG nach ihrem Sinn und Zweck auf die Landeszentrale für Medien und Kommunikation entsprechend anzuwenden ist. Einem geltend gemachten Anspruch auf Akteneinsicht steht nach Auffassung der Kammer die Vorschrift des § 9 Nr. 3 LIFG entgegen, wonach der Antrag auf Informationszugang abzulehnen ist, soweit und solange das Bekanntwerden der amtlichen Information die öffentliche Sicherheit, insbesondere die Tätigkeit der Polizei, der sonstigen für die Gefahrenabwehr zuständigen Stellen, der Staatsanwaltschaften oder der Behörden des Straf- und Maßregelvollzugs einschließlich ihrer Aufsichtsbehörden, beeinträchtigenwürde.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm ein ihr vorliegendes Gutachten zum Thema „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content-Providern sowie dritten Beteiligten“ zugänglich zu machen.
Der Kläger ist Rechtsanwalt, der sich u.a. auf die Vertretung von Erotikanbietern im Internet spezialisiert hat. Die Beklagte ist als Landesmedienanstalt nach dem Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV –) mit der Aufgabe betraut, erforderliche Maßnahmen gegenüber Anbietern von Telemedien zu ergreifen, die gegen Bestimmungen dieses Staatsvertrags verstoßen, indem sie z.B. pornographische Inhalte ohne Einhaltung der Altersbeschränkungen oder ohne ein Altersverifikationssystem ins Internet einstellen. In der Vergangenheit behaupteten Anbieter von Telemedien, gegen die die Landesmedienanstalten im Wege der Aufsicht vorgingen, vielfach, sie seien nicht der Anbieter oder hätten inzwischen ihr Angebot eingestellt und es sei nunmehr ein anderer Anbieter verantwortlich, der sich im nichteuropäischen Ausland befinde.
Aus diesem Grund gab die Beklagte Mitte 2007 bei Rechtsanwalt Dr. L.… aus München ein Gutachten zum Thema „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content-Providern sowie dritten Beteiligten“ in Auftrag. Das Gutachten vom 21. November 2007 behandelt u.a. die folgenden Fragestellungen:
Welche Drittanbieter gibt es, die Content-Providern möglicherweise Dienstleistungen zur Verfügung stellen könnten und wie kann auf deren Angebote geschlossen werden?
Wie können Scheinadressen gerichtsfest nachgewiesen werden?
Falls kein gerichtsfester Nachweis möglich ist: welche Personen könnten im Inland für die Content-Provider die entsprechenden Dienstleistungen vornehmen?
Entwicklung eines Kriterienkatalogs und Rechercheleitfadens, der es ermöglicht, möglichst alle bestehenden Optionen zur Ausermittlung des Content-Providers auszuschöpfen und Möglichkeiten des ordnungsrechtlichen Vorgehens gegen beteiligte Dritte auszuloten.
Neben Fragen bezüglich der Verfolgung von Content-Providern, die sich möglicherweise vermeintlich im Ausland befinden, sollen auch ganz generell Fragen der Verfolgbarkeit von Content-Providern, also ebenso die Verfolgung von Content-Providern im Inland, beantwortet werden.
Nach Eingang des Gutachtens reichte die Beklagte dieses intern an alle anderen Landesmedienanstalten weiter. Auf der Grundlage des Gutachtens haben mehrere Landesmedienanstalten zahlreiche Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen verschiedene Diensteanbieter eingeleitet.
Mit Schreiben vom 29. Januar 2009 beantragte der Kläger Zugang zu dem Gutachten von Rechtsanwalt Dr. L.… Er stützte dieses Zugangsverlangen auf § 4 des Landesgesetzes über die Freiheit des Zugangs zur Information (LIFG).
Dieses Begehren lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. März 2009 ab.
Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Zugangsanspruch sei nach § 10 LIFG, hilfsweise auch nach § 9 LIFG ausgeschlossen. Das Gutachten diene der unmittelbaren Entscheidungsfindung. Es führe detailliert auf, welche Methoden die Content-Provider zur Anbieterverschleierung verwendeten und welche Recherchemöglichkeiten die Landesmedienanstalten im Gegenzug hätten, um diese Verschleierungen aufzudecken. Das Gutachten gebe den Landesmedienanstalten einen Rechercheleitfaden, anhand dessen sie in diesen Fällen vorgehen könnten, und stelle Richtlinien für die Fallbearbeitung auf. Würden diese genauen Vorgehensmöglichkeiten der Landemedienanstalten dadurch gekappt, dass das Gutachten einem Rechtsanwalt zugänglich gemacht werde, der die Content-Provider vertrete, so wäre das Gutachten für die Landesmedienanstalten wertlos.
Diese könnten im Vorfeld nicht mehr recherchieren, wo ein Content-Provider ansässig sei; damit würde der Erfolg einer behördlichen Maßnahme, nämlich des einzuleitenden Ordnungswidrigkeitenverfahrens, vereitelt. Im Übrigen werde der Antrag hilfsweise auch unter Bezug auf die Schutzbestimmung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 LIFG abgelehnt, da die Bekanntgabe der amtlichen Information nachteilige Auswirkungen auf den Verfahrensablauf eines anhängigen Ordnungswidrigkeitenverfahrens habe. Zwar sei derzeit bei der LMK kein Ordnungswidrigkeitenverfahren anhängig. Das Gutachten sei aber weitergegeben worden an die anderen Landesmedienanstalten. Bezüglich der Fragestellung, die das Gutachten behandle, seien ständig bundesweit Ordnungswidrigkeitenverfahren anhängig. Bei der Angabe von anhängigen Verfahren anderer Landesmedienanstalten stellten sich aber zum einen datenschutzrechtliche Probleme und zum anderen sei auch der Antragsteller bundesweit als Rechtsanwalt tätig, so dass es nicht Sinn des Verfahrens sein könne, ihm eine Liste sämtlicher anhängiger Ordnungswidrigkeitenverfahren zukommen zu lassen.
Dagegen legte der Kläger am 21. April 2009 Widerspruch ein, den die Beklagte am 14. Juli 2009 unter Bezugnahme auf die §§ 9 Abs. 1 Nr. 2 und 10 LIFG zurückwies. Ergänzend zum Ausgangsbescheid führte die Beklagte zur Begründung aus, die Besonderheit des in Rede stehenden Gutachtens bestehe darin, dass sein Inhalt konkrete Entscheidungen der Landesmedienanstalt vorbereite. Ob ein Verfahren gegen einen Maildrop-Dienstleister oder einen Inhalteanbieter auf der Grundlage des Jugendmedienschutzstaatsvertrages von der zuständigen Landesmedienanstalt eingeleitet werden könne, hänge in jedem Einzelfall von der Anwendung der in diesem Gutachten niedergelegten Grundsätze, Prüfungen und Vorgehensweisen ab. Die Beantwortung der Fragestellungen sei Voraussetzung für die Beanstandungs- und Ordnungswidrigkeitenverfahren auf der Basis des Jugendmedienschutzstaatsvertrages.
Der Kläger hat daraufhin am 20. Juli 2009 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt:
Ihm stehe nach § 4 LIFG Zugang zu dem streitgegenständlichen Gutachten zu. Soweit sich die Beklagte auf § 10 Satz 1 LIFG berufe, sei dies unzutreffend. Diese Vorschrift greife nach § 10 Satz 2 LIFG nicht ein, da es sich bei der streitgegenständlichen Information um ein Gutachten handele. Dieses diene der Vorbereitung von behördlichen Entscheidungen, so dass es nach dem Wortlaut der Norm nicht vom Ausschlusstatbestand des § 10 Satz 1 LIFG erfasst sein könne. Selbst wenn einige Tatsachen aus dem Gutachten der Geheimhaltung unterlägen, sei ihm trotzdem Zugang zu gewähren; die betreffenden Stellen im Gutachten seien dann zu schwärzen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27. März 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2009, zu verpflichten, ihm, dem Kläger, das Gutachten „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content-Providern sowie dritten Beteiligten“ von Rechtsanwalt Dr. L.… vom 21. November 2007 zugänglich zu machen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, auf sie sei das LIFG schon nicht anwendbar, da sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, auf die das LIFG gemäß dessen § 2 Abs. 5 nicht anwendbar sei, gleichzustellen sei. Denn sie sei als Landesmedienanstalt in ihrem Kernbereich exakt mit denjenigen Aufgaben betraut, die in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der jeweilige Rundfunkrat wahrnehme. Die Gleichstellung entspreche auch der ratio legis. Sie werde, wenn sie Inhalte beanstande, Inhalte fordere oder Sendungen untersage, programminhaltlich tätig. Es sei genau der Medienbereich, der im LIFG freigestellt sein müsse, damit diese Aufgabe staatsfern erfüllt werden könne. Maßgebend für die zwingende Gleichstellung der Beklagten mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sei der Umstand, dass sie wie diese in gleicher Weise Grundrechtsträger nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sei.
Zudem sei der Zugangsanspruch auch in der Sache nicht begründet, da die Ausschlusstatbestände nach §§ 10 bzw. 9 LIFG eingriffen. Es handele sich bei dem in Rede stehenden Gutachten nicht um ein Gutachten im Sinne des § 10 Satz 2 LIFG, da es nicht die behördliche Entscheidung vorbereite, sondern konkrete Handlungsmöglichkeiten enthalte, die von der Behörde bei der Verfolgung vermeintlich im Ausland ansässiger Provider 1: 1 umgesetzt würden. Im Übrigen stelle die Kenntnis des Klägers eine Gefährdung behördlicher Maßnahmen nach § 10 Satz 1 LIFG dar. Der Kläger sei bereits mehrfach als Vertreter von Erotikanbietern gegen Landesmedienanstalten in Erscheinung getreten. Gäbe man ihm die Hinweise aus dem Gutachten über das Vorgehen der Behörden zur Verfolgung vermeintlich im Ausland ansässiger Provider zur Kenntnis, so könne er seinen Klienten die Handlungsweise der Behörden darbringen. Eine Verfolgung dieser Provider bzw. der Nachweis des tatsächlichen Sitzes in Deutschland würde dadurch bundesweit unmöglich. In anderen Bundesländern zur Zeit anhängige Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen derartige Provider wären dadurch zudem gefährdet. Nichts anderes ergäbe sich aus den Wertungen des § 9 LIFG. Daher müsse dem Kläger der Zugang zu dem streitgegenständlichen Gutachten verwehrt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungsakten. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig (I.), in der Sache aber unbegründet (II.).
I.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm das Gutachten „Aufsichtsrechtliche Verfolgbarkeit von vermeintlich im Ausland befindlichen Content-Providern sowie dritten Beteiligten“ von Rechtsanwalt Dr. L.… vom 21. November 2007auf der Grundlage des Landesgesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen – LIFG – vom 26. November 2008 (GVBl. Seite 296) zugänglich zu machen. Für Rechtsstreitigkeiten über Auskunftsansprüche nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz ist gemäß § 8 Satz 1 LIFG der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.
Die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis des Klägers ergibt sich aus der Erwägung, dass seinem Vortrag nach eine Verletzung seines sich aus § 4 Abs. 1 LIFG ergebenden subjektiven Rechts auf Zugang zu dem streitgegenständlichen Gutachten aufgrund der Versagung durch die Beklagte nicht offensichtlich und eindeutig ausgeschlossen ist.
Das nach § 8 Satz 2 LIFG vorgesehene Vorverfahren wurde durchgeführt.
Örtlich zuständig ist gemäß § 52 Nr. 3 VwGO, § 51 des Landesmediengesetzes – LMG – das Verwaltungsgericht Neustadt.
II.
Die Klage ist aber in der Sache unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm das genannte Gutachten von Rechtsanwalt Dr. L.… vom 21. November 2007 zugänglich macht. Der Bescheid der Beklagten vom 27. März 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten ( § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO ).
Allerdings hat nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LIFG jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts gegenüber den in § 2 genannten Behörden nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Zugang zu den dort vorhandenen amtlichen Informationen. Als „natürliche Person des Privatrechts“ ist der Kläger daher grundsätzlich anspruchsberechtigt im Sinne der genannten Norm. Da der Informationsanspruch voraussetzungslos ist und unabhängig davon besteht, aus welchem Interesse der Kläger diesen geltend macht, ist es unschädlich, dass er den Antrag in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt gestellt hat. Das LIFG soll ebenso wie das IFG die demokratische Meinungs- und Willensbildung nachhaltig unterstützen, die Kontrolle staatlichen Handelns verbessern und die Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz behördlicher Entscheidungen erhöhen (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes, BT-Drucksache 15/4493 Seite 6).
Dem geltend gemachten Anspruch steht aber entgegen, dass zum einen das LIFG nach Auffassung der Kammer auf die Beklagte nicht anwendbar ist (1.) und zum anderen schutzwürdige Interessen der Beklagten den Informationszugang ausschließen (2.).
1. Der Anspruch auf Zugang zu vorhandenen amtlichen Informationen besteht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 LIFG nur gegenüber den in § 2 genannten Behörden. Anspruchsverpflichtet sind gemäß § 2 Abs. 1 LIFG die Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form Verwaltungstätigkeit ausüben. Behörde ist nach § 2 Abs. 2 LIFG jede Stelle im Sinne des § 2 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes – LVwVfG –. Dieser definiert die Behörde als jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Ausdrücklich ausgenommen vom Anwendungsbereich des LIFG werden gemäß § 2 Abs. 5 LIFG Sparkassen, die Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe sowie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.
Das LIFG gilt vom Grundsatz her für die Beklagte (a.). Diese ist nicht gemäß § 2 Abs. 5 LIFG vom Anwendungsbereich des LIFG ausgeschlossen (b.). Allerdings ist die Vorschrift des § 2 Abs. 5 LIFG nach ihrem Sinn und Zweck auf die Beklagte entsprechend anwendbar (c.).
(a.) Die Beklagte ist eine öffentliche Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 LIFG. Sie ist als Landesmedienanstalt eine Anstalt des öffentlichen Rechts (s. § 2 LMG ) und damit eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Als solche nimmt sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr.
Die Beklagte übt auch eine Verwaltungstätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 LIFG aus. Der Begriff der „Verwaltungstätigkeit“ im Sinne dieser Vorschrift ist weit auszulegen. Darunter ist die Wahrnehmung einer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwaltungsaufgabe zu verstehen, unabhängig davon, ob das Handeln in den Formen des öffentlichen Rechts erfolgt (Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2009, § 1 Rdnr. 93). Er beschränkt den Informationszugang auch nicht auf solche Informationen, die ein nach „außen“ gerichtetes Verwaltungshandeln betreffen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, NWVBl 2006, 292). Hinsichtlich dieser Informationen differenziert das LIFG nicht zwischen verwaltungsinterner Tätigkeit und Handeln nach außen.
Die Beklagte lässt in Wahrnehmung einer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwaltungsaufgabe u.a. Veranstaltungen von Rundfunk an private Rundfunk- und Fernsehveranstalter zu ( § 20 des Rundfunkstaatsvertrages – RStV – in der Fassung vom 18. Dezember 2008, §§ 24 ff. LMG), übt die Aufsicht über die privaten Rundfunkunternehmen ( § 22 RStV, § 27 LMG ) und Telemedien ( § 59 Abs. 2 RStV, § 2 LMG, § 20 des Staatsvertrags über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien – Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV –) aus und führt Ordnungswidrigkeitenverfahren ( § 49 Abs. 3 RStV, § 36 Abs. 6 LMG ) durch (vgl. zu der Frage, ob öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten „Verwaltungstätigkeiten“ im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes ausüben VG Köln, Urteil vom 19. November 2009 – 6 K 2032/08 –). Dass die Beklagte hierbei auch Vorbereitungstätigkeiten für die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) wahrnimmt – diese dient der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt als Organ bei der Erfüllung ihrer Überwachungsaufgaben (s. § 14 Abs. 2 JMStV ) und trifft die Entscheidung gegenüber den Anbietern von Telemedien bei Verstößen gegen den Staatsvertrag (s. § 20 Abs. 4 JMStV ) –, steht dem Begriff der Verwaltungstätigkeit nicht entgegen. Denn nach den oben dargelegten Maßstäben umfasst der Anwendungsbereich des LIFG auch verwaltungsinterne Tätigkeiten.
(b.) Die Beklagte ist bei ihrer (originären) Aufgabenerfüllung auch nicht nach § 2 Abs. 5 LIFG von den Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen. In dieser Vorschrift werden neben den Sparkassen und den Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe lediglich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aufgezählt. „Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten“ sind nur die vom Staat mit der Grundversorgung mit Hörfunk und Fernsehen beauftragten und durch Rundfunkgebühren finanzierten Rundfunkveranstalter. Zu ihnen gehören die in der „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das bundesweit sendende Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), die Deutsche Welle und das Deutschlandradio. Da das LIFG nur für die Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts gilt, sind „ öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten“ im Sinne des § 2 Abs. 5 LIFG nur der Südwestrundfunk (SWR) und das ZDF (für dieses gilt nicht das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, da es auf einem Staatsvertrag basiert und damit keine Bundesbehörde ist, s. Schoch, IFG, a.a.O., § 1 Rdnr. 74). Sowohl der SWR als auch das ZDF sind gemeinnützige Anstalten des öffentlichen Rechts (s. § 1 Ziffer 1 des Staatsvertrags über den SWR vom 31. Mai 1997; § 1 Abs. 1 des ZDF-Staatsvertrages in der Fassung vom 18. Dezember 2008), für die gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 LMG die durch Staatsvertrag getroffenen Regelungen gelten. Demgegenüber ist die beklagte Landeszentrale für Medien und Kommunikation kein öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter. Ihr stehen diesen gegenüber gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 LMG auch keine Befugnisse zu.
(c.) Die Kammer ist aber der Ansicht, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 5 LIFG nach ihrem Sinn und Zweck auf die Landeszentrale für Medien und Kommunikation entsprechend anzuwenden ist. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 5 LIFG war im ursprünglichen Gesetzesentwurf zum LIFG noch nicht aufgeführt (s. LT-Drucksache 15/2085, Seite 3) und wurde erst nachträglich aufgrund der Beschlussempfehlung des Innenausschusses (LT-Drucksache 15/2663) eingefügt. Begründet wurde dies damit, dass die dort genannten Anstalten des öffentlichen Rechts zwar in den Anwendungsbereich des Gesetzes nach § 2 Abs. 1 LIFG fielen, es aber hinsichtlich der mitgliedschaftlich organisierten Selbstverwaltungsorganisationen kaum nachvollziehbar sei, dass diese einem Informationsanspruch von Nichtmitgliedern unterliegen sollten. Rundfunkanstalten sollten ihre Selbstverwaltungsangelegenheiten in eigener Zuständigkeit regeln können (s. Plenarprotokoll des Landtags RhPf, 15/54 Seite 3248 und Protokoll über die 20. Sitzung des Innenausschusses am 23. September 2008, Punkt 2 der Tagesordnung, Drucksache 15/2085).
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wurden folglich auf Vorschlag des Innenausschusses vom Anwendungsbereich des LIFG ausgenommen, weil diese ebenso wie die Sparkassen und die Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft und der Freien Berufe (z.B. Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern) mitgliedschaftlich organisiert sind (s. § 13 ff. des Staatsvertrags über den SWR: Organe sind der Rundfunkrat, die Landesrundfunkräte, soweit sie nach diesem Staatsvertrag Träger von eigenen Rechten und Pflichten sind, der Verwaltungsrat und der Intendant, § 19 des ZDF-Staatsvertrages: Organe sind der Fernsehrat, der Verwaltungsrat und der Intendant). Das Recht auf Selbstverwaltung ergibt sich für den SWR aus § 1 Ziffer 1.1. des Staatsvertrags über den SWR für das ZDF aus § 1 Abs. 3 des ZDF-Staatsvertrages. Beide unterliegen lediglich der Rechtsaufsicht der zuständigen Landesregierungen (s. § 37 des Staatsvertrags über den SWR, § 31 des ZDF-Staatsvertrages).
Die Beklagte hat gemäß § 38 Abs. 1 LMG ebenfalls das Recht auf Selbstverwaltung nach Maßgabe dieses Gesetzes und kann im Rahmen ihrer Aufgaben Satzungen erlassen. Ihr können keine staatlichen Aufgaben zur weisungsgebundenen Erfüllung übertragen werden, weil sie insoweit unabhängig und „staatsfrei“ ist (vgl. BVerfGE 73, 118, 165 ). Sie unterliegt gemäß § 50 LMG auch nur der Rechtsaufsicht der Landesregierung und ist wie der SWR und das ZDF mitgliedschaftlich organisiert (s. § 39 ff. LMG ); ihre Organe sind die Versammlung und die Direktorin oder der Direktor. Weitere Organe der Landeszentrale für Medien und Kommunikation sind die durch den Rundfunkstaatsvertrag und den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag bestimmten Organe im Rahmen ihrer dortigen Aufgabenstellung. Die 42 Mitglieder der Versammlung der Beklagten haben bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten; sie sind an Weisungen nicht gebunden ( § 40 Abs. 7 Satz 2 LMG ). Zu den Aufgaben der Versammlung der Beklagten gehört u.a. die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes einschließlich des Datenschutzes und der Satzungsbestimmungen ( § 42 Nr. 7 LMG ); d.h. die Versammlung der Beklagten ist mit den Aufgaben betraut, die bei den genannten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Rundfunk- bzw. Fernsehrat wahrnehmen (s. § 15 des Staatsvertrags über den SWR, § 20 Abs. 1 Satz 2 des ZDF-Staatsvertrages).
Dazu gehören auch die Prüfung von Rechtsverstößen gegen die Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages und des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (s. § 1 Abs. 2 Satz 1 LMG; § 7 des Staatsvertrags über den SWR, § 8 des ZDF-Staatsvertrages). Die Versammlung der Beklagten ist also weder ein Organ unmittelbarer Staatsverwaltung noch unterliegt sie staatlichem Einfluss auf die Art der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben. Sie unterscheidet sich insofern nicht von den ebenfalls kraft staatlichen Gesetzes gebildeten Rundfunkräten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die unter dem Gesichtspunkt der Staatsfreiheit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen ( BVerfGE 73, 118 ). Demnach gibt es in Bezug auf die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und im privaten Rundfunk anzuwendenden Grundsätze in Bezug auf die Aufsicht über die Programmgestaltung keine rechtlich relevanten Unterschiede.
Für die Gleichstellung der Beklagten mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten spricht schließlich, dass die Landesmedienanstalten ebenso wie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten partiell Grundrechtsträger des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sind (s. z.B. Dörr/Schwartmann, Medienrecht, 2. Auflage 2008, Rdnr. 196 ff.; Petersen, Medienrecht, 4. Auflage 2008, § 13 Rdnr. 20; Herrmann/Lausen, Rundfunkrecht, 2. Auflage 2004, § 17 Rdnr. 44; Bumke, Die öffentliche Aufgabe der Landesmedienanstalten, 1995, Seite 230 ff.; offen gelassen von BVerwG, ZUM 2000, 79, 82 und BVerfGE 97, 298, 314 ). Zwar lässt sich dies nicht allein aus ihrer staatsfernen pluralistischen Organisation herleiten. Da den Landesmedienanstalten aber durch Gesetz die Aufgabe übertragen ist, der Verwirklichung der individuellen Grundrechte der Bürger zu dienen, soweit diesen Anstalten wertende und gestaltende Entscheidungen mit Programmbezug obliegen und ihre sonstige Tätigkeit davon nicht zu trennen ist, ist ihnen eine partielle Grundrechtsträgerschaft in Bezug auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zuzusprechen.
Der Zweck der Ausnahme des § 2 Abs. 5 LIFG trifft daher auf die Landeszentrale für Medien und Kommunikation ebenso zu wie auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Nach Auffassung der Kammer besteht eine planwidrige Regelungslücke für Organisationen wie die Beklagte, die durch eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 5 LIFG zu schließen ist mit der Folge, dass der geltend gemachte Anspruch des Klägers an der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 5 LIFG scheitert.
Da das Informationszugangsrecht nur auf der Ebene des einfachen Rechts existiert, ergeben sich auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich seiner Einschränkung.
2. Ungeachtet dessen hat der Kläger auch dann keinen Anspruch auf Informationszugang, wenn man das LIFG entgegen der hier vertretenen Auffassung vorliegend für anwendbar hält.
Zwar ist die von dem Kläger begehrte Einsicht in das Gutachten von Dr. L.… nach dem LIFG nicht durch speziellere Rechtsvorschriften ausgeschlossen. Nach § 4 Abs. 2 LIFG gehen besondere Rechtsvorschriften, die den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht regeln, den Bestimmungen dieses Gesetzes vor.
Eine solche Vorschrift greift hier nicht ein. Soweit bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten § 49 Abs. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes – OWiG – ein spezielles Akteneinsichtsrecht des Betroffenen normiert und das LIFG verdrängt (vgl. Schoch § 1 Rdnr. 192), ist diese Bestimmung auf den Kläger nicht anwendbar, da er nicht „Betroffener“ im Sinne des § 49 Abs. 1 OWiG ist.
Aus denselben Gründen scheidet auch der medienrechtliche Auskunftsanspruch nach § 6 Abs. 1 LMG aus, denn der Kläger hat den Antrag als „jedermann“ im Sinne des § 4 Abs. 1 LIFG und nicht etwa als Journalist gestellt.
Dem geltend gemachten Anspruch des Klägers steht nach Auffassung der Kammer jedoch die Vorschrift des § 9 Nr. 3 LIFG entgegen, wonach der Antrag auf Informationszugang abzulehnen ist, soweit und solange das Bekanntwerden der amtlichen Information die öffentliche Sicherheit, insbesondere die Tätigkeit der Polizei, der sonstigen für die Gefahrenabwehr zuständigen Stellen, der Staatsanwaltschaften oder der Behörden des Straf- und Maßregelvollzugs einschließlich ihrer Aufsichtsbehörden, beeinträchtigenwürde. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen sowie den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen der oder des Einzelnen (vgl. LT-Drucksache 15/2085 Seite 14). Von einer Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit ist auszugehen, wenn im Einzelfall eine konkrete Gefahrenlage vorhanden ist (vgl. Schoch, IFG a.a.O., § 3 Rdnr. 103). Diese ist gegeben, wenn aus der Sicht ex ante bei ungehindertem Geschehensablauf, d.h. im Falle der Gewährung des begehrten Informationszugangs unter verständiger Würdigung der Sachlage in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für das Schutzgut einträte.
Die Beklagte ist eine für die Gefahrenabwehr zuständige Stelle im Sinne der genannten Vorschrift. Sie überprüft als Landesmedienanstalt gemäß § 14 Abs. 1 JMStV die Einhaltung der für die Anbieter geltenden Bestimmungen nach diesem Staatsvertrag und trifft entsprechend den Bestimmungen dieses Staatsvertrages die jeweiligen Entscheidungen. „Anbieter“ im Sinne des JMStV sind gemäß § 3 Abs. 2 JMStV Rundfunkveranstalter oder Anbieter von Telemedien. Telemedien sind gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach § 2 des Rundfunkstaatsvertrages sind. Der Begriff der Telemedien erfasst damit auch die Anbieter pornografischer Webseiten im Internet. Zur Überprüfung der Einhaltung der für die Anbieter geltenden Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages wird bei der jeweiligen Landesmedienanstalt die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) gebildet, die ein Organ der Landesmedienanstalt ist ( § 14 Abs. 2 Satz 1 und 2 JMStV ). Die KJM wird bei ihrer Arbeit von der Stelle Jugendschutz.net unterstützt, die die Angebote der Telemedien überprüft ( § 18 JMStV ). Nach § 20 Abs. 1 JMStV trifft die zuständige Landesmedienanstalt die erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter, wenn sie feststellt, dass dieser gegen die Bestimmungen dieses Staatsvertrages verstoßen hat. Für Anbieter von Telemedien trifft die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM entsprechend § 59 Abs. 2 bis 4 des Rundfunkstaatsvertrages unter Beachtung der Regelungen zur Verantwortlichkeit nach den §§ 7 bis 10 des Telemediengesetzes – TMG – die jeweilige Entscheidung ( § 20 Abs. 4 JMStV ), d.h. sie kann im Einzelfall auch Maßnahmen zur Sperrung von Angeboten anordnen. Die Landesmedienanstalt hat ferner gemäß §§ 23, 24 JMStV die Befugnis zur Ahndung dieser Verstöße.
Es stehen auch bedeutende Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit im Sinne von § 9 Nr. 3 LIFG, nämlich die Unversehrtheit der Rechtsordnung, im Raum. Zweck des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages ist der einheitliche Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die deren Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigen oder gefährden, sowie der Schutz vor solchen Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die die Menschenwürde oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen (s. § 1 JMStV ). Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 9 und 10 JMStV ist das Anbieten von sog. „harter Pornografie“ gänzlich unzulässig, nach § 4 Abs. 2 Satz 1 JMStV sind die Telemedien nicht befugt, bestimmte pornografische Angebote („sog. einfache Pornografie“) anzubieten, außer sie stellen sicher, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden ( § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV : sog. „geschlossene Benutzergruppe“). Dazu ist die Überprüfung des Alters der Nutzer durch ein wirksames Altersverifikationssystem erforderlich.
Daran werden hohe Anforderungen gestellt; nicht ausreichend ist ein Altersverifikationssystem, das den Zugang zu pornographischen Angeboten im Internet nach anonymer Eingabe einer Adresse, einer Ausweisnummer, der Postleitzahl des Ausstellungsortes, der Kreditkartennummer oder Bankverbindung und einer Zahlung eines geringfügigen Betrages ermöglicht ( BGH, NJW 2008, 1882; vgl. auch BVerwG, NJW 2002, 2966 zur Zugänglichmachung von Pornografie im Rundfunk). Dieses stellt keine effektive Barriere für den Zugang Minderjähriger zu diesen Angeboten dar und genügt nicht den Anforderungen des § 4 Abs. 2 JMStV. Der Betrieb einer Internetseite mit pornografischen Inhalten ohne (ausreichendes) Altersverifikationssystem verstößt daher auch gegen § 184d StGB (Verbreitung pornografischer Darbietungen durch Medien- oder Teledienste). Gemäß § 5 Abs. 1 JMStV haben Anbieter, sofern sie Angebote verbreiten oder zugänglich machen, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, ferner dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen.
Um Verstöße gegen die Vorschriften des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages feststellen und damit ihrer Überwachungsaufgabe nachkommen zu können, muss die Beklagte jedoch in der Lage sein, den Nachweis zu führen, dass der Verstoß tatsächlich begangen worden ist. Dies setzt voraus, dass die Anbieter von Telemedien für die (vermeintlichen) Verstöße gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag haftbar gemacht werden können.
Die Regelungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags gelten für alle pornografischen Angebote in Deutschland. Das Verbot des § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 JMStV richtet sich an alle Anbieter von Telemedien. Davon erfasst werden Content-Provider – diese installieren Daten auf einem eigenen Rechner oder dem Server eines anderen zur Nutzung durch beliebige andere Personen, die auf die Internet-Seiten zugreifen können (Hörnle, NJW 2002, 1008, 1009) –; Host-Provider-diese stellen Speicherplatz für Inhalte von Nutzern zur Verfügung – und Access-Provider- diese vermitteln lediglich den Zugang zu Inhalten –.
Für die Anbieter der genannten Telemedien gilt die gestufte Verantwortlichkeit gemäß §§ 7-10 TMG. Nach § 7 Abs. 1 TMG haftet der Content-Provider nach den allgemeinen Gesetzen für die Inhalte, die er selbst ins Netz stellt. Dagegen haben Host- und Access-Provider prinzipiell keine Überwachungspflicht bezüglich übermittelter oder gespeicherter Informationen. Für fremde Inhalte sind sie nur in Ausnahmefällen verantwortlich (s. §§ 8 und 10 TMG ). Der Content Provider ist also für alle eigenen Inhalte voll verantwortlich und wird nicht privilegiert. Voraussetzung für die Verantwortlichkeit des Content-Providers ist allerdings, dass der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag und das Telemediengesetz auf ihn überhaupt anwendbar sind. Dazu bestimmen die §§ 60 Abs. 1 Satz 1 RStV, § 3 TMG das sog. Herkunftslandprinzip. Dieses zielt im Zusammenhang mit der (grenzüberschreitenden) Tätigkeit von Telemediendienstanbietern auf die Herbeiführung einheitlicher Rechtsstandards und damit verbunden auf die Beseitigung von Hindernissen für den freien Dienstleistungsverkehr im Europäischen Binnenmarkt. Um nicht zusätzliche Hürden aufzubauen und die Einschränkungen für die Dienstleistungsfreiheit möglichst gering zu halten, sollen die Telemediendienste im relevanten Regelungsbereich des Herkunftslandsprinzips grundsätzlich nur dem Anforderungsniveau eines Mitgliedstaates unterworfen werden (Pfeiffer, JuS 2004, 282, 284). Im Einzelnen bestimmt § 3 Abs. 1 TMG, dass in der Bundesrepublik Deutschland niedergelassene Diensteanbieter und ihre Telemedien den Anforderungen des deutschen Rechts auch dann unterliegen, wenn die Telemedien in einem anderen Staat innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt geschäftsmäßig angeboten oder erbracht werden.
Der freie Dienstleistungsverkehr von Telemedien, die in der Bundesrepublik Deutschland von Diensteanbietern geschäftsmäßig angeboten oder erbracht werden, die in einem anderen Staat innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/EG niedergelassen sind, wird gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 TMG nicht eingeschränkt. Absatz 5 bleibt unberührt ( § 3 Abs. 2 Satz 2 TMG ). Dieser bestimmt in Satz 1 Nr. 1, dass das Angebot und die Erbringung von Telemedien durch einen Diensteanbieter, der in einem anderen Staat im Geltungsbereich der Richtlinie 2000/31/EG niedergelassen ist, abweichend von Absatz 2 den Einschränkungen des innerstaatlichen Rechts unterliegt, soweit dieses dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dient und die auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts in Betracht kommenden Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen stehen. Diesem Schutz dient insbesondere die Verhütung, Ermittlung, Aufklärung, Verfolgung und Vollstreckung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, einschließlich des Jugendschutzes, aber auch die Bekämpfung der Hetze aus Gründen der Rasse, des Geschlechts, des Glaubens oder der Nationalität sowie von Verletzungen der Menschenwürde einzelner Personen sowie die Wahrung nationaler Sicherheits- und Verteidigungsinteressen, vor Beeinträchtigungen oder ernsthaften und schwerwiegenden Gefahren.
Aus § 3 TMG ergibt sich daher, dass das deutsche (Jugendschutz-)Recht uneingeschränkt nur auf Anbieter von Telemedien anwendbar ist, wenn diese im Inland niedergelassen sind. § 2 Nr. 2 TMG definiert den niedergelassenen Diensteanbieter als Anbieter, der mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit Telemedien geschäftsmäßig anbietet oder erbringt; der Standort der technischen Einrichtung allein begründet keine Niederlassung des Anbieters. Eine Niederlassung im Inland liegt daher etwa dann vor, wenn ein Anbieter von Telemedien Dienste in seinem Büro in der Bundesrepublik Deutschland plant und erstellt und dann über das Internet weltweit verbreitet. Hier liegt der Schwerpunkt seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Inland, selbst wenn er hierzu einen Server in Fernost oder Lateinamerika benutzt und seine Webseite überall auf der Welt abgerufen werden kann.
Bei dem im vorliegenden Fall betroffenen Gutachten geht es primär um die Frage, ob Content-Provider nur zum Schein ihren Sitz außerhalb des Anwendungsbereichs des TMG und des JMStV haben und damit von der für die Einhaltung der Vorschriften des JMStV zuständigen Stelle nicht überwacht und belangt werden können. Die von der Beklagten in ihrer Klageerwiderung aufgeführten Diensteanbieter, gegen die derzeit Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Verstößen gegen § 4 JMStV laufen, haben ihren Sitz nicht zwingend in Deutschland, Insbesondere ergibt sich aus der überwiegend verwendeten Top-Level-Domain „.de“ nicht zwangsläufig, dass die Diensteanbieter ihren Sitz im Bundesgebiet haben (s. Ziffer VIII der DENIC-Domainrichtlinien, http://www.denic.de/domains/allgemeine-informationen/domainrichtlinien.html). Denn dort heißt es:
„Der administrative Ansprechpartner (Admin-c) ist die vom Domaininhaber benannte natürliche Person, die als sein Bevollmächtigter berechtigt und gegenüber DENIC auch verpflichtet ist, sämtliche die Domain betreffenden Angelegenheiten verbindlich zu entscheiden. …. Hat der Domaininhaber seinen Sitz nicht in Deutschland, ist der Admin-c zugleich dessen Zustellungsbevollmächtigter i.S.v. § 184 der Zivilprozessordnung, § 132 der Strafprozessordnung, § 56 Absatz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie § 15 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder; er muss in diesem Falle seinerseits in Deutschland ansässig sein und mit seiner Straßenanschrift angegeben werden.“
Die Beklagte hat das Gutachten von Dr. L.… eingeholt, um einen Kriterienkatalog und Rechercheleitfaden zu entwickeln, der sie und die übrigen Landesmedienanstalten in die Lage versetzt, möglichst alle bestehenden Optionen zur Ausermittlung des Content-Providers auszuschöpfen und Möglichkeiten des ordnungsrechtlichen Vorgehens gegen beteiligte Dritte auszuloten. Ein wirksames Vorgehen gemäß § 20 Abs. 1 und 4 JMStV gegen die Anbieter von Telemedien im Bereich der Erotikindustrie scheitert derzeit offenkundig an der schwierigen Beweislage. Hierzu hat die Beklagte vorgetragen, zahlreiche Content-Provider würden sich dem Zugriff dadurch entziehen, dass sie entweder ihren Sitz ins Ausland verlagert hätten oder von vornherein eine Adresse im Ausland angeben würden, obwohl sie im Inland wohnen blieben und Angebote von hier aus administrieren würden. Ferner gebe es Diensteanbieter, die ihre (vermeintlichen oder tatsächlichen) Tätigkeiten aufspalten würden, während technische Einrichtungen oder die Kundenbetreuung in Deutschland verblieben. Das Gutachten führt nach Angaben der Beklagten detailliert auf, welche Methoden die Content-Provider zur Anbieterverschleierung verwenden und welche Recherchemöglichkeiten die Landesmedienanstalten im Gegenzug haben, um diese Verschleierungen aufzudecken.
Damit liegt auf der Hand, dass die Preisgabe eines Gutachtens mit Ausführungen zu den beauftragten Punkten geeignet ist, die Wahrnehmung der Gefahrenabwehr durch die Beklagte zu erschweren, wenn Details zu Ermittlungstechniken betreffend Content-Provider an Privatpersonen gelangen, welche keine Gewähr bieten können, dass diese Informationen nicht an Anbieter aus dem betroffenen Bereich weitergeleitet werden, die ein Interesse an der Beurteilung der Erforderlichkeit und Entwicklung von Umgehungsstrategien haben. Es ist daher eine konkrete Gefahrenlage vorhanden, denn im Falle der Gewährung des begehrten Informationszugangs wird unter verständiger Würdigung der Sachlage in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden für das Schutzgut der Unversehrtheit der Rechtsordnung eintreten.
Sind damit Ausschlussgründe nach § 9 Nr. 3 LIFG gegeben, kann offen bleiben, ob die Ablehnung auch auf die von der Beklagten angeführten § 9 Nr. 2 LIFG und § 10 LIFG gestützt werden konnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ( § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, VwGO ).
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