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Landgericht Hamburg Urteil vom 27.10.2005 - 327 O 614/05 - Zur Art und Weise der Information über die Versandkosten auf einer Internetseite

LG Hamburg v. 27.10.2005: Zur Art und Weise der Information über die Versandkosten auf einer Internetseite


Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 27.10.2005 - 327 O 614/05) hat entschieden:

   Fallen im Fernabsatz Versandkosten an, so müssen Angaben dazu zwar nicht unmittelbar bei den Abbildungen oder Beschreibungen der Waren erfolgen, weil Versandkosten keine Preisbestandteile sind und § 4 Abs. 4 PAngV deshalb nicht anwendbar ist; werden die Versandkosten aber nur in den über einen Link erreichbaren AGB des Anbieters oder erstmals i.R.d. sog. Warenkorbs genannt, so liegt darin dennoch ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV, weil es an der nach § 2 Abs. 6 PAngV notwendigen eindeutigen Zuordnung sowie leichten Erkennbarkeit dieser Angaben fehlt.




Siehe auch
Versandkosten
und
Webdesign


Tatbestand:


Die Parteien sind Mitbewerber. Die Antragsgegnerin betreibt einen Online-Versand für Fotogeräte und bewarb ihre Produkte am 30.8.2005 wie beispielhaft aus den Anlagen Ast. 1 bis 3 ersichtlich. Anlage Ast.1 gibt die Bildschirmseite wieder, die bei Aufruf eines der auf der Eingangsseite präsentierten Produktes erscheint. Sie zeigt einen Fotoapparat mit einer daneben stehenden bezifferten Preisangabe. In einer einheitlichen Kopfzeile sind Links unter den Bezeichnungen "AGB – Datenschutz – Kontakt – Impressum" angebracht. Anlage Ast. 2 gibt die Bildschirmseite wieder, die erscheint, wenn man auf der vorangegangenen Seite auf den Link "in den Warenkorb" klickt. Dort findet sich die nämliche Preisangabe. Anlage Ast. 3 gibt die Bildschirmseite wieder, die erscheint, wenn man den Link "Jetzt kaufen" anklickt. Dort erscheint der auf den vorgenannten Seiten mitgeteilte Preis unter der Bezeichnung "Zwischensumme" mit den zusätzlichen Angaben, daß darin ein bezifferter Betrag als Mehrwertsteuer enthalten sei und ein bezifferter Betrag als "Versandgebühr" hinzukomme. Als "Endsumme" wird sodann die Summe aus dem Ausgangspreis und den Versandkosten ausgewiesen.

Die AGB enthalten unter dem Stichwort "Versandspesen" nähere Angaben für deren Berechnungsweise, und zwar in Abhängigkeit von der gewählten Zahlungsweise (Anl. Ast. 4).

Die Antragsstellerin erwirkte im einstweiligen Verfügungsverfahren den Beschluß v. 6.9.2005, mit dem der Antragsgegnerin verboten worden ist,

   "im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in der Werbung für Fernabsatzverträge Artikel des Sortiments unter Angabe von Preisen zu bewerben, ohne in einer der Preisangabe unmittelbar räumlich zugeordneten oder anderweitig hervorgehobenen Weise darauf hinzuweisen, ob und ggfs. in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen, wie unter superfoto.de am 30.8.2005 geschehen."

Dagegen richtet sich der Widerspruch der Antragsgegnerin, mit dem sie beantragt,

   die einstweilige Verfügung aufzuheben und den auf ihren Erlaß gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

   die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, daß ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung nicht bestehe. Der Besucher ihrer Seite erhalte die Information zu den Versandkosten, indem er entweder auf den Button "AGB" klicke oder automatisch vor Aufgabe der Bestellung. Bei den nach der Preisangabenverordnung zu stellenden Anforderungen sei zu beachten, daß es sich bei den Liefer- und Versandkosten nicht um Preisbestandteile handele, auf die sich § 4 Abs. 4 PAngV allein beziehe. Das ergebe sich aus der Gesetzessystematik und sei auch in der Sache begründet, weil bei den meisten Versandhandelsunternehmen die Versandkostenpauschale sendungsbezogen und nicht artikelbezogen berechnet werde. Bei den Angaben gem. § 1 Abs. 2 PAngV handele es sich um aufklärende Hinweise allgemeiner Natur, die der Verbraucher sinnvollerweise bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. den Bestellinformationen erwarte und nicht unmittelbar bei jedem Verkaufsartikel. Allein diese Handhabung entspreche auch der allgemeinen Verkehrsauffassung im Internethandel.

Selbst wenn ein Verstoß gegen die PAngV vorliegen sollte, sei dieser wettbewerbsrechtlich deshalb irrelevant, weil sich die Antragsgegnerin damit keinen Vorsprung im Wettbewerb verschaffe. Es fehle zudem an einem hinreichenden Wettbewerbsbezug, weil es sich ausschließlich um klarstellende Vorschriften im Sinne eines fürsorglichen Verbraucherschutzes handele.




Die Antragsgegnerin hält das ausgesprochene Verbot auch in der Form für unzulässig, da es in der Formulierung den gesetzlichen Tatbestand wiederhole.

Die Antragstellerin verteidigt den Beschluß. Die Preisangabenverordnung verlange, daß bei Bildschirmangeboten die Preise und die als preisbildende Faktoren zu bezeichnenden Angaben wie Versandkosten dem jeweiligen Angebot, d.h. den Abbildungen und Beschreibungen der Waren unmittelbar zugeordnet werden müßten. Daran fehle es hier. Der Verbraucher müsse erst weitere Schritte unternehmen, um dann eher zufällig solche Angaben vorzufinden. Darauf beziehe sich der Verweis in der Antragsformulierung auf den Internetauftritt v. 30.8.05. Gegenstand des Verbots solle eine Werbung sein, die in ihrer Struktur der Werbung gem. den Anl. Ast. 1 bis 4 entspreche.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlage verwiesen.


Entscheidungsgründe:


Das erlassene Verbot erweist sich im Widerspruchsverfahren überwiegend als begründet. Allerdings war das Verbot in der beantragten und erlassenen Formulierung zu weitgehend. Darauf bezieht sich die teilweise Aufhebung und Abweisung. Im einzelnen ist dazu – in kurzer Zusammenfassung gem. § 313 Abs. 3 ZPO – folgendes auszuführen:




Die Kammer ist mit der Antragstellerin der Ansicht, dass das angegriffene Angebot der Antragsgegnerin gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 1 Abs. 6 PAngV verstößt. Bei der genannten Vorschrift der PAngV handelt es sich um wettbewerbsbezogene Normen (vgl. BGH GRUR 2004, 435 (436) – FrühlingsgeFlüge), weshalb sich ein Verstoß gegen jene Regelung zugleich als ein Wettbewerbsverstoß i.S. von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG erweist.

Die Angaben nach der PAngV, also Preise und darüber hinaus zusätzlich Liefer- und Versandkosten nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV, müssen den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen, was nach § 1 Abs. 6 PAngV voraussetzt, daß die dazu erforderlichen Angaben dem Angebot eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar sind. Damit wird verlangt, daß der angesprochene Verbraucher sofort und mühelos erkennt, ob zusätzliche Versandkosten anfallen und wie diese sich gegebenenfalls im Einzelnen berechnen (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV am Ende). Der Verbraucher muß diese Angaben ohne Schwierigkeiten auffinden können, was eine entsprechende räumliche Platzierung voraussetzt (vgl. Fezer, UWG, § 4 – S 14, Rn.131f). Die eindeutige Zuordnung und leichte Erkennbarkeit erfaßt dabei sowohl des "Wie" als auch das "Wo" der Angaben; beide Komponenten sind untrennbar miteinander verknüpft.

Diesen Anforderungen wird das Online-Angebot der Antragsgegnerin nicht gerecht. Wie aus den Anl. Ast. 1 und 2 beispielhaft ersichtlich, hat die Antragsgegnerin ihr Angebot so gestaltet, daß der Nutzer im ersten Zugriff nur mit dem reinen Warenpreis konfrontiert wird. Die Seiten enthalten an dieser Stelle nicht einmal einen allgemeinen Hinweis auf Versandkosten. Der Hinweis in der Kopfzeile am oberen Bildschirmrand auf "AGB" läßt allenfalls vermuten, daß sich dahinter diese Angaben finden können. Eindeutig und unmißverständlich wie bei einem sog. "sprechenden" Link sind diese Titel nicht. Der Hinweis auf AGB ist zudem auch nicht eindeutig den einzelnen Artikeln zugeordnet. Ein derartiger Hinwies wird den Anforderungen der PAngV von vornherein nicht gerecht (HansOLG, MD 2005, 49 (53) = GRUR-RR 2005, 27 ff.). Er verlangt von dem angesprochenen Publikum, daß es die Frage danach, ob der genannte Preis sich um Versandkosten erhöht, durch Suchen nach der entsprechenden Angabe einer Prüfung unterzieht. Es bleibt dem Zufall überlassen, ob der Kunde Angaben dort findet, was durch die Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 6 PAngV gerade verhindert werden soll.



Das gilt entsprechend für den Hinweis auf zusätzliche Versandkosten im Rahmen eines Bestellvorganges wie aus der Anl. Ast. 3 ersichtlich. Dieser Hinweis erfolgt zu spät. Der Verbraucher soll sofort und ohne Schwierigkeiten erkennen können, ob Versandkosten anfallen und wie diese sich ggflls. berechnen. Diese Information muß deshalb zugleich mit jedem Angebot erkennbar sein.

Im Vordergrund der zu beachtenden rechtlichen Vorgaben steht nach Auffassung der Kammer insoweit jedenfalls § 1 Abs. 6 PAngV (vgl. auch HansOLG GRUR-RR 2005, 236; MMR 2005, 467), der eine eindeutige Zuordnung der nach § 1 Abs. 2 PAngV erforderlichen Angaben fordert. Dem kann Genüge getan werden, indem räumlich unmittelbar neben dem Angebot ein Hinweis auf Versandkosten und ihre Berechnung erfolgt. Die Kammer sieht es als ebenfalls ausreichend an, wenn dem Benutzer unmittelbar neben den Abbildungen oder Preisangaben der Waren durch einen eindeutig und unmißverständlich zugeordneten Link der Zugriff auf diese Angaben ermöglicht wird (vgl.a. HansOLG, MMR 2005, 467). Darauf sind die Möglichkeiten aber nicht beschränkt. Es kann auch auf andere Weise den Anforderungen der PAngV an die Grundsätze der Preisklarheit und Preiswahrheit Genüge getan werden. § 1 Abs. 6 PAngV beschränkt sich darauf, die eindeutige Zuordnung und leichte Erkennbarkeit zu verlangen. Das kann auf vielfältige Möglichkeiten sichergestellt werden, ohne daß der Anbieter dabei von vornherein auf bestimmte konkrete Gestaltungen beschränkt ist. Denkbar ist auch, daß der Hinweis auf andere eindeutig zugeordnete und gut wahrnehmbare Weise auf der Seite mit dem konkreten Angebot erfolgt, ohne daß die Angabe in jedem Fall "räumlich unmittelbar" dem Preis oder der Ware zugeordnet wird. Aufgabe des vorliegenden Verfahrens ist es nicht, diese Möglichkeiten abschließend zu bestimmen. Denkbar wäre jedenfalls auch ein auf der Seite des Angebots angebrachter Link, der so gestaltet ist, daß er die genannten Voraussetzungen erfüllt. Damit wird den Erfordernissen und Möglichkeiten des Internets hinreichend Rechnung getragen, ohne daß durch die PAngV geschützte Informationsinteresse der Nutzer hintanzustellen.

Diese Möglichkeit einer Verlinkung ist nicht durch die Vorgabe des § 4 Abs. 4 PAngV ausgeschlossen. Zum einen ist diese Vorschrift auf Versandkosten nicht unmittelbar anwendbar, weil sie sich auf die "Preise" im engen Sinn bezieht, Versandkosten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH GRUR 1997, 479) und nach der Systematik de PAngV aber nicht als Preisbestandteile anzusehen sind. Darauf weist die Antragsgegnerin nach Auffassung der Kammer zu Recht hin. Selbst bei Heranziehung des § 4 Abs. 4 PAngV wäre zu beachten, daß eine "unmittelbare" Zuordnung dort keinesfalls schlechthin angeordnet wird. Die Form der Preisangabe wird im Gegenteil relativ großzügig geregelt, indem sie alternativ zur unmittelbaren Preisangabe bei den Abbildungen oder Beschreibungen der Waren auch in mit den Katalogen oder Warenlisten in Zusammenhang stehenden Preisverzeichnissen erfolgen kann.

Die Formulierung des Verbotsantrages erstreckt sich auf Hinweise, die nicht "unmittelbar räumlich" zugeordnet sind, und geht deshalb zu weit. Darauf bezieht sich seine – teilweise – Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Eine Änderung des Streitwertes hält die Kammer aus den bereits früher ausgeführten Gründen nicht für geboten.

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