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Landgericht Leipzig Urteil vom 04.11.2022 - 05 O 555/22 - Zur Wettbewerbswidrigkeit eines vorab im Online-Angebot bereits um die staatliche Umweltprämie verminderten Preises für ein Kfz

LG Leipzig v. 04.11.2022: Zur Wettbewerbswidrigkeit eines vorab im Online-Angebot bereits um die staatliche Umweltprämie verminderten Preises für ein Kfz


Das Landgericht Leipzig (Urteil vom 04.11.2022 - 05 O 555/22) hat entschieden:

   Es ist wettbewerbswidrig, bei der Preisangabe für ein im Internet angebotenes E-Auto bereits vorab den Kaufpreis um die staatliche Umweltprämie zu vermindern (Verstoß gegen § 1 I 1 PAngV in der vor dem 28.05.2022 geltenden Fassung).

Siehe auch
Autohandel - Handel mit Fahrzeugen im Internet
und
Stichwörter zum Thema Preisangaben im Onlinehandel

Aus den Entscheidungsgründen:


“... Die Klage ist begründet, denn der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 I, III Nr. 2, §§ 3 I, 3a UWG i. V. mit § 1 I 1 PAngV; §§ 3 I, 5a II 1 und II 2 Nr. 3, IV UWG und gemäß §§ 3 I, V 1 1, V 2 Nr. 2 UWG (in der jeweils bis zum 27.05.2022 geltenden Fassung). Dem Kläger steht ferner ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 374,50 € gemäß § 13 III UWG zu.



Die Beklagte hat damit zum einen wettbewerbswidrig gemäß § 3a UWG i. V. mit § 1 I 1 PAngV gehandelt.




Indem die Beklagte für den Verkauf des Pkw unter Angabe von Preisen geworben hat, ohne den für das konkret beworbene Fahrzeug tatsächlich zu zahlenden Gesamtpreis anzugeben, hat sie gegen § 1 I 1 PAngV verstoßen.

Gemäß § 1 I 1 PAngV hat, wer Verbrauchern gemäß § 13 BGB gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise).

Bei § 1 I 1 PAngV handelt es sich auch um eine marktverhaltensregelnde Norm i. S. des § 3a UWG.

Der tatsächlich zu zahlende Gesamtpreis betrug 28.789 € und nicht wie inseriert 22.789 €. Die Umweltprämie in Höhe von 6.000 € durfte die Beklagte nicht vom Gesamtpreis abziehen, denn hierdurch wird der Kaufpreis nicht per se herabgesetzt.

Diese Zuwiderhandlung ist auch geeignet, wie von § 3a UWG gefordert, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen. Die Verbraucher werden durch die streitgegenständliche Preisangabe der Beklagten demnach daran gehindert, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Zudem indiziert der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung im Regelfall die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen der Marktteilnehmer.

bb) Zum anderen handelte die Beklagte nach § 5 I 1 und I 2 Nr. 2 UWG wettbewerbswidrig.

Nach § 5a II Satz 1 UWG handelt unlauter, wer Verbrauchern wesentliche Informationen vorenthält, die benötigt werden, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und darüber hinaus für ihre Entscheidungsfähigkeit im Hinblick auf das Produkt von Bedeutung sind.

Die Angabe des Gesamtpreises ist eine wesentliche Information i. S. des § 5a II 1, IV UWG. Denn bei den Bestimmungen des § 1 PAngV handelt es sich um solche, die auf den unionsrechtlichen Vorgaben der Preisangaben-Richtlinie1 beruhen.

Diese wesentliche Information wurde den angesprochenen Verbrauchern auch vorenthalten. Als Vorenthalten gilt nach § 5a II 2 Nr. 3 UWG auch das nicht rechtzeitige Bereitstellen der Information. Auch wenn von der Zeugin M die Angabe gegenüber einem einzeln potenziellen Käufer auf Nachfrage richtiggestellt wurde, ändert dies nichts daran, dass die Information zum einen nicht rechtzeitig bereitgestellt, zum anderen allen weiteren potenziellen Käufern vorenthalten wurde.




cc) Ferner hat die Beklagte gemäß § 5 I 1 und I II Nr. 2 UWG wettbewerbswidrig gehandelt. Nach dieser Vorschrift liegt eine irreführende geschäftliche Handlung vor, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, enthält.

c) Die Beklagte kann sich auch nicht damit entlasten, dass die Zeugin M weisungswidrig, da entgegen den Festlegungen im Besprechungsprotokoll vom 09.03.2021 (Anlage B 2), wonach alle Neuwagen ohne die E-Prämie auszupreisen sind, in einer Art „Blackout“ gehandelt habe. Den entsprechenden Beweisangeboten war nicht nachzugehen.

Nach § 8 II UWG werden dem Unternehmensinhaber Zuwiderhandlungen seiner Angestellten oder Beauftragten wie eigene Handlungen zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation seines Unternehmens die Verantwortung für das Verhalten im Wettbewerb nicht beseitigen soll (BGH, Urt. v. 28.06.2007 – I ZR 153/04, GRUR 2008, 186 Rn. 22 – Telefonaktion). Die Vorschrift des § 8 II UWG regelt den Unterlassungsanspruch gegen den Unternehmensinhaber bei Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter und Beauftragten im Sinne einer Erfolgshaftung ohne Entlastungsmöglichkeit (Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. [2022], § 8 Rn. 2.33; MünchKomm-UWG/Fritzsche, 3. Aufl. [2022], § 8 Rn. 377). Daher spielt es insbesondere keine Rolle, ob der Mitarbeiter oder Beauftragte eigenmächtig gehandelt hat (MünchKomm-UWG/Fritzsche, a. a. O., § 8 Rn. 374). Das heißt, der Unternehmensinhaber kann sich wegen § 8 II UWG nicht darauf berufen, dass der Mitarbeiter weisungswidrig gehandelt habe (OLG Saarbrücken, Urt. v. 07.03.2018 – 1 U 17/17, GRUR 2018, 742 Rn. 30; Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a. a. O., § 8 Rn. 2.33). Mithin hilft es dem Unternehmensinhaber nicht, wenn er seine Mitarbeiter angewiesen hat, bestimmte unzulässige Handlungen nicht vorzunehmen( MünchKomm-UWG/Fritzsche, a. a. O., § 8 Rn. 377).



So hält der BGH in seinem Beschluss vom 04.04.2012 (I ZR 103/11, juris Rn. 9) fest:

   „Für die Haftung nach § 8 II UWG ist es unerheblich, wie die Beteiligten ihre Rechtsbeziehungen ausgestaltet haben (vgl. für § 14 VII MarkenG: BGH, Urt. v. 07.10.2009 – I ZR 109/06, GRUR 2009, 1167 Rn. 21 = WRP 2009, 1520 – Partnerprogramm), ob der Beauftragte gegen den Willen des Unternehmensinhabers seine vertraglichen Befugnisse überschritten hat (vgl. BGH, Urt. v. 28.06.2007 – I ZR 153/04, GRUR 2008, 186 Rn. 23 = WRP 2008, 220 – Telefonaktion; Ohly, in: Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 8 Rn. 147; Köhler, in: Köhler/Bomkamm, UWG, 30. Aufl., § 8 Rn. 2.47) oder ob der Beauftragte ohne Wissen oder sogar gegen den Willen des Unternehmensinhabers gehandelt hat (vgl. für § 14 VII MarkenG: BGH, Urt. v. 07.10.2009 – I ZR 109/06, GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Partnerprogramm; Urt. v. 18.11.2010 – I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 54 = WRP 2011, 881 – Sedo; Harte/Henning/Bergmann, UWG, 2. Aufl., § 8 Rn. 254). Die Bestimmung in § 8 II UWG regelt vielmehr den Unterlassungsanspruch gegen den Unternehmensinhaber bei Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter und Beauftragten im Sinne einer Erfolgshaftung ohne jegliche Entlastungsmöglichkeit (vgl. zu § 13 IV UWG a.F.: BGH, Urt. v. 29.06.2000 – I ZR 29/98, GRUR 2000, 907, 909 = WRP 2000, 1258 – Filialleiterfehler; Urt. v. 07.04.2005 – I ZR 221/02, GRUR 2005, 864 = WRP 2005, 1248 – Meißner Dekor II; zu § 8 II UWG: BGH, Urt. v. 28.10.2010 – I ZR 174/08, GRUR 2011, 543 Rn. 13 = WRP 2011, 749 – Änderung der Voreinstellung III; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 14 Rn. 19; Ohly, in: Piper/Ohly/Sosnitza, a. a. O., § 8 Rn. 143; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 8 Rn. 2.33; Lehmler, in: Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz · Urheberrecht · Medienrecht, 2. Aufl., § 8 UWG Rn. 56; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., vor §§ 14–19 Rn. 43; Hacker, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 14 Rn. 552).“

Da der BGH bei einem Unterlassungsanspruch bei Zuwiderhandlungen von Mitarbeitern und Beauftragten eine Erfolgshaftung des Unternehmensinhabers ohne jegliche Entlastungsmöglichkeit annimmt, kommt es insoweit nicht darauf an, dass die Zeugin M gegen ausdrückliche Weisungen gehandelt hat.



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