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OLG Hamm Beschluss v. 22.05.2007 - 27 W 58/06 - Unaufgeforderte Übersendung von Werbung per Telefax

OLG Hamm v. 22.05.2007: Unaufgeforderte Übersendung von Werbung per Telefax


Das OLG Hamm (Beschluss vom 22.05.2007 - 27 W 58/06) hat entschieden:

   Die unaufgeforderte Übersendung von Werbung per Telefax stellt im geschäftlichen Verkehr neben einem Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch eine rechtswidrige Eigentumsverletzung dar.




Siehe auch
Telefax
und
Stichwörter zum Thema Werbung


Zum Sachverhalt:


Die Parteien stritten um die Pflicht der Beklagten, gegenüber der Klägerin von Telefaxwerbung abzusehen und diese vertragsstrafenbewehrt anzuerkennen.

Die Klägerin betreibt Landschaftsbau, die Beklagte zu 1) handelt mit im Hoch- und Tiefbau einsetzbaren Geräten. Der Beklagte zu 2) ist deren Geschäftsführer.

Streitig war, ob die Beklagte zu 1) bereits seit 2002 Geschäftskontakt zur Klägerin suchte.

Am 11. Mai 2005 schickte die Beklagte zu 1) an die Klägerin um 16.20 Uhr per Telefax ein Werbeschreiben über ein Kabelsuchgerät. Mit Anwaltsschreiben vom 22. Mai 2005 verlangte die Klägerin von den Beklagten bis zum 30. Mai 2005 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Die Beklagten erklärten mit Anwaltsschreiben vom 24. Mai 2005, den Wunsch der Klägerin zu respektieren und zukünftig an ihre Telefaxnummer keine Werbeschreiben mehr zu senden, ohne allerdings für den Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu versprechen. Auf die am 20. September 2005 zugestellte Unterlassungsklage der Klägerin erklärten die die Beklagten in der Klageerwiderung vom 4. Oktober 2005 zusätzlich - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - ihre Bereitschaft, für jeden Verstoß gegen ihre Unterlassungspflicht eine Vertragsstrafe von 5 001,00 EUR zu zahlen.

In der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2006 haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

Das Landgericht hat in dem am selben Tag verkündeten Beschluss die Kosten den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt und u. a. ausgeführt, dass sie ohne das erledigende Ereignis hätten unterliegen müssen, weil die Zusendung des Telefax-Schreibens eine Eigentumsverletzung und einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin darstelle, der nicht durch deren ausdrückliche oder konkludente Einwilligung gerechtfertigt sei. Die Wiederholungsgefahr habe bei Klageerhebung bestanden, weil der vorprozessualen Unterlassungserklärung der Beklagten die Strafbewehrung fehle und deshalb Zweifel an ihrer Ernsthaftigkeit bestanden hätten.

Gegen diesen Beschluß haben die Beklagten sofortige Beschwerde eingelegt.

Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.





Aus den Entscheidungsgründen:


"... 1) Das Landgericht hat den Beklagten gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO zu Recht die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Dieses Ergebnis entspricht billigem Ermessen, weil die Beklagten ohne die übereinstimmenden Erledigungserklärungen zur Unterlassung hätten verurteilt werden müssen.

a) Obwohl das beanstandete Telefaxschreiben vom 11. Mai 2005 nur die Beklagte zu 1) als Absenderin ausweist, gilt daneben auch der Beklagte zu 2) als deren Geschäftsführer als Störer (vgl. v. Staudinger/Gursky (1999) § 1004 Rn. 128), so dass er, sofern die weiteren Voraussetzungen vorlagen, ebenfalls gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB auf Unterlassung in Anspruch genommen werden konnte.

b) Gegen die Annahme des Landgerichts, dass in der Übermittlung der Werbeschrift per Telefax sowohl eine Eigentumsverletzung als auch ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin lag, bringen die Beklagten keine überzeugenden Argumente vor.

Es handelt sich hier, was sie möglicherweise bei dem Hinweis auf die Entscheidung des AG Dresden - NJW 2005, S. 2561 ff aus dem Auge verloren haben, die sich mit E-Mail-Werbung befasst, um einen Fall der Telefaxwerbung im geschäftlichen Verkehr. Mit der Frage, ob diese erlaubt ist, hat sich der Bundesgerichtshof, soweit ersichtlich, zuletzt 1995 - unter Wettbewerbsaspekten - befasst (BGH - Urteil vom 25. Oktober 1995 - I ZR 255/03 -, NJW 1996, 660 f.) und die Werbung per Telefax generell für unzulässig gehalten, solange kein Einverständnis des Empfängers vorliegt oder vermutet werden darf.

Abweichend davon beurteilen sich hier allerdings die Rechtsbeziehungen der Parteien, insofern mit der von den Beklagten zitierten Entscheidung vergleichbar, wegen der fehlenden Mitbewerberstellung der Parteien iSd § 8 Abs. 1 Nr. 1 UWG nicht nach Wettbewerbsrecht, sondern ausschließlich nach dem Recht der unerlaubten Handlungen iSd BGB. An der vom Bundesgerichtshof gefundenen Lösung ändert sich dadurch jedoch nichts.

Die Beklagten übersehen bei ihrer Argumentation, dass hier - anders als bei unerwünschter elektronischer Post - der Zugang eines Telefax-Schreibens bereits eine Eigentumsverletzung darstellt, die jedenfalls in dem Verbrauch von Papier und Druckerfarbe zu sehen ist.



Darüber hinaus liegt in dem unaufgefordert zugesandten Telefax-Schreiben aber auch ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin, weil solche Schreiben, wie der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung bei Prüfung der Wettbewerbswidrigkeit festgestellt hat, die Empfangsgeräte blockieren, was auch außerhalb der üblichen Geschäftszeiten stört, weil potentiellen Kunden auch diese Zeiten z. B. aus Kostengründen nutzen, und außerdem nur mit spürbarem Arbeitsaufwand aussortiert werden können. Die Störung des Betriebsablaufs der Empfängerfirma ist bei Telefax-Schreiben wesentlich einschneidender als bei E-Mails, die mit einem Mausklick gelöscht werden können. Auf diesen wesentlichen Unterschied weist gerade auch das AG Dresden hin, so dass die dortigen Überlegungen schon aus diesem Grund auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar sind.

c) Das Landgericht hat den Eingriff der Beklagten in die durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgüter der Klägerin auch zutreffend auf der Grundlage des Verteidigungsvorbringens als rechtswidrig eingestuft, d. h. es brauchte bei seiner Ermessensentscheidung nicht zu berücksichtigen, dass eine vor dem 11. Mai 2005 liegende Kontaktaufnahme zwischen den Parteien streitig ist. Aus fehlendem Widerspruch der Klägerin gegen die angeblich vorangegangenen Werbesendungen läßt sich nämlich kein konkludentes Einverständnis herleiten. Der rechtswidrige Übergriff zwingt nicht zum Handeln, kommentarloses Dulden hat keinen Aussagewert.

d) Schließlich ist die durch den Verstoß vom 11. Mai 2005 indizierte Wiederholungsgefahr nicht vorprozessual, sondern erst durch die strafbewehrte Unterlassungserklärung der Beklagten in der Klageerwiderung vom 4. Oktober 2005 beseitigt worden. Wie auch die Beklagten nicht in Zweifel ziehen, reicht in der Regel bei allein vom Willen des Störers abhängigen Rechtsgutverletzungen dessen einfache Erklärung, in Zukunft von weiteren Störungen abzusehen, nicht aus, um die tatsächliche Vermutung zu widerlegen, dass weitere Beeinträchtigungen drohen. Jedenfalls dann, wenn wie hier die Störung - wenn auch nur aus Rechtsgründen - bestritten wird, zeigt erst das Vertragsstrafenversprechen, dass der Anspruchsgegner sich besserer Einsicht beugen und in Zukunft das beanstandete Verhalten unterlassen will. ..."

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