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Landgericht Hamburg Urteil vom 13.02.2020 - 312 O 372/18 - Automatisch erzeugte Facebook-Seite ist rechtswidrig

LG Hamburg (Urteil vom 13.02.2020: Automatisch erzeugte Facebook-Seite ist rechtswidrig


Das Landgericht Hamburg v. 13.02.2020 - 312 O 372/18) hat entschieden:

   Erstellt Facebook aus öffentlich abrufbaren Daten ungefragt automatisch eine Homepage einer Anwaltskanzlei, so stellt dies einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar und verletzt zudem Datenschutzvorschriften.

Siehe auch
Facebook
und
Stichwörter zum Thema Datenschutz


Tatbestand:


Die Parteien streiten über Ansprüche wegen der von der Beklagten erstellten Profilseiten über die Kläger auf der Seite www. f..com.

Die Klägerin ist eine in H. tätige Rechtsanwaltskanzlei, die auf Urheber- und Medienrecht sowie den gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert ist. Der Kläger ist einer der Partner der Klägerin.

Die Beklagte betreibt auf www. f..com eines der größten sozialen Netzwerke der Welt.

Die Kläger bemerkten am 19.1.2018, dass ohne ihre Einwilligung auf der Seite www. f..com Profile mit ihren Namen eingerichtet worden waren (Anlage K 3 für den Kläger, K 4 für die Klägerin). Es handelt sich um sogenannte nicht-verwaltete Seiten, die automatisch von der Beklagten generiert werden, wenn ein Unternehmen nicht über ein F.-Profil verfügt und ein Nutzer das Unternehmen dort sucht, wobei die Angaben auf öffentlich zugänglichen Informationen beruhen. Die Kläger wandten sich wegen dieser Profilseiten am 19.1.2018 an die Beklagte über das online-Meldeformular. Da keine Reaktion erfolgte, forderten die Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 29.1.2018 auf, die Profile nicht länger öffentlich zugänglich zu machen (Anlage K 6). Als die Beklagte auch darauf nicht reagierte, mahnten die Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 12.2.2018 ab (Anlage K 7) und erwirkten anschließend eine einstweilige Verfügung der Kammer (312 O 60/18). Die Beklagtenvertreter legitimierten sich am30.4.2018 für die Beklagte im Verfügungsverfahren. Die Kläger übermittelten ihnen daraufhin am 30.5.2018 ein Abschlussschreiben (Anlage K 10).

Die Klägerin ist der Meinung, die Beklagte benutze die geschäftliche Bezeichnung der Klägerin zur Bezeichnung eines Profils auf ihrer Plattform, ähnlich zu einer für die Klägerin registrierten Domain. Es entstehe hierdurch der Eindruck, dass das Profil von der Klägerin stamme, weshalb der Klägerin ein Unterlassungsanspruch nach §§ 5, 15 MarkenG zustehe. Der Hinweis „inoffizielle Seite“ vermöge daran nichts zu ändern, da der Hinweis nur klein und in grau auf hellgrauem Hintergrund gehalten sei. Zudem sei die Erläuterung versteckt. Es komme damit zu Verwechslungen mit der geschäftlichen Bezeichnung der Klägerin. Es liege auch eine kennzeichenmäßige Benutzung vor, da der Begriff der Benutzung weit auszulegen sei. In entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 3 Nr. 5 MarkenG sei es auch untersagt, das angegriffene Zeichen auf Werbeträgern zu verwenden, wenn dadurch der Eindruck entstehe, es handele sich um eine Werbung des Inhabers des älteren Unternehmenskennzeichens. Die Beklagte benutze das Unternehmenszeichen der Klägerin zur Steigerung der Attraktivität ihres Angebots und damit im geschäftlichen Verkehr. Die Beschreibung der Klägerin alleinig als „Anwalt für Arbeitsrecht“ sei jedenfalls unvollständig, wenn nicht gar irreführend. Außerdem liege in dem Verhalten der Beklagten auch eine unberechtigte Namensanmaßung im Sinne von § 12 BGB. Für den Nutzer sei es der absolute Regelfall, dass Profile und Seiten bei F. von den betreffenden Personen oder Unternehmen selbst angelegt würden. Mit einer Suchmaschine wie Google oder einem Branchenbuch wie den Gelben Seiten sei F. nicht vergleichbar. Infolgedessen gingen die Nutzer bei dem streitgegenständlichen Profil davon aus, dass die Seiten von den jeweils dargestellten Unternehmen angelegt worden seien.

Durch die von der Beklagten generierten Profilseiten über die Kläger würden schutzwürdige Interessen der Kläger verletzt. Diese müssten sich bezüglich des unvollständigen F.-Profils im Hinblick auf ihre berufliche Tätigkeit erklären. Letztlich müsse es den Klägern freistehen, darüber zu entscheiden, ob sie auf dem sozialen Netzwerk der Beklagten vertreten sein möchten oder nicht. Im Unterschied zu Suchmaschinen und Branchenbüchern sei die Beklagte kein neutraler Informationsvermittler, vielmehr gebe es eine Reihe von Datenschutzverfehlungen der Beklagten oder ihrer Muttergesellschaft.

Die Klägerin hatte den von ihr geltend gemachten Unterlassungsanspruch zunächst nur auf §§ 5,15 MarkenG und § 12 BGB gestützt und hat sich in der mündlichen Verhandlung dann zusätzlich und in erster Linie auf §§ 823, 1004 BGB wegen Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gestützt. Daneben werden Gebühren für das Abmahnschreiben in Höhe von € 1.386,90 und für das Abschlussschreiben in Höhe von € 1.650,11 jeweils nebst Prozesszinsen geltend gemacht.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er seinen Unterlassungsanspruch in erster Linie auf §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 6 DSGVO und danach auf § 12 BGB stützt. Der Kläger habe vor dem Hintergrund der bekannten Skandale der Beklagten oder deren Muttergesellschaft ein überwiegendes Interesse daran, dass seine Daten über F. nicht abrufbar seien.

Die Kläger beantragen,

  1.  Die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,--, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,--, Ordnungshaft höchstens zwei Jahre) zu unterlassen,

  a)  die Internetseite https://www. f..com...

   wie in Anlage K 4 wiedergegeben, ohne die Einwilligung der Klägerin innerhalb der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich zu machen bzw. öffentlich zugänglich machen zu lassen, sowie

  b)  die Internetseite https://www. f..com/...

   wie in Anlage K 3 wiedergegeben, ohne die Einwilligung des Klägers innerhalb der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich zu machen bzw. öffentlich zugänglich machen zu lassen;

  2.  Die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an die Klägerin € 1.386,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

  3.  Die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an die Kläger € 1.650,11 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Meinung, dass den Klägern die geltend gemachten Ansprüche nicht zustünden. Die angegebenen Informationen seien zutreffend. Die streitgegenständlichen nichtverwalteten Seiten seien vergleichbar mit öffentlichen Informationsdiensten wie zum Beispiel Google, Bing oder den Gelben Seiten. Die nicht-verwalteten Seiten stellten eine wichtige öffentliche Informationsquelle dar. Für den Verkehr sei eindeutig erkennbar, dass es sich um nicht-verwaltete Seiten handele, die ohne Zutun der Betroffenen eingerichtet worden seien. Dies ergebe sich aus dem Fehlen eines Profilbildes und der Verwendung des sogenannten Standort-Symbols, das dem Verkehr als gattungsmäßiges und nicht originäres Symbol bekannt sei. Ferner verweist die Beklagte darauf, dass sie weitere Maßnahmen ergriffen habe, um sicherzustellen, dass der Verkehr die nicht-verwalteten Seiten als solche erkenne. Sie nimmt Bezug auf die öffentlich zugänglichen Informationen zu inoffiziellen Seiten (Anlage B 2) und auf die Angaben „Inoffizielle Seite“ und „Ist das dein Unternehmen?“ in den streitgegenständlichen Profilen (Anlagen K 3 und K 4), die ihrer Meinung nach prominent am oberen rechten Rand platziert seien. Ferner beruft sich die Beklagte auf ein rechtskräftiges Urteil des OLG Bamberg, das eine Verwechslungsgefahr zwischen verwalteten und nicht-verwalteten F.-Seiten verneint habe (Anlage B 5).

Die Beklagte meint ferner, ein Unterlassungsanspruch nach §§ 5, 15 MarkenG bestehe nicht, da es sich bei der angegriffenen Verletzungsform um keine kennzeichenmäßige, sondern um eine rein beschreibende Benutzung handele. Denn die Beklagte verwende das Kennzeichen „G. & S.“ nicht zur Kennzeichnung ihres eigenen Betriebes. Auch Ansprüche nach § 12 BGB schieden aus. Zunächst sei § 15 MarkenG lex specialis. Darüber hinaus fehle es auch an einer namensmäßigen Verwendung und an einer Zuordnungsverwirrung. Tatsächlich versuchten die Kläger, ein unzulässiges Monopol auf über sie frei zugängliche Informationen zu erheben.

Darüber hinaus macht die Beklagte geltend, dass sie nach § 10 TMG keine pro-aktiven Überwachungspflichten bezüglich nicht-verwalteter Profile träfen. Sie meint, die vom EuGH und BGH zu Google ergangene Rechtsprechung stehe ihrer Verantwortlichkeit im Streitfall entgegen.

Auch Ansprüche wegen der Verletzung von datenschutzrechtlichen Vorschriften seien nicht gegeben, da die Verwendung öffentlich zugänglicher Daten sowohl nach dem alten Recht als auch nach dem neuen Recht zulässig sei. Außerdem überwögen die Interessen der Beklagten und der Nutzer das Interesse des Klägers, das als gering zu bewerten sei.

Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf §§ 823, 1004 BGB stützt, rügt die Beklagte Verspätung und macht geltend, dass es sich um einen neuen Streitgegenstand handele. Es liege auch kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin vor. Selbst wenn man annähme, dass der Verkehr das streitgegenständliche Profil für eine offizielle Seite der Klägerin halte, fehle es an einem unmittelbaren betriebsbezogenen Eingriff. Der Vortrag der Klägerin, dass sie mit F. nichts zu tun haben wolle, genüge dafür nicht. Die irrtümliche Annahme des Verkehrs, es handele sich um ein offizielles Profil der Klägerin, erlaube auch keine negativen Schlüsse hinsichtlich der Qualität oder Seriosität der Klägerin, da mittlerweile zahlreiche renommierte Kanzleien sowie zahlreiche Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen Nutzer des F.-Dienstes seien. Eine bloße Belästigung oder sozialübliche Behinderung müsse die Klägerin hinnehmen.

Zudem könnten die Kläger allenfalls verlangen, dass die angegriffenen Seiten nicht auf die streitgegenständliche Art und Weise veröffentlicht würden, nicht jedoch die Entfernung der gesamten Seiten. Die Anträge seien deshalb auch zu weit gefasst.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2019 Bezug genommen. Die Schriftsätze vom 10.12.2019 (Beklagte) und 5.1.2020 (Kläger) haben vorgelegen.




Entscheidungsgründe:


Die Klage hat nur hinsichtlich der Unterlassungsanträge Erfolg.

I.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Anträge nicht zu weit gefasst. Denn sie sind jeweils auf die konkrete Verletzungsform bezogen, was durch den Verweis auf die Anlagen K 3 und K 4 unmissverständlich zum Ausdruck kommt. Streitgegenstand ist somit nur die konkrete Gestaltung in den Anlagen K 3 und K 4, nicht jedoch die Grundsatzfrage, ob die Beklagte ohne Zustimmung der Kläger nicht-verwaltete Seiten einrichten darf. In Bezug auf den Anspruch nach §§ 823, 1004 BGB liegt auch keine Verspätung nach § 296 Abs. 2 ZPO vor, da die Klägerin keinen neuen Sachvortrag gehalten hat, sondern sich auf eine weitere Anspruchsgrundlage berufen hat. Es handelt sich dabei jedenfalls um eine sachdienliche Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO.

II.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht die Rechtsprechung des EuGH und des BGH zur Haftung von Suchmaschinenbetreibern wie Google einer Haftung der Beklagten nicht entgegen. Da die Beklagte - anders als Suchmaschinenbetreiber - keine fremden Inhalte als Suchergebnisse wiedergibt, sondern die streitgegenständlichen Seiten selbst generiert hat, erscheint es zweifelhaft, ob die vorgenannte Rechtsprechung auf den Streitfall überhaupt anwendbar ist. Darauf kommt es vorliegend jedoch nicht an. Denn die Beklagte hätte auch bei Annahme eine Providertätigkeit im Sinne von § 10 TMG ihre Verkehrspflichten verletzt, da sie sich trotz Kenntnis infolge der Schreiben vom 19.1., 29.1. und 12.2.2018 beharrlich weigerte, die angegriffenen Seiten zu ändern oder zu löschen.

III.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB zu. Denn die Gestaltung des Profils gemäß Anlage K 4 stellt einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin dar.

1. Der Schutz des § 823 Abs. 1 BGB wird gegen jede Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährt, wenn die Störung einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt, also betriebsbezogen ist und nicht von diesem ohne weiteres ablösbare Rechte betrifft. Durch den dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährten Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben. Die Verletzungshandlung muss sich gerade gegen den Betrieb und seine Organisation oder gegen die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten und über eine bloße Belästigung oder eine sozial übliche Behinderung hinausgehen. Das Recht am Unternehmen ist dabei nicht auf Gewerbebetriebe im handelsrechtlichen Sinn beschränkt, sondern steht auch den Angehörigen freier Berufe zu (BGH, Urteil vom 26.11.2019 - VI ZR 12/19 -, Rn. 47, juris).

2. Anders als im Fall des OLG Bamberg (Urteil vom 26.9.2019, 1 U 157/18, Anlage B 5) ist vorliegend nach Auffassung der Kammer ein betriebsbezogener Eingriff zu bejahen.

a) Zunächst besteht ein betriebsbezogener Eingriff aufgrund der Verwechslungsgefahr zwischen dem streitgegenständlichen Profil in Anlage K 4 und einer von der Klägerin erstellten Profilseite. Dabei ist zu berücksichtigen, dass vorliegend der angesprochene Verkehr anders als im Fall des OLG Bamberg nicht auf die angemeldeten Nutzer von F. beschränkt ist, sondern alle Internetnutzer umfasst. Das OLG Bamberg ist davon ausgegangen, dass der Zugang zur Suchfunktion der Beklagten von der Anmeldung zu ihren Diensten abhänge (Anlage B 5, S. 15) und hat infolgedessen als angesprochene Verkehrskreise nur die angemeldeten F.-Nutzer angesehen. Im vorliegenden Verfahren hat die Beklagte jedoch eingeräumt, dass die streitgegenständlichen Seiten in den Anlagen K 3 und K 4 im nicht eingeloggten Zustand abrufbar sind (Klageerwiderung, S. 13, Bl. 50 d.A.). Die Seiten richten sich damit auch an Nutzer, die über keinen F. Account verfügen. Ein erheblicher Teil dieser Nutzer ist mit den Gepflogenheiten bei F. nicht vertraut und geht bei der angegriffenen Darstellung irrig davon aus, dass es sich um ein mit Zustimmung der Klägerin errichtetes Profil handele. Dies ist insbesondere dann naheliegend, wenn der Nutzer bei einer Suche von einer Drittseite, wie z.B. google, auf die Seite mit dem Profil in Anlage K 4 geleitet wird. Einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise, zu denen die Mitglieder der Kammer gehören, ist auch nicht bekannt, dass die Beklagte automatisch generierte Profilseiten ohne Zustimmung der Betroffenen einrichtet. Die von den Klägern eingeblendete WhatsApp Nachricht („S., wer macht Euren F.kanal?“, Bl. 3 d. A.) bestätigt dies.

b) Die von der Beklagten zur Ausräumung dieses Fehlverständnisses ergriffenen Maßnahmen sind unzureichend. Die Erläuterung zu inoffiziellen Seiten (Anlage B 2) befindet sich auf einer anderen Seite und kann nicht berücksichtigt werden. Die Formulierung „Inoffizielle Seite“ ist von der grafischen Gestaltung her (kleine graue Schrift auf weißem Hintergrund) nicht ausreichend und kann leicht übersehen werden. Dies gilt insbesondere angesichts des Umstands, dass ein erheblicher Teil der Nutzer die Seite über einen im Vergleich zum Ausdruck in der Anlage K 4 wesentlich kleineren Bildschirm betrachtet (Smartphone, Tablet). Die Formulierung „Inoffizielle Seite“ ist auch inhaltlich nicht ausreichend, da sie nicht die eindeutige Erklärung enthält, dass es sich um eine automatisch und ohne Zustimmung der Klägerin generierte Seite handelt. Dies wird erst bei einem Anklicken erklärt, was jedoch nicht ausreichend ist, da davon auszugehen ist, dass ein erheblicher Teil des Verkehrs nicht auf das Feld klicken wird. Die Frage „Ist das Dein Unternehmen?“ erscheint erst bei Anklicken des Ellipsen-Symbols am oberen Rand, wozu für den Verkehr ebenfalls keine Veranlassung besteht. Auch das Ortssymbol ist kein deutlicher Hinweis auf eine nicht-verwaltete Seite. Dem Verkehr mag zwar bekannt sein, dass es sich um ein generisches Ortssymbol handelt, dies bedeutet jedoch nicht, dass der Verkehr eine mit einem derartigen Symbol versehene Seite als automatisch generierte Seite erkennt. Mithin steht die Verwendung dieses Symbols ebenso wie das Fehlen weiterer Inhalte der irrtümlichen Annahme einer von der Klägerin nur pro forma errichteten oder im Aufbau befindlichen Seite nicht entgegen.

c) Es liegt auch darin ein betriebsbezogener Eingriff, dass als einziges Rechtsgebiet „Arbeitsrecht“ angegeben ist, obwohl die Klägerin auf das Urheber- und Medienrecht sowie den gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert ist. Der Verkehr wird somit über eine wesentliche Tatsache, nämlich das Tätigkeitsfeld der Klägerin, in die Irre geführt. Potentielle Mandanten im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und im Urheber- und Medienrecht können davon abgehalten werden, die Mandatierung der Klägerin in Betracht zu ziehen, wenn als Tätigkeitsgebiet nur Arbeitsrecht angegeben ist.

3. Der Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin ist auch rechtswidrig. Das Recht am Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben. Die Behinderung der Erwerbstätigkeit ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil vom 15.5.2012 - VI ZR 117/11 -, BGHZ 193, 227-238, Rn. 27). Die danach vorzunehmende Interessen- und Güterabwägung fällt im Streitfall zugunsten der Klägerin aus. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schützt auch das Interesse des Unternehmers daran, dass seine wirtschaftliche Stellung nicht durch inhaltlich unrichtige Informationen geschwächt wird und andere Marktteilnehmer deshalb von Geschäften mit ihm abgehalten werden (vgl. BGH, Urteil vom 16.12. 2014 - VI ZR 39/14 -, juris). Dieses Interesse der Klägerin ist in mehrfacher Hinsicht betroffen, ohne dass dem schutzwürdige Interessen der Beklagten oder Dritter gegenüber stehen.

a) Wie oben dargelegt, können potentielle Mandanten aufgrund der unzutreffenden Tätigkeitsbeschreibung davon absehen, die Klägerin zu kontaktieren.

b) Außerdem wird die Klägerin von bestehenden oder potentiellen Mandanten durch die unzureichende Kennzeichnung als inoffizielle Seite gegen ihren Willen mit der Beklagten in Verbindung gebracht. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang auf diverse datenschutzrechtliche Verfehlungen des F. Konzerns hingewiesen (Anlage K 12) und hat erklärt, dass sie sich deshalb bewusst gegen eine Präsenz bei F. entschieden habe. Da es sich bei F. nicht um einen Suchdienst oder ein Branchenverzeichnis handelt, sondern in erster Linie um ein soziales Netzwerk, das in der Öffentlichkeit u.a. wegen des Umgangs mit Nutzerdaten umstritten ist, besteht bei einer Rechtsanwaltskanzlei, für deren Tätigkeit Vertraulichkeit, Seriosität und Schutz von Mandantendaten von wesentlicher Bedeutung sind, ein erhebliches Interesse, von bestehenden oder potentiellen Mandanten nicht gegen ihren Willen mit einem solchen Netzwerk in Verbindung gebracht zu werden. Daran vermag der Umstand, dass inzwischen manche Kanzleien und die Bundesregierung das F.-Netzwerk benutzen, nichts zu ändern.

c) Es kann offen bleiben, ob allgemein ein schützenswertes Interesse der Beklagten an der Schaffung nicht-verwalteter Profilseiten anzuerkennen ist, denen es - anders als bei den Gelben Seiten und bei Google - bereits an grundlegenden Informationen wie Adresse und Kontaktdaten fehlt. Denn jedenfalls ist ein schützenswertes Interesse der Beklagten und der Nutzer an der streitgegenständlichen irreführenden Darstellung nicht anzuerkennen, zumal es neben der Löschung vielfältige und leicht umzusetzende Möglichkeiten gibt, um den unzutreffenden Eindruck eines von der Klägerin erstellten unvollständigen Profils zu vermeiden.




IV.

Der Unterlassungsanspruch des Klägers folgt aus §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB i.V.m. § 4 BDSG a. F., Art. 6 DSGVO.

1. Bei § 4 BDSG a. F. und Art. 6 DSGVO handelt es sich um Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 20.2.2018 - VI ZR 30/17 - Rn. 21; OLG Köln, Urteil vom 14.11.2019 - 15 U 126/19 -, Rn. 30, juris).

2. Die Verwendung der personenbezogenen Daten des Klägers (Name, Beruf, Standort) ist sowohl nach dem zur Zeit der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Profils in Anlage K 3 bis zum 24.5.2018 geltenden § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG a.F. als auch nach dem seit dem 25.5.2018 geltenden Art. 6 DSGVO unzulässig, so dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch nach §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 BGB zusteht.

a) Nach der Rechtsprechung des BGH verlangt die Feststellung eines „schutzwürdigen Interesses“ am Ausschluss der geschäftsmäßigen Erhebung oder Speicherung personenbezogener Daten i.S.v. § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG a. F. eine Abwägung des Interesses des Betroffenen an dem Schutz seiner Daten und des Stellenwerts, den die Offenlegung und Verwendung der Daten für ihn hat, mit den Interessen der Nutzer (dort: des Arztsuche- und Arztbewertungsportals „jameda.de“), für deren Zwecke die Speicherung erfolgt, unter Berücksichtigung der objektiven Wertordnung der Grundrechte. Dabei hat eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK auf der einen Seite und dem Recht des Betreibers sowie der Interessen der Nutzer des Internetportals auf Kommunikationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK auf der anderen Seite zu erfolgen (BGH, Urteil vom 20.2.2018 - VI ZR 30/17 -, BGHZ 217, 340-350).

b) Eine rechtmäßige Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO setzt voraus, dass die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen der Beklagten und ihrer Nutzer erforderlich ist und nicht die Interessen des Klägers als betroffener Person überwiegen. Im Rahmen der dabei gebotenen Einzelfallabwägung sind rechtliche, wirtschaftliche, aber auch ideelle Interessen und dabei vor allem betroffene Grundrechte und/oder Grundfreiheiten der Beteiligten und/oder Dritter herauszuarbeiten (OLG Köln, a.a.O., Rn. 41). Die Datenverarbeitung muss zur Wahrung der berechtigten Interessen "erforderlich" sein, was eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordert und die Interessen der betroffenen Person dürfen nicht überwiegen (OLG Köln a.a.O.).

c) Im Streitfall macht allein der Umstand, dass lediglich Daten aus der beruflichen Tätigkeit des Klägers und damit aus seiner Sozialsphäre verarbeitet werden und zudem nur solche, die der Kläger zuvor selbst über seine Internetseite öffentlich zugänglich gemacht hat, die vorliegende Nutzung der Daten nicht per se zulässig. Denn streitgegenständlich ist nicht die Nutzung der Daten als solche, sondern die Nutzung in der Art und Weise, wie es in Anlage K 3 erfolgt ist, also in einem Profil, das nicht hinreichend deutlich als inoffizielle Seite zu erkennen ist. Bei dieser Art der Verwendung der Daten überwiegen die Interessen des Klägers. Der Kläger hat, wie bereits unter IV. für die Klägerin ausgeführt wurde, ein berechtigtes Interesse, im Rahmen seiner Berufsausübung nicht gegen seinen Willen mit der Beklagten in Verbindung gebracht zu werden, während weder die Beklagte noch Dritte ein schützenswertes Interesse an der streitgegenständlichen Darstellung haben, da diese irreführend ist und leicht abgeändert werden kann.



V.

Den Klägern steht kein Anspruch auf Erstattung der Gebühren für die Abmahnung und das Abschlussschreiben zu, insbesondere ergibt sich kein Anspruch aus §§ 677, 683, 670 BGB.

Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Rechtsanwalt, der sich selbst für die Abmahnung eines unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoßes mandatiert, keine Anwaltsgebühren beanspruchen (BGH, Urteil vom 6.5.2004, Az. I ZR 2/03, - Selbstauftrag - Rn. 9 ff.). Die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Abmahnung eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht ist dann nicht notwendig, wenn der Abmahnende selbst über eine hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eines unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoßes verfügt. Dies gilt auch für die vorliegenden Verstöße, da die Klägerin eine Kanzlei mit Schwerpunkt im gewerblichen Rechtsschutz, Medien- und Urheberrecht ist. Für die Erforderlichkeit des Abschlussschreibens gelten dieselben Grundsätze wie für die Abmahnung (Köhler/Bornkamm, UWG, 38. Aufl., § 12 Rn. 3.73b), so dass auch insoweit kein Anspruch besteht.

Aufgrund des Vorstehenden kann dahinstehen, ob die in der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche auch nach §§ 5, 15 MarkenG und § 12 BGB bestanden (in Fällen der sog. Fake-Werbung eine Kennzeichenverletzung bejahend: Ströbele/Hacker, 12. Auflage, § 15 Rn. 23; Goldmann, der Schutz des Unternehmenskennzeichens, 3. Auflage, § 13 Rn. 84).

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 S. 1, S.2 ZPO.

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