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Oberlandesgericht München Urteil vom 25.06.2020 - 29 U 2333/19 - Kennzeichnungspflichten einer Instagram-Influencerin

OLG München v. 25.06.2020: Zu den Kennzeichnungspflichten einer Instagram-Influencerin


Das Oberlandesgericht München (Urteil vom 25.06.2020 - 29 U 2333/19) hat entschieden:

  1.  Eine Influencerin, die auf ihren bei Instagram gezeigten Bildern von sich selbst Kleidungsstücke und andere Produkte "tagt" und Weiterleitungen auf die Instagram-Auftritte der jeweiligen Hersteller einrichtet, handelt nicht allein zu privaten Zwecken, sondern auch als Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, weil sie das Interesse ihrer Follower an ihrem Leben und an ihrer Person inklusive der von ihr getragenen Kleidung und der von ihr verwendeten Produkte zu ihrem Geschäftsmodell macht.

  2.  Die entsprechenden Instagram-Posts beruhen nicht nur auf der Mitteilungsfreudigkeit der Influencerin, sondern sind auch darauf gerichtet, Aufmerksamkeit und Resonanz sowohl in Verbraucher- wie auch in Unternehmerkreisen zu erzielen, um das Image der Influencerin durch die Erhöhung der Zahl der Follower und der Zahl der Kommentare zu ihrem Auftritt zu stärken und damit den Wert der auch von ihr im eigenen Unternehmen angebotenen Dienstleistungen zu erhöhen, die darin bestehen, im Rahmen von gegenwärtigen oder künftigen bezahlten Partnerschaften für Drittunternehmen Produktwerbung zu betreiben.

  3.  Die Intention, durch die Posts auch bezahlte Partnerschaften zu akquirieren, führt nicht dazu, dass solche Posts, für die die Influencerin kein Entgelt erhält, als geschäftliche Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG anzusehen wären, da das allgemeine Interesse, sich durch Publikationen für Werbeverträge interessant zu machen, nicht ausreicht, um einen objektiven Zusammenhang zwischen den Publikationen und einer Absatzförderung für die gezeigten Produkte anzunehmen.

  4.  Die Informationen zu den von der Influencerin verwendeten Produkten, inklusive der angebrachten Tags und Links, gehören genauso wie die Informationen zu ihren Erlebnissen und Eindrücken zum redaktionellen Teil ihrer Posts und dienen damit vorrangig anderen Zielen als der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Verbrauchern in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen.




Siehe auch
Kommerzielle Kennzeichnung von Influencer-Posts in sozialen Medien
und
Soziale Netzwerke - Facebook - Instagram -Twitter - Whatsapp - social network service


Gründe:


I.

Die Parteien streiten um lauterkeits-, rundfunk- und telemedienrechtliche Ansprüche wegen sogenannten Influencer-Marketings.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit Sitz in …, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere betreffend die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs, gehört.

Die Beklagte betätigt sich unter anderem als sogenannte Influencerin auf Instagram, wo sie regelmäßig Bilder von sich selbst, oftmals mit kurzen Begleittexten veröffentlicht. Darin beschäftigt sie sich vor allem mit Themen wie Mode, ihrem Leben als Mutter eines Kleinkindes, Yoga oder Reisen.

Die Posts der Beklagten auf Instagram sind teilweise mit Hinweisen auf die Hersteller der von ihr getragenen Kleidung, ihrer Schuhe und Accessoires oder sonstiger abgebildeter Gegenstände versehen. Die Kleidungsstücke und anderen Gegenstände sind auf den Fotos teilweise „getagt“: Klickt man auf die Stelle im Bild, an der sich der jeweilige Gegenstand befindet, erscheint in einem „Tag“ der Name des Unternehmens, von dem das Produkt stammt. Klickt man erneut auf den Namen des Unternehmens, wird man auf den jeweiligen Instagram-Auftritt dieses Unternehmens weitergeleitet.

Diejenigen Instagram-Posts, für die die Beklagte nach eigenem Bekunden von den verlinkten Unternehmen bezahlt wird, kennzeichnet sie mit dem Hinweis „bezahlte Partnerschaft mit …“. Die streitgegenständlichen vier Posts der Beklagten (Anlage K4a bis K4c, Anlage K5a bis K5c, Anlage K6a bis K6c sowie Anlage K8) enthielten keine entsprechende Kennzeichnung.

Der Kläger behauptet, die festzustellende massive Werbung für verschiedene Marken und Unternehmen werde von der Beklagten keineswegs unentgeltlich und ohne Veranlassung betrieben. Er sehe jedoch davon ab, Zeugen zu benennen, um eine irgendwie geartete direkte Vergütung der Beklagten für die streitgegenständlichen Beiträge auf Instagram zu beweisen.

Der Kläger ist der Auffassung, die streitgegenständlichen Posts seien kommerzielle Veröffentlichungen und dementsprechend als getarnte Werbung im lauterkeitsrechtlichen Sinne anzusehen. Auch ohne direkte Vergütung in Form von Geld, kostenlos überlassenen Produkten, Rabatten, Zugaben oder sonstigen geldwerten Vorteilen seien die Posts kommerzieller Natur, was für die angesprochenen Verkehrskreise weder aus den Umständen eindeutig und unmittelbar zu erkennen sei noch durch eine sachgerechte Kennzeichnung klargestellt werde.

Die Beklagte ist der Auffassung, bei den streitgegenständlichen Posts handle es sich nicht um geschäftliche Handlungen der Beklagten, da sie die Markierungen und Verlinkungen in den Instagram-Beiträgen aus Begeisterung für die jeweiligen Produkte sowie zu dem Zweck verfasst habe, dem Informationsbedürfnis ihrer Follower gerecht zu werden, die ansonsten eine Vielzahl von Anfragen zur Produktherkunft an sie richten würden. Ihre Beiträge seien mit dem redaktionellen Teil vieler Modezeitschriften vergleichbar, in denen regelmäßig ebenfalls Hinweise auf die Hersteller und Bezugsquellen der gezeigten Produkte enthalten seien, ohne dass diese als Werbung gekennzeichnet werden müssten. Durch ihre Äußerungen zu den abgebildeten Gegenständen samt Tags und Verlinkungen mache sie letztlich von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch.

Bei der ohne Tag und Verlinkung geposteten Abbildung des …-Elefanten (Anlage K8) handle es sich um eine rein private Veröffentlichung, in der sie ihre Follower an ihrem Baby-Glück habe teilhaben lassen und darüber habe informieren wollen, dass sie gemeinsam mit ihrem Sohn eine Verabredung zum Spielen habe und deshalb nicht erreichbar sei. Der Elefant habe spontan dazu gedient, das Gesicht ihres Sohnes zu verdecken.

Im Hinblick auf die vom Kläger geforderte Kennzeichnung als Werbung sei zu beachten, dass die Beklagte tatsächlich gar nicht Werbeträgerin der genannten Unternehmen sei. Die Unternehmen müssten aber selbst im Rahmen ihrer individuellen Markenstrategie über ihre Werbeträger entscheiden können. Berühme sich ein Influencer durch die vom Kläger geforderte Kennzeichnung als Werbeträger eines Unternehmens, der er tatsächlich gar nicht sei, könne er sich unter Umständen Ansprüchen des verlinkten Unternehmens aussetzen.

Der Kläger hat seine Klage in erster Instanz mit Schriftsatz vom 22.01.2019 (Bl. 63 d.A) im Hinblick auf einen weiteren ursprünglich angegriffenen Instagram-Post der Beklagten (Anlage K7a bis K7c) zurückgenommen.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 29.04.2019, Az. 4 HK O 14312/18 (Bl. 103/116 d.A.), auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, abgewiesen.

Der Kläger greift das Urteil mit seiner Berufung in vollem Umfang an und verfolgt sein Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter.

Der Kläger beantragt,

   unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 29. April 2019 - 4 HK O 14312/18 - der Klage gemäß der vom Kläger zuletzt vor dem Landgericht München I gestellten Anträge wie folgt stattzugeben:

  I.  Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an der Beklagten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in sozialen Medien, beispielsweise in dem sozialen Medium „Instagram“, unter Abbildung einer Person (Bezeichnung „…“) kommerzielle Inhalte vorzustellen, ohne den kommerziellen Zweck der Veröffentlichung zu verdeutlichen, sofern er sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, in dem dies geschieht durch Veröffentlichung von Beiträgen

  1.  Mit der Abbildung einer Person („…“) = 1. Ansicht

nach Aufruf der 1. Ansicht durch einen Klick des Anzeigens des Namens von einem oder mehreren Unternehmen auf der gleichen Seite = 2. Ansicht und

durch einen weiteren Klick des Accounts des Unternehmens, dessen Namen bei der zweiten Ansicht ins Bild gekommen ist = 3. Ansicht,

ohne die 1. oder 2. Ansicht als kommerzielle Veröffentlichung zu kennzeichnen,

jeweils wenn dies geschieht wie in den Anlagen K 4a - K 6c wiedergegeben,

  2.  mit der Abbildung eines Plüschelefanten mit dem Markenzeichen „…“ im Ohr, ohne die Abbildung als kommerzielle Veröffentlichung zu kennzeichnen,

wenn dies geschieht wie in Anlage K 8 wiedergegeben.

  II.  Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Oktober 2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

   die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 29.04.2019, Az. 4 HK O 14312/18, zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Berufung des Klägers bereits für unzulässig, weil sie schon keine aus sich heraus verständlichen Angaben dazu enthalte, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angegriffene Urteil unrichtig sei. Jedenfalls sei sie aber unbegründet.

Zur Ergänzung wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2020 (Bl. 198/200 d.A.) sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.





II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1. Die Berufung ist zulässig.

Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 3 und 4 ZPO muss die Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft, welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt und woraus sich deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Besondere formale Anforderungen werden nicht gestellt, insbesondere sind Schlüssigkeit, hinreichende Substantiierung, Vertretbarkeit oder rechtliche Haltbarkeit für die Zulässigkeit naturgemäß nicht erforderlich. Ungenügend sind aber nur allgemein gehaltene, pauschale oder formelhafte Angriffe (BGH NJW-RR 2015, 511 Rn. 7; NJW-RR 2015, 756 Rn. 10 f.; NJW 2015, 1458 Rn. 8; NJW-RR 2002, 209, 210; MüKoZPO/Rimmelspacher, 5. Aufl., § 520, Rn. 42).

Diesen Zulässigkeitsanforderungen genügt die Berufungsbegründung des Klägers vom 28.06.2019 (Bl. 136/160 d.A.). Wenngleich der Kläger auf den Seiten 3 bis 12 (Bl. 138/147 d.A.) in der Tat nur Presseveröffentlichungen und wissenschaftliche Veröffentlichungen diskutiert, so lassen die Ausführungen auf den Seiten 12 ff. dennoch erkennen, dass er konkret in Bezug auf die Ausführungen des Ersturteils rügt, dass das Landgericht einen Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG aufgrund bestimmter Umstände wie dem blauen Häkchen, der Zahl der Follower sowie dem öffentlichen Account und der daraus folgenden vermeintlichen Erkennbarkeit des kommerziellen Zwecks abgelehnt hat. Weiter greift er konkret die Definition der angesprochenen Verkehrskreise sowie die Überlegungen zum Inhalt einer möglichen Kennzeichnung an. Schließlich bemängelt er im Ersturteil auch vermeintlich fehlende Ausführungen zum Post mit dem blauen Plüschelefanten (Anlagen K 8).

2. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung der Veröffentlichung der insgesamt vier Instagram-Posts sowie auf Ersatz pauschalierter vorgerichtlicher Kosten weder aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 6, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG noch aus § 7 Abs. 3, Abs. 7, § 8, § 58 Abs. 1, Abs. 3 RStV i.V.m. § 3a, § 3 Abs. 1,§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG oder § 6 Abs. 1 TMG i.V.m. § 3a, § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG zu.



a) Das Handeln der Beklagten war nicht unlauter im Sinne von § 5a Abs. 6 UWG, weil es im Hinblick auf die streitgegenständlichen Posts (Anlage K4a bis K4c, Anlage K5a bis K5c, Anlage K6a bis K6c sowie Anlage K8) an einer geschäftlichen Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG fehlt.

aa) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.

Dient eine Handlung vorrangig anderen Zielen als der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Verbrauchern in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen und wirkt sie sich lediglich reflexartig auf die Absatz- oder Bezugsförderung aus, stellt sie keine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Weltanschauliche, wissenschaftliche, redaktionelle oder verbraucherpolitische Äußerungen von Unternehmen oder anderen Personen, die nicht in funktionalem Zusammenhang mit der Absatz- oder Bezugsförderung stehen und nur der Information und Meinungsbildung der Leser, Zuschauer oder Zuhörer dienen, unterfallen nicht dem UWG (vgl. BGH, GRUR 2016, 710 Rn. 12 - Im Immobiliensumpf; GRUR 2012, 74 Rn. 15, 38 - Coaching-Newsletter; KG GRUR 2019, 543 Rn. 73 - Produkt-Tagging).

Die Beklagte handelt bei ihren Instagram-Posts nicht allein zu privaten Zwecken, sondern auch als Unternehmerin. Als Influencerin hat sie das Interesse ihrer Follower an ihrem Leben und an ihrer Person inklusive der von ihr getragenen Kleidung und der von ihr verwendeten Produkte zu ihrem Geschäftsmodell gemacht. Die streitgegenständlichen Posts in Anlage K4a bis K4c, Anlage K5a bis K5c, Anlage K6a bis K6c sowie Anlage K8 beruhen nicht nur auf der Mitteilungsfreudigkeit der Beklagten, sondern sind auch darauf gerichtet, Aufmerksamkeit und Resonanz sowohl in Verbraucherwie auch in Unternehmerkreisen zu erzielen, um das Image der Darstellerin zu stärken, etwa durch die Erhöhung der Zahl der Follower und der Zahl der Kommentare der Besucher ihres Auftritts bei Instagram. Durch die Aufwertung ihres Images bei den angesprochenen Verbrauchern und Unternehmern erhöht die Beklagte den Wert der von ihr im eigenen Unternehmen angebotenen Dienstleistungen, die darin bestehen, im Rahmen von gegenwärtigen oder künftigen „bezahlten Partnerschaften“ (vgl. den von der Klagerücknahme erfassten Post gemäß Anlage K7a bis K7c) für Drittunternehmen Produktwerbung zu betreiben (vgl. KG GRUR 2019, 543 Rn. 22 - Produkt-Tagging).

Die Intention, durch die Posts auch „bezahlte Partnerschaften“, also Werbeverträge, zu akquirieren, führt aber nicht dazu, dass die streitgegenständlichen Posts, für die die Beklagte kein Entgelt erhält - wovon aus prozessualen Gründen mangels Beweisangeboten des Klägers nach erfüllter sekundärer Darlegungslast auszugehen ist (vgl. zur sekundären Darlegungslast und Beweislast KG GRUR 2019, 543 Rn. 73 - Produkt-Tagging) -, als geschäftliche Handlungen anzusehen wären. Das allgemeine Interesse, sich durch Publikationen für Werbeverträge interessant zu machen, reicht nicht aus, um einen objektiven Zusammenhang zwischen den Publikationen und der Absatzförderung anzunehmen (vgl. BGH NJW 2006, 2764 Rn. 28 - Rechtsanwalts-Ranglisten).




Die Beklagte kommt mit ihren Posts dem Informationsinteresse ihrer Follower nach, die sich nicht nur dafür interessieren, was die Beklagte in ihrem Leben gerade tut, sondern auch - und möglicherweise sogar besonders - dafür, welche Produkte die Beklagte trägt und verwendet. Die Informationen zu den von ihr verwendeten Produkten, inklusive der angebrachten Tags und Links, gehören somit genauso wie die Informationen zu ihren Erlebnissen und Eindrücken zum „redaktionellen“ Teil ihrer Posts. Insofern unterscheiden sie sich nicht von redaktionellen Beiträgen beispielsweise in Modezeitschriften, in denen auch Produkte dargestellt und beschrieben werden. Dass die Beklagte über diese Posts auch beabsichtigt, sich für Werbeverträge interessanter zu machen und damit Einnahmen zu erzielen, ist dem Handeln der auch ansonsten von Werbeeinnahmen sehr abhängigen Medienbranche immanent und unterscheidet ihre Beiträge nicht von sonstigen dem Informationsinteresse der Leserschaft dienenden Beiträgen. Dass die Posts zu den von ihr getragenen oder verwendeten Produkten auch den Absatz dieser Produkte fördern, ist ein bloßer Reflex der Selbstdarstellung der Beklagten und führt, sofern die Beklagte kein Entgelt in welcher Form auch immer dafür bekommt, nicht dazu, dass eine geschäftliche Handlung zugunsten des fremden Unternehmens, dessen Produkte sie verwendet, anzunehmen wäre.

Eine geschäftliche Handlung hinsichtlich der streitgegenständlichen Posts ist entgegen der Auffassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2020 auch nicht deshalb anzunehmen, weil die Beklagte anders als dies etwa bei Modezeitschriften regelmäßig der Fall ist, Einnahmen nur über „bezahlte Partnerschaften“, also Werbeverträge, erzielt und nicht auch über den Vertrieb der Publikationen als solche, so dass die unentgeltlichen Posts „conditio sine qua non“ für die erfolgreiche Akquisition dieser Werbeverträge seien. Die Frage, ob ein Beitrag vorrangig dem Informationsinteresse der Leser oder vorrangig der Absatzförderung dient, ist von der Frage des Vergütungssystems zu trennen. Gerade im Bereich von Online-Publikationen ist es nicht unüblich, dass Einnahmen nur über Werbung generiert werden und die Artikel für die Leser kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

bb) Selbst wenn man im Hinblick darauf, dass die Posts der Förderung des eigenen Images zur Erlangung von Werbeverträgen dienen, vom Vorliegen einer geschäftlichen Handlung ausgehen würde, wäre diese nicht gemäß § 5a Abs. 6 UWG unlauter, da sich dieser kommerzielle Zweck der Handlung unmittelbar aus den Umständen ergibt und es daher einer besonderen Kenntlichmachung nicht bedurfte.

(1) Maßgebend hierfür ist nach § 3 Abs. 4 Satz 1 UWG die Sicht des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers oder des durchschnittlichen Mitglieds einer angesprochenen Verbrauchergruppe (OLG München WRP 2014, 1074 Rn. 6 - Zulässigkeit von „Teasern“; OLG Köln GRUR-RR 2014, 62, 63 - Status-Angst).

Ein relevantes Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks liegt vor, wenn das äußere Erscheinungsbild der Handlung so gestaltet wird, dass der Verbraucher ihren kommerziellen Zweck nicht klar und eindeutig erkennen kann. Der Verbraucher muss auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennen können, dass der Handlung ein kommerzieller Zweck zugrunde liegt (BGH GRUR 2013, 644 Rn. 15, 21 - Preisrätselgewinnauslobung V; GRUR 2012, 184 Rn. 18 - Branchenbuch Berg; OLG Braunschweig GRUR-RS 2020, 12111 Rn. 52; OLG Frankfurt GRUR-RR 2020, 87 Rn. 28 - gekaufte Kundenbewertung; KG GRUR-RR 2018, 155 Rn. 13 - constantly challenging yourself; GRUR-RS 2017, 133162 Rn. 16 - Mode-Blog; OLG Celle GRUR 2017, 1158 Rn. 15 - Hashtag #ad; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 38. Aufl., § 5a, Rn. 7.25).



(2) Maßgebliche angesprochene Verbrauchergruppe nach § 3 Abs. 4 Satz 1 UWG, auf deren durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame und verständige Mitglieder abzustellen ist, sind alle Verbraucher, die soziale Medien wie Instagram nutzen.

Der Senat kann aufgrund eigener Sachkunde beurteilen, wie die angesprochenen Verbraucher die Handlungen der Beklagten verstehen, da er ständig mit Wettbewerbssachen befasst ist (BGH GRUR 2004, 244, 245 - Marktführerschaft; GRUR 2014, 682 Rn. 29 - Nordjob-Messe).

(3) Bei Berücksichtigung der konkreten Umstände der streitgegenständlichen vier Posts und der Besonderheiten des Mediums Instagram ist davon auszugehen, dass die oben definierten angesprochenen Durchschnittsverbraucher auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennen, dass den Posts ein kommerzieller Zweck insoweit zugrunde liegt, als sie auch der Wertsteigerung des Images der Beklagten dienen und damit dieser für bereits bestehende und künftige „bezahlte Partnerschaften“ Vorteile bringen. Denn der angesprochene Nutzer des sozialen Mediums Instagram weiß, dass Influencer wie die Beklagte auch Werbeverträge abschließen und sich der Marktwert der Influencer nach der Zahl der Follower bemisst, die wiederum von der Attraktivität der Posts des Influencers abhängig ist.

b) Ansprüche aus § 7 Abs. 3, Abs. 7, § 8, § 58 Abs. 1, Abs. 3 RStV i.V.m. § 3a, § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG scheiden aus, weil nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV in den Posts nur dann Werbung zu sehen wäre, wenn ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung an den Influencer fließt, was hinsichtlich der streitgegenständlichen Posts nicht der Fall ist.

c) Gleiches gilt für Ansprüche nach § 6 Abs. 1 TMG i.V.m. § 3a, § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG, da nach § 2 Nr. 5 lit. b) TMG Angaben, die ohne finanzielle Gegenleistung gemacht werden, keine Form der kommerziellen Kommunikation darstellen.

3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie zur Fortbildung des Rechts nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen. Die entscheidungserhebliche Frage, unter welchen Voraussetzungen Influencer-Marketing lauterkeitsrechtlich zulässig ist, ist höchstrichterlich nicht geklärt und über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen von Bedeutung. Insofern fehlt es für die rechtliche Beurteilung typischer oder jedenfalls verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Leitentscheidung.

Da im hiesigen Verfahren auch Fragen des UWG und des TMG entscheidungserheblich sind und nicht im Wesentlichen über Vorschriften des RStV als Teil des Landesrechts (Art. 72 Abs. 2 BV) entschieden werden musste, war die Revision nach § 8 Abs. 2 EGGVG i.V.m. Art. 11 Abs. 1 BayAGGVG zum Bundesgerichtshof, nicht zum Bayerischen Obersten Landesgericht zuzulassen.

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