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Oberverwaltungsgericht Münster Urteil vom 05.02.2020 - 13 A 17/16 - Googles Gmail ist kein Telekommunikationsdienst

OVG Münster v. 05.02.2020: Googles Gmail ist kein Telekommunikationsdienst


Das Oberverwaltungsgericht Münster (Urteil vom 05.02.2020 - 13 A 17/16) hat entschieden:

   Googles Gmail ist kein Telekommunikationsdienst. Die Klägerin bietet den Endnutzern von GMail wie andere Betreiber von Webmail-Diensten eine einfache und weltweit verfügbare Ende-zu-Ende-Kommunikation per EMail an; insbesondere handelt es sich bei GMail nicht um einen qualitätsgesicherten Spezialdienst im Sinne von Art. 3 Abs. 5 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 (ABl. L 310, S. 1).




Siehe auch
E-Mail - kommerzielle Kommunikation mit digitaler Post
und
Stichwörter zum Thema Kommunikation im Onlinehandel


Tatbestand:


Die Beteiligten streiten um die Frage, ob es sich bei dem von der Klägerin bzw. ihrer irischen Tochtergesellschaft betriebenen E-Mail-Dienst „GMail“ um einen der gesetzlichen Meldepflicht aus § 6 Abs. 1 TKG unterliegenden öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienst handelt.

Die Klägerin ist ein Unternehmen mit Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika und der breiten Öffentlichkeit primär durch die von ihr betriebene Internetsuchmaschine „Google“, aber auch durch andere IT-Dienste bekannt. Sie betreibt zudem weltweit und auch in Deutschland eine eigene mit dem Internet im Übrigen verbundene Netzinfrastruktur, zu der insbesondere einige Hochleistungsverbindungen zwischen Metropolregionen gehören. Seit dem Jahr 2007 bietet die Klägerin den weltweit genutzten Dienst GMail an, der in Deutschland vorübergehend unter dem Namen „Google Mail“ betrieben wurde. Er wird seit dem 22. Januar 2019 nicht mehr unmittelbar durch die Klägerin, sondern durch deren einhundertprozentige Tochtergesellschaft Google Ireland Ltd. mit Sitz in der Republik Irland erbracht.

Bei Gmail handelt es sich um einen internetbasierten E-Mail-Dienst, der über das offene Internet bereitgestellt wird, ohne den Nutzern dabei selbst einen Internetzugang zu vermitteln, weshalb die Klägerin Gmail auch als „Webmail-Dienst“ und in einem weiteren Sinne als „Over-the-top-Dienst“ oder abkürzend als „OTT-Dienst“ bezeichnet. Wie andere internetbasierte E-Mail-Dienste ist Gmail ein Dienst zum Versenden und Empfangen von Nachrichten und Dateien über das Internet. Im Rahmen dieses Dienstes werden die Nachrichten und Dateien inhaltlich unverändert, aber in einzelne Datenpakete zerlegt, vom Absender zum Empfänger mittels für den E-Mail-Dienst standardisierter Protokolle der Internetprotokollfamilie zugestellt. Der Nutzer erhält dabei nach der Eröffnung eines sog. E-Mail-Kontos eine E-Mail-Adresse, die ihn ähnlich einer Postadresse als Absender und Empfänger von E-Mails ausweist. Darüber hinaus werden dem Nutzer auf der Weboberfläche von Gmail weitere Funktionen angeboten, beispielsweise das Editieren, Speichern und Ordnen von E-Mails oder das Verwalten von Kontaktdaten. Zur Nutzung des Dienstes ruft der Nutzer entweder über einen auf einem internetfähigen Endgerät installierten Webbrowser die durch den Dienstanbieter betriebene Webseite auf, wo ihm eine Oberfläche zur Nutzung der verschiedenen Funktionen zur Verfügung steht, oder er bedient sich eines auf dem Endgerät installierten lokalen E-Mail-Programms, eines sogenannten „E-Mail-Client“. Nach der Erstellung des Inhalts und der Bestimmung einer oder mehrerer Ziel-E-Mail-Adressen erfolgt in beiden Fällen die Übermittlung der E-Mail an den Betreiber durch ein gezieltes Absenden. Hierdurch wird ein Leistungsfluss zur weiteren Bearbeitung des Übermittlungsvorgangs durch den Dienstanbieter initiiert. Um die mit einer Zieladresse versehene E-Mail nach Einleitung des Sendevorgangs durch den Absender an die Empfängeradresse zustellen zu können, betreibt der Dienstanbieter E-Mail-Server, die die E-Mail verwalten und gegebenenfalls zwischenspeichern. Im Rahmen eines informationstechnischen Verarbeitungsprozesses werden in automatisierter Form die vom Nutzer verwendeten Domainnamen mittels des „Domain Name System (DNS)“ der regelmäßig dynamischen IP-Adresse des physischen Anschlusses zugeordnet, um dem Ausgangs-Server die Identifikation des Ziel-Servers der Domain, die in der E-Mail-Adresse als Empfänger angegeben ist, zu ermöglichen. Zwecks Versands bringt der Dienstanbieter dann die in Datenpakete zerlegte E-Mail auf den Weg über das offene Internet. Zum Einspeisen und Weiterleiten der E-Mail wird dabei auf verschiedene Protokolle der Internetprotokollfamilie zurückgegriffen. Auf dem Weg zum Ziel-Server muss der Datenverkehr verschiedene Teilnetze des Internets passieren, die von Dritten betrieben werden. Das Internetrouting ist dabei dynamisch und kann sich stetig verändern, ohne dass die Partei, deren Datenverkehr transportiert wird, davon Kenntnis hätte oder eine Kontrolle hierüber ausüben könnte. Nach dem Empfang der Daten beim Ziel-Server wird die E-Mail in der Regel dort gespeichert und für den Empfänger in einem elektronischen Postfach vorgehalten, auf das dieser dann mittels verschiedener Techniken zugreifen kann. Werden E-Mails zwischen Nutzern desselben Dienstanbieters versendet, kann der Weg einer E-Mail auch kürzer sein oder die Server des Dienstanbieters gar nicht erst verlassen.

Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) vertritt die Ansicht, dass es sich bei Gmail um einen öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienst handelt, welcher der in § 6 Abs. 1 TKG geregelten Meldepflicht unterliegt. Nachdem die Klägerin dieser Meldepflicht nicht freiwillig nachkam, stellte die Bundesnetzagentur mit einem auf die in § 126 TKG geregelten Befugnisse gestützten Bescheid vom 2. Juli 2012 fest, dass die Klägerin mit Gmail einen Telekommunikationsdienst betreibt und gegen die gesetzliche Meldepflicht verstößt. Sie forderte sie unter Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 2.000 Euro dazu auf, der Meldepflicht binnen einer Frist von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Bescheids zu entsprechen. Den hiergegen durch die Klägerin eingelegten und im Einzelnen näher begründeten Widerspruch wies die Bundesnetzagentur mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2014 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 23. Januar 2015 vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, mit Gmail keinen Telekommunikationsdienst zu betreiben. Anders als von der maßgeblichen Definition eines Telekommunikationsdiensts in § 3 Nr. 24 TKG vorausgesetzt, übertrage sie keine Signale. Der Begriff der Signalübertragung sei ein technischer Begriff, der, wie § 3 Nr. 22 TKG zeige, kumulativ das Aussenden, Übermitteln und Empfangen von Signalen über Telekommunikationsnetze erfordere. Als reiner Webmail-Dienst setze Gmail zwar wie andere OTT-Dienste, etwa Online-Banking, eine Signalübertragung in diesem Sinne voraus. Die Signalübertragung erfolge aber nicht durch die Klägerin selbst, sondern sowohl für die Datenübermittlung zwischen den Nutzern von Gmail und den E-Mail-Servern der Klägerin als auch für die Datenübermittlung zwischen den E-Mail-Servern der Klägerin und den E-Mail-Servern anderer E-Mail-Dienstes durch die Internet bzw. Internet Access Provider. Anders als die Beklagte meine, sei deren Signalübertragungsleistung der Klägerin auch nicht zurechenbar, weil die Signalübertragung über das offene Internet nach dem „Best-Effort-Prinzip“ erfolge und die Klägerin damit weder eine tatsächliche noch eine rechtliche Kontrolle über den Übermittlungsvorgang ausüben könne. Darin unterscheide sich der von der Klägerin angebotene Webmail-Dienst von „E-Mail-Übertragungsdiensten“ im herkömmlichen Sinne, die ihren Kunden zugleich auch den Internetzugang vermittelten. Die von der Beklagten vertretene Auslegung von § 6 Abs. 1 i.V.m. § 3 Nr. 24 TKG stelle eine unzulässige Analogiebildung dar und weiche von der überwiegenden Rechtspraxis in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ab. Unabhängig hiervon stelle eine eigene oder ihr zurechenbare Signalübertragung jedenfalls nicht den Schwerpunkt der mit Gmail erbrachten Leistungen dar; vielmehr stünden inhaltliche Aspekte der Kommunikation im Vordergrund. Zudem werde Gmail nicht – wie nach den gesetzlichen Voraussetzungen erforderlich – in der Regel gegen Entgelt erbracht, weil Gmail den Nutzern kostenlos zur Verfügung stehe und lediglich zu einem kleinen Teil durch auf der Webseite von Gmail geschaltete Werbung querfinanziert werde.

Die Klägerin hat beantragt,

   den Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2014 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, dass GMail ebenso wie andere Webmail-Dienste als Telekommunikationsdienst anzusehen sei, weil der erbrachte Dienst in seiner technischen Funktionsweise überwiegend eine Signalübertragung zum Gegenstand habe. Eine Übermittlung von E-Mails vom Absender zum Empfänger sei nur mittels Signalübertragung möglich. Darüber hinaus sei es nicht erforderlich, dass der Erbringer des Dienstes selbst die Signalübertragung übernehme oder zumindest eine Kontrolle über die durch Dritte übernommene Signalübertragung ausübe. Entscheidend sei allein, dass die Signalübertragung als technisches Element überhaupt gegeben sei. Selbst wenn mit der Rechtsauffassung der Klägerin jedenfalls eine Kontrolle über die durch Dritte vorgenommene Signalübertragung zu verlangen sei, sei diese aufgrund des Betriebs der eigenen E-Mail-Server gegeben. Die E-Mail-Server ordneten den E-Mail-Adressen die physischen IP-Adressen zu. Die Klägerin authentifiziere den Absender und ggf. auch den Empfänger einer E-Mail mittels Passwort, E-Mail-Adresse oder Nutzerkennung und steuere mittels der eingesetzten Internetprotokolle in einem für die Annahme einer Kontrolle hinreichenden Maße die Signalübertragung. Nach dem der Beschreibung von Kommunikationsvorgängen im Internet dienenden sog. OSI-Schichtenmodell („Open Systems Interconnection Reference Model“) seien die informationstechnischen Verarbeitungsleistungen eines E-Mail-Dienstanbieters den transportorientierten und nicht den anwendungsorientierten Schichten zuzuordnen, weshalb sie nicht mehr dem Bereich der inhaltsbezogenen Leistungen, sondern schon dem Bereich der telekommunikationsrechtlichen Signalübertragungsleistung zuzurechnen seien. Für die Annahme der Entgeltlichkeit der Diensterbringung sei im Übrigen nicht die Erhebung einer Gebühr erforderlich. Es genüge auch eine indirekte Finanzierung etwa durch Werbeeinnahmen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. November 2015, zugestellt am 25. November 2015, abgewiesen und dabei die Auffassung der Beklagten im Ergebnis bestätigt. Die nach § 6 Abs. 1 i.V.m. § 3 Nr. 24 TKG maßgeblichen Voraussetzungen eines Telekommunikationsdienstes seien im Fall von GMail erfüllt. Die Klägerin ermögliche den Nutzern von GMail, über ein Web-Interface oder mittels eines auf ihren internetfähigen Endgeräten installierten E-Mail-Client über das Internet per E-Mail zu kommunizieren. Der Klassifizierung von Gmail als Telekommunikationsdienst stehe dabei nicht entgegen, dass die Übertragung von Signalen im Wesentlichen über das offene Internet erfolge und damit nicht von der Klägerin selbst, sondern von den Internet (Access) Providern erbracht werde. Der Klägerin sei die Signalübertragungsleistung der Internet (Access) Provider zurechenbar, weil sie sich diese Signalübertragungsleistung für ihre Zwecke faktisch zu eigen mache und insbesondere mit ihren informationstechnischen Verarbeitungsleistungen selbst einen essentiellen Beitrag für das Funktionieren des Telekommunikationsvorgangs erbringe. Auf eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Klägerin für die Signalübertragungsleistung durch die Internet (Access) Provider gegenüber den Nutzern von Gmail komme es in diesem Zusammenhang nicht entscheidend an. Die Signalübertragungsleistung bilde zudem den Schwerpunkt von Gmail. Für die Frage, ob ein Dienst ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen bestehe, sei keine rein technische Betrachtung vorzunehmen. Bei einer wertenden Betrachtung stünden die raumüberwindende Kommunikation mit anderen Nutzern und damit der Telekommunikationsvorgang selbst im Vordergrund, während andere inhaltsbezogene Komponenten des Dienstes keine eigenständige Bedeutung hätten. Bei GMail handle es sich im Übrigen auch um einen gewerblich und in der Regel gegen Entgelt erbrachten Dienst. Zwar würden E-Mail-Dienste jedenfalls in einer Basisversion kostenlos angeboten, sie finanzierten sich aber – wie auch GMail – üblicherweise durch Werbung oder andere indirekte Einnahmen.

Daraufhin hat die Klägerin GMail zur Vermeidung des angedrohten Zwangsgelds unter Vorbehalt als Telekommunikationsdienst angemeldet und am 22. Dezember 2015 die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung gegen dessen Urteil eingelegt. Mit Beschluss vom 26. Februar 2018 hat der Senat das Berufungsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, da es für die Auslegung des von § 6 Abs. 1 i.V.m. § 3 Nr. 24 TKG vorausgesetzten Begriffs des Telekommunikationsdienstes maßgeblich auf das in der Rechtsprechung des Gerichtshofs bislang nicht vollständig geklärte Verständnis des Begriffs des elektronischen Kommunikationsdienstes im Sinne des unionsrechtlichen gemeinsamen Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste ankomme. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Vorlagebeschluss des Senats und das daraufhin ergangene Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juni 2019 Bezug genommen.

   Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar 2018 – 13 A 17/16 –, K&R 2018, 348 = CR 2018, 402 = MMR 2018, 552 = ZUM-RD 2018, 596 = juris, sowie EuGH, Urteil vom 13. Juni 2019 – C-193/18 –, Google, NJW 2019, 2597 = NVwZ 2019, 1118 = EuZW 2019, 572 = K&R 2019, 487 = CR 2019, 464 = MMR 2019, 514 = ZUM 2020, 53 = juris.

Die Klägerin sieht sich durch das Urteil des Gerichtshofs bestätigt. Es stünde nunmehr fest, dass Webmail-Dienste wie GMail keine Telekommunikationsdienste seien. Ergänzend führt sie an, dass GMail auch nicht deshalb als Telekommunikationsdienst klassifiziert werden könne, weil sie als Teil des weltweiten Internets eine eigene Telekommunikationsnetzinfrastruktur betreibe und teils auch durch den Abschluss von Transitvereinbarungen Netzkapazitäten Dritter für die Durchleitung eigenen Datenverkehrs in Anspruch nehme. Diese Infrastruktur sei maßgeblich für die Erbringung datenintensiver Dienste wie „Google-Suche“ und „YouTube“ aufgebaut worden; für den Betrieb von Gmail sei diese Infrastruktur schon tatsächlich nicht erforderlich, auch wenn sie mitgenutzt werde. Auch der Gerichtshof habe in seinen Entscheidungserwägungen ausgeführt, dass der Betrieb einer eigenen Netzinfrastruktur nicht dazu führen könne, dass sämtliche Dienste, die die Klägerin im Internet erbringe, auch als elektronische Kommunikationsdienste einzuordnen wären, obwohl sie nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen bestünden. Im Übrigen enthielten weder die zur Zusammenschaltung der eigenen Netzinfrastruktur mit den Telekommunikationsnetzen anderer Betreiber getroffenen mündlichen oder schriftlichen „Peering“-Vereinbarungen noch die durch die Klägerin geschlossenen Transitverträge Regelungen, aufgrund derer angenommen werden könnte, dass die Klägerin gegenüber den Nutzern von GMail die Verantwortung für die Signalübertragung übernähme. Sie beträfen vielmehr dienstneutral den Datenaustausch auf IP-Ebene und im Hinblick auf die Kommunikation mit GMail auch nicht die gesamte Ende-zu-Ende-Verbindung.




Die Klägerin beantragt,

   das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11. November 2015 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

   die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält auch nach der Entscheidung des Gerichtshofs an einer Klassifizierung von GMail als Telekommunikationsdienst im Sinne von § 6 Abs. 1, § 3 Nr. 24 TKG fest. Zwar sei nach der Entscheidung des Gerichtshofs klar, dass Webmail-Dienste wie GMail grundsätzlich nicht als Telekommunikationsdienste anzusehen seien. Im Fall von GMail sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin weltweit und auch in Deutschland eine Telekommunikationsnetzinfrastruktur betreibe, die auch für die Signalübertragung für GMail verwendet werde. Es sei nicht auszuschließen, dass die Klägerin bei der Vernetzung ihrer eigenen Telekommunikationsnetzinfrastruktur mit dem weltweiten Internet aufgrund von Peering-Vereinbarungen und Transitverträgen Regelungen zur Signalübertragung (auch) für Gmail treffe, die im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs dazu führten, dass sie gegenüber den Nutzern eine Verantwortung für die Datenübertragung übernehme.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:


Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.

Sie führt zur Änderung des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts und zur Aufhebung des Bescheids der Bundesnetzagentur vom 2. Juli 2012 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2014. Dieser ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Klägerin ist nicht gemäß § 6 Abs. 1 TKG verpflichtet, den durch sie selbst bzw. nunmehr durch ihre einhundertprozentige Tochtergesellschaft Google Ireland Ltd. in einer ihr als Unternehmerin gemäß § 3 Nr. 29 TKG zurechenbaren Weise,

   vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2013 – 6 C 24.12 –, Buchholz 442.066 § 21 TKG Nr. 5 = juris, Rn. 19 ff.,

erbrachten E-Mail-Dienst GMail bei der Bundesnetzagentur als öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienst zu melden, weil es sich bei GMail nicht um einen öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienst im Sinne dieser Vorschrift handelt.



1. Gemäß § 6 Abs. 1 TKG muss, wer gewerblich öffentliche Telekommunikationsnetze betreibt oder gewerblich öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste erbringt, die Aufnahme, Änderung und Beendigung seiner Tätigkeit sowie Änderungen seiner Firma bei der Bundesnetzagentur unverzüglich und in schriftlicher Form melden. Die Meldepflicht dient dem Zweck, der Bundesnetzagentur die Führung eines Verzeichnisses der Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze und öffentlicher Telekommunikationsdienste zu ermöglichen, wobei die Meldepflicht auf diejenigen Betreiber beschränkt ist, die gewerblich tätig sind. Sie dient damit weiterhin dem Zweck, der Bundesnetzagentur die Überwachung dieser Tätigkeiten auf dem Telekommunikationsmarkt zu ermöglichen und den Betreibern ggf. weitere Pflichten nach diesem Gesetz aufzuerlegen, die an den Betrieb eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes oder eines öffentlichen Kommunikationsdienstes anknüpfen.

   Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes vom 9. Januar 2004, in: BT-Drs. 15/2316, S. 60.

a) Der von § 6 Abs. 1 TKG vorausgesetzte und im vorliegenden Zusammenhang allein im Streit stehende Begriff des Telekommunikationsdienstes wird für den Anwendungsbereich des Telekommunikationsgesetzes einheitlich durch § 3 Nr. 24 TKG definiert. Die Vorschrift bestimmt, dass Telekommunikationsdienste in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste sind, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. Der Begriff des Telekommunikationsnetzes bezeichnet in diesem Zusammenhang nach § 3 Nr. 27 TKG die Gesamtheit von Übertragungssystemen und gegebenenfalls Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitigen Ressourcen, einschließlich der nicht aktiven Netzbestandteile, die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische und andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetzen, festen, leitungs- und paketvermittelten Netzen, einschließlich des Internets, und mobilen terrestrischen Netzen, Stromleitungssystemen, soweit sie zur Signalübertragung genutzt werden, Netzen für Hör- und Fernsehfunk sowie Kabelfernsehnetzen, unabhängig von der Art der übertragenen Information.

b) Für die Auslegung des Begriffs des Telekommunikationsdienstes im Sinne von § 6 Abs. 1 i.V.m. § 3 Nr. 24 TKG ist wiederum der unionsrechtliche Begriff der elektronischen Kommunikationsdienste im Sinne von Art. 2 Buchst. c) der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste – Rahmenrichtlinie – (ABl. L 108, S. 33), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. L 337, S. 37), maßgeblich, weil die genannten Vorschriften der Umsetzung des unionsrechtlichen Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze- und -dienste dienen und dabei insbesondere mit dem nationalen Begriff des Telekommunikationsdienstes in inhaltlich identischer Weise an den unionsrechtlichen Begriff des elektronischen Kommunikationsdienstes aus Art. 2 Buchst. c) der Rahmenrichtlinie anknüpfen. So wird in der Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 24 TKG ausgeführt, dass die dortige Definition des Begriffs des Telekommunionsdienstes derjenigen in Art. 2 Buchst. c) Satz 1 der Rahmenrichtlinie entspricht.

   Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes vom 9. Januar 2004, in: BT-Drs. 15/2316, S. 58 (dort noch als § 3 Nr. 25).

Nichts anderes folgt im Übrigen aus der Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 1 TKG selbst. Diese Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste – Genehmigungsrichtlinie – (ABl. L 108, S. 21), wonach von Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze oder elektronische Kommunikationsdienste bereitstellen, eine Meldung hierüber gefordert werden kann.

   Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes vom 9. Januar 2004, in: BT-Drs. 15/2316, S. 59 f.

Der von Art. 3 Abs. 2 der Genehmigungsrichtlinie verwendete Begriff der elektronischen Kommunikationsdienste ist dabei gemäß Art. 2 Abs. 1 der Genehmigungsrichtlinie entsprechend der Begriffsbestimmung in Art. 2 Buchst. c) der Rahmenrichtlinie zu verstehen.

Noch nicht maßgeblich ist hingegen die um den Begriff der interpersonellen Kommunikationsdienste erweiterte neue Definition elektronischer Kommunikationsdienste aus Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie 2018/1972/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. L 321, S. 36). Diese Richtlinie, die den bisherigen unionsrechtlichen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze- und -dienste ablösen wird, ist bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Gemäß Art. 124 Abs. 1 dieser Richtlinie sind die zu ihrer Umsetzung erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis zum 21. Dezember 2020 in Kraft zu setzen und ab diesem Zeitpunkt anzuwenden.

c) Gemäß Art. 2 Buchst. c) der Rahmenrichtlinie sind elektronische Kommunikationsdienste gewöhnlich gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen, einschließlich Telekommunikations- und Übertragungsdienste in Rundfunknetzen, jedoch ausgenommen Dienste, die Inhalte über elektronische Kommunikationsnetze und -dienste anbieten oder eine redaktionelle Kontrolle über sie ausüben; nicht dazu gehören die Dienste der Informationsgesellschaft im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie 98/34/EG, die nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen.




In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist anerkannt, dass die Rahmenrichtlinie mit dieser Definition elektronischer Kommunikationsdienste – ebenso wie die weiteren Richtlinien, aus denen der für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste geltende Rechtsrahmen besteht – klar zwischen der Produktion von Inhalten, die eine redaktionelle Kontrolle voraussetzt, und der Weiterleitung von Inhalten ohne jede redaktionelle Kontrolle unterscheidet, wobei die Inhalte und ihre Übertragung unter getrennte Regelungen fallen, die jeweils eigene Ziele verfolgen.

   Vgl. EuGH, Urteile vom 13. Juni 2019 – C-193/18 –, Google, a.a.O., Rn. 31, vom 5. Juni 2019 – C-142/18 –, Skype Communications, K&R 2019, 484 = CR 2019, 466 = MMR 2019, 517 = juris, Rn. 28, vom 30. April 2014 – C-475/12 –, UPC DTH, MMR 2015, 339 = ZUM-RD 2014, 469 = juris, Rn. 36, und vom 7. November 2013 – C-518/11 –, UPC Nederland, ZUM-RD 2014, 69 = juris, Rn. 41.

Zudem hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Dienst die Übertragung von Signalen umfassen muss, um unter den Begriff der elektronischen Kommunikationsdienste im Sinne von Art. 2 Buchst. c) der Rahmenrichtlinie zu fallen. Er hat dabei aber auch klargestellt, dass der Umstand, dass die Übertragung des Signals über eine Infrastruktur erfolgt, die nicht dem Erbringer der Dienste gehört, für die Einordnung der Art der Dienstleistung grundsätzlich unerheblich ist. Es kommt vielmehr darauf an, dass der Erbringer gegenüber den Endnutzern für die Übertragung des Signals, die diesen die Bereitstellung des Dienstes, den sie abonniert haben, gewährleistet, verantwortlich ist.

   Vgl. EuGH, Urteile vom 13. Juni 2019 – C-193/18 –, Google, a.a.O., Rn. 32, vom 5. Juni 2019 – C-142/18 –, Skype Communications, a.a.O., Rn. 29, und vom 30. April 2014 – C-475/12 –, UPC DTH, a.a.O., Rn. 43.

Für das Kriterium der Verantwortlichkeit kommt es schließlich nicht entscheidend auf den Inhalt der zwischen dem Erbringer des Dienstes und den Endnutzern vereinbarten allgemeinen Vertragsbedingungen an. Insbesondere hat der Umstand, dass der Erbringer des Dienstes in seinen allgemeinen Vertragsbedingungen angibt, die Verantwortung für die Übertragung des Signals nicht zu übernehmen, auf die Einstufung des Dienstes als elektronischer Kommunikationsdienst keinen Einfluss. Andernfalls hätte es nämlich der Erbringer eines Dienstes, der inhaltlich ein elektronischer Kommunikationsdienst ist, selber in der Hand, sich dem Anwendungsbereich der Rahmenrichtlinie zu entziehen. Dies würde das mit dem Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste verfolgte Ziel eines letztendlich nur durch das Wettbewerbsrecht geregelten Binnenmarktes für elektronische Kommunikation in unzulässiger Weise beeinträchtigen.

   Vgl. EuGH, Urteil vom 5. Juni 2019 – C-142/18 –, Skype Communications, a.a.O., Rn. 44 f. unter Verweis auf die Urteile vom 30. April 2014 – C-475/12 –, UPC DTH, a.a.O., Rn. 44, und vom 7. November 2013 – C-518/11 –, UPC Nederland, a.a.O., Rn. 45.

2. Internetbasierte E-Mail-Dienste, die wie der von der Klägerin erbrachte Dienst GMail keinen Internetzgang vermitteln (sog. Webmail-Dienste) sind in Anwendung dieser Voraussetzungen grundsätzlich nicht als elektronische Kommunikationsdienste im Sinne von Art. 2 Buchst. c) der Rahmenrichtlinie anzusehen, weil sie nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 26. Februar 2018 mit Urteil vom 13. Juni 2019 für Recht erkannt und damit bislang bestehende Zweifel an der richtigen Auslegung dieser Vorschrift beseitigt. Webmail-Dienste sind damit auch keine Telekommunikationsdienste im Sinne von § 3 Nr. 24 TKG und unterfallen insbesondere nicht der vorliegend im Streit stehenden Meldepflicht aus § 6 Abs. 1 TKG.

Zwar nimmt auch der Erbringer eines solchen E-Mail-Dienstes im Sinne von Art. 2 Buchst. c) der Rahmenrichtlinie eine Übertragung von Signalen vor, indem er bei der Versendung und dem Empfang von Nachrichten aktiv tätig wird, sei es, indem er den E-Mail-Adressen die IP-Adressen der entsprechenden Endgeräte zuordnet oder die Nachrichten in Datenpakete zerlegt und sie in das offene Internet einspeist oder aus dem offenen Internet empfängt. Dieser Umstand genügt aber nach der Rechtsauffassung des Gerichtshofs für die Klassifizierung eines solches E-Mail-Dienstes als „ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen[d]“ nicht, weil es im Wesentlichen die Internetzugangsanbieter der Absender und der Empfänger von E-Mails, der Internetzugangsanbieter des E-Mail-Dienstes sowie die Betreiber der verschiedenen Netze, aus denen das offene Internet besteht, sind, welche die Übertragung der für das Funktionieren eines internetbasierten E-Mail-Dienstes erforderlichen Signale sicherstellen und die hierfür im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs verantwortlich sind.

   Vgl. zu den Einzelheiten EuGH, Urteil vom 13. Juni 2019 – C-193/18 –, Google, a.a.O., Rn. 34 – 38 sowie die dort in Bezug genommene Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 29. Juni 2018, Rn. 20.

Mit dieser Klarstellung hat der Gerichtshof die durch das Verwaltungsgericht in erster Instanz bestätigte Rechtsauffassung der Beklagten zurückgewiesen, Webmail-Dienste stellten entweder schon aufgrund eigener Signalübertragung durch das Versenden und Empfangen von E-Mails über das offene Internet oder jedenfalls bei wertender bzw. funktionaler Betrachtung des gesamten Kommunikationsvorgangs unter Zurechnung der Signalübertragung über das offene Internet durch die Internet bzw. Internet Access Provider elektronische Kommunikationsdienste dar.

3. Anlass für eine hiervon abweichende Einstufung von GMail als elektronischer Kommunikationsdienst im Sinne von Art. 2 Buchst. c) der Rahmenrichtlinie bzw. als Telekommunikationsdienst im Sinne von § 3 Nr. 24 TKG besteht nicht. Sie ist insbesondere nicht deshalb geboten, weil die Klägerin zugleich eigene Telekommunikationsnetze betreibt bzw. in einigen Fällen auf der Grundlage sog. Transitvereinbarungen auf die Telekommunikationsnetze anderer Betreiber zur Durchleitung eigener Datenströme zurückgreift und die auf diese Weise in Anspruch genommenen Netzkapazitäten auch zur Signalübertragung für GMail nutzt.

a) Schon der Gerichtshof hat im Zusammenhang mit der Beantwortung des Vorabentscheidungsersuchen des Senats klargestellt, dass der Betrieb eigener Kommunikationsnetze durch die Klägerin nichts daran ändert, dass der von ihr betriebene E-Mail-Dienst GMail nach Maßgabe von Art. 2 Buchst. c) der Rahmenrichtlinie nicht als elektronischer Kommunikationsdienst anzusehen ist. Der Umstand, dass die Klägerin als Betreiberin ihrer eigenen elektronischen Kommunikationsnetze elektronische Kommunikationsdienste erbringt und als solche einer Meldepflicht nach Art. 3 Abs. 2 und 3 der Genehmigungsrichtlinie und den zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechtsvorschriften – hier § 6 Abs. 1 TKG – unterliegt, kann nicht dazu führen, dass sämtliche Dienste, die sie im Internet erbringt, auch selbst als elektronische Kommunikationsdienste einzuordnen wären, obwohl sie nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen bestehen.

   Vgl. zu den Einzelheiten EuGH, Urteil vom 13. Juni 2019 – C-193/18 –, Google, a.a.O., Rn. 39 f.

Für die in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerte Annahme der Beklagten, dem Gerichtshof seien Art, Umfang und Bedeutung der durch die Klägerin betriebenen Kommunikationsnetzinfrastruktur möglicherweise nicht gänzlich klar gewesen, fehlt in Anbetracht des Vorlagebeschlusses des Senats und der eingehenden und auch schriftsätzlich dokumentierten Erörterung dieses Umstandes im Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof jede Grundlage.



b) Aber auch unabhängig hiervon sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin mit dem Betrieb eigener Telekommunikationsnetze und deren Einbindung in das weltweite Internet bzw. durch den partiellen Abschluss von Transitvereinbarungen mit anderen Netzbetreibern gegenüber den Endnutzern von GMail im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Verantwortung für die für das Funktionieren dieses Dienstes erforderliche Signalübertragung übernähme. Die Klägerin bietet den Endnutzern von GMail wie andere Betreiber von Webmail-Diensten eine einfache und weltweit verfügbare Ende-zu-Ende-Kommunikation per EMail an; insbesondere handelt es sich bei GMail nicht um einen qualitätsgesicherten Spezialdienst im Sinne von Art. 3 Abs. 5 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 (ABl. L 310, S. 1). Für die damit für den Betrieb von GMail zu gewährleistende Signalübertragung sind der Betrieb eigener Telekommunikationsnetze und deren konkrete Einbindung in das weltweite Internet sowie der Abschluss von Transitvereinbarungen mit anderen Netzbetreibern weder technisch erforderlich,

   vgl. zu diesem Kriterium EuGH, Urteil vom 5. Juni 2019 – C-142/18 –, Skype Communications, a.a.O., Rn. 34 f.,

noch – sofern es hierauf überhaupt noch ankommt – in einer sonstigen Weise derart prägend, dass von einem gleichsam „integrierten“ Dienst ausgegangen werden könnte, der ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen bestünde.

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren dargelegt, weltweit und auch in Deutschland eine eigene Telekommunikationsnetzinfrastruktur zu unterhalten, zu der insbesondere einige Hochleistungsverbindungen zwischen Metropolregionen gehören. Diese Infrastruktur ist maßgeblich für den Betrieb datenintensiver Dienste wie Google-Suche oder YouTube aufgebaut worden und für den Betrieb des E-Mail-Dienstes GMail in technischer Hinsicht nicht erforderlich, auch wenn sie für die Signalübertragung für GMail mitgenutzt wird. Sie ist als autonomes System mit den autonomen Systemen anderer Netzbetreiber zusammengeschaltet und bildet gemeinsam mit diesen das weltweite Internet. Grundlage der Zusammenschaltungen sind – wie international üblich – sog. Peering- und Transitvereinbarungen, die die Klägerin mit den Betreibern der anderen Netzwerke trifft. Weltweit unterhält die Klägerin mehrere tausend dieser Peering- und Transitbeziehungen, von denen mehr als 250 auch den Austausch von Datenverkehr mit IP-Adressen in Deutschland betreffen. Der Großteil der Zusammenschaltungen, insbesondere diejenigen mit den großen deutschen Mobilfunk- und Kabelnetzbetreibern, beruht dabei auf einfachen Peeringbeziehungen, bei denen entweder eine Direktverbindung zwischen den Partnern der betroffenen Telekommunikationsnetze (sog. Private Peering) oder eine Zusammenschaltung mehrerer Telekommunikationsnetze an einem öffentlichen „Internet-Exchange“ (sog. Public Peering) erfolgt. In technischer Hinsicht bedarf es für eine Zusammenschaltung neben der physischen Verbindung der Netze softwareseitig einer entsprechenden Konfiguration der betroffenen Router. Die hierfür erforderlichen Informationen werden entweder zwischen den Betreibern der Netze ausgetauscht oder automatisch generiert. In den allermeisten Fällen bestehen keine schriftlichen Vereinbarungen, sondern schlichte „Handshake Agreements“, mit denen sich die Netzbetreiber mit einer Zusammenschaltung einverstanden erklären. Vertragliche Leistungspflichten gehen mit dem Peering in keinem Fall einher. Insbesondere werden keine Qualitätsanforderungen an die Datenübertragung vereinbart; es gilt das „Best-Effort“-Prinzip. Der Datenaustausch erfolgt zudem dienstneutral auf IP-Ebene, ohne einen spezifischen Zusammenhang zum Betrieb von GMail aufzuweisen. Zusätzlich hat die Klägerin mit Relevanz für den Datenverkehr in Deutschland insgesamt drei globale Transitvereinbarungen mit internationalen Transit-Providern geschlossen, die ihr gegen Entgelt die Durchleitung eigener Datenströme durch deren Hochleistungsverbindungen maßgeblich zur Stützung der von ihr angebotenen datenintensiven Dienste ermöglichen. Sie enthalten zwar wie international üblich „Service Level Agreements“, in denen Erwartungen an bestimmte allgemeine Qualitätsparameter wie Verfügbarkeit, Latenz oder Paketverlustrate zum Ausdruck kommen. Auch diese Transitvereinbarungen betreffen aber dienstneutral die Datendurchleitung auf IP-Ebene, und sie gelten auch nur für die Inanspruchnahme der jeweiligen Hochleistungsverbindung und nicht für die gesamte für den Betrieb von GMail erforderliche Ende-zu-Ende-Verbindung über das offene Internet. Für die Erbringung von GMail besitzen sie damit keine beachtliche praktische Relevanz.

4. Hiernach kann offen bleiben, ob es sich bei GMail zudem um einen Dienst handelt, der im Sinne von Art. 2 Buchst. c) der Rahmenrichtlinie auch gewöhnlich bzw. im Sinne von § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbracht wird, obwohl GMail ebenso wie andere vergleichbare E-Mail-Dienste jedenfalls in der Basisversion ohne die Erhebung einer Gebühr gegenüber dem Endnutzer angeboten wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten folgt gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO aus einer entsprechenden Anwendung von §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die hierfür gemäß § 132 Abs. 2 VwGO erforderlichen Voraussetzungen nach der Klärung der im Streit stehenden Rechtsfragen durch den Gerichtshof der Europäischen Union nicht mehr gegeben sind.

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