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Oberlandesgericht München Urteil vom 31.01.2019 - 29 U 1582/18 - Buttonlösung und Produktbeschreibung

OLG München v. 31.01.2019: Buttonlösung und Produktbeschreibung


Das Oberlandesgericht München (Urteil vom 31.01.2019 - 29 U 1582/18) hat entschieden:

   Ein Zurverfügungstellen der Informationen gemäß § 312 j Abs. 2 BGB, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, liegt nur dann vor, wenn sich die Informationen auf der Internetseite befinden, auf der der Kunde den Bestellvorgang abschließt, nicht aber, wenn die Informationen nur über einen Link abrufbar sind oder aber sogar nur - wie vorliegend - über einen Link auf einer vorgeschalteten Internetseite erreichbar sind. Die Informationen müssen im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Abgabe der Bestellung stehen. Wenn - wie meist - die Bestellung über eine Schaltfläche erfolgt, müssen die Informationen in räumlicher Nähe zu der Schaltfläche für die Bestellung angezeigt werden, damit das Merkmal der Unmittelbarkeit erfüllt ist. Keinesfalls genügt es, wenn die Informationen erst über einen gesonderten Link erreichbar oder nur einem gesondert herunterzuladenden Dokument entnehmbar sind.




Siehe auch
Amazon - Marketplace
und
Die Button-Lösung 2011 und damit verbundene Informationspflichten


Tatbestand:


I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen seiner Mitglieder.

Die Beklagte ist ein Online-Handelsunternehmen mit Sitz in Luxemburg und einer Zweigniederlassung in Deutschland.

Die Beklagte bot in ihrem deutschsprachigen Onlineshop unter www...de das Produkt „Schneider Sonnenschirm Rhodos, natur, ca. 300 × 300 cm 8-teilig, quadratisch“ an. Der Kunde erhielt auf der Produktdetailseite (Anlage K 2) zu diesem Produkt eine Vielzahl an Informationen. Legte der Kunde das Produkt über die Schaltfläche „in den Einkaufswagen“ in den digitalen Warenkorb, erschien nur noch ein Foto des Produkts, der Produktname und der Preis (Anlage K 3). Die im digitalen Warenkorb befindlichen Produkte waren jeweils mit der entsprechenden Produktdetailseite verlinkt. Über das Anklicken der Schaltfläche „Zur Kasse gehen“ gelangte der Kunde auf die Bestellabschlussseite, auf der er durch Anklicken des Buttons „Jetzt kaufen“ ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages abgeben und den Bestellvorgang abschließen konnte. Neben der Abbildung eines Produktfotos fanden sich auf der Bestellabschlussseite nur folgende Produktangaben (vgl. Anlage K 4):

   Schneider Sonnenschirm Rhodos, natur
ca. 300 × 300 cm 8-teilig, quadratisch
EUR 328,99
Anzahl: 1 Ändern
Verkauf durch ... EU S.à r.l.
Geschenkoptionen

Ein Link auf die Produktdetailseite war nicht vorhanden.




Des Weiteren vertrieb die Beklagte auf www...de das Produkt „Opus Damen Kleid Weria“ für das auf der Produktdetailseite (Anlage K 10) zahlreiche Informationen vorhanden waren. Nach Einlegen in den Warenkorb war als Produktinformation nur noch „OPUS Damen Kleid Weria, Blau (Sea Ground 6050), 44“ sichtbar (Anlage K 11), über einen Link kam man wieder auf die Produktdetailseite. Bei Anklicken der Schaltfläche „Zur Kasse gehen“ waren ebenfalls nur diese Produktinformationen sichtbar (Anlage K 12). Ein Link auf die Produktdetailseite war nicht vorhanden.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei gemäß § 312 j Abs. 2 BGB verpflichtet, dem Verbraucher, unmittelbar bevor dieser seine Bestellung abgibt, klar und verständlich die Informationen gemäß Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB und somit die wesentlichen Eigenschaften der Ware zur Verfügung stellen. Zu den wesentlichen Eigenschaften eines Sonnenschirms zählten das Material des Stoffes und des Gestells sowie das Gewicht, zu den wesentlichen Eigenschaften eines Kleides zähle das Material. Dieser Verpflichtung sei die Beklagte nicht nachgekommen.

Die Beklagte ist der Auffassung, es genüge, wenn Angaben zu den wesentlichen Eigenschaften über einen Link erreichbar seien. Dieser Link müsse sich nicht auf der Bestellabschlussseite befinden. Es genüge, wenn die Produktinformationen über einen Link vom „digitalen Warenkorb“ aus erreichbar seien. Bei dem Gewicht eines Sonnenschirms handele es sich auch nicht um eine wesentliche Eigenschaft desselben.

Die Klägerin hat ihren ursprünglich in der Klage angekündigten Antrag mit Schriftsatz vom 17.11.2017 geändert. Das Landgericht hat dem zuletzt gestellten Klageantrag durch Urteil vom 04.04.2018, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, vollumfänglich entsprochen und wie folgt erkannt:

  I.  Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an einem ihrer jeweiligen Geschäftsführer, zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbrauchern in einem Onlineshop Sonnenschirme und/oder Bekleidungsstücke anzubieten, ohne auf der Internetseite, auf welcher der Verbraucher sein Angebot zum Abschluss des Kaufvertrages durch Anklicken des Bestellbuttons abgeben kann, die wesentlichen Merkmale der zu bestellenden Ware, bei Sonnenschirmen das Material des Stoffes, das Material des Gestells und das Gewicht, bei Bekleidungsstücken das Material anzugeben, wenn dies beispielhaft wie aus Anl. K 12 ersichtlich geschieht.

  II.  Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

  III.  [vorläufige Vollstreckbarkeit]

  IV.  [Streitwert]

Anlage K12

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags mit ihrer Berufung. Sie beantragt:

   Das Urteil des Landgerichts München I vom 4. April 2018, Az. 33 O 9318/17, wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

   die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.01.2019 Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:


II.

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche sind gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3, § 3 a UWG i.V.m. § 312 j Abs. 2 BGB, Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB begründet.

1. Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt.

2. § 312 j Abs. 2 BGB dient dem Schutz der Verbraucher und ist somit eine Marktverhaltensregel i.S.d. § 3 a UWG (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl. § 3 a Rn. 1.311).

3. Gemäß § 312 j Abs. 2 BGB ist der Unternehmer bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr verpflichtet, dem Verbraucher u.a. die Informationen gemäß Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, somit die wesentlichen Eigenschaften der Ware, in dem für das Kommunikationsmittel und für die Ware angemessenen Umfang, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung zu stellen.

a) Ein Zurverfügungstellen der Informationen, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, liegt nur dann vor, wenn sich die Informationen auf der Internetseite befinden, auf der der Kunde den Bestellvorgang abschließt, nicht aber, wenn die Informationen nur über einen Link abrufbar sind oder aber sogar nur - wie vorliegend - über einen Link auf einer vorgeschalteten Internetseite erreichbar sind (Palandt-Grüneberg, BGB, 78. Aufl. § 312 j Rn. 7; OLG Hamburg, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 5 W 14/14, juris, dort Tz. 3; vgl. auch OLG Köln NJW-RR 2015, 1453 Tz. 16). Dies ergibt sich unzweideutig aus der Gesetzesbegründung, in der insoweit ausgeführt ist (BT Drucksache 17/7745 S. 10):

Die Informationen müssen im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Abgabe der Bestellung stehen. Wenn - wie meist - die Bestellung über eine Schaltfläche erfolgt, müssen die Informationen in räumlicher Nähe zu der Schaltfläche für die Bestellung angezeigt werden, damit das Merkmal der Unmittelbarkeit erfüllt ist. ... Keinesfalls genügt es, wenn die Informationen erst über einen gesonderten Link erreichbar oder nur einem gesondert herunterzuladenden Dokument entnehmbar sind.




Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich auch aus der Richtlinie 2011/83/EU, deren Art. 8 Abs. 2 durch § 312 j Abs. 2 BGB umgesetzt wird (vgl. Palandt-Grüneberg, a.a.O. § 312 j Rn. 1), dass die Anzeige der wesentlichen Eigenschaften auf derselben Internetseite zu erfolgten hat, auf der die Bestellung abgeschlossen wird, so dass eine Aussetzung des Rechtsstreits und eine Vorlage an den EuGH nicht veranlasst ist. Art. 8 Abs. 2 RL 2011/83/EU lautet wie folgt:

   „Wenn ein auf elektronischem Wege geschlossener Fernabsatzvertrag den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet, weist der Unternehmer den Verbraucher klar und in hervorgehobener Weise, und unmittelbar bevor dieser seine Bestellung tätigt, auf die in Artikel 6 Abs. 1 Buchstaben a, e o und p genannten Informationen hin.

In Art. 6 Abs. 1 a) RL 2011/83/EU, der durch Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB umgesetzt wurde, sind wiederum die wesentlichen Eigenschaften der Waren in dem für das Kommunikationsmittel und die Waren angemessenen Umfang genannt. In Erwägungsgrund 39 der RL 2011/83/EU heißt es hinsichtlich des Ortes der Anzeige:

Es ist wichtig, dass sichergestellt wird, dass die Verbraucher bei Fernabsatzverträgen, die über Webseiten abgeschlossen werden, in der Lage sind, die Hauptbestandteile des Vertrags vor Abgabe ihrer Bestellung vollständig zu lesen und zu verstehen. Zu diesem Zweck sollte in dieser Richtlinie dafür Sorge getragen werden, dass diese Vertragsbestandteile in unmittelbarer Nähe der für die Abgabe der Bestellung erforderlichen Bestätigung angezeigt werden.

Nach der Richtlinie 2011/83/EU, deren Umsetzung § 312 j Abs. 2 BGB dient, sollen die Informationen, auf die unmittelbar vor der Bestellung hinzuweisen ist, somit in unmittelbarer Nähe der Schaltfläche für die Bestellung angezeigt werden, was bei einer bloßen Verlinkung gerade nicht der Fall ist.“

Dass die bloße Verlinkung auf die auf einer anderen Internetseite angegebenen wesentlichen Eigenschaften der Ware den Anforderungen des § 312 j Abs. 2 BGB nicht genügt, ergibt sich auch daraus, dass die Informationspflichten hinsichtlich der Angaben nach Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB mit den Informationspflichten hinsichtlich der Angaben nach Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 5 (Gesamtpreis) und Nr. 11 und 12 (Laufzeit des Vertrages, Mindestdauer der Verpflichtungen) identisch geregelt sind.


Dass hinsichtlich der Gesamtpreisangaben, der Vertragslaufzeit und der Mindestdauer der Vertragspflichten eine bloße Verlinkung auf diese in der Nähe des Bestellbuttons ausreichend sein sollte, ist aus Gründen des Verbraucherschutzes, dem die Regelungen dienen, fernliegend. Es mag aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit bei größeren Bestellungen - de lege ferenda - in Betracht kommen, hinsichtlich der wesentlichen Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen auch eine Verlinkung auf andere Seiten in der Nähe der Bestellschaltfläche für ausreichend zu erachten. De lege lata genügt dies den Anforderungen nicht.

b) Bei dem Material des Stoffes, dem Material des Gestells und dem Gewicht bei Sonnenschirmen sowie beim Material bei Bekleidungsstücken handelt es sich auch um wesentliche Eigenschaften der Waren im Sinne des Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, was hinsichtlich des Materials des Stoffes und des Gestells bei Sonnenschirmen und dem Material bei Bekleidungsstücken auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird (vgl. auch OLG Köln, BeckRS 2016, 119172, Tz. 39; OLG Hamm, Beschluss vom 14.03.2017, Az. 4 W 34/16, 4 W 35/16, juris, dort Tz. 19 - Warenkorbansicht; OLG Hamburg, Beschluss vom 13.08.2014, Az. 5 W 14/14, juris, dort Tz. 7).

Hinsichtlich des Inhalts und des Umfangs der gemäß Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB zu erteilenden Informationen kommt es auf die konkrete Ware an. Maßgebend ist eine Beschreibung, aus der der Verbraucher die für seine Entscheidung maßgeblichen Merkmale entnehmen kann (BT-Drucksache 17/12637 S. 74).

Da für den Verbraucher die Transportfähigkeit des Sonnenschirms von maßgeblicher Bedeutung ist und diese wiederum von dessen Gewicht abhängt, handelt es sich auch beim Gewicht um eine aufzuführende wesentliche Eigenschaft eines Sonnenschirms (vgl. OLG Hamburg a.a.O. Tz. 7; a.A. OLG Hamm a.a.O. Tz. 19 - Warenkorbansicht).

c) Der Verstoß ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern i.S.d. § 3 a UWG spürbar zu beeinträchtigen.




III.

Zu den Nebenentscheidungen:

1. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kostenentscheidung erster Instanz war nicht abzuändern. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, war dem Vortrag des Klägers zu entnehmen, dass er auch anfänglich nicht ein Verbot für sämtliche Waren, sondern lediglich für Sonnenschirme und Bekleidung begehrte, so dass die neue Antragsfassung lediglich eine Klarstellung und keine Teilklagerücknahme darstellte.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

3. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine Divergenz zur Entscheidung des OLG Hamm (a.a.O. - Warenkorbansicht) liegt nicht vor, da der abweichenden Beurteilung hinsichtlich der Angabe des Gewichts bei Sonnenschirmen keine unterschiedlichen Rechtssätze zu Grunde liegen (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1676)

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