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Landgericht Berlin Urteil vom 26.07.2005 - 16 O 132/05 - Zum Gebot der eindeutigen Erkennbarkeit von Werbelinks

LG Berlin v. 26.07.2005: Zum Gebot der eindeutigen Erkennbarkeit von Werbelinks


Das Landgericht Berlin (Urteil vom 26.07.2005 - 16 O 132/05) hat entschieden:

   Getarnte Werbung ist gemäß § 4 Nr. 3 UWG verboten. Gemäß § 7 Nr. 1 TDG müssen Diensteanbieter darauf achten, dass kommerzielle Kommunikation, also Werbung, klar als solche zu erkennen ist. Ein Verstoß gegen § 7 Nr. 1 TDG bedeutet einen sog. Vorsprung durch Rechtsbruch und stellt daher zugleich einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG dar. Wegen der Gewöhnung des Nutzers an Werbung sollten im Internet etwas großzügigere Maßstäbe gelten. Ein Hyperlink, der aus einem redaktionellen Zusammenhang auf eine Werbeseite führt, muss so gestaltet sein, dass dem Nutzer irgendwie erkennbar wird, dass auf eine Werbeseite verwiesen wird, fehlt es daran, liegt ein Verstoß gegen den Trennungsgrundsatz vor.




Siehe auch
Redaktionelle Schleichwerbung
und
Stichwörter zum Thema Werbung


Tatbestand:


Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer Darstellung auf der Internetseite "..." in Anspruch.

Der Kläger ist der bundesweit tätige Dachverband aller Verbraucherzentralen. Die Beklagte betreibt als Gemeinschaftsunternehmen der ... AG und der ... AG den Onlinedienst "....de".

Im Rahmen einer entgeltlichen, groß angelegten multimedialen Verkaufsförderaktion mit Produktpartnern präsentierte die Beklagte am 17. Januar 2005 die Eingangsseite gemäß Anlage Antrag 1, auf die hier verwiesen wird. Der dort enthaltene Hinweistext, der mit der Kopfzeile "Flitzer für nur 11.900 Euro" überschrieben ist und weiter lautet: "Volks-...: Und der Asphalt wird glühen!" ist mit einem Link versehen, der auf die als Anlage Antrag 2 vorgelegte Seite, auf die hier ebenfalls verwiesen wird, führt. Das dortige Angebot wird ausdrücklich mit dem Wort "Anzeige" gekennzeichnet.

Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 25. Januar 2005 erfolglos ab.




Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünde ein Unterlassungsanspruch aus § 8 UWG i.V.m. § 3 UWG, § 4 Nr. 3 UWG sowie § 3 i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 7 TDG zu. Der Hinweis differenziere nicht nach redaktionellem und werblichem Hinweis. Die Gestaltung sei geeignet, den werblichen Hintergrund des Hinweises zu verschleiern. Das Verschleiern des Werbecharakters verstoße nicht nur gegen § 4 Nr. 3 UWG, sondern auch gegen § 7 Nr. 1 TDG, weil nicht klar erkennbar gemacht werde, dass es sich um eine "kommerzielle Kommunikation" handle. Es sei nicht ausreichend, wenn der Nutzer nach Betätigung des Links erfahre, dass es sich um Werbung handle. Der Nutzer müsse schon vor der Aufnahme einer solchen Kommunikation informiert werden.

Der Kläger beantragt,

   die Beklagte zu verurteilen es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Vorstand der Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf der Startseite des Teledienstes mit der Adresse www.....de Angaben zu einem Fahrzeug zu machen, wie in der als Anlage Antrag 1 beigefügten Kopie eines Bildschirmausdrucks wiedergegeben, wenn der Nutzer beim Betätigen des zugeordneten Textfeldes zu einer Werbeanzeige wie in der als Anlage Antrag 2 abgebildeten Kopie wiedergegeben, geführt wird.

Die Beklagte beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, habe die Verkaufsförderaktion "Volks-Aktion" schon im Jahre 2002 ins Leben gerufen. Die angebotenen Produkte zeichneten sich durch ein besonders attraktives Preis-Leistungsverhältnis bzw. spezielle Angebotskonfigurationen aus. Die Aktionen würden flankierend auch in "..." und "..." und ggf. zusätzlich in Funk- und Fernsehspots beworben. In diesem Fall seien am 15. und 29. Januar 2005 in der "..."-Zeitung flankierende Anzeigen geschaltet worden.

Die Beklagte ist der Auffassung, das Ziel des sog. Trennungsgebotes sei die Verhinderung der Irreführung des Verbrauchers. Es müsse jeweils auf die Erwartungen des Verbrauchers in dem spezifischen Medium abgestellt werden. Der Internetnutzer erwarte Werbung, weil dies die Gegenleistung für die kostenfrei zur Verfügung stehenden Inhalte sei. Praktisch kein Onlinedienst sei werbefrei. Es reiche daher aus, wenn Werbung im Internet lediglich durch gut wahrnehmbare Anhaltspunkte kenntlich gemacht werden, die hier in der Verwendung des Präfixes "Volks-" zu sehen seien, da die Beklagte schon seit drei Jahren in gleicher Weise werbe. Die Werbung der Beklagten unterscheide sich nicht von der Werbung vieler anderer Mediendienste, wie etwa "...", "...de" und "....de". Jedenfalls sei ein etwaiger Irrtum des Verbrauchers nicht geeignet, den Wettbewerb mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

A.

Die zulässige Klage ist begründet.

Der gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG antragsbefugte Kläger hat gegen die Beklagte nach § 8 Abs. 1 UWG einen Unterlassungsanspruch.

Die Beklagte verstößt mit ihrem Verhalten gegen §§ 3, 4 Nr. 3 UWG und §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 7 TDG.

Getarnte Werbung ist gemäß § 4 Nr. 3 UWG verboten. Gemäß § 7 Nr. 1 TDG müssen Diensteanbieter, zu denen die Beklagte zu rechnen ist, darauf achten, dass kommerzielle Kommunikation, also Werbung, klar als solche zu erkennen ist. Ein Verstoß gegen § 7 Nr. 1 TDG bedeutet einen sog. Vorsprung durch Rechtsbruch und stellt daher zugleich einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG dar. Hintergrund des sog. Trennungsgrundsatzes ist, dass der Verbraucher Informationen eines am Wettbewerb selbst nicht unmittelbar beteiligten Dritten regelmäßig größere Bedeutung und Beachtung beimisst als entsprechenden, ohne weiteres als Werbung erkennbaren Angaben des Werbenden selbst (BGH, Urteil vom 6. Juli 1995, I ZR 58/93, zit. nach Juris). Das Maß der Beachtung und Bedeutung, die der Verkehr der Angabe eines Dritten beimisst, erfordert eine unterschiedliche Gewichtung je nach Art des Mediums (BGH a.a.O.). Wegen der Gewöhnung des Nutzers an Werbung sollten im Internet etwas großzügigere Maßstäbe gelten (Nordemann, Wettbewerbsrecht Markenrecht, 10. Auflage, Rn. 406). Ein Hyperlink, der aus einem redaktionellen Zusammenhang auf eine Werbeseite führt, muss so gestaltet sein, dass dem Nutzer irgendwie erkennbar wird, dass auf eine Werbeseite verwiesen wird, fehlt es daran, liegt ein Verstoß gegen den Trennungsgrundsatz vor (Boehme-Neßler, internetrecht.com, S. 218).

Hier ist der Hyperlink, der auf die Werbeseite führt, genau so gestaltet, wie die Hinweise, die zu redaktionell gestalteten Seiten führen. Das Erscheinungsbild und die Platzierung sind identisch. Es kann daher selbst bei einer großzügigen Betrachtung nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Nutzer ein klar erkennbarer Hinweis auf den werbenden Inhalt der Seite erteilt wird, auf die er weiterleitet wird.

Das von der Beklagten – nach ihrer Behauptung – seit drei Jahren genutzte Präfix "Volks-" für die Werbeaktion ist nicht geeignet, die Irreführungsgefahr auszuräumen. Denn selbst wenn dem regelmäßigen ...zeitungsleser die Verkaufsaktion der Beklagten bekannt sein sollte und er die Verwendung des Präfixes "Volks-" damit verbinden würde, schlösse dies die Gefahr einer Irreführung bei dem angesprochenen Verbraucherkreis nicht aus. Denn dieser ist nicht deckungsgleich mit dem Kreis der regelmäßigen ...zeitungsleser. Insbesondere wegen des frei verfügbaren Angebotes im Internet ist davon auszugehen, dass der Kreis der Nutzer des Online-Dienstes der Beklagten über diesen Leserkreis hinausgeht. Es ist daher anzunehmen, dass zu den Nutzern auch solche Verbraucher zählen, die das verwendete Präfix nicht in der von der Beklagten beabsichtigten Weise verstehen.

Aus demselben Grund wird der werbliche Charakter auch nicht ausreichend durch "flankierende" Anzeigen in Printmedien verdeutlicht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die angesprochenen Verbraucherkreise die Werbung zur Kenntnis genommen haben oder damit in Verbindung bringen.



Der Anzeigen-Hinweis auf der zweiten Seite, auf die man nach Betätigung des Links gelangt, "entschleiert" hier den Werbecharakter nicht in ausreichendem Maße. Es kann offen bleiben, ob der Anzeigenhinweis nach Betätigung des ersten Links niemals ausreicht, um den Werbecharakter einer Wettbewerbshandlung zu verdeutlichen. Hier genügt er nach Ansicht der Kammer jedenfalls nicht, weil der Link von der ersten Seite aus so gestaltet ist, dass man erwarten darf, zu einem redaktionellen Beitrag zu gelangen. Der Link lässt weder nach graphischer Darstellung noch nach Positionierung oder Art der Formulierung erkennen, dass auf eine Werbeanzeige verwiesen wird. Die Formulierung ist zwar reißerisch, hält sich aber im Rahmen des in der ...-Zeitung üblichen Stils und genügt daher nicht als andeutender Hinweis auf den werbenden Charakter des Links. Da das Internet wegen seines dreidimensionalen Aufbaus den Nutzer daran gewöhnt hat, dass er erst nach Betätigung teilweise mehrerer Links zu den gesuchten Informationen vordringt, erzielt ein Hinweis auf den Werbecharakter je später er erfolgt eine umso geringere Aufmerksamkeit. Die Aufmerksamkeit wird nämlich von der Erwartungshaltung des Nutzers beeinflusst, die er bei der Betätigung des ersten Links einnimmt. Auch wenn der typische Internetnutzer generell damit rechnet, mit Werbung konfrontiert zu werden, so wird er, wenn er einen Link verwendet, der darauf hindeutet, zu redaktionellen Informationen zu gelangen, Werbung dennoch nicht erwarten. Die Gefahr, den zweiten Link zu benutzen, ohne den Hinweis auf den werblichen Charakter zu erkennen, ist daher groß.

Die Beeinträchtigung ist nach Ansicht der Kammer nicht nur unerheblich i.S.d. § 3 UWG. Diese Annahme wird bereits dadurch ausgeschlossen, dass die Werbung einen sehr großen Verbraucherkreis erreicht, der schon als ein erheblicher Teil der Allgemeinheit angesehen werden kann. Das Medium Internet mag große Freiheit bei der Art der Gestaltung eines Hinweises auf den Werbecharakter einer Anzeige gewähren. Insofern sind die Anforderungen möglicherweise geringer als in anderen Medien. Wird das Ziel der Kenntlichmachung aber – wie hier – klar verfehlt, handelt es sich in der Regel um eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung i.S.d. § 3 ZPO. Andernfalls würde insbesondere § 7 Nr. 1 TDG seines Sinns entleert.

Die Klage ist daher begründet.


B. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 ZPO und §§ 708, 709 ZPO.

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