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OLG Hamburg Urteil vom 12.10.1989 - 3 U 75/89 - Urheberrrechtsschutz eines japanischen Computerspiels

OLG Hamburg v. 12.10.1989: Zum Urheberrrechtsschutz eines japanischen Computerspiels unabhängig von seiner Schöpfungshöhe


Das OLG Hamburg (Urteil vom 12.10.1989 - 3 U 75/89) hat entschieden:

   Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Computerspiel die Voraussetzung der geistigen Schöpfungshöhe des § 2 UrhG erfüllt. Jedenfalls sind die Voraussetzungen des § 95 UrhG gegeben. Für Bildschirmspiele (Videospiele, Computerspiele) kommt grundsätzlich ein Filmwerkschutz gemäss § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG in Betracht, mit der Folge, dass der Filmhersteller gegebenenfalls das Schutzrecht des § 94 UrhG erwirbt. Entsprechendes gilt gemäss § 95 UrhG, wenn sich auf dem Datenträger lediglich Laufbilder befinden.




Siehe auch
Games / Spielekonsolen
und
Urheberschutz


Gründe:


1. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 97 Abs. 1, 95, 94 UrhG zu. Sie verlangt zu Recht, dass die Antragsgegnerin es unterlässt, das Computer-Spiel "Super Mario III" anzubieten und/oder zu vertreiben, solange sie für dieses Spiel für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland noch keine Vertriebslizenz erteilt hat.

Die Antragsgegnerin verletzt das der Antragstellerin gemäss §§ 95, 94 UrhG zustehende ausschließliche Recht, das genannte Spiel im Inland zu verbreiten, wenn sie sich, was zu befürchten war, so verhält, wie es die Antragstellerin beanstandet hat.

a) Für die japanische Antragstellerin gilt gemäss Art. 4 lit. a der Revidierten Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und der Kunst (Fassung Paris) der Grundsatz der Inländerbehandlung. "Urheber von Filmwerken" im Sinne dieser Bestimmung sind allgemein auch Filmhersteller.

Dem steht nicht entgegen, dass das deutsche Recht auch bei Filmwerken zwischen dem Urheberrecht an der geistigen Schöpfung und dem verwandten Schutzrecht des Filmherstellers an den Bild- und Tonträgern unterscheidet (vgl. dazu Ulmer, GRUR Int. 1972, 68, 70). Unerheblich ist ferner, dass § 95 UrhG für solche Filme gilt, denen es an einer schöpferischen Leistung fehlt, und bei denen es sich demgemäss im Sinne der Terminologie des deutschen Rechts nicht um Filmwerke, sondern "nur" um Laufbilder handelt, die im Hinblick auf § 94 UrhG lediglich Filmwerken gleichgestellt werden.

b) Wie die Antragstellerin genügend glaubhaft gemacht hat, ist sie Filmherstellerin.

c) Es kann offen bleiben, ob das noch umstritten gewesene Spiel die Voraussetzungen des § 2 UrhG erfüllt. Jedenfalls sind die Voraussetzungen des § 95 UrhG gegeben. Wie der Senat bereits in seinem Urt. v. 31.3.1983 (GRUR 1983, 436 Puckmann) entschieden hat, kommt für Bildschirmspiele (Videospiele, Computerspiele) grundsätzlich ein Filmwerkschutz gemäss § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG in Betracht, mit der Folge, dass der Filmhersteller gegebenenfalls das Schutzrecht des § 94 UrhG erwirbt. Daran hält der Senat fest. Entsprechendes gilt gemäss § 95 UrhG, wenn sich auf dem Träger lediglich Laufbilder befinden (vgl. dazu Schrikker/Katzenberger, Urheberrecht, vor §§ 88 ff. UrhG, Rdn. 44; § 95 UrhG, Rdn. 7 und 12; Schrikker / Loewenheim, § 2 UrhG, Rdn. 117; Fromm/Nordemann/Vinck, Urheberrecht, 7. Aufl., § 2 UrhG, Rdn. 78; Fromm/Nordemann/Hertin, vor § 88 UrhG, Rdn. 1, und § 95 UrhG, Rdn. 1).

Anders als im Rahmen des § 2 UrhG kommt es für § 95 UrhG nicht auf eine bestimmte Gestaltungshöhe an (vgl. Schricker/Katzenberger, § 95 UrhG, Rdn. 8).

d) Das inländische Verbreitungsrecht der Antragstellerin ist nicht dadurch erschöpft worden, dass sie die "Super Mario III"-Module, die die Antragsgegnerin angeboten und vertrieben hat, selbst in Japan auf den Markt gebracht hat. Die Antragstellerin hat für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland bisher keine Lizenz zum Vertrieb von "Super Mario III" erteilt. Wie sie glaubhaft gemacht hat, vergibt sie die Verbreitungsrechte für das Inland getrennt (vgl. dazu Schricker/Loewenheim, § 17 UrhG, Rdn. 24, 26). Eine stillschweigende Zustimmung zur Verbreitung des Spiels "Super Mario III" auch im Inland scheidet aus (vgl. zu dieser Möglichkeit BGH GRUR 1985, 924, 925 Schallplattenimport II). Das folgt bereits aus den technischen Vorkehrungen, die die Antragstellerin zum Schutz ihres Vertriebssystems getroffen hat, um ein solches Verbreiten zu verhindern. Sie stellt verschiedene Abspielgeräte her, nämlich FCS-Konsolen für den Gebrauch in Japan und NES-Konsolen für den Gebrauch außerhalb Japans. Die Spiel-Module haben abweichende Formen. Spiel-Module für FCS-Konsolen können dem gemäss ohne einen Adapter, wie ihn die Antragsgegnerin angeboten und vertrieben hat, nicht auf NES-Konsolen benutzt werden. Soweit sich der Antrag zu 1) auf Module bezog, die die Antragstellerin nicht in Japan, sondern - zukünftig - insbesondere in den USA auf den Markt bringt, gilt nichts anderes. Sie hat in das NES-Abspielgerät einen Sicherheitschip integriert, der mit dem in dem Spiel-Modul korrespondieren muss. Die in den USA vertriebenen Spiel-Module können daher nicht auf einem NES-Abspielgerät benutzt werden, das in Europa verkauft worden ist.

Gesichtspunkte aus Art. 30, 36 EWGV spielen hier keine Rolle. Der Antrag war dahin zu verstehen, dass er nicht etwa auch den Fall erfasste, dass die Antragstellerin bereits für einen Teil des EG-Bereiches eine Vertriebslizenz erteilt und Spiel-Module aus diesem Bereich dann nach Deutschland gelangen.




e) Es bestand Wiederholungsgefahr. Diese ist erst durch die nunmehr abgegebene strafbewehrte Verpflichtungserklärung entfallen.

Die Antragsgegnerin hat das umstrittene Spiel angeboten und vertrieben. Sie hat zwar mit Anwaltsschreiben vom 27.12.1988 eine Verpflichtungserklärung abgegeben, die die Antragstellerin angenommen hat. Diese Verpflichtungserklärung genügte jedoch nicht zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr, weil sie eine unberechtigte Einschränkung enthält. Im übrigen hatte die Antragsgegnerin dadurch erneut Wiederholungsgefahr begründet, dass sie das Spiel noch im Januar 1989 ausgeliefert hat, wie die Antragstellerin durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung von Frau C. glaubhaft gemacht hat.

Die Voraussetzungen der §§ 97 Abs. 1, 95, 94 UrhG sind demnach gegeben.

2. Der Antrag zu 2) war ebenfalls begründet. Die Antragstellerin verlangte zu Recht, dass die Antragsgegnerin es unterlässt, den beanstandeten Adapter anzubieten und/oder zu vertreiben, mit dessen Hilfe Module für Computerspiele in die Export-Version des Nintendo-Abspielgerätes eingeführt werden können, die für die japanische Version des Nintendo-Abspielgerätes bestimmt sind.

Die Wiederholungsgefahr ist nicht bereits durch die am 27.12.1988 abgegebene Verpflichtungserklärung ausgeräumt worden. Diese bezieht sich nicht auf den Adapter, sondern auf den im Adapter enthaltenen Sicherheitschip.

a) Die Voraussetzungen des § 1 UWG sind nicht gegeben.

Der Adapter lässt sich auch für Spiele benutzen, bei denen die Antragstellerin bereits eine Vertriebslizenz für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland erteilt hat, nicht nur für solche, bei denen das noch nicht zutrifft. Da die Antragstellerin sich, wie der Antrag zu 1) zeigt, anscheinend nicht gegen den Vertrieb für Japan bestimmter Module wenden will, falls eine inländische Vertriebslizenz vorliegt, dürfte es insoweit an einer Unlauterkeit fehlen.

Die Entfernung des Warenzeichens "Nintendo" auf dem Sicherheitschip, der sich in dem Adapter befindet, vermag keine Rechtswidrigkeit zu begründen (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl, Warenzeichenrecht, 12. Aufl., § 15 WZG, Rdn. 21).



b) Dagegen verstößt das zu 2) beanstandete Verhalten gegen § 3 UWG.

Wie die Antragstellerin glaubhaft gemacht hat, kommt es bei der Benutzung des Adapters zu visuellen und akustischen Beeinträchtigungen. Auch darum ging es nach dem Antrag zu 2), der sich gegen das Anbieten und den Vertrieb des Adapters ohne eine entsprechende Aufklärung wendete, wie sie die Antragsgegnerin nunmehr gemäss der von ihr abgegebenen Verpflichtungserklärung vornehmen will.

Bei der Festsetzung des Streitwerts hat der Senat folgende Umstände berücksichtigt: Da sich der ursprüngliche Antrag zu 3) allgemein gegen Nintendo-Computer-Spiele richtete, kam den Anträgen zu 1) und 2), die als Einheit zu betrachten sind, nur eine wirtschaftlich untergeordnete Bedeutung zu. Nachdem die Antragstellerin den zuerst genannten Antrag auf bestimmte Computer-Spiele und schließlich im Berufungsverfahren auf das Spiel "Super Mario III" beschränkt hatte, kam dem Antrag, mit dem sie sich gegen den Adapter wendete, eine erhöhte wirtschaftliche Bedeutung zu, weil ein Verbot des Adapters das Abspielen sämtlicher japanischer Spiele betroffen hätte. Andererseits führte die Beschränkung dazu, dass die juristische Zugriffsmöglichkeit auf andere Spiele nicht mehr in Betracht kam.

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