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OLG Düsseldorf Urteil vom 05.12.1991 - 6 U 5/91 - Vermietung von Ferienobjekten und Anwendung deutschen Rechts

OLG Düsseldorf v. 05.12.1991: Vermietung von Ferienobjekten und Anwendung deutschen Rechts


Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 05.12.1991 - 6 U 5/91) hat entschieden:

   Zur Wirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Rahmen eines „Vermittlungsvertrages“ über die Vermietung von Ferienobjekten.




Siehe auch
Ferienimmobilien
und
Rechtswahl - Internationales Privatrecht - Kollisionsrecht


Tatbestand:


Der Kläger ist eine Gründung der Verbraucherzentrale der Länder und der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände. Zu seinen satzungsgemäßen Aufgaben gehört es, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen.

Die Beklagte befasst sich gewerbsmäßig mit der Vermittlung von Ferienhäusern und Ferienwohnungen in Frankreich, Korsika, Spanien und Italien. Im Zusammenhang hiermit gibt sie jährlich einen Prospekt heraus.

Im Prospekt für das Jahr 1989 heißt es auf der Rückseite des Katalogs auszugsweise wie folgt:

   "VERTRAGSBEDINGUNGEN

Bitte beachten Sie die folgenden, verkürzten Vertragsbedingungen, die das Vertragsverhältnis zwischen Ihnen und uns regeln und die Sie mit Ihrer Buchung anerkennen. (Die vollständigen Bedingungen entnehmen Sie bitte unserem Vermittlungsvertrag):

...

Die Tätigkeit von ... (Beklagte) ist also beschränkt auf die Herausgabe des Ferienhauskataloges sowie auf die ordnungsgemäße Vermittlung von Ferienhäusern und -wohnungen, welche von den jeweiligen Eigentümern per Vermittlungsauftrag der ... (Beklagten) zur Verfügung gestellt werden. Die ... (Beklagte) haftet daher nicht für die Erfüllung der Verpflichtungen der Eigentümer (letzter Satz = beanstandete Klausel 1).

...

Im übrigen ist die Haftung auf den gezahlten Mietpreis beschränkt (beanstandete Klausel 2).

Verpflichtungen des Mieters

(1) Der Mieter haftet für die Dauer der Vermietung für eventuelle Schäden am Ferienobjekt, wenn diese durch ihn verursacht wurden (beanstandete Klausel 3).

...

I. Umbuchung

...

Umbuchungen innerhalb von 40 Tagen vor Reiseantritt werden als Rücktritt, verbunden mit einer Neuanmeldung, gewertet. Es gelten die allgemeinen Stornobedingungen (beanstandete Klausel 4).

...

V. Mängel

...

Wenn keine Abhilfe durch unseren Mitarbeiter bzw. den Eigentümer erfolgt, so ist unverzüglich, das heißt innerhalb 48 Stunden nach Auftreten der Mängel, die ... (Beklagte) in D zu benachrichtigen ..., damit wir Abhilfe schaffen können (beanstandete Klausel 5).

VI. Leistungen

... Nebenabreden, Änderungen und sonstige Zusicherungen, gleich welcher Art, auch von unseren Buchungsstellen, werden nur dann Vertragsbestandteil, wenn sie von uns selbst schriftlich bestätigt sind (beanstandete Klausel 6).

...

Angaben, die nicht direkt das Mietobjekt betreffen, erfolgen, obwohl sorgfältig recherchiert, ohne Gewähr, da sie oft auf Angaben Dritter beruhen (beanstandete Klausel 7)."

Auf den inneren Umschlagseiten des Katalogs der Beklagten sind weiter sog. "Wichtige Informationen" abgedruckt. Dort heißt es auszugsweise wie folgt:

   "...

24) Bezahlung

Innerhalb von sechs Tagen nach Buchungsdatum ist eine Anzahlung in Höhe von minimal 20 % des Mietpreises zu leisten (beanstandete Klausel 8). Die Restzahlung ist unaufgefordert spätestens vier Wochen vor Reiseantritt zu leisten (beanstandete Klausel 9)."

Wegen der weiteren Einzelheiten der beiden Prospektseiten wird auf die Anlagen W 1 und W 2 zur Klage (Bl. 26, 27 GA) verwiesen.

Der Kläger hat in der Verwendung der vorstehend zitierten Klauseln 1 bis 9 einen Verstoß gegen § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und 2 sowie gegen § 11 Nr. 5, 7, 10 a und 11 AGB-Gesetz erblickt, weil die Beklagte zwar in ihrem Katalog wie ein Veranstalter von Pauschalreisen auftrete, jedoch ihre Haftung mit der Begründung einschränke, dass sie lediglich Vermittler von Ferienhäusern und Ferienwohnungen sei.

Er hat beantragt,

   die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die vorstehend zitierten Klauseln 1 bis 9 in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Abschluss von Verträgen über die Anmietung von Ferienobjekten (Ferienhäuser und Ferienwohnungen) – auch wenn sie als "Vermittlungsvertrag" bezeichnet werden – zu verwenden und sich bei der Abwicklung bereits geschlossener Verträge auf solche Klauseln zu berufen, ausgenommen bei Verträgen mit einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes, mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder mit einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen.

Die Beklagte hat beantragt,

   die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht:

Die internationale Zuständigkeit des Gerichts sei nicht gegeben. Hiervon unabhängig seien die angegriffenen Klauseln inhaltlich zulässig. Nach dem Gesamtinhalt des Prospektes könne für den interessierten Kunden kein Zweifel daran bestehen, dass sie nicht als Reiseveranstalter auftrete. Sie erbringe nämlich keine Gesamtheit von Reiseleistungen, sondern vermittele nur eine einzige Leistung, und zwar den Abschluss von Mietverträgen über im Ausland gelegene Ferienwohnungen und Ferienhäuser. Der überwiegende Teil der beanstandeten Klauseln werde zudem im Katalog 1990 in bereits abgeänderter Form verwendet. Schließlich erhebe sie die Einrede der Verjährung, da große Teile der beanstandeten Geschäftsbedingungen bereits in ihrem Prospekt des Jahres 1986 zur Verwendung gelangt seien.

Durch das angefochtene Urteil, auf das verwiesen wird, hat das Landgericht der Klage antragsgemäß stattgegeben. Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie greift das landgerichtliche Urteil in rechtlicher Hinsicht an und macht ergänzend geltend:

Entgegen der Annahme des Landgerichts finde das Reisevertragsrecht auf ihre Tätigkeit keine analoge Anwendung. Suche sich ein Kunde ein in ihrem Prospekt unter Preisangabe näher beschriebenes Ferienhaus aus, erhalte er von ihr eine Buchungsbestätigung, mit der das Mietobjekt, die Mietzeit und der Mietpreis angegeben werde. Zugleich werde dem Mieter ein formularmäßiger Mietvertrag, den sie bereits namens und mit Vollmacht des Eigentümers des betreffenden Ferienhauses unterschrieben habe, mit der Bitte um Unterzeichnung und Rücksendung übersandt. Der Mietvertrag enthalte folgende Präambel:

   "Wir machen hiermit ausdrücklich darauf aufmerksam, dass wir weder Reiseveranstalter i.S.d. § 651 a ff. BGB noch Vermieter, sondern lediglich Vermittler eines Mietvertrages zwischen Ihnen und dem Eigentümer der Ferienwohnung sind. Die Ferienwohnung wird ausschließlich vom Eigentümer (= Vermieter) in eigener Regie zur Verfügung gestellt. Die in dem Prospekt ... enthaltenen Angaben und Beschreibungen sind die des jeweiligen Eigentümers des Ferienhauses/der Ferienwohnung. Sie dienen dazu, die zu mietende Ferienunterkunft zu konkretisieren. Wir haften daher nicht für die Erfüllung der dem Eigentümer in Abschnitt B des Mietvertrages auferlegten Verpflichtungen. Im übrigen ist unsere eventuelle Haftung auf den von Ihnen gezahlten Buchungspreis begrenzt."

Auch hieraus folge, dass sie tatsächlich nur vermittele. Diese Vermittlungstätigkeit und die Prospektherausgabe basiere dabei auf Vermittlungsverträgen, die sie mit den ausländischen Ferienhauseigentümern schließe. Weiter sei zu berücksichtigen, dass gemäß Ziffer III der Vertragsbedingungen im Mietpreis eine Reise-Rücktrittskosten-Versicherung der Europäischen Reiseversicherungs AG enthalten sei.




Der Kläger bittet um Zurückweisung der Berufung.

Zur Begründung wiederholt er sein erstinstanzliches Vorbringen und macht ergänzende Ausführungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zur internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte, der Klagebefugnis des Klägers (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz) sowie zur analogen Anwendung der Vorschriften des Reisevertragsrechts auf die Tätigkeit der Beklagten verweist der Senat auf die Ausführungen im ebenfalls am heutigen Tage verkündeten Urteil in der Parallelsache der Parteien (Az. 6 U 4/91).




Im einzelnen ergibt sich danach für die angegriffenen Klauseln folgendes:

1. Die Klausel 1 verstößt gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (§ 9 Abs. 1 AGB-Gesetz i.V.m. § 242 BGB), weil sich die Beklagte hiermit auf die Vermittlerposition zurückzieht, sie sich aber aus den genannten Gründen entgegen der Ansicht der Berufung wie eine Reiseveranstalterin behandeln lassen muss.

2. Die Klausel 2 ist als generelle Beschränkung der Haftung auf einen Höchstbetrag gemäß § 11 Nr. 7 AGB-Gesetz unwirksam. Dass die Kataloge für 1989 nach der Behauptung der Beklagten zwischenzeitlich eingestampft sind und die Klausel von ihr nicht mehr verwendet wird, beseitigt die Wiederholungsgefahr nicht. Insoweit wird auf die Ausführungen in der Parallelsache 6 U 4/91 verwiesen.

3. Die Klausel 3 verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz, weil sie dem Kunden eine verschuldensunabhängige Haftung auferlegt. Insoweit ist im Verbandsprozess von der kundenfeindlichsten Auslegung auszugehen und deswegen unerheblich, wie die vollständige Regelung der Klausel nach dem Mietvertrag lautet. Auf die Ausführungen im Parallelvotum 6 U 4/91 wird verwiesen.

4. In der Klausel 4 hat das Landgericht zutreffend (§ 543 Abs. 1 ZPO) einen Verstoß gegen § 10 Nr. 5 AGB-Gesetz gesehen. Die in der Klausel enthaltene unzulässige Erklärungsfiktion ist dabei auch nicht deswegen sachgerecht, weil die Beklagte selbst in einem derartigen Fall 50 % des Mietpreises an den Hauseigentümer zahlen muss. Hierbei handelt es sich nämlich um einen Umstand, der bei der Bemessung der angemessenen Pauschale gemäß § 651 i Abs. 2 BGB nicht zu berücksichtigen ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Parallelsache 6 U 4/91 wird verwiesen.

5. Die Klausel 5 verstößt aus den ebenfalls vom Landgericht zutreffend genannten Gründen, die sich der Senat zu eigen macht (§ 543 Abs. 1 ZPO), gegen § 9 AGB-Gesetz. Da sich die Beklagte als Reiseveranstalterin behandeln lassen muss, kann sie nicht damit gehört werden, dass sie ihren vertraglichen Verpflichtungen als Reisevermittler nur nachkommen könne, wenn sie von Mängeln, denen nicht abgeholfen werde, unverzüglich unterrichtet werde.

6. Die Klausel 6 benachteiligt den Kunden unangemessen im Sinne des § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz, weil sie auch mündliche Vereinbarungen erfasst, die nach Vertragsschluss mit Personen getroffen werden, die für die Beklagte rechtswirksam handeln können. Auch insoweit ist für die Beurteilung der Wirksamkeit der Klausel von der kundenfeindlichsten Auslegung auszugehen.

7. In der Klausel 7 hat das Landgericht ebenfalls zutreffend einen Verstoß gegen § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz gesehen. Mit Recht hat das Landgericht dabei auch angenommen, dass die Klausel auch Prospektangaben über die Größe der Grundstücke sowie die Entfernungsangaben erfasst, weil eine solche Auslegung nach dem Wortlaut der Klausel jedenfalls möglich ist.

Die Klausel ist darüber hinaus auch unwirksam gemäß § 11 Nr. 7 AGB-Gesetz, da der Haftungsausschluss auch Schäden erfasst, die auf einer grob fahrlässigen Vertragsverletzung der Beklagten beruhen.



8. In der Klausel 8 hat das Landgericht mit zutreffender Begründung (§ 543 Abs. 1 ZPO) einen Verstoß gegen § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz gesehen, weil bei einer Überschreitung der Anzahlungshöhe von mehr als 10 % des Reisepreises von einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden auszugehen ist (vgl. auch Senat, Urteil vom 15.03.1990 – 6 U 188/89). Zu Unrecht beruft sich die Beklagte demgegenüber zur Rechtfertigung einer Anzahlung von stets 20 % des Mietpreises darauf, dass der Kunde mit der Buchungsbestätigung sofort ein bereits wirksam unterzeichnetes Mietvertragsformular ausgehändigt erhalte, welches er nur noch unterschreiben müsse, um bereits sämtliche mietvertraglichen Ansprüche gegen den Hauseigentümer zu besitzen. Hierbei übersieht die Beklagte nämlich, dass für den Kunden im Falle ihrer Insolvenz die Gefahr besteht, dass sich der Hauseigentümer auf ein Leistungsverweigerungsrecht beruft und der Vertrag gerade nicht durchführbar wird, weil die Beklagte die Mietzahlung erst 48 Stunden nach Eintreffen des Reisenden an den Vermieter weiterleitet. Insoweit stellt auch der bloße Abschluss der Reiserücktrittskostenversicherung keine angemessene Gegenleistung für eine 20 %ige Anzahlung dar. Die Klausel ist schließlich auch als Vertragsbedingung einzustufen. Denn die Beklagte weist unter Ziffer 24 ausdrücklich darauf hin, dass "diese Fristen unbedingt einzuhalten" sind, was der Kunde nur dahin verstehen kann, dass die entsprechende Regelung für das Vertragsverhältnis der Parteien bindend sein soll.

9. In der Klausel 9 hat das Landgericht schließlich ebenfalls zutreffend einen Verstoß gegen § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz gesehen, weil die Klausel die Fälligkeit des gesamten Reisepreises vorsieht, ohne dass dem Kunden irgendwelche Sicherheiten gewährt werden. Aus den schon mehrfach erwähnten Gründen ist mit der Änderung der Klausel im Prospekt 1990 auch die Wiederholungsgefahr für die Verwendung der beanstandeten Klausel nicht entfallen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 108 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision zu, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO).

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