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Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 26.02.1997 - 6 C 3/96 - Zur Pflicht der Gerichte zur Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen

BVerwG v. 26.02.1997: Zur Pflicht der Gerichte zur Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen


Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 26.02.1997 - 6 C 3/96) hat entschieden:

  1.  Die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen ist eine öffentliche Aufgabe. Es handelt sich um eine verfassungsunmittelbare Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt und damit eines jeden Gerichts. Zu veröffentlichen sind alle Entscheidungen, an deren Veröffentlichung die Öffentlichkeit ein Interesse hat oder haben kann. Veröffentlichungswürdige Entscheidungen sind durch Anonymisierung bzw. Neutralisierung für die Herausgabe an die Öffentlichkeit vorzubereiten.

  2.  Die anschließende Veröffentlichung als solche muss nicht durch die Gerichte selbst geschehen, sondern kann durch Organisationsakt auch der privaten Initiative Interessierter einschließlich der beteiligten Richter überlassen werden.

  3.  Bei der Herausgabe von Gerichtsentscheidungen zu Zwecken der Veröffentlichung obliegt den Gerichten eine Neutralitätspflicht. Ihr entspricht ein Anspruch der Verleger von Fachzeitschriften wie auch von sonstigen Publikationsorganen auf Gleichbehandlung im publizistischen Wettbewerb.

  4.  Die Übersendung von Gerichtsentscheidungen an Dauerbezieher muss möglichst gleichzeitig erfolgen. Die Herausgabe an Private einschließlich der privat tätigen Richter darf nicht so organisiert werden, dass bestimmte Verlage einen Wettbewerbsvorsprung erlangen können.

  5.  Bei der Herausgabe darf nicht nach dem wissenschaftlichen Niveau der zu beliefernden Presseorgane unterschieden werden (Änderung der Rechtsprechung; vgl. Beschluss vom 1. Dezember 1992 - BVerwG 7 B 170.92 - Buchholz 11 Art. 3 GG Nr. 378).




Siehe auch
Die urheberrechtliche Gemeinfreiheit von Gerichtsentscheidungen und amtlichen Leitsätzen
und
Stichwörter zum Thema Urheberrecht und Urheberschutz


Tatbestand:


Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Überlassung von Gerichtsentscheidungen zu Zwecken der Veröffentlichung.

Die Klägerin ist ein Verlag, der einen Informationsdienst herausgibt. Darin erhalten Leser praxisnahe Hinweise zum Steuersparen. Seit 1986 bemühte sich die Klägerin bei der Gerichtsverwaltung des beklagten Niedersächsischen Finanzgerichts vergebens um den Erhalt derjenigen Entscheidungen des Gerichts, die der Beigeladenen zur Veröffentlichung in der von ihr herausgegebenen Fachzeitschrift "EFG" überlassen werden. Die zuletzt am 30. Januar 1992 geäußerte Bitte der Klägerin lehnte der Beklagte am 5. März 1992 mit folgender Begründung ab: Soweit Entscheidungen des Gerichts in "EFG" veröffentlicht würden, gehe dies auf Privatinitiativen der Richter zurück. Hierauf habe er keinen Einfluss. Die Gerichtsverwaltung selbst veröffentliche hingegen nicht.

Die Klägerin hat daraufhin Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben und später auch Widerspruch eingelegt, der nicht förmlich beschieden worden ist. Während sie anfänglich auch die Gleichbehandlung mit "DATEV" oder anderen juristischen Publikationsorganen verlangt hatte, denen Entscheidungen des Gerichts zugesandt würden, hat die Klägerin in mündlicher Verhandlung erster Instanz nur noch beantragt,

   den Beklagten zu verpflichten, ihr die Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts, die von diesem oder von Richtern des Gerichts ohne individuelle Anforderung zur Veröffentlichung in "Entscheidungen der Finanzgerichte" und in juris eingesandt werden, zeitgleich gegen Kostenerstattung zur Verfügung zu stellen.

Sie hat geltend gemacht, die nach ihrer Meinung gleichheitswidrige Versorgung von "EFG" mit Gerichtsentscheidungen aufgrund von Exklusivverträgen zwischen Richtern und der Beigeladenen schließe sie von der Belieferung faktisch aus. Sie habe Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Richtern, denen Entscheidungen ihres Gerichts zur privaten Publikation überlassen würden.

Der Beklagte ist dem wie folgt entgegengetreten: Die Praxis stelle sich so dar, dass Richter, die eine Entscheidung getroffen hätten, privat darüber befänden, ob sie veröffentlicht werden solle. Gegebenenfalls werde sie von ihnen neutralisiert, gekürzt sowie mit Leitsätzen und - entsprechend den Anleitungen der Beigeladenen - mit Zwischenüberschriften versehen und danach über einen Verbindungsmann im Gericht der Beigeladenen zugeleitet. Dieser Praxis liege aber kein Exklusivvertrag zugrunde. Verträge mit den Richtern würden vielmehr bei jeder einzelnen Übersendung zu den von der Beigeladenen vorgegebenen Bedingungen abgeschlossen. Der Gleichheitssatz werde dadurch nicht verletzt. Jeder andere Verlag könne genauso verfahren. Die Veröffentlichungstätigkeit von Richtern auf privatrechtlicher Grundlage sei auch gewohnheitsrechtlich anerkannt. Der Gerichtsverwaltung sei es aufgrund der presserechtlichen Neutralitätspflicht untersagt, in den Veröffentlichungswettbewerb nivellierend einzugreifen. Die Belieferung der Rechtsprechungsdatenbank juris über den Bundesfinanzhof erfolge außerdem nach Amtshilfegrundsätzen.

Auch die Beigeladene ist der Klage entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, für eine Befugnis der Instanzgerichte, Entscheidungen von Amts wegen zu veröffentlichen, fehle es an einer Rechtsgrundlage. Eine solche finde sich weder im Verfassungsrecht noch im einfachen Gesetzesrecht. Es gebe nicht einmal eine geschäftsordnungsmäßige Regelung. Ebensowenig gebe es eine Rechtsgrundlage, nach der die Richter verpflichtet werden könnten, die Absicht einer Veröffentlichung in "EFG" so rechtzeitig mitzuteilen, dass dem Beklagten eine zeitgleiche Übersendung an die Klägerin ermöglicht werde. Als Mitinhaber des Urheberrechts an der für "EFG" getroffenen Entscheidungsauswahl seien die Richter davor geschützt, diese Auswahl vorab einem Konkurrenten oder auch nur der Gerichtsverwaltung mitzuteilen.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 22. Juli 1993 insoweit stattgegeben, als es den Beklagten zu einer im Verhältnis zur Fachzeitschrift "EFG" zeitgleichen Übersendung von Entscheidungen verpflichtet hat; eine Verpflichtung zur Gleichbehandlung mit der juris GmbH hat es jedoch verneint und die Klage insoweit abgewiesen. Zur Begründung des angenommenen Anspruchs auf Gleichbehandlung hat es ausgeführt: Zwar gebe es etliche Anhaltspunkte dafür, dass mit der Beigeladenen Exklusivverträge abgeschlossen worden seien. Darauf deute z.B. das Entgelt hin, das selbst die juris GmbH für ihr überlassene Gerichtsentscheidungen an die Beigeladene entrichten müsse. Ob es sich wirklich um Exklusivverträge handele, könne aber letztlich offenbleiben. Denn der Klägerin würden unstreitig sämtliche Entscheidungen vorenthalten, die zur Veröffentlichung in "EFG" vorgesehen seien, und damit die wesentlichen und bedeutsamen Entscheidungen des Gerichts. Dass die Richter zu diesem gleichheitswidrigen Ergebnis beitrügen, müsse sich der Beklagte zurechnen lassen. Denn die Publikation von Gerichtsentscheidungen sei eine öffentliche Aufgabe, die der Gerichtsverwaltung obliege. Es bestehe auch kein sachlicher Grund, der eine Bevorzugung der Beigeladenen rechtfertigen könnte. Weder gehe es um den Zugang zu begrenzten Ressourcen, noch sei die Wissenschaftlichkeit ein geeignetes Kriterium für die Ungleichbehandlung der beiden Fachzeitschriften. Urheberrechte der Richter am Sammelwerk "EFG" stünden dem Verpflichtungsausspruch nicht entgegen. Sie stünden nur den Herausgebern zu.

Hiergegen haben der Beklagte und die Beigeladene Berufung eingelegt. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat sie durch Urteil vom 19. Dezember 1995 zurückgewiesen und die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe wie folgt ergänzt: Es gehe nur um die Übersendung unbearbeiteter (und anonymisierter) Gerichtsentscheidungen und amtlicher Leitsätze (S. 19, 25 BU). Der insoweit geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Gleichbehandlung im publizistischen Wettbewerb sei aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG begründet. Einen sachlich rechtfertigenden Grund zur Bevorzugung der Beigeladenen gebe es nicht. Der Anspruch sei auch nach einem Übergang zu amtlichen Veröffentlichungen wegen ihres geringen Anteils (1995: 33 von 68 Entscheidungen) nur unvollständig erfüllt worden. Er sei auch vollständig erfüllbar. Rechte Dritter stünden dem nicht entgegen. Insbesondere bestehe an der Auswahl der an "EFG" übersandten Entscheidungen kein Urheberrecht der Richter, obliege diesen vielmehr eine Amtspflicht, an der amtlichen Publizierung veröffentlichungswürdiger Entscheidungen durch die Gerichtsverwaltung mitzuwirken und dabei bestehende öffentlich-rechtliche Bindungen zu beachten. Die den Richtern gegenüber tatsächlich und rechtlich (§ 42 DRiG) durchsetzbare Mitwirkungspflicht umfasse die Anzeige veröffentlichungswürdiger Entscheidungen. Daran habe der Beklagte mit einer Verfügung vom 21. Oktober 1993 zu Recht angeknüpft. Die Anzeigepflicht gelte auch für Entscheidungen, die der Beigeladenen zu Zwecken der Veröffentlichung in "EFG" zugesandt würden. Denn es sei davon auszugehen, dass dies auch die wesentlichen und bedeutsamen und deshalb veröffentlichungswürdigen Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts seien. Im nachhinein lasse sich dies mit Sicherheit feststellen. Wenn aber Entscheidungen von Richtern des Gerichts veröffentlicht würden, seien "diese veröffentlichungswürdigen Entscheidungen auch von vornherein bestimmbar".

Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung und Abweichung von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Dezember 1992 - BVerwG 7 B 170.92 - zugelassene Revision der Beigeladenen, mit der diese beantragt,

   unter Aufhebung der Urteile des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 1995 und des Verwaltungsgerichts Hannover vom 22. Juli 1993 die Klage abzuweisen.

Sie rügt Verfahrensverstöße wie auch die Verletzung materiellen Rechts und führt aus: Die Richter des Finanzgerichts als notwendig Mitwirkende bei der Erfüllung des Anspruchs seien notwendig beizuladen gewesen. Zu Unrecht sei dies unterblieben. Im Zusammenhang mit der Frage der Veröffentlichungswürdigkeit der an "EFG" übersandten Entscheidungen habe das Berufungsgericht außerdem sowohl ihren Tatsachenvortrag als auch ihre Beweisangebote nur unvollständig berücksichtigt und bei der Würdigung des Sachverhalts auch noch gegen die Denkgesetze verstoßen. Unter entsprechendem Beweisantritt habe sie dargelegt, dass die Entscheidungen des Finanzgerichts, die in "EFG" veröffentlicht würden, nicht die wesentlichen und bedeutsamen seien. Einerseits werde ein großer Teil der wesentlichen Entscheidungen dieses Gerichts nicht veröffentlicht. Andererseits komme es immer wieder vor, dass die Redaktion, die letztlich über die Veröffentlichung entscheide, Entscheidungen, die ihr übersandt worden seien, als nicht veröffentlichungswürdig einstufe. In Ermangelung eines einheitlichen objektiven Maßstabes verstoße es gegen die Denkgesetze, wenn das Berufungsgericht davon ausgegangen sei, die Veröffentlichungswürdigkeit lasse sich im nachhinein mit Sicherheit feststellen, sie sei daher auch von vornherein bestimmbar.




In materiellrechtlicher Hinsicht fehle es an einer Rechtsgrundlage, die es den Instanzgerichten erlaube, über die Veröffentlichungswürdigkeit ihrer Entscheidungen zu befinden. Hingegen stehe den Richtern eine gewohnheitsrechtliche Befugnis zu privaten Veröffentlichungen zu. Sie könnten sich dafür sowohl auf die Informationsfreiheit als auch auf die Meinungsfreiheit berufen. In diesen grundrechtlich geschützten Freiheiten würden sie durch eine Verpflichtung zur vorherigen Anzeige zwangsläufig und ohne gesetzliche Grundlage eingeschränkt. Die fehlerhafte Begründung, Gerichtsentscheidungen stünden in der ausschließlichen Verfügungsgewalt der Gerichtsverwaltung, verstoße zugleich auch gegen § 5 UrhG. Außerdem seien private Veröffentlichungen nach dem Subsidiaritätsprinzip grundsätzlich als vorrangig anzusehen. Dritte, wie die Klägerin, hätten auch kein Recht, eine öffentlich-rechtliche Auswahl und die Verfahrensweise dafür durchzusetzen. Jedenfalls aber müsse das Verfahren der amtlichen Entscheidungsfindung über die Veröffentlichungswürdigkeit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abgrenzung amtlicher und nichtamtlicher Leitsätze entsprechen. Eine "amtliche" Veröffentlichungswürdigkeit könne es daher nur aufgrund einer Entscheidung des Spruchkörpers in seiner Gesamtheit geben. Schließlich verstoße die ausgesprochene Verpflichtung gegen den Gleichheitssatz, weil durch die Anknüpfung an Veröffentlichungen in "EFG" allein sie, die Beigeladene, von der Erschwernis einer vorherigen Anzeige betroffen sei. Das benachteilige sie gegenüber den Verlegern anderer Fachzeitschriften. Auch werde sie dadurch in ihren urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrechten an der von den Richtern für sie getroffenen Auswahl der in "EFG" zu veröffentlichenden Entscheidungen beeinträchtigt.

Der Beklagte pflichtet der Beigeladenen im wesentlichen bei.

Die Klägerin hält die Revision für unzulässig und verteidigt im übrigen das angefochtene Urteil. Sie beantragt,

   die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Beklagte die erstinstanzlich ausgesprochene Verpflichtung auch in der Weise erfüllen kann, dass er der Klägerin neben den dort genannten Entscheidungen auch alle anderen als veröffentlichungswürdig ausgewählten oder als solche anerkannten und mit einer neutralisierten Fassung versehenen Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts unbearbeitet und gleichzeitig mit der Übersendung an andere Presseorgane zusendet.

Die Beigeladene widerspricht diesem Antrag, weil sie in der darin enthaltenen Maßgabe eine Teilrücknahme sieht.


Entscheidungsgründe:

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage mit im wesentlichen zutreffenden Gründen stattgegeben.

1. Die Zulässigkeit der Revision (wie auch zuvor der Berufung) begegnet nicht etwa deshalb Bedenken, weil es der Beigeladenen an der für die Rechtsmitteleinlegung erforderlichen Beschwer fehlen würde. Die Beigeladene war nicht nur im Berufungsverfahren als Berufungsklägerin erfolglos, sondern sie konnte sich sowohl im Berufungsverfahren als auch bei Einlegung der Revision auf eine materielle Beschwer stützen. Ihr rechtliches Interesse am Ausgang des Verfahrens lässt sich nicht in Abrede stellen. Denn bei Revisionseinlegung war ihre Besorgnis nicht von vornherein von der Hand zu weisen, dass sie durch den Ausspruch des Verwaltungsgerichts und dessen Bestätigung durch das Berufungsgericht in ihren urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrechten an der Auswahl der in "EFG" zu veröffentlichenden Entscheidungen beeinträchtigt und sie überdies gegenüber anderen Verlegern von Fachzeitschriften künftig benachteiligt werden könnte. Die dem Revisionsantrag der Klägerin später hinzugefügte Maßgabe enthält zwar eine diese Besorgnisse ausräumende Klarstellung. Deren Wirksamkeit ist aber zwischen den Verfahrensbeteiligten umstritten. Auch kann sie auf die Zulässigkeit der Revision nicht nachträglichen Einfluss nehmen.

2. Die Revision ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Urteile beruhen nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht. Der Klägerin steht der mit ihrer Verpflichtungsklage geltend gemachte Anspruch unter Beachtung der Maßgabe zu, die sie ihrem Revisionsantrag klarstellend hinzugefügt hat.

a) Die Rüge der Beigeladenen, dass die Vorinstanzen es unterlassen hätten, die Richter beizuladen, die bei dem Beklagten beschäftigt sind und auch für die Beigeladene aufgrund privater Initiative tätig werden, ist nicht berechtigt. Ein Fall der notwendigen Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO, die gegebenenfalls im Revisionsverfahren nachzuholen wäre, liegt nicht vor. Denn wie unten zu d), aa) noch näher auszuführen sein wird, ist eine Erfüllung des Verpflichtungsausspruchs durchaus möglich, ohne dass gegenüber den Richtern dienstliche Mitwirkungspflichten begründet werden müssten, die über das bisher konkret geregelte Maß hinausgingen. Die Entscheidung greift auch nicht in eigene Rechte der Richter ein. Gegenstand dieses Verfahrens ist nicht, ob und inwieweit sie Zugang zu Entscheidungen des Gerichts zum Zwecke der Veröffentlichung aus eigener Initiative haben, sondern ob und inwieweit die an deren Veröffentlichung ebenfalls interessierte Revisionsbeklagte und Klägerin von dem Beklagten insoweit gleichzubehandeln ist.



b) Zutreffend sind die vorinstanzlichen Entscheidungen davon ausgegangen, dass allen Gerichten, somit auch den Instanzgerichten der Finanzgerichtsbarkeit, kraft Bundesverfassungsrechts die Aufgabe obliegt, die Entscheidungen ihrer Spruchkörper der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Insoweit handelt es sich bei der Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen um eine öffentliche Aufgabe. Sie erfasst alle Entscheidungen, an deren Veröffentlichung die Öffentlichkeit ein Interesse hat oder haben kann. Bei der Erfüllung dieses Verfassungsauftrages hat die Gerichtsverwaltung - wie jede Verwaltung - die öffentlich-rechtlichen Bindungen zu beachten, denen jegliches Verwaltungshandeln unterliegt. Dazu gehört hier insbesondere die Neutralitätspflicht des Staates gegenüber den Herausgebern von Presseerzeugnissen, die untereinander im publizistischen Wettbewerb stehen, einschließlich der Verpflichtung, diese strikt gleichzubehandeln (BVerfGE 80, 124, 133 f.).

aa) Mit der nahezu unumstrittenen Meinung in der Rechtsprechung (vgl. OLG München, Beschluss vom 16. August 1984 - 9 VA 4/83 - OLGZ 84, 477, 479; OVG Bremen, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 1 BA 32/88 - JZ 1989, 633, 635; OLG Celle, Beschluss vom 12. Juni 1990, NJW 1990, 2570 f.; selbst das OVG Berlin spricht von einer Informationspflicht, verneint allerdings einen Anspruch auf Belieferung mit Entscheidungsabdrucken) und in der Literatur (vgl. etwa Grundmann, DVBl 1966, 57, 61; Leistner, Über die Veröffentlichungspraxis oberster und höherer Gerichte in Westeuropa, 1975, 8; Kramer, ZRP 1976, 84, 85 f.; Odersky in: Festschrift für Pfeiffer, 1988, 325, 333 ff.; Hirte, NJW 1988, 1698, 1700; Hoffmann-Riem, JZ 1989, 637; Herberger, jur-pc 1993, 2325; Kissel, GVG, 2. Aufl. 1994, § 12 Rdnr. 71; Ullmann, Der amtliche Leitsatz, in: Festschrift zum 10-jährigen Bestehen der juris GmbH, 1996, 133, 141 f.; Berkemann, VerwArch 1996, 362, 374; Lodde, Informationsrechte des Bürgers gegen den Staat, 1996, 96 f.) geht auch der Senat von einer Rechtspflicht der Gerichtsverwaltung zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen aus.

Diese Pflicht folgt aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und auch aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung: Gerichtliche Entscheidungen konkretisieren die Regelungen der Gesetze; auch bilden sie das Recht fort (vgl. auch § 132 Abs. 4 GVG). Schon von daher kommt der Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen eine der Verkündung von Rechtsnormen vergleichbare Bedeutung zu. Der Bürger muss zumal in einer zunehmend komplexen Rechtsordnung zuverlässig in Erfahrung bringen können, welche Rechte er hat und welche Pflichten ihm obliegen; die Möglichkeiten und Aussichten eines Individualrechtsschutzes müssen für ihn annähernd vorhersehbar sein. Ohne ausreichende Publizität der Rechtsprechung ist dies nicht möglich. Rechtsprechung im demokratischen Rechtsstaat und zumal in einer Informationsgesellschaft muss sich - wie die anderen Staatsgewalten - darüber hinaus auch der öffentlichen Kritik stellen. Dabei geht es nicht nur darum, dass in der Öffentlichkeit eine bestimmte Entwicklung der Rechtsprechung als Fehlentwicklung in Frage gestellt werden kann. Dem Staatsbürger müssen die maßgeblichen Entscheidungen auch deshalb zugänglich sein, damit er überhaupt in der Lage ist, auf eine nach seiner Auffassung bedenkliche Rechtsentwicklung mit dem Ziel einer (Gesetzes-)Änderung einwirken zu können. Das Demokratiegebot wie auch das Prinzip der gegenseitigen Gewaltenhemmung, das dem Grundsatz der Gewaltenteilung zueigen ist, erfordern es, dass auch über die öffentliche Meinungsbildung ein Anstoß zu einer parlamentarischen Korrektur der Ergebnisse möglich sein muss, mit denen die rechtsprechende Gewalt zur Rechtsentwicklung beiträgt. Nicht zuletzt dient es auch der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege für die Aufgabe der Fortentwicklung des Rechts, wenn über die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen eine fachwissenschaftliche Diskussion ermöglicht wird. Zur Begründung der Pflicht der Gerichte, der Öffentlichkeit ihre Entscheidungen zugänglich zu machen und zur Kenntnis zu geben, bedarf es bei dieser Verfassungslage keiner speziellen gesetzlichen Regelung; eine solche hätte lediglich klarstellende Bedeutung.

Mit Recht hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auch auf § 5 Abs. 1 UrhG hingewiesen. Soweit dort "Entscheidungen und amtliche Leitsätze" vom Urheberschutz ausgenommen und für gemeinfrei erklärt werden, wird damit zwar eine Pflicht zur Veröffentlichung nicht statuiert (vgl. Hirte a.a.O. S. 1700). Sie wird dort aber sehr wohl, wenn auch stillschweigend, als eine solche der Gerichtsverwaltung vorausgesetzt. Ohne pflichtmäßige Mitwirkung der Gerichtsverwaltung und der Richter bei der Erstellung herausgabefähiger Entscheidungsabdrucke und amtlicher Leitsätze (vgl. zur Definition BGHZ 116, 136) lässt sich die Gemeinfreiheit von Gerichtsentscheidungen und amtlichen Leitsätzen nicht realisieren. Also muss der Gesetzgeber bei dieser Regelung das Bestehen entsprechender Pflichten mitbedacht und auch konkret vorausgesetzt haben.

Diese Publikationspflicht hat ihre Grundlage daneben auch in dem leitenden Grundsatz des Prozessrechts der Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen und Urteilsverkündungen (vgl. u.a. § 55 VwGO i.V.m. §§ 169, 173 GVG), geht aber über diesen - wie ausgeführt - hinaus.

bb) Die Publikationspflicht gilt grundsätzlich auch für die Instanzgerichte und hier insbesondere für die Obergerichte. Ihnen wiederum sind die Finanzgerichte in einem nur zweistufigen Gerichtszweig gleichzustellen. Die Veröffentlichungswürdigkeit von Gerichtsentscheidungen lässt sich nicht allein auf Entscheidungen der obersten Bundesgerichte beschränken. Diesen Gerichten ist zwar durch das Prozessrecht die Entscheidung grundsätzlich bedeutsamer Fragen, die Wahrung der Rechtseinheit und die Fortentwicklung des Rechts in herausgehobener Weise aufgetragen. Es gelangen aber durchaus nicht alle grundsätzlichen oder doch das Allgemeininteresse berührenden Rechtsstreitigkeiten zu ihnen (vgl. zu diesen Kriterien der Veröffentlichungswürdigkeit: Simitis, Informationskrise des Rechts und Datenverarbeitung, S. 70 f.; Kramer, ZRP 1976, 84, 85 f.; Lodde a.a.O. S. 98). Eine Veröffentlichungswürdigkeit wegen der "Grundsätzlichkeit" einer Entscheidung beschränkt sich außerdem nicht auf Entscheidungen mit einer grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des Revisionsrechts. Auch in der Konkretisierung allgemein anerkannter Rechtssätze oder in deren Anwendung auf bis dahin weniger im Blickfeld stehende Sachverhalte kann ein eigenständiger Beitrag zur Fortentwicklung des (Richter- )Rechts liegen. Dieser ist auch dann veröffentlichungswürdig, wenn die Rechtsanwendung für den erkennenden Richter gleichsam auf der Hand liegen mag. Denn die Veröffentlichungswürdigkeit beurteilt sich aus der Sicht derjenigen, die mit der Publikation erreicht werden sollen. Maßgeblich sind also das tatsächliche oder mutmaßliche Interesse der Öffentlichkeit und das Interesse derjenigen, die in entsprechenden Angelegenheiten um Rechtsschutz nachsuchen wollen.

cc) Da es insoweit einer gesetzlichen Regelung überhaupt ermangelt, fehlt es auch an Vorschriften darüber, in welcher Art und Weise die Publikationsaufgabe wahrzunehmen ist. Gewiss muss sie von der Gerichtsverwaltung nicht in allen Einzelheiten in den Formen öffentlich-rechtlichen Verwaltungshandelns durchgeführt werden. Darin ist der Beigeladenen zuzustimmen. Andererseits darf die Gerichtsverwaltung jedoch die Dinge nicht soweit sich selbst überlassen, dass sie keinen Einfluss mehr auf die umfassende Erfüllung der Aufgabe und keine Kontrolle mehr über die Beachtung bestehender öffentlich-rechtlicher Bindungen hat. Insbesondere die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten, des Datenschutzes und des Steuergeheimnisses (§ 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO) sowie die Gewährleistung der strikten Gleichbehandlung bei der Herausgabe darf sie nicht - jedenfalls aber nicht unkontrolliert - einer Privatperson überlassen. In Betracht kommt daher allenfalls eine zweistufige Verfahrensweise, bei der sich dem auf der ersten Stufe öffentlich- rechtlichen Handeln auf der zweiten Stufe - im Rahmen des eigentlichen Publikationsvorganges - ein privates Handeln anschließen kann.

Auf der ersten Stufe ist ein öffentlich-rechtlich bestimmtes Handeln der Gerichtsverwaltung zunächst insoweit unumgänglich, als veröffentlichungswürdige Gerichtsentscheidungen konkret ausgewählt werden. Das wiederum kann auf zweierlei Weise geschehen: Zum einen ist eine "amtliche Auswahl" zu treffen, und zwar dies aus der Sicht des mit der Materie befassten Richters bzw. seines Spruchkörpers. Zum anderen ist die Gerichtsverwaltung gehalten, die Auswahl um diejenigen Entscheidungen zu ergänzen, an deren Veröffentlichung ersichtlich ein öffentliches Interesse besteht. Das ist in der Regel bei entsprechenden Anfragen aus der Öffentlichkeit zu bejahen. Dies gilt regelmäßig auch für die private Anforderung durch einen Richter zu Zwecken der privaten Veröffentlichung.

Zur ersten Stufe notwendig öffentlich-rechtlichen Handelns zählt weiterhin die Herstellung einer herausgabefähigen, d.h. insbesondere anonymisierten und neutralisierten Fassung der zur Veröffentlichung vorgesehenen Entscheidungen. Hier scheidet eine Aufgabenübertragung an Private bereits deshalb aus, weil regelmäßig schon die Weitergabe an Dritte eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten bedeuten würde. Das öffentlich-rechtliche Handeln auf der ersten Stufe endet mit den Vorkehrungen zur Gleichbehandlung bei der Herausgabe der Entscheidungen an Dritte zu Zwecken der privaten Veröffentlichung. Sie sind geboten, weil die Gerichtsverwaltung insoweit jedenfalls gegenüber den Herausgebern von Presseerzeugnissen besondere öffentlich-rechtliche Gewährleistungen zu beachten hat (s. dazu unten c).




Wie die Gerichtsverwaltung im Anschluss an diese erste Stufe notwendig öffentlich-rechtlichen Handelns verfährt, ist ihrem pflichtgemäßen Ermessen überantwortet. Sie kann durch entsprechenden Organisationsakt eine Regelung treffen, dass sich eine zweite Stufe anschließt, in der sie sich aus Gründen der Effektivität der Aufgabenerfüllung, der Kostenersparnis oder der Verwaltungsvereinfachung die Privatinitiative Dritter einschließlich etwa der im Gericht tätigen Richter zunutze macht. Insbesondere die Herstellung einer veröffentlichungsfährigen Fassung der Entscheidung und der weitere Vorgang der Veröffentlichung als solcher können sich nach den Regeln des Privatrechts vollziehen. Dies geschieht dann aber nicht etwa aufgrund eines originären Verwertungsrechtes Dritter, sondern eben nach Maßgabe des Organisationsaktes.

c) Der Verpflichtung der Gerichtsverwaltung zur Gleichbehandlung bei der Herausgabe von Entscheidungen an Private zu Zwecken der Veröffentlichung in Fachzeitschriften entspricht ein Anspruch der Presseorgane auf gleichzeitige Belieferung mit veröffentlichungswürdigen Entscheidungen. Auch dies haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt.

aa) Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Gleichbehandlung im publizistischen Wettbewerb (BVerfGE 80, 124, 134) sind Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Anspruch ist das Gegenstück zur Neutralitätspflicht des Staates gegenüber den Herausgebern von Presseerzeugnissen, die untereinander im publizistischen Wettbewerb stehen (BVerfGE 80, 124, 133 f.).

bb) Der Klägerin steht nach dem festgestellten Sachverhalt ein konkreter Anspruch auf Gleichbehandlung mit der Beigeladenen zu; darin sind die bei der Vorbereitung der privaten Veröffentlichung für die Beigeladene tätig werdenden Richter eingeschlossen. Nach den Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts wird um die Überlassung von Entscheidungen gestritten, die teils in mehreren Fachzeitschriften veröffentlicht werden. Schon allein deshalb sind sie als veröffentlichungswürdig anzusehen. Daher kann offenbleiben, ob die wegen der Frage der materiellen Veröffentlichungswürdigkeit erhobenen Verfahrensrügen - nämlich der Verletzung der Aufklärungspflicht bzw. der richterlichen Überzeugungsbildung - den Darlegungsanforderungen genügen. Jedenfalls betreffen sie keine rechtserheblichen Tatsachen. Auf Fragen der materiellen Veröffentlichungswürdigkeit, auf die sie sich sämtlich beziehen, kommt es für den geltend gemachten Anspruch nicht an. Weder setzt er voraus, dass jede Entscheidung, die in "EFG" veröffentlicht wird, ihrem Inhalte nach veröffentlichungswürdig ist, noch gar, dass mit seiner Durchsetzung alle ihrem Inhalte nach veröffentlichungswürdigen Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts erfasst werden. Das Berufungsgericht durfte vielmehr ohne weitere Prüfung auf die Veröffentlichungswürdigkeit der Gesamtheit der in Rede stehenden Entscheidungen schon daraus schließen, dass sie von Richtern des Gerichts zu Zwecken der (privaten) Veröffentlichung angefordert und an die Beigeladene weitergegeben werden.

Höhere Anforderungen an die Veröffentlichungswürdigkeit der fraglichen Entscheidungen hat auch die Klägerin mit ihrem Begehren nicht aufgestellt. Vielmehr hat sie mit dem von ihr selbst formulierten Abgrenzungsmerkmal der "unaufgeforderten Übersendung durch Richter des Gerichts" mittelbar auf das formale Kriterium der "Anforderung durch Dritte zu Zwecken der Veröffentlichung" abgestellt. Die für die Beigeladene tätigen Richter sind in diesem Sinne Dritte, die für die Beigeladene, ihr unmittelbar zurechenbar, die Entscheidungen im Rechtssinne bei ihrem Gericht "anfordern", zumal sie ohne Anforderung nicht legal in den privaten Besitz eines herausgabefähigen Exemplars der Entscheidung gelangen können.

cc) Der Beklagte kann dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegenhalten, dass die Publikationsinteressen der Klägerin hinter denen von Verlagen, die Fachzeitschriften mit wissenschaftlichem Anspruch herausgeben, zurückstehen müssten. Es geht hier nicht um die Bewirtschaftung beschränkt verfügbarer Ressourcen. Identische Ansprüche verschiedener Interessenten können vielmehr auf einfache Weise mehrfach und gleichzeitig erfüllt werden. Daher verbietet sich eine Auswahl, durch die Dritte von der Belieferung mit veröffentlichungswürdigen Entscheidungen ganz oder doch zu einem erheblichen Teil ausgeschlossen werden. Auch hinsichtlich des Zeitpunkts der Belieferung lässt sich eine Bevorzugung der Beigeladenen mit dem - in anderem Zusammenhang möglicherweise eher beachtlichen - Wissenschaftlichkeitsanspruch ihres Publikationsorgans nicht rechtfertigen. Mit Recht haben die Vorinstanzen darauf hingewiesen, dass der Grad an Wissenschaftlichkeit sich nicht als ein formales und damit meinungsneutrales Kriterium darstellt, mit dem allein sich eine Verschiedenbehandlung von Publikationsorganen bei der Belieferung mit Informationen rechtfertigen lassen könnte (BVerfGE 80, 124, 134). Der Umstand, dass es hier um Informationen in der Gestalt von Gerichtsentscheidungen geht, rechtfertigt keine andere Würdigung. An der gegenteiligen Auffassung des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 1. Dezember 1992 - BVerwG 7 B 170.92 - Buchholz 11 Art. 3 GG Nr. 378) hält der erkennende Senat, der nunmehr für das Presserecht zuständig ist, nicht fest.



d) Der Durchsetzung des Anspruches stehen auch nicht etwa irgendwelche Rechte Dritter entgegen. Sie ist tatsächlich und rechtlich ohne weiteres möglich.

aa) Es mag offenbleiben, ob sich die Beigeladene hier auf die Rechte Dritter berufen kann. Rechte von Richtern des Gerichts werden jedenfalls durch die ausgesprochene Verpflichtung des Beklagten nicht verletzt. In ihren Möglichkeiten zur privaten Veröffentlichung werden sie nicht über ohnehin bestehende Einschränkungen hinausgehend beschnitten. Sie werden insbesondere nicht schlechtergestellt, als dies bei irgendeinem anderen privaten Interessenten der Fall ist; denn sie können wie dieser die zur Veröffentlichung bestimmten Entscheidungen ihres Gerichts anfordern und sie gegebenenfalls zu wissenschaftlichen Zwecken verwerten.

bb) Auch Rechte der Beigeladenen stehen dem Verpflichtungsausspruch nicht entgegen. Der Beklagte wird damit nicht etwa gezwungen, Urheberrechte der Beigeladenen an einer für sie getroffenen redaktionellen Auswahl von Entscheidungen dadurch zu missachten, dass er der Klägerin diese Auswahl gleichsam in der Entwurfsphase vollständig und unverändert zur Verfügung stellen müsste. Der Beklagte ist nach dem Entscheidungsausspruch nicht verpflichtet, der Klägerin nur diejenigen Entscheidungen zu übersenden, die er auch der Beigeladenen zuleitet. Es bleibt ihm vielmehr unbenommen, der Klägerin als Dauerbezieherin - ihrem ursprünglichen Begehren entsprechend - weiterhin auch alle anderen veröffentlichungswürdigen Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts, die ihm als solche bekanntwerden, zuzusenden, so wie dies zuletzt schon auf der Grundlage der Verfügung vom 21. Oktober 1993, wenn auch nur unvollständig, geschehen ist, also in neutralisierter Fassung, unbearbeitet und gleichzeitig mit der Übersendung an andere Presseorgane. Gegebenenfalls hat der Beklagte dann auch insoweit weiterhin Anspruch auf Kostenerstattung. Der Entscheidungsausspruch nötigt den Beklagten also nicht zu einer Missachtung der Rechte der Beigeladenen oder zu einer Ungleichbehandlung mit Verlegern anderer Fachzeitschriften; auch müssen die Richter, die privat veröffentlichen wollen, nicht zur Mitteilung der dafür vorgesehenen Fachzeitschrift angewiesen werden.

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