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Landgericht Hamburg Urteil vom 23.12.2008 - 312 O 362/08 - Es ist datenschutzrechtlich nicht nötig, eine Einwilligungserklärung zu löschen
LG Hamburg v. 23.12.2008: Es ist datenschutzrechtlich nicht nötig, eine Einwilligungserklärung zu löschen
Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 23.12.2008 - 312 O 362/08) hat entschieden:
Das Interesse eines Werbenden oder eine Werbung beabsichtigenden Unternehmens, nachweisen zu können, dass eine Einwilligung im Sinne des § 7 II Nr. 2 UWG eingeholt worden ist, bevor Werbeanrufe getätigt werden, ist ein solches Interesse, dessen Verfolgung vom gesunden Rechtsempfinden gebilligt wird. Datenverarbeitungen für eigene Geschäftszwecke sind nach § 28 BDSchG gegebenenfalls auch ohne den erklärten Willen des Betroffenen zulässig, wenn sie die verantwortliche Stelle für einen oder mehrere vom Gesetzgeber als legitim erkannte Zwecke benötigt. Das zweckbestimmte Interesse der verantwortlichen Stelle an der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung ist dabei regelmäßig ins Verhältnis zu setzen mit den Interessen des Betroffenen. Es ist nicht ersichtlich, dass es das allgemeine Persönlichkeitsrecht desjenigen, der einmal eingewilligt hat, Werbeanrufe zu erhalten, wesentlich beeinträchtigt, dass die konkreten Daten, die die Einwilligung belegen und die den Einwilligenden identifizierbar machen, erhalten werden. Die Daten, die dafür aufbewahrt werden müssen, beschränken sich auf die wenigen, die eine Person identifizierbar machen und die, die die Einwilligung belegen.
Siehe auch Datenschutz und Telefonwerbung
Tatbestand:
Der Kläger ist die Verbraucherzentrale in Hamburg. Die Beklagte – mit Sitz in Österreich – bewirbt Lottospielgemeinschaften. Im Auftrag der Beklagten wurde Ende Dezember 2006 oder Anfang Januar 2007 Herr W. aus Hamburg angerufen und für die Teilnahme an „...bonus..." geworben. Die Teilnahme wurde bestätigt mit Schreiben vom 05.01.2007, das an „Frau Herr W.“ gerichtet ist (Anlage K 2). In dem Schreiben heißt es „Vielen Dank für Ihren Auftrag vom 02.01.2007“.
Ausweislich der Anlage K 7 hat Frau Gisela Herr W. unter dem 03.03.2008 den Kläger darüber informiert, dass ihr hirngeschädigter Mann, dessen Betreuerin sie sei, am Telefon von Anrufern, insbesondere „Lottospielern“ zum Vertragsabschluss genötigt werde. In dem Schreiben heißt es, sie füge eine „Sammlung“ bei, mit der Bitte, die Fälle zu verfolgen.
Die Beklagte hat im Oktober 2007 auch Frau H. telefonisch kontaktiert. Ausweislich der Anlage K 8 ist dem Kläger unter dem 16.03.2008 von Frau H. eine Korrespondenz der Frau H. mit der Beklagten vom 04.03.2008, die als Anlage K 9 vorliegt, zugesendet worden. In dem Schreiben vom 04.03.2008 an die Beklagte beschwert sich Frau H. darüber, dass die Beklagte vorgebe, Frau H. habe einen Vertrag über 6 Spielperioden abgeschlossen, obwohl Frau H. am Telefon nur 3 Spielperioden zugestimmt habe. Aus dem Schreiben ergibt sich, dass Frau H. „aufgrund meiner Teilnahme an einem Radiogewinnspiel von Ihrer Lottogesellschaft telefonisch kontaktiert worden“ ist (Anlage K 9).
Wegen des Werbeanrufes bei Herr W. hat der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 18.03.2008 abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung bis zum 27.03.2008 aufgefordert (Anlage K 4). Die Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 14.04.2008 (Anlage K 5). Aus einem von der Beklagten als Anlage B 2 vorgelegten Überweisungsbeleg vom 21.04.2008 geht hervor, dass die Beklagte einen Betrag von EUR 192,60 an den Kläger mit dem Verwendungszweck „Abmahnung“ überwiesen hat.
Der Kläger trägt vor, Anfang Februar 2008 sei Frau H. ebenfalls im Auftrag der Beklagten angerufen und für eine Tippgemeinschaft geworben worden. Das von dem Kläger vorgelegte „Bestätigungsschreiben“ datiert auf den 11.02.2008 (Anlage K 3). In diesem Schreiben heißt es: „Ihre Gewinnabrechnung für die Spielperiode vom 19.01.2008-13.02.2008“.
Der Kläger behauptet, weder Herr W. noch Frau H. hätten vorher in solche Werbeanrufe eingewilligt.
Der Kläger hatte zunächst neben dem Antrag zu 1) als Antrag zu 2) angekündigt, zu beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 192,60 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2008 zu zahlen.
Er hat mit Schreiben vom 17.07.2008 die Klage mit dem Antrag zu 2) zurückgenommen.
Der Kläger beantragt nunmehr,
der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten,
im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs Verbraucher auf ihrem privaten Telefonanschluss anzurufen oder anrufen zu lassen, um für die Teilnahme an Lottotippgemeinschaften zu werben, wenn nicht die Verbraucher zuvor ihr Einverständnis mit einer solchen telefonischen Kontaktaufnahme erklärt haben.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Die Beklagte behauptet, sie habe die als Anlage B 1 vorgelegte Unterlassungserklärung abgegeben und mit ihrem Schreiben vom 14.04.2008 an den Kläger übersandt. Dies habe die Mitarbeiterin C. des Klägers am Telefon bestätigt.
Die Beklagte meint, sie sei nicht verpflichtet gewesen, die vom Kläger geforderte Verallgemeinerung zu akzeptieren und habe nur eine Unterlassungserklärung für den konkreten Verletzungsfall abgeben müssen.
Die Beklagte verweist darauf, dass nach dem Vortrag der Klägerin zwischen dem Werbeanruf bei Herr W. und Abmahnung 14 Monate gelegen haben. Sie erhebt die Einrede der Verjährung und des Rechtsmissbrauchs. Weiter meint sie, dass keine Dringlichkeit mehr gegeben sei.
Der Vortrag sei auch unsubstantiiert, weil nicht klar sei, wann genau der Anruf bei Herr W. stattgefunden habe. Die Beklagte habe die Zustimmungsunterlagen nicht mehr, beruft sich aber zum Beweise auf das Zeugnis des Herr W..
Die Beklagte behauptet, Frau H. sei mit ihrer Zustimmung angerufen worden, nachdem sie am 05.09.2007 an einem Radio-Gewinnspiel des Senders Sender... „500.000 für 5“ teilgenommen hatte. Bei diesem Gewinnspiel sei es um Seriennummern auf 5 Euro-Scheinen gegangen. Zuhörer, die im Besitz von Geldscheinen mit übereinstimmenden Seriennummern gewesen seien, seien aufgefordert worden, eine Telefon-Hotline anzurufen. Aus den Anrufern seien per Zufallsgenerator die Gewinner ausgewählt worden, die anderen Anrufer seien mit einer Tonbandansage informiert worden, dass sie nicht gewonnen hätten und hätten per Tastendruck auf die 1 zustimmen können, dass die Beklagte sich wegen eines Gratis-Lottotipps telefonisch bei Ihnen melden würde. Dies habe die Zeugin Frau H. getan, deren Zeugnis zum Beweis angeboten werde.
Die Beklagte trägt weiter vor, dass Frau H. sich bei dem Kläger auch gar nicht beschwert habe, ohne Zustimmung angerufen worden zu sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2008 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger ist gemäß § 8 III Nr.3 UWG berechtigt, Unterlassungsansprüche nach § 8 I UWG geltend zu machen (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl. 2007, § 8 Rz. 3.53 Nr. 46).
Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 I, 3, 7 I, II Nr. 2 UWG gegen die Beklagte im erkannten Umfang zu.
Es kann daher dahinstehen, ob und wann die abgegebene Unterlassungserklärung dem Kläger zugegangen war. Diese war in jedem Fall nicht ausreichend, da sie sich nur auf weitere Anrufe bei Herr W. bezog. Die Unterlassungserklärung, Herr W. nicht mehr anzurufen, genügt nicht, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Denn der Unterlassungsanspruch umfasst nicht nur die konkrete Verletzungshandlung, sondern auch im Kern gleichartige Handlungen (vgl. BGH, WRP 2004, 731, 735 Email-Werbung). Zu den im Kern gleichartigen Handlungen gehören die Anrufe auf privaten Anschlüssen anderer Verbraucher, die ebenfalls solchen Anrufen nicht zuvor zugestimmt haben, um gegenüber diesen für Lottotippgemeinschaften zu werben.
Die Beklagte hat nicht darlegen und beweisen können, dass ihr die Einwilligung des Herr W. in ihren Anruf vorgelegen hat. Unter Einwilligung im Sinne des § 7 II Nr. 2 UWG ist das ausdrückliche oder konkludente vorherige Einverständnis des Angerufenen mit dem Anruf zu verstehen (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl. 2007, § 7 Rz. 43). Die Beweislast für das Vorliegen der Einwilligung trägt der Werbende, also die Beklagte (vgl. BGH, GRUR 2004, 517, 519).
Die Beklagte hat ihren Vortrag, dass sie den Nachweis einer Einwilligung des Herr W. schon nicht erbringen könne, weil sie aus datenschutzrechtlichen Gründen gehindert gewesen sei, den Nachweis aufzubewahren, nicht näher erläutert. Die Beklagte hat nicht im Einzelnen vorgetragen, auf welche Weise sie üblicherweise die vorherigen Einwilligungen in Werbeanrufe im Sinne des § 7 II Nr. 2 UWG einholt. Die Aufbewahrung der konkreten Einwilligungserklärung in Papierform – sofern sie in Papierform abgegeben worden wäre – wäre nach deutschem Datenschutzrecht aber möglich gewesen. Auch das Aufbewahren einer Papiernotiz eines Callcenter-Mitarbeiters, der eine Einwilligung telefonisch erhalten hat, wäre möglich. Denn den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes unterliegen nicht öffentliche Stellen wie die Beklagte nur, wenn sie personenbezogene Daten automatisiert oder dateigebunden verarbeiten. Die Verarbeitung in Akten – sofern sie nicht den Dateibegriff erfüllen wird vom Bundesdatenschutzgesetz insoweit nicht erfasst (Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 9. Aufl., 2007, § 1 Rz. 20). Dass die Beklagte mit Sitz in Österreich dort anderen Regelungen unterliegen würde, hat sie nicht geltend gemacht.
Die Beklagte wäre nach Auffassung der Kammer aber auch nach den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes nicht gehindert gewesen, den Nachweis einer Einwilligungserklärung aufzubewahren. Gemäß §§ 27, 28 Bundesdatenschutzgesetz (BDSchG) ist das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke zulässig
- wenn es der Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses oder vertragsähnlichen Vertrauensverhältnisses mit dem Betroffenen dient oder
- soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt, […].
Sofern ein Kunde oder potentieller Kunde im Vorhinein in Werbung mit Telefonanrufen einwilligt, besteht damit jedenfalls ein „vertragsähnliches Vertrauensverhältnis“. Denn ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis besteht zum Beispiel als vorvertragliches Schuldverhältnis zwischen den Parteien eines potentiellen Vertrages mit Eintritt in die Vertragsverhandlungen (Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 9. Aufl., 2007, § 28 Rz. 26). Vorgespräche oder einseitige Maßnahmen eines Vertragsteils, die den anderen zu einem Vertragsschluss veranlassen sollen, stellen den Beginn von Vertragsverhandlungen dar (Palandt- Heinrichs , Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl., § 311 Rz. 16). Zu solchen Vorgesprächen gehört auch das Einholen einer Einwilligung in Werbeanrufe.
Wenn das vertragsähnliche Vertrauensverhältnis wie hier durch einen Widerruf beendet wird, besteht nach § 28 I Nr. 2 BDSchG die Möglichkeit, dass die verantwortliche Stelle zur Wahrung berechtigter Interessen die erforderlichen Daten weiter vorhält. Ein berechtigtes Interesse liegt vor, wenn ein nach vernünftiger Erwägung durch die Sachlage gerechtfertigtes, also tatsächliches Interesse, das wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein kann besteht. Es muss sich um einen Zweck handeln, dessen Verfolgung vom gesunden Rechtsempfinden gebilligt wird. Berechtigtes Interesse kann daher jedes von der Rechtsordnung gebilligte Interesse sein (Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 9. Aufl., 2007, § 28 Rz. 33 m.w.N.). Das Interesse eines Werbenden oder eine Werbung beabsichtigenden Unternehmens, nachweisen zu können, dass eine Einwilligung im Sinne des § 7 II Nr. 2 UWG eingeholt worden ist, bevor Werbeanrufe getätigt werden, ist ein solches Interesse, dessen Verfolgung vom gesunden Rechtsempfinden gebilligt wird. Denn es folgt schon aus dem Gebot der Einheit der Rechtsordnung, dass der Gesetzgeber nicht einerseits eine Verpflichtung wie in § 7 II N. 2 UWG aufstellen kann und andererseits den Nachweis von dessen Befolgung durch das Datenschutzrecht wieder vereiteln kann. Datenverarbeitungen für eigene Geschäftszwecke sind nach § 28 BDSchG gegebenenfalls auch ohne den erklärten Willen des Betroffenen zulässig, wenn sie die verantwortliche Stelle für einen oder mehrere vom Gesetzgeber als legitim erkannte Zwecke benötigt (Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 9. Aufl., 2007, § 28 Rz. 47). Das zweckbestimmte Interesse der verantwortlichen Stelle an der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung ist dabei regelmäßig ins Verhältnis zu setzen mit den Interessen des Betroffenen. Es ist nicht ersichtlich, dass es das allgemeine Persönlichkeitsrecht desjenigen, der einmal eingewilligt hat, Werbeanrufe zu erhalten, wesentlich beeinträchtigt, dass die konkreten Daten, die die Einwilligung belegen und die den Einwilligenden identifizierbar machen, erhalten werden. Die Daten, die dafür aufbewahrt werden müssen, beschränken sich auf die wenigen, die eine Person identifizierbar machen und die, die die Einwilligung belegen.
Gemäß § 35 I Nr. 3 BDSchG sind personenbezogene Daten, die für eigene Zwecke verarbeitet wurden, erst zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die Erfüllung des Zwecks der Speicherung nicht mehr erforderlich ist. Die Speicherung von Einwilligungen in Werbeanrufe ist eine Speicherung für eigene Zwecke. Solange die Beklagte damit rechnen musste, das Vorliegen einer Einwilligung in Werbeanrufe nachzuweisen, mithin während der Dreijahresfrist des § 11 IV UWG, war sie daher nicht zur Löschung verpflichtet. Denn Zweckbestimmung der Speicherung von Daten über die Einwilligung einer Person im Sinne des § 7 II Nr. 2 UWG ist es nachweisen zu können, dass die Einwilligung vorliegt. Nach § 35 I Nr. 3 BDSchG sind die für eigene Zwecke gespeicherten Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für den Speicherzweck nicht mehr erforderlich ist, das heißt, wenn eine die weitere Speicherung legitimierende Zweckbestimmung nicht mehr vorliegt (Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 9. Aufl., 2007, § 35 Rz. 13). Dass zivilrechtliche Verjährungsfristen, nach denen Dateien gegebenenfalls dreißig Jahre lang für Haftungsansprüche etc. relevant werden können, nur im Ausnahmefall zu einer Berechtigung, Daten zu erhalten, führen können (vgl Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz, 9. Aufl., 2007, § 35 Rz. 13 a), steht dem nicht entgegen. Denn vorliegend besteht die Besonderheit, dass die Einwilligungserklärung von Beginn an zum Zwecke des Nachweises des Vorliegens dieser Erklärung aufgrund eines gesetzlichen Erfordernisses gespeichert worden wäre.
Der angebotene Beweis dazu, dass Herr W. selbst aufgrund seiner Hirnschädigung gar keine wirksame Einwilligung abgeben konnte, muss nicht erhoben werden. Denn wenn die Beweiserhebung ergäbe, dass der Zeuge Herr W. geschäftsunfähig ist und auch zum Jahreswechsel 2006/2007 schon war, könnte eine wirksame Einwilligungserklärung nicht abgegeben worden sein. Soweit die Beweiserhebung ergäbe, dass der Zeuge zum fraglichen Zeitpunkt geschäftsfähig war, könnte die Beklagte das Vorliegen einer Einwilligung aber nicht nachweisen, weil sie die betreffenden Unterlagen nach ihrem eigenen Vortrag vernichtet hat. Der Zeuge Herr W. wäre auch als Zeuge der Beklagten nicht zu hören, weil die Beklagte nicht substantiieren konnte, wann und in welcher Form die Einwilligung vorgelegen hat. Vor diesem Hintergrund den Zeugen zu der Frage zu hören, wann er in Werbeanrufe eingewilligt hat, wäre eine unzulässige Ausforschung. Dass die Beklagte vorträgt, dass sie niemals Beschwerden erhält, weil sie unlautere Geschäftspraktiken nicht anwende, kann auch nicht als ausreichender Indizienvortrag bewertet werden.
Der Anspruch wegen des ungebetenen Anrufes bei Herr W. ist nicht nach § 11 I UWG verjährt. Der Kläger hat innerhalb dieser Frist Klage erhoben. Unstreitig ist er erst unter dem 03.03.2008 von Frau Herr W. von dem streitgegenständlichen Anruf benachrichtigt worden. Die Klage ist am 18.06.2008 und damit innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 11 I UWG bei Gericht eingegangen.
Für den Beginn der 6-monatigen Verjährungsfrist des § 11 Abs. 1 UWG kommt es auf die Kenntnis des Klägers an. § 11 II Nr. 2 UWG stellt auf die Kenntnis des Gläubigers von den den Anspruch begründenden Umständen ab. Gläubiger des streitgegenständlichen Unterlassungsanspruchs ist auch ein klagebefugter Verein oder Verband, weil dieser nicht als Vertreter agiert, sondern einen eigenen Anspruch geltend macht (OLG Bamberg Urteil vom 06.09.2006, Az. 3 U 363/05). Dies gilt auch für die qualifizierten Einrichtungen des § 8 III Nr. 3 UWG. So wie die Anspruchsberechtigung der Verbände im Sinne des § 8 III Nr. 2 UWG fortbesteht, wenn der eigene Unterlassungsanspruch des Verletzten bereits wegen Verjährung undurchsetzbar geworden ist (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Auflage, § 8 Rdnr. 3.51), können auch die Einrichtungen im Sinne des § 8 III Nr. 3 UWG eigene Ansprüche weiter verfolgen, sofern nur Verbraucherinteressen betroffen sind.
Anhaltspunkte für eine Verwirkung oder Rechtsmissbrauch sind nicht erkennbar (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl. 2007, § 11 Rn. 2.14; 2.37).
Der Vortrag des Klägers zu einem Anruf ohne vorherige Einwilligung im Sinne des § 7 II Nr. 2 UWG bei Frau H. ist dagegen unsubstantiiert und begründet die Klage nicht. Der Kläger trägt nur vor, Frau H. sei ohne ihre Zustimmung von der Beklagten Anfang Februar angerufen worden. Dieser Vortrag findet auch in den eingereichten Unterlagen Anlagen K 8 und K 9 keine Substantiierung. Aus diesen Schreiben ergibt sich, dass Frau H. ursprünglich aufgrund eines Gewinnspiels angerufen worden ist und dass sie sich darüber beschwert, dass die Beklagte von einer längeren Vertragslaufzeit ausgeht als Frau H.. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass Frau H. selbst nicht schreibt, ohne ihre Zustimmung angerufen worden zu sein.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Da der Wettbewerbsverstoß der Beklagten gegenüber Herr W. den Klageantrag zu 1) begründet, fällt der Vortrag, auch Frau H. sei ohne Einwilligung angerufen worden, bei der Kostenentscheidung nicht ins Gewicht. Gleiches gilt für den zurückgenommenen Klageantrag zu 2).
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.