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OLG Hamm Urteil vom 18.03.2003 - 4 U 14/03 - Zur unzulässigen Anmaßung einer Spitzenstellung durch Verknüpfung einer Branchenbezeichnung mit einem Ortsnamen

OLG Hamm v. 18.03.2003: Zur unzulässigen Anmaßung einer Spitzenstellung durch Verknüpfung einer Branchenbezeichnung mit einem Ortsnamen (tauchschule-ortsname.de)


Das OLG Hamm (Urteil vom 18.03.2003 - 4 U 14/03) hat entschieden:
Wird eine Branchenbezeichnung bzw. der Geschäftsname eines Unternehmens mit dem Ortsnamen verknüpft, geht der Verkehr von einer überragenden Stellung des so bezeichneten Geschäftsbetriebes in der Branche des entsprechenden Ortes aus. Im Verkehr mag zwar bekannt sein, dass es in einer Stadt noch weitere Unternehmen derselben Branche geben mag, so dass hier keine Alleinstellungswerbung vorliegt. Es liegt aber zumindest eine Spitzenstellungswerbung vor.

Anmerkung: Diese Rechsprechung hat das OLG Hamm später wieder aufgegeben.


Siehe auch Domainrecht und Die Werbung mit einer Alleinstellung - Alleinstellungsmerkmale und unlauterer Wettbewerb - Spitzenstellung


Tatbestand:

Die Parteien betreiben in E. Tauchschulen. Es gibt in E. zudem noch eine dritte Tauchschule. Der Beklagte ist nach dem unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils Inhaber der Internetdomain. In der DENIC-Datenbank ist als Domainname "Tauchschule-E.de" angegeben. Zudem hat der Beklagte im Schriftsatz vom 8. Oktober 2002 (Bl. 76 ff der Akten) wörtlich ausgeführt: "Es wurde nie bestritten, dass der Beklagte mit der Domain "Tauchschule-E.de" wirbt."

Die E-Mailadresse des Beklagten lautet: "...@tauchschule-E.de".

Auf seiner Homepage begrüßte der Beklagte die Besucher mit dem Satz: "Herzlich Willkommen auf der Seite der Tauchschule E.". Nachdem der Beklagte von der Klägerin abgemahnt worden war, änderte er den Text wie folgt: "Herzlich Willkommen auf der Seite der Tauchschule ... E.." Eine Unterwerfungserklärung gab der Beklagte aber nicht ab.

Die Klägerin wirft dem Beklagten eine wettbewerbswidrige Irreführung vor. Die Bezeichnung als Tauchschule E. suggerierte einen Alleinstellungscharakter, der der Tauchschule des Beklagten nicht zukomme. In Wahrheit sei ihre Tauchschule in E. die größte. Abgesehen von der Alleinstellung suggerierten die Bezeichnungen zudem, dass es sich um eine Tauchschule der Stadt E. handele.

Das Landgericht hat den Beklagten durch Urteil vom 24. Oktober 2002 antragsgemäß unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die Bezeichnung "Tauchschule E." sowie die Internetdomäne www. und damit verbunden die E-Mail-Adresse "...@tauchschule-E.de" zu verwenden.

...

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte ... Berufung eingelegt, mit der er sein Klageabweisungsbegehren aus erster Instanz weiterverfolgt.

Unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages behauptet der Beklagte, dass sein Internetauftritt zu keiner Zeit unter der Domain "tauchschule.E..de" erfolgt sei. In seiner Domain sei sein Name enthalten, so dass schon von daher die Domain nicht den Eindruck einer Allein- oder Spitzenstellung hervorrufe. Darüber hinaus habe ihm das Landgericht auch zu Unrecht die Verwendung der fraglichen Domain und der damit verbundenen E-Mail-Adresse verboten. Denn dieses Verbot würde ihm auch untersagen, unter der Domain sämtliche Tauchschulen in E. einschließlich seiner Tauchschule vorzustellen. Die beanstandeten Bezeichnungen seien auch nicht irreführend. Insoweit gebe es keinen Anlass für eine Durchbrechung des Prioritätsprinzips bei der Wahl der Internet-Domain. Der durchschnittliche Internetbenutzer gehe im Gegensatz zum Landgericht nicht davon aus, dass es in E. nur eine Tauchschule gebe. Deshalb entnehme er der Domain nicht, dort die Präsentation der einzigen Dortmunder Tauchschule zu finden. Die Klägerin verletze Artikel 12 Grundgesetz, wenn sie als wirtschaftlich stärkere Teilnehmerin versuche, ihn mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts auszuschalten, nur weil er ihr bei der Domainregistrierung zuvorgekommen sei. Zudem kämen nahezu in jedem Geschäftsfeld mit dem Ortsnamen der Niederlassung kombinierte Gattungsbezeichnungen als Domain vor. Auf keinen Fall dürfe die Domain im Hinblick auf ihren irreführenden Charakter isoliert betrachtet werden, vielmehr sei die entsprechende Internetseite stets hinzuzunehmen. Tue man das hier aber, eröffne sich dem Internetbenutzer sogleich, um was für eine Tauchschule es sich bei dem Beklagten handele. Sein Verhalten verstoße auch nicht gegen § 1 UWG. Denn er sei ausgebildeter Tauchlehrer und seine Tauchschule betreibe er eben in E.. Deshalb könne keine Rede davon sein, dass er sich die Verdienste der Stadt E. und die Sportförderung zu Unrecht zu nutze mache, wie das Landgericht im angefochtenen Urteil gemeint hat. Schließlich habe er außerhalb seines Internetauftritts auch nie unter dem Namen "Tauchschule E." firmiert. Der Beklagte beantragt,
das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Dortmund vom 24. Oktober 2002 (18 O 70/02) abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages behauptet die Klägerin, dass sich der Beklagte mit seiner Tauchschule nach ihrer Internetrecherche nach wie vor unter seiner Domain www. präsentiere. Die Allein- bzw. Spitzenstellung, die der Beklagte durch diese Bezeichnung für sich in Anspruch nehme, werde auch nicht dadurch relativiert, dass der Beklagte auf der ersten Seite seiner Homepage inzwischen klarstelle, dass es sich um die Tauchschule X handele. Es werde gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei dieser Tauchschule um eine unter mehreren und nicht um die Tauchschule in E. handele.

...

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Das angefochtene Urteil verbietet dem Beklagten unter der Bezeichnung "Tauchschule E." aufzutreten, und zwar in dreifacher Form, nämlich einmal ausdrücklich unter dieser Geschäftsbezeichnung, ferner unter der Internetdomain und schließlich auch unter der E-Mail-Adresse.

Das Landgericht hat die Bezeichnung "Tauchschule E." zu Recht als irreführend nach § 3 UWG angesehen und deshalb dem Beklagten die beanstandeten Bezeichnungen zu Recht verboten.

Nach dieser Vorschrift kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über geschäftliche Verhältnisse irreführende Angaben macht. Dies hat der Beklagte mit der beanstandeten Bezeichnung "Tauchschule E." getan. Denn die Bezeichnng "Tauchschule E." erweckt nicht nur den Eindruck, dass es sich um eine Tauchschule in E. handelt, sondern dass es sich gewissermaßen um die Tauchschule in E. handelt. Wird - wie hier - die Ortsbezeichnung zugleich mit dem Namen des Geschäftsbetriebes verknüpft, geht der Verkehr von einer überragenden Stellung des so bezeichneten Geschäftsbetriebes in der entsprechenden Branche aus (BGH GRUR 1975, 380 - Die Oberhessische; OLG Düsseldorf GRUR 1980, 315 - Düsseldorfer; Köhler/Piper UWG 3. Auflage § 3 Rdzif. 430 m.w.N.). Im Verkehr mag zwar bekannt sein, dass es in einer Stadt der Größe von E. noch weitere Tauchschulen geben mag, so dass hier keine Alleinstellungswerbung vorliegt. Es liegt aber zumindest eine Spitzenstellungswerbung vor. Denn die Gleichsetzung des Namens der Tauchschule mit dem Stadtnamen, wo sie residiert, erweckt auch den Eindruck einer Gleichsetzung mit der Größe der so in Bezug genommenen Stadt. Die Kunden gewinnen den Eindruck, dass es in E. jedenfalls eine Tauchschule, die sich mit der des Beklagten vergleichen kann, nicht gibt, wenn der Beklagte glaubt, allein schon durch die Wahl des Namens der Stadt, in der er residiert, sich hinreichend von den anderen Tauchschulen abgrenzen zu können.

Für die Irreführung durch den Domainnamen und die E-Mail-Adresse gilt nichts anderes. Es geht hier nicht um die Problematik der Verwendung von Gattungsbegriffen als Domainnamen (vgl. BGH GRUR 2001, 1061 - Mitwohnzentrale.de; Senatsurteil MMR 2001, 237 - Sauna.de). In der Wahl solcher bloßen Gattungsbegriffe mag der Verkehr lediglich einen Branchenhinweis sehen, der über die Größe und sonstigen Geschäftsverhältnisse des Domaininhabers noch nichts aussagt. In diesen Fällen vermag eine solche Domain mangels spezieller Vorstellung der Internetbenutzer für sich noch keine Irreführung zu bewirken. Vielmehr kann die Irreführung über die geschäftlichen Verhältnisse bei einer solchen Domain, die lediglich aus einem Gattungsbegriff besteht, erst im Zusammenhang mit der Homepage und deren Inhalt beurteilt werden.

Einen solchen Gattungsbegriff hat der Beklagte hier aber als Domain gerade nicht gewählt. Der Beklagte hat nicht den bloßen Gattungsbegriff der Tauchschule gewählt, sondern die Bezeichnung "Tauchschule E.", die dem Verkehr auf Grund der Verknüpfung eines Gattungsbegriffes (Tauchschule) mit einem Ortsnamen (E.) nicht mehr als bloßer Gattungsbegriff erscheint, sondern bereits als Name der Tauchschule, die durch die Domain angekündigt wird. Damit entfaltet bereits die Domain für sich genommen ebenfalls die Irreführungsgefahr, die die Bezeichnung "Tauchschule E." generell entfaltet. Erweckt die Bezeichnung der Tauchschule des Beklagten im allgemeinen Geschäftsverkehr den irreführenden Eindruck einer Spitzenstellung, tut sie dies auch als Domain. Dazu braucht nicht auf die Homepage abgestellt zu werden, weil die beanstandete Domain hier eben im Gegensatz zu einem bloßen Gattungsbegriff von sich aus eine Aussagekraft über die geschäftlichen Verhältnisse des Geschäftsbetriebes entfaltet, der hier eben als "Tauchschule E." bezeichnet worden ist. Der Internetbenutzer verbindet mit "Tauchschule E." von vornherein eine bestimmte Tauchschule in E., die er auf Grund der vollmundigen Vereinnahmung des Stadtnamens in den Schulnamen, was die Größe betrifft, an der Spitze der E. Tauchschulen vermutet.

Gleiches gilt für die E-Mail-Adresse. Hier taucht zwar zusätzlich der Name des Beklagten auf, in dem der Verkehr den Inhaber der Tauchschule vermuten wird. Es bleibt aber auch hier dabei, dass der Beklagte als Namen für seine Tauchschule die Bezeichnung "Tauchschule E." gewählt hat, was wiederum den Eindruck der Spitzenstellung erweckt.

Dieser Eindruck von der Spitzenstellung der Tauchschule des Beklagten unter den Tauchschulen E 2 ist aber falsch und damit irreführend. Denn die Tauchschule der Klägerin ist unbestritten größer als die des Beklagten.

Der Beklagte leugnet auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr für die verbotenen Bezeichnungen. Diese Wiederholungsgefahr wird hier schon auf Grund der geschehenen Verletzungshandlungen vermutet.

Zu Unrecht leugnet der Beklagte, allgemein die Bezeichnung "Tauchschule E." verwandt zu haben. Denn insoweit wird der Beklagte schon durch den vorgelegten Internetausdruck widerlegt, wo der Internetbenutzer ausdrücklich auf der Seite der "Tauchschule E." willkommen geheißen wird. dass der Beklagte den Inhalt seiner Homepage inzwischen geändert hat, lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen, weil es insoweit an einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des Beklagten fehlt.

Unerheblich ist es, in welchem anderen Zusammenhang der Beklagte diese Bezeichnung "Tauchschule E." sonst noch verwandt hat. Es reicht aus, dass dies jedenfalls auf seiner Homepage geschehen ist. Damit ist zugleich die Gefahr begründet, dass sich der Beklagte auch andernorts als "Tauchschule E." bezeichnet. Denn eine einmal gewählte Bezeichnung für einen Geschäftsbetrieb pflegt man schon deshalb nicht zu wechseln, um die Kunden nicht zu irritieren.

Vergeblich stellt der Beklagte in seiner Berufungsbegründung auch in Abrede, die beanstandete und verbotene Internetdomain zu benutzen. Für das vom Landgericht ausgeurteilte Verbot reicht es aus, dass der Beklagte - in erster Instanz auch unstreitig - Inhaber dieser Domain ist, wie es auch durch den Auszug aus der DENIC-Datenbank (Bl. 20 der Akten) belegt wird. Wie sich das Aussehen der Homepage des Beklagten im Internet im einzelnen gestaltet, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Verboten ist dem Beklagten nach der Verbotsformel des angefochtenen Urteils die Verwendung der betreffenden Internetdomain, also damit auch deren Innehabung. Diese Innehabung wird durch die von der Klägerin in erster Instanz vorgelegten Unterlagen ausreichend belegt und damit auch der für die Verurteilung zur Unterlassung erforderliche Störungszustand. Ob und wie der Beklagte diese Internetdomain im einzelnen tatsächlich nutzt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Die zur Verurteilung ausreichende Irreführung liegt hier schon allein darin, dass der Beklagte die Innehabung dieser Domain jedenfalls auch nach außen kundtut, wie sich nicht zuletzt auch aus dem von der Klägerin in erster Instanz überreichten Foto mit der Domain auf dem Anhänger des Beklagten (Bl. 74 der Akten) ergibt. ..."



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