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OLG München Urteil vom 22.06.2006 - 29 U 2294/06 - AGB-Klausel über Verfall eines Prepaid-Guthabens ist rechtswidrig

OLG München v. 22.06.2006: Zur Rechtswidrigkeit einer AGB-Klausel über den Verfall eines Prepaid-Guthabens


Das OLG München (Urteil vom 22.06.2006 - 29 U 2294/06) hat entschieden:

   Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Mobilfunkanbieters betreffend Prepaid-Mobilfunkdienstleistungen enthaltenen Klauseln, wonach ein Prepaid-Guthaben nach einem Jahr und bei Kündigung des Vertrages verfällt, halten einer AGB-Inhaltskontrolle nicht stand und sind unwirksam.




Siehe auch Der Handel mit Telefonkarten - Calling Cards - sonstige Prepaid-Guthaben und AGB


Zum Sachverhalt:


Die Klägerin, die Verbraucherzentrale B.-W. e.V., wendete sich im Wege der Verbandsklage gegen von der Beklagten, einem netzbetreibenden Mobilfunkanbieter, verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit einem Prepaid-Produkt („L.“).

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für Prepaid-Mobilfunkdienstleistungen („L.“) (Stand: Januar 2004) (Anlage K 2) sehen u.a. Folgendes vor:

   5. Guthabenkonto/Preise

5.1 Der Kunde muss, um den L.-Mobilfunkservice zu nutzen, ein Guthaben erwerben und dieses auf das für ihn eingerichtete Guthabenkonto übertragen.

5.2 Die sich aus der jeweils geltenden Preisliste ergebenden Entgelte für die Nutzung des L.-Mobilfunkservices werden von dem Guthabenkonto abgebucht ...

5.4 Auf das Guthabenkonto übertragenes Guthaben kann während eines an den Zeitpunkt der Übertragung anschließenden Zeitraums von 365 Tagen verbraucht werden. Ein Guthaben, dessen Übertragung auf das Guthabenkonto mehr als 365 Tage zurückliegt, verfällt, sofern es nicht durch eine weitere Aufladung, die binnen eines Monats nach Ablauf der 365 Tage erfolgen muss, wieder nutzbar gemacht wird. Im Übrigen gilt Ziff. 9.

...

9. Vertragslaufzeit/Kündigung

9.1 Der Vertrag läuft auf unbestimmte Zeit. Er ist für beide Parteien mit einer Frist von einem Monat zum Ende eines Kalendermonats ordentlich kündbar. Nur sofern der Kunde den Vertrag aus wichtigem Grund außerordentlich kündigt oder sofern O. den Vertrag innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Aktivierung ordentlich kündigt, ermöglicht O. dem Kunden -abweichend von Ziffer 6 - bereits beim Wirksamwerden der Kündigung die Aufhebung der SIM-Sperrung. Der Vertrag endet automatisch, wenn die letzte Übertragung von Guthaben auf das Guthabenkonto mehr als ein Jahr und einen Monat zurückliegt.

9.2 Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Ein wichtiger Grund liegt für O. insbesondere vor, wenn der Kunde den Mobilfunkservice in betrügerischer Absicht in Anspruch nimmt, gegen seine Pflichten aus den Ziffern 3.5, 4.1 b), c) oder g) verstößt oder wenn ein entsprechender dringender Verdacht besteht.

9.3 Mit Beendigung des Vertrags verfällt ein etwaiges Restguthaben auf dem Guthabenkonto, es sei denn, O. hat den Vertrag aus nicht vom Kunden zu vertretenden Gründen gekündigt oder der Kunde hat den Vertrag aus von O. zu vertretenden Gründen gekündigt. Ein bei Beendigung des Vertrags bestehender negativer Saldo wird dem Kunden gesondert in Rechnung gestellt.

10 Sperre

Außer in den gesetzlich geregelten Fällen behält sich O. vor, die Inanspruchnahme des L.-Mobilfunkservices ganz oder teilweise zu unterbinden (Sperre), wenn der Kunden seinen Pflichten gemäß Ziffer 3.5, 4.1 b), c), f) oder g) nicht nachkommt. Für die Sperre wird ein Entgelt erhoben, das sich aus der jeweils aktuellen Preisliste ergibt.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:

   Der Beklagten wird untersagt, gegenüber Verbrauchern gemäß § 13 BGB die nachfolgenden oder inhaltsgleichen Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Prepaid-Mobilfunkdienstleistungen („L.“) zu verwenden oder sich auf diese Klauseln zu berufen:

  a.  Ein Guthaben, dessen Übertragung auf das Guthabenkonto mehr als 365 Tage zurückliegt, verfällt, sofern es nicht durch eine weitere Aufladung, die binnen eines Monats nach Ablauf der 365 Tage erfolgen muss, wieder nutzbar gemacht wird.

  b.  Mit Beendigung des Vertrags verfällt ein etwaiges Restguthaben auf dem Guthabenkonto, es sei denn, O. hat den Vertrag aus nicht vom Kunden zu vertretenden Gründen gekündigt oder der Kunde hat den Vertrag aus von O. zu vertretenden Gründen gekündigt.

  c.  Für die Sperre wird ein Entgelt erhoben, dass sich aus der jeweils aktuellen Preisliste ergibt.



Die Beklagte hat in erster Instanz Klageabweisung beantragt.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 26.01.2006, berichtigt durch Beschluss vom 23.02.2006, antragsgemäß verurteilt. Auf dieses Urteil, das in CR 2006, 332 veröffentlicht ist, und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtete sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagte führte aus, Klauseln wie die Klausel a) seien bei Prepaid-Produkten in der Branche üblich. Ohne einen Verfall bestehe für die Mobilfunknetzbetreiber die Gefahr, dass ein Kunde sein sog. Prepaid-Handy lediglich dazu nutze, angerufen zu werden. Anders als bei den sog. Postpaid-Produkten, also einem Handy-Vertrag, bei dem auf Rechnung im Nachhinein gezahlt werde, zahle der Prepaid-Kunde nämlich keine Grundgebühr. Die Prepaid-Produkte seien eingeführt worden, um dem Kunden eine bessere Kostenkontrolle zu ermöglichen. Andererseits brächten sie für den Betreiber das nicht unerhebliche Risiko, dass er laufend die Erreichbarkeit der Rufnummer und die Telefoniermöglichkeit aufrechterhalten müsse, obwohl der Kunde gar nicht mit dem Telefon telefoniere, also keinen Umsatz generiere. Wenn es das Geschäftsmodell eines Prepaid-Produktes bei Mobilfunkverträgen geben solle, sei es gerade dem Äquivalenzinteresse entsprechend, wenn der Kunde insofern zumindest einen Mindestumsatz tätigen müsse. Das Produkt sei rechnerisch darauf angelegt, dass der Kunde auch tatsächlich telefoniere, insoweit seien bei einem Prepaid-Produkt die Gesprächsgebühren teurer als bei einem Postpaid-Produkt. Werde der Handy-Vertrag nicht zum Telefonieren genutzt, gerate das „Geben und Nehmen“ des Vertrags aus dem Gleichgewicht. Es müsse daher zulässig sein, dass die Beklagte eine Verpflichtung des Kunden schaffe, sein Guthaben auch tatsächlich aktiv abzutelefonieren. Dabei habe die Beklagte die für den Kunden günstigere Konstellation gewählt, dass er lediglich ein „Lebenszeichen“ von sich geben müsse, indem er sein Guthaben alle 365 Tage und einen Monat um einen Minimalbetrag wieder auflade. Der Kunde stünde schlechter da, wenn von ihm z.B. ein monatlicher Mindestumsatz abverlangt würde.

Das Landgericht habe bei der Prüfung der unangemessenen Benachteiligung des Kunden entgegen seinen Ausführungen keine Interessenabwägung vorgenommen, da die zu Lasten des Kunden nur zugunsten der Beklagten bestehenden Umstände nicht berücksichtigt würden. Auch habe es keinerlei Differenzierung vorgenommen, welche deutlich machen würde, in welcher Hinsicht das Äquivalenzinteresse bei der derzeitigen Ausgestaltung des Geschäfts gestört sei. Es sei in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass nicht jede zeitliche Begrenzung einer Gültigkeitsdauer als nicht hinnehmbare Verletzung des Äquivalenzinteresses und unangemessene Benachteiligung des Kunden angesehen werden könne. Wie bereits der Bundesgerichtshof ausgeführt habe, seien solche Ausschlussfristen in weiten Bereichen üblich und würden deshalb unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der beiderseits Beteiligten häufig nicht als unangemessen anzusehen sein. In dem von der Klägerin immer wieder zitierten BGH-Urteil vom 12.06.2001 (BGHZ 148, 74 = MMR 2001, 806) sei aufgrund der Besonderheiten des Falles eine Gültigkeitsbefristung auf Telefonkarten als unvereinbare Abweichung vom Äquivalenzprinzip angesehen worden. Die dort für die Entscheidung herangeführten Besonderheiten seien aber im streitgegenständlichen Fall gerade nicht gegeben.




Der Kunde sei bei dem Angebot der Beklagten nicht verpflichtet, einen bestimmten Mindestbetrag abzunehmen. Er verpflichte sich lediglich, binnen 365 Tagen ein einmal aufgeladenes Guthaben abzutelefonieren, wobei er selbst die Höhe des Guthabens bestimme. Dazu stünden ihm zudem verschiedene Auflade- bzw. Einzahlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Er könne dementsprechend die Aufladung seinem Telefonierverhalten individuell anpassen und entsprechend geringere Beträge aufladen, wenn er weniger telefoniere. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zum Telefonkartenfall des BGH sei, dass die Beklagte in Vorleistung gehe. Sie verschaffe dem Kunden eine eigene Telefonnummer, sorge für die Erreichbarkeit des Anschlusses, übermittle Nachrichten der Mailbox oder SMS und verwalte das Gesprächsguthaben. Hierdurch entstünden bei der Beklagten nicht unerhebliche Mehrkosten.

Das Landgericht hätte sich auch mit dem Argument auseinandersetzen müssen, dass eine Verkürzung der Regelverjährung von drei Jahren auf ein Jahr gemäß § 309 Nr. 8 b) ff) BGB auch gegenüber Verbrauchern zulässig sei. Dabei sei die Regelung zum Guthabensverfall auch nicht überraschend oder intransparent. Vielmehr werde dem Kunden bei Vertragsschluss diese Zahlungsbedingung mitgeteilt und er werde zudem vor Verfall des Guthabens mehrmals per SMS aufgefordert, den Guthabensverfall abzuwenden.

Unzutreffend gehe das Landgericht bei seiner Abwägung davon aus, dass es zum Begriff des „Guthabens“ einen allgemeinen Sprachgebrauch gebe, nachdem dem Inhaber eines „Guthabens“ der Betrag ohne zeitliche Bindung zustehe. Der Begriff „Guthaben“ werde gerade im allgemeinen Sprachgebrauch in der vielfältigsten Weise verwendet. Auch bei dem Tarif der Beklagten könne der Kunde nicht davon ausgehen, dass er sein Guthaben bei Nichtnutzung ausgezahlt erhalte. Die Beklagte sei keine Bank, welche Geldanlagen eines Kunden verwahre und für diesen Anlage anlege, sondern ein Mobilfunkunternehmen, welches die Inanspruchnahme von Mobilfunkleistungen von gewissen Konditionen abhängig mache. Insofern sei schon fraglich, ob sich die angegriffene Klausel nicht schon einer Inhaltskontrolle entziehe, da sie in erster Linie eine Preisabrede enthalte. Es gebe kein gesetzliches Leitbild für einen Prepaid-Mobilfunkvertrag, so dass es grundsätzlich in der Verantwortung der Beklagten liege, Art und Umfang der Leistung sowie die konkrete Ausgestaltung des Preises zu regeln. Statt den Weg zu gehen, einen Mindestumsatz festzulegen, sei die Beklagte den weniger einschneidenden Weg gegangen, festzuschreiben, dass zumindest einmal aufgeladene Guthaben abtelefoniert werden müssten. Unstreitig dürfte die Vereinbarung eines Mindestumsatzes keiner AGB-Kontrolle unterliegen.

Das Landgericht habe in seiner Abwägung den Vortrag der Beklagten zu den bei ihr anfallenden Verwaltungskosten nicht weiter berücksichtigt, weil es der Auffassung gewesen sei, dass die Beklagte durch die Nr. 9.1 ihrer AGB ausreichend geschützt sei, wonach der Vertrag automatisch ende, wenn das Guthaben für den Telefonanschluss mehr als ein Jahr und einem Monat nicht aufgeladen werde. Dabei lasse das Landgericht unberücksichtigt, dass die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt bereits 13 Monate ihre Leistung erbracht habe, nämlich die Aufrechterhaltung und Verwaltung des Telefonanschlusses. Ferner sei die Beklagte mit einem Startguthaben von 10,-- € in Vorleistung gegangen. Zudem werde bei Neukunden regelmäßig ein Handy bei Vertragsabschluss freiwillig abgegeben. Bei dieser Form der Subventionierung gehe die Beklagte von der Erwartung aus, dass der Handy-Vertrag mindestens zwei Jahre laufe. Auch insoweit fahre die Beklagte also einen Verlust ein, wenn der Kunde das Handy einfach liegen lasse. Deshalb müsse es zulässig sein, sich gegen diese Verluste mit einer Klausel abzusichern, welche den Kunden zum Telefonieren animiere.

Zu Lasten der Beklagten stelle das Landgericht darauf ab, dass theoretisch Beträge in der Größenordnung von 100,-- € verfallen könnten, da der Einzahlungsbetrag für den Kunden nicht begrenzt sei. Einer solchen theoretischen Betrachtungsweise stehe der Sachvortrag der Beklagten entgegen, wonach in der Praxis im Schnitt Beträge von 4,-- € verfielen. Der vom Landgericht angenommene Fall sei aber auch sonst erkennbar lebensfremd und deshalb keine zulässige Grundlage für eine Abwägung. Das Prepaid-Produkt richte sich gerade ja an Wenig-Telefonierer, die nicht mit einer monatlichen Grundgebühr belastet werden wollten. Deshalb werde der durchschnittliche aufgeklärte Verbraucher nicht mehr aufladen, als seinem Telefonierverhalten entspreche. Der Betrag von 100,-- € werde daher gleich aus mehreren Gründen kaum vorkommen.

Zu keinem Zeitpunkt könne der Kunde davon ausgehen, dass er das Guthaben zurückerstattet bekomme. Nach dem Tenor des Landgerichts müsse die Beklagte das Guthaben sogar auszahlen. Hierfür fehle es an einer Grundlage. Auch übergehe das Landgericht den Einwand, dass die Beklagte bei dem Prepaid-Produkt den wahren Inhaber des Guthabens und damit den Auszahlungsberechtigten nicht kenne. Bei einem Prepaid-Produkt gebe es nur einen Grundvertrag, der dem Kunden die SIM-Karte zur Verfügung stelle und eine Rufnummer zuordne, der aber keine regelmäßig wiederkehrenden Kosten auslöse und insoweit auch keine Kontoverbindung fordere. Das Prepaid-Handy werde oftmals an Dritte weitergegeben, da diese damit nur die technische Möglichkeit zum Telefonieren erhielten und das aufzuladende Gutachten selbst erwerben müssten. Eine Verpflichtung zur Auszahlung würde das Prepaid-Geschäft letztlich unmöglich machen. Insbesondere zeichneten sich schon jetzt im Falle eine Auszahlungspflicht Missbrauchsszenarien ab.

Das Landgericht sehe in der Klausel b) eine ungemessene Benachteiligung, da dem Kunden die ordentliche Kündigung erschwert werde. Hierbei habe es unberücksichtigt gelassen, dass es zu einer ordentlichen Kündigung des Kunden in der Regel schon deshalb nicht komme, weil er durch den laufenden Vertrag keine Nachteile habe, insbesondere eine Grundgebühr nicht fällig werde. Eine Kündigung erfolge deshalb nur in den Ausnahmefällen, um die Rufnummer zu portieren oder um an das Guthaben „heranzukommen“. Hier vertrete die Beklagte die Auffassung, dass dem Kunden das gerade nicht gestattet sein dürfe, da er im Äquivalenzinteresse eingezahltes Guthaben abtelefonieren müsse. Von dieser Verpflichtung müsse der Kunde auch angesichts der Vertragskonstellation ausgehen. Er sei dabei nicht über Gebühr belastet, wenn er dementsprechend vor Kündigung dafür sorge, dass er sein Gesprächsguthaben abtelefoniere. Insbesondere sei er zeitlich nicht gedrängt, da er keine laufenden Kosten habe. Aus diesem Grund gebe es bei Prepaid-Verträgen auch regelmäßig keine Kündigung, sondern die Kunden ließen das Handy einfach liegen, wenn sie nicht mehr mit dem Handy-Vertrag telefonieren wollten.

Das Landgericht sehe in der Klausel c) eine unzulässige Schadenspauschalierung, weil die Entgeltpflicht für die Sperre im Zusammenhang mit einer Regelung stehe, wonach die Sperre eine Pflichtverletzung voraussetze. Der Hintergrund der Regelung sei, dass das Landgericht in einer Entscheidung vom 17.02.2000 die Auferlegung einer Gebühr für die Sperre nur für den Fall als zulässig angesehen habe, dass der Kunde zu der Sperre durch sein Verhalten Anlass gegeben habe. Genau diese Rechtsprechung werde von der Beklagten befolgt, was ihr nunmehr zum Nachteil gereichen solle. Unabhängig davon stelle die angegriffene Klausel lediglich eine Gebühr für die Sperre dar und nicht eine Schadenspauschalierung.

Die Beklagte beantragte in der Berufundgsinstanz Klageabweisung.



Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ist der Ansicht, die Beklagte negiere sämtliche gefestigten Grundsätze des Verbandsprozesses. Es komme nicht darauf an, was die Beklagte letztendlich erreichen möge oder wie sie ihr Produkt rechnerisch angelegt habe. Auch die Beklagte müsse die Vorgaben des Gesetzgebers beachten und könne nicht auf eventuell ebenfalls rechtswidrige Klauseln der Konkurrenz verweisen.

Die Klausel a) verstoße gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Im vorliegenden Verbandsprozess gelte die Methode der sog. kundenfeindlichsten Auslegung. Wie die Klauseln im Einzelnen gehandhabt würden, sei unerheblich. Unklarheiten gingen zu Lasten des Klauselverwenders. Eine geltungserhaltende Reduktion sei unzulässig. Es komme nicht darauf an, ob und welche Klauseln Wettbewerber der Beklagten verwendeten und ob diese „üblich“ seien.

Ebenso unzutreffend sei die pauschale Behauptung der Beklagten, dass ohne „einen Verfall“ die Gefahr bestünde, dass der Verbraucher sein „Prepaid-Handy“ lediglich dazu nutze, angerufen zu werden. Die entsprechende Gefahr werde nicht durch den Verfall eines Guthabens beseitigt. Es entspreche gefestigter Rechtsprechung, dass die Belastungen für einzelne Leistungen von vornherein klar und transparent ausgewiesen werden müssten. Es komme nicht darauf an, ob im Schnitt (nur!) Beträge von 4,-- € verfielen. Zu betonen sei, dass die Klägerin der Beklagten selbstverständlich nicht ihr „Geschäftsmodell“ untersagen wolle. Wenn die Beklagte jedoch für die Zur-Verfügung-Stellung ihrer Leistungen (laufende Erreichbarkeit der Rufnummer und Aufrechterhaltung der Telefoniermöglichkeit) ein Entgelt kalkuliere, erfordere das Transparenzgebot auch einen entsprechenden Ausweis. Das Landgericht habe in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass in denjenigen Fällen, in denen der Verbraucher bereits in der ersten Woche sein aufgeladenes Guthaben komplett abtelefoniert habe, die Beklagte gleichwohl verpflichtet sei, die Erreichbarkeit der Rufnummer für die Restlaufzeit zu gewährleisten, ohne hierfür ein zusätzliches Entgelt zu vereinnahmen, weshalb die Argumentation der Beklagten in sich unschlüssig sei. Wenn der Kunde einen Mindestumsatz tätigen müsse, möge die Beklagte diesen auch als solchen ausweisen. Im vorliegenden Fall führe die Klausel jedoch dazu, dass derjenige, der bereits in der ersten Woche sein gesamtes Entgelt „abtelefoniert“ habe, die Zur-Verfügung-Stellung der Telefonnummer für die Restlaufzeit „kostenfrei“ als Zugabe erhalte, derjenige, aber der nicht telefoniere, durch nicht ausgewiesene Entgelte letztendlich in gleicher Höhe bereits nach einem Jahr durch „Guthabensverfall“ belastet werde.

Klausel a) sei entgegen der Auffassung der Beklagten keine kontrollfreie Preisabrede. Im Gegenteil: der Verbraucher erwerbe vorliegend eine Prepaid-Karte, die ein „Guthaben“ verkörpern solle, welches der Verbraucher abtelefonieren könne. Damit werde der Anspruch des Verbrauchers auf die vollständige Inanspruchnahme der vorausbezahlten Gesprächsleistungen durch die Klausel einer Beschränkung unterworfen, die in das schuldrechtliche Verträge kennzeichnende Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung eingreife.

Verfehlt sei auch der Ansatz der Beklagten, dass die Regelung zum „Guthabensverfall“ auch nicht überraschend oder intransparent sei, da der Verbraucher mehrfach aufgefordert werde, den „Guthabensverfall“ durch zusätzliche Zahlung abzuwenden. Eine rechtswidrige Klausel werde nicht dadurch rechtmäßig, dass sie verständlich sei.

Erst recht verfehlt sei die Auffassung der Beklagten, dass sie im Gegensatz zum Telefonkartenurteil des BGH in Vorleistung gehen würde.

Auch die weitere Argumentation der Beklagten, sie sei keine Bank, die Geldeinlagen verwahre, gehe ins Leere. Die Beklagte erhalte ja bereits bei Vertragsabschluss die Zahlungen des Verbrauchers. Sie könne die erhaltenen Zahlungen für die Gesamtlaufzeit des Vertrags selbst nutzen. Nach Vertragsablauf bestehe nur ein Guthaben in Höhe des nicht verbrauchten Nominalbetrags, so dass ihr die Zinsgewinne in jedem Fall verblieben. Der Hinweis der Beklagten auf § 309 Nr. 8 b) ff) BGB gehe fehl; diese Regelung betreffe die Erleichterung der Verjährung wegen Mängelansprüchen.

Es komme im Übrigen nicht darauf an, wie die Beklagte die Klausel handhabe. Die Beklagte müsse sich an ihrem eigenen Klauselwortlaut festhalten lassen. Wenn die Beklagte das, was sie wolle, zulässig mit einer anderen Allgemeinen Geschäftsbedingung oder mit ordnungsgemäß ausgewiesenen Preisen erreichen könne, sei ihr die Durchführung ihres „Geschäftskonzepts“ unbenommen. Auf ein Guthaben habe der Verbraucher nach der Vorgabe des Gesetzgebers einen (Aus-) Zahlungsanspruch. Dabei komme es nicht darauf an, ob im Schnitt lediglich Beträge in Höhe von 4,00 € verfielen.

Nicht nachvollziehbar sei die Auffassung der Beklagten, das Urteil sei seinem Tenor nach unzutreffend, weil hiernach das Guthaben sogar ausgezahlt werden müsse. Das Urteil entspreche der gesetzlichen Vorgabe des § 8 UKlaG. Dass die rechtswidrige Formulierung der Klausel praktische Probleme für die Beklagte zur Folge haben könne, könne nicht zur Wirksamkeit führen.

Die Klausel habe mit einem von der Beklagten gewünschten Mindestumsatz nichts zu tun. Die Klausel regele, dass ein Guthaben schlicht verfalle, unerheblich, ob und in welcher Höhe, welche Nutzung und welcher Umsatz vorab getätigt worden sei.

Die Klausel b) verstoße gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Auch bezüglich dieser Klausel negiere die Beklagte die im Verbandsprozess geltenden Grundsätze. Zunächst sei es unerheblich, ob es „in der Regel“ nicht zu einer ordentlichen Kündigung komme oder nicht. Die Klausel sei nach der kundenfeindlichsten Auslegung zu bewerten, und es komme auf die Handhabung der Klausel durch die Beklagte im Einzelfall gerade nicht an. Wenn nun aber der Verbraucher kündige und der Vertrag noch ein Guthaben aufweise, könne die Beklagte das entsprechende dem Verbraucher zustehende Guthaben nicht ersatzlos vereinnahmen. Zunächst könne auf die Ausführungen zu Klausel a) verwiesen werden. Hinzu komme, dass die Beklagte in diesen Fällen weitere Leistungen nicht erbringen müsse. Außerdem sei der Rechtsgedanke des § 308 Nr. 7 BGB zu berücksichtigen. Im Streitfall werde das komplette Guthaben - in welcher Höhe auch immer - ersatzlos aufgrund des „Verfalls“ vereinnahmt, ohne dass die Beklagte weitere Leistungen erbringe. Letztendlich verstoße diese Klausel auch gegen § 308 Nr. 7 b) BGB. Insoweit müsste die Beklagte ihrem Vertragspartner ausdrücklich die Möglichkeit einräumen, nachweisen zu können, dass Aufwendungen in der von ihr geltend gemachten Höhe nicht oder zumindest wesentlich niedriger angefallen seien. Auch diese Nachweismöglichkeit werde nicht eingeräumt.

Die Klausel c) verstoße gegen § 309 Nr. 5 b) BGB. Die Berufungsbegründung der Beklagten sei insoweit nicht nachvollziehbar. Es sei ausgeschlossen, dass das Landgericht der Beklagten aufgegeben hätte, eine rechtswidrige Klausel zu verwenden. Hinzu komme, dass die von der Beklagten zitierte Entscheidung vor In-Kraft-Treten der Schuldrechtsreform erst ab dem 01.01.2002 die maßgebliche Änderung des § 309 Nr. 5 b) BGB herbeigeführt habe, dass seit diesem Zeitpunkt ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, dass ein Schaden in der geltend gemachten Höhe nicht oder wesentlich niedriger als die angesetzten Beträge angefallen sei. Dem trage die angegriffene Klausel nicht Rechnung.

Letztendlich behaupte die Beklagte selbst in der Berufungsbegründung, die angegriffene Klausel stelle eine „Gebühr für die Sperre“ dar. Eine „Gebühr“ sei das Entgelt für eine hoheitliche Tätigkeit und damit auch der Höhe nach nicht dispositiv, was bereits nach der früheren Rechtsprechung des BGH zum Verstoß gegen § 11 Nr. 5 b AGBG geführt hätte, da der Wortlaut suggeriert hätte, dass der Nachweis eines geringeren Schadens nicht möglich gewesen wäre.

Die Berufung blieb erfolglos.



Aus den Entscheidungsgründen:


"... 1. Die Klägerin ist, wie von der Beklagten in der Berufungsinstanz nicht in Frage gestellt wird, zur Geltendmachung von Ansprüchen nach § 1 UKlaG auf Unterlassung der von ihr beanstandeten Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG aktivlegitimiert, weil die Klägerin in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist.

2. Zu Recht ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene Klausel a) („Ein Guthaben, dessen Übertragung auf das Guthabenkonto mehr als 365 Tage zurückliegt, verfällt, sofern es nicht durch eine weitere Aufladung, die binnen eines Monats nach Ablauf der 365 Tage erfolgen muss, wieder nutzbar gemacht wird.“) gemäß § 307 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.

a) Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass die beanstandete Klausel a) der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB unterliegt. Bei dieser Klausel handelt es sich nicht um eine gemäß § 307 Abs. 3 BGB kontrollfreie Leistungsbeschreibung. Zwar gibt es kein gesetzlich geregeltes Leitbild des - erst in den letzten Jahren aufgrund der technischen Entwicklung möglich gewordenen - Mobilfunkvertrags, insbesondere des Mobilfunkvertrags in der Variante des Prepaid-Mobilfunkvertrags (vgl. zur Einordnung des Mobilfunkvertrags, insbesondere in der Variante des Prepaid-Mobilfunkvertrags in das System des BGB Köhler, Der Mobilfunkvertrag, 2005, S. 86 ff., 102 ff.). Es obliegt daher grundsätzlich der Beklagten als Mobilfunkanbieter, in eigener Verantwortung Art und Umfang der von ihr angebotenen Leistungen sowie die Bemessung des vom Kunden dafür zu entrichtenden Entgelts zu bestimmen (vgl. BGH MMR 2001, 806, 807 - Befristung von Telefonkarten). Daraus folgt aber nicht zwangsläufig die Kontrollfreiheit der beanstandeten Regelung. Auch Vertragstypen, die im Gesetz ungeregelt geblieben sind, können am Maßstab der §§ 307 ff. BGB gemessen werden (vgl. BGH MMR 2001, 806, 807 f.). Unter den Begriff der Leistungsbeschreibung fallen nur solche Bestimmungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen. Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, ausgestalten oder modifizieren, sind hingegen inhaltlich zu kontrollieren. Damit bleibt für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich von Regelungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (vgl. BGH MMR 2001, 806, 808). In diesen engen Bereich fällt die streitige Klausel a) nicht; auch ohne Verfall des Guthabens könnte der wesentliche Vertragsinhalt mit den Hauptleistungspflichten der Parteien bestimmt werden (vgl. OLG Köln, NJOZ 2001, 1611, 1613; Köhler aaO S. 221).

Die Klausel a) enthält auch keine kontrollfreie Preisabrede. Der Anspruch des Kunden auf die vollständige Inanspruchnahme vorausbezahlter Mobilfunkleistungen wird durch die Klausel einer Beschränkung unterworfen, die in das schuldrechtliche Verträge kennzeichnende Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung eingreift. Darin liegt eine Abweichung von Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 BGB (vgl. BGH MMR 2001, 806, 807; Köhler aaO S 221 m. w. N.).

b) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Beteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Im Zweifel ist eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 AGBG anzunehmen, wenn eine Bestimmung in AGB mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Danach ist Klausel a) unwirksam.

aa) Das bürgerliche Recht kennt für Verpflichtungen aus schuldrechtlichen Verträgen im Allgemeinen nur das in den §§ 194 ff. BGB im Einzelnen geregelte Rechtsinstitut der Verjährung, nicht dagegen besondere, von der Frage der Verjährung unabhängige Verfallsregelungen (vgl. BGH MMR 2001, 806, 808). Die Klausel a), die zum endgültigen Verlust des - auch auf Einzahlungen des Kunden beruhenden - Guthabens führt und nicht nur, wie die Einrede der Verjährung (vgl. § 214 Abs. 1 BGB), ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten begründet, enthält daher auch vor dem Hintergrund der Neuregelung des Verjährungsrechts durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, die die Vertragsfreiheit im Verjährungsrecht stärken soll (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 202, Rdn. 8), eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften des bürgerlichen Rechts (vgl. Köhler aaO S. 223; ferner- zur entsprechenden Problematik im österreichischen Recht - Ertl/Gschweitl, MR [Medien und Recht] 2005, 404-406). § 309 Nr. 8 b) ff) BGB ist hier nicht einschlägig; die Vorschrift betrifft die Erleichterung der Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels; diese Vorschrift läuft zudem bei Verträgen gegenüber Verbrauchern als Gegnern des Verwenders weitgehend leer (vgl. Palandt/Heinrichs aaO § 309, Rdn. 74). Eine weitere Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der für schuldrechtliche gegenseitige Verträge geltenden Regeln des bürgerlichen Rechts liegt darin, dass die streitige Klausel a) in das vertragliche Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung (vgl. BGH MMR 2001, 806, 808) eingreift, weil der Kunde vorausbezahlte Leistungen nur im Rahmen der in der Klausel festgelegten zeitlichen Grenzen in Anspruch nehmen kann (vgl. Köhler aaO S. 223 f.).




bb) Es kann hier dahinstehen, ob formularmäßige Verfallsklauseln prinzipiell eine nicht hinnehmbare Verletzung des Äquivalenzprinzips enthalten und eine unangemessene Benachteiligung des Kunden darstellen (vgl. BGH MMR 2001, 806, 808 zu Berechtigungskarten und Gutscheinen sowie BGH NJW 1991, 1745 zu einer Ausschlussfrist in den Teilnahmebedingungen für die Pferdewette „RennQuintett“; ferner Köhler aaO S. 223). In ihrer konkreten Ausgestaltung enthält die Klausel a) im Kontext des Prepaid-Mobilfunkangebots „L.“ bei einer Abwägung der Interessen der Beklagten und ihrer Kunden eine so weitgehende Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften des bürgerlichen Rechts und einen so weitgehenden Eingriff in das vertragliche Äquivalenzverhältnis, dass diese Klausel als unangemessene Benachteiligung der Kunden angesehen werden muss. Bei dem betreffenden Prepaid-Mobilfunkangebot handelt es sich nach der Darstellung der Beklagten - anders etwa als bei dem so genannten „Starter-Tarif“ (vgl. Anlage B 15) - um einen Tarif ohne Grundgebühr und ohne festgelegten Mindestumsatz, dessen kalkulatorische Prämissen die Beklagte wie folgt beschrieben hat:

   „Die Prepaid-Produkte wurden eingeführt, um dem Kunden eine bessere Kostenkontrolle zu ermöglichen. Andererseits bergen sie für den Betreiber das nicht unerhebliche Risiko, dass er laufend die Erreichbarkeit der Rufnummer und die Telefoniermöglichkeit aufrechterhalten muss, obwohl der Kunde gar nicht mit dem Telefon telefoniert, also keinen Umsatz generiert. Wenn es das Geschäftsmodell eines Prepaid-Produkts bei Mobilfunkverträgen geben soll, ist es gerade dem Äquivalenzinteresse entsprechend, wenn der Kunde insofern zumindest einen Mindestumsatz tätigen muss (Berufungsbegründung vom 03.04.2006, S. 3).

Das Produkt ist rechnerisch darauf angelegt, dass der Kunde auch tatsächlich telefoniert, insoweit sind bei einem Prepaid-Produkt die Gesprächsgebühren teurer als bei einem Postpaid-Produkt. Wird der Handyvertrag nicht zum Telefonieren genutzt, gerät das „Geben und Nehmen“ des Vertrags aus dem Gleichgewicht (Berufungsbegründung vom 03.04.2006, S. 11).

Die Beklagte ist bereit ein gewisses Risiko insoweit einzugehen, als der Prepaid-Kunde ohne Mindestumsatz eventuell mehr Kosten verursacht als die Beklagte an diesem Kunden verdient. Die Beklagte will dieses Risiko aber zumindest insoweit minimieren, dass sie ein Minimum an Telefonaktivität verlangt und dazu gehört, dass der Kunde sein Guthaben regelmäßig auflädt, ohne dass er erwarten kann, dass er bei Nichtinanspruchnahme des Gesprächsguthabens dies ausgezahlt erhält. Der Kunde geht demgegenüber das „Risiko“ ein, dass sein Guthaben verfällt, wenn er kein weiteres mehr auflädt. Will er dieses „Risiko“ nicht eingehen, bleibt es ihm unbenommen einen Tarif mit einem Mindestumsatz zu wählen (Schriftsatz vom 08.06.2006, S. 4 f.“

Diese grundsätzlich durchaus nachvollziehbaren Erwägungen der Beklagten zur Kalkulation des Entgelts für die von ihr zu erbringenden Leistungen, insbesondere Gewährleistung der Erreichbarkeit des Anschlusses, der Telefoniermöglichkeit und sonstige Verwaltungsleistungen, sind indes nicht geeignet, die Klausel a) als angemessen zu rechtfertigen. Sie finden in dieser Klausel a), die ausdrücklich von einem „Guthaben“ des Kunden spricht - im vorliegenden Verbandsprozess ist bei der Prüfung der Wirksamkeit der Klausel die kundenfeindlichste Auslegung zu Grunde zu legen (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 65. Aufl., § 1 UKlaG, Rdn. 5 m.N.) - keinen Ausdruck. Der Sache nach bedeutet die Klausel a) die Statuierung einer Mindestumsatzverpflichtung, die allerdings gerade nicht als solche ausgewiesen, sondern verschleiert wird, was dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) insbesondere im Hinblick darauf zuwiderläuft, dass das betreffende Mobilfunkangebot als „Prepaid“-Angebot (vgl. Anlage K 2) ohne Grundgebühr und ohne festgelegten Mindestumsatz beschrieben wird (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 01.12.2000 - 6 U 63/00 = NJOZ 2001, 1611, 1613 ff.; Köhler aaO S. 224). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der österreichische Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 18.08.2004 - 4 Ob 112/04f = MR [Medien und Recht] 2004, 380-381, mit der eine vergleichbare Klausel („Laden Sie Ihr Konto rechtzeitig innerhalb der Gültigkeitsdauer (ein Jahr plus 3 Monate) auf, sonst verlieren Sie Ihre Rufnummer und das restliche Guthaben.“) beurteilt und für nichtig erachtet wurde, eine gröbliche Benachteiligung (im Sinne des § 879 Abs. 3 öst. ABGB) mit der Begründung bejaht hat, dass diejenigen Kunden, die das erworbene Guthaben nicht abtelefonieren, gegenüber denjenigen, die ein entsprechendes Guthaben verbrauchen, benachteiligt werden; Kunden, die ihr Guthaben durch Aktivtelefonate verbrauchen, müssen, wie der österreichische Oberste Gerichtshof (aaO) ausgeführt hat, für typischerweise durch Grundgebühren abgedeckte Leistungen, deren Entgelt in die Aktivgesprächsgebühren eingerechnet wird, nicht im gleichen Ausmaß bezahlen, wie die vom Guthabensverfall betroffenen Kunden (vgl. hierzu auch Ertl/Gschweitl aaO 404). Zutreffend hat das Landgericht außerdem im Rahmen der Abwägung zu Lasten der Beklagten berücksichtigt, dass nach der Klausel Beträge in beliebiger Höhe verfallen. Ergänzend wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil unter Nr. 1 c) der Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Der Umstand, dass derartige Verfallsklauseln bei Prepaid-Mobilfunkverträgen, wie die Beklagte geltend macht, branchenüblich seien, ändert an der Unangemessenheit der Klausel a) nichts (vgl. BGHZ 106, 259, 267). Zu einer von Verwenderseite und von Verbraucherseite als maßgeblich und angemessen angesehenen Verkehrssitte sind Klauseln dieser Art nicht erstarkt; die Klägerin hat im Termin vom 22.06.2006 unwidersprochen ausgeführt, dass sie den vorliegenden Prozess aufgrund Verbraucherbeschwerden wegen verfallener Guthaben begonnen hat.

cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist diese durch den Tenor des angefochtenen Urteils nicht zur Auszahlung von Guthaben verurteilt worden. Der erstinstanzliche Antrag der Klägerin, dem das Landgericht unter Berücksichtigung von § 9 UKlaG stattgegeben hat, entspricht § 8 Abs. 1 UKlaG. Ausgeurteilt worden ist vom Landgericht ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der beanstandeten oder inhaltsgleicher Allgemeiner Geschäftsbedingungen sowie auf Unterlassung der Berufung auf diese Klauseln.

3. Zu Recht ist das Landgericht ferner zu dem Ergebnis gelangt, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene Klausel b) („Mit Beendigung des Vertrags verfällt ein etwaiges Restguthaben auf dem Guthabenkonto, es sei denn, O. hat den Vertrag aus nicht vom Kunden zu vertretenden Gründen gekündigt, oder der Kunde hat den Vertrag aus von O. zu vertretenden Gründen gekündigt.“) gemäß § 307 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist (im Ergebnis ebenso OLG Köln NJOZ 2001, 1611, 1613 f. bezüglich der Klausel „Im Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses auf dem Guthabenkonto bestehende Guthaben verfallen, es sei denn, die Beendigung des Vertragsverhältnisses erfolgt durch T-Mobil aus nicht vom Kunden zu vertretenden Gründen, durch den Kunden aufgrund eines von T-Mobil zu vertretenden Umstandes oder durch den Kunden gem. Ziff. 13.2 dieser Bedingungen.“). Auf die vorstehenden Ausführungen unter II. 2. wird zunächst Bezug genommen. Im Übrigen hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass durch die Klausel b) die ordentliche Kündigung seitens des Kunden erschwert wird. Der Vertrag ist nach Nr. 9.1 Satz 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Anlage K 2) mit einer Frist von einem Monat zum Ende des Kalendermonats ordentlich kündbar. Soweit die Beklagte geltend macht, eine Kündigung erfolge in der Praxis nur in Ausnahmefällen, hat dieser Gesichtspunkt bei der vom Einzelfall losgelösten abstrakten Wirksamkeitsprüfung im vorliegenden Verbandsprozess außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH NJW 1994, 2693, 2694).



Außerdem läuft die Klausel b) auch § 308 Nr. 7 BGB, auf den sich die Klägerin in der Berufungserwiderung vom 10.05.2006, S. 9 f. berufen hat, zuwider, weil sie im Hinblick darauf, dass der Verfall von Guthaben in beliebiger Höhe bei auch nur kurzer Laufzeit des Vertrags vorgesehen wird, jedenfalls in bestimmten Fällen eine unangemessen hohe Vergütung für erbrachte Leistungen bzw. einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen vorsieht. Zwar darf der Verwender für derartige Kündigungsfälle pauschalieren; er muss sich aber an den Vorgaben der gesetzlichen Anspruchsgrundlagen orientieren (vgl. Palandt/Heinrichs aaO § 308, Rdn. 37). Mangels jeglicher Obergrenze des dem Verfall unterliegenden Guthabens bei auch nur kurzer Vertragslaufzeit sieht die Klausel in bestimmten Fällen eine unangemessen hohe Vergütung für erbrachte Leistungen bzw. einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen vor.

4. Zu Recht ist das Landgericht schließlich auch zu dem Ergebnis gelangt, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltene Klausel c) („Für die Sperre wird ein Entgelt erhoben, dass sich aus der jeweils aktuellen Preisliste ergibt.“) unwirksam ist. Bei der Klausel c) handelt es sich, was die Beklagte auch nicht in Abrede stellt, um eine kontrollfähige Preisnebenabrede (vgl. Köhler aaO S. 208). Soweit die Beklagte geltend macht, dass es sich bei dem betreffenden Entgelt nicht um eine Schadenspauschalierung, sondern um eine Gebühr handele, verhilft dies der Berufung nicht zum Erfolg. Im Rahmen des § 308 Nr. 7 BGB ist § 309 Nr. 5 b) BGB analog anwendbar (vgl. Palandt/Heinrichs aaO § 308, Rdn. 38). Auch bei Einordnung des betreffenden Entgelts als Nichtschadensersatz muss ausdrücklich der Nachweis gestattet werden, dass der im konkreten Fall angemessene Betrag wesentlich niedriger ist als der pauschalierte Betrag, wie er sich aus der Preisliste ergibt (vgl. Palandt/Heinrichs aaO § 308, Rdn. 38, Lindacher, ZIP 2002, 49, 51 zu Deaktivierungsgebühren). Dem genügt die Klausel c) nicht.

...

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache insbesondere im Hinblick auf das richtungsweisende Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.06.2001 (BGHZ 148, 74 = MMR 2001, 806), das eine den hier streitgegenständlichen Verfallsklauseln ähnliche Klausel zum Gegenstand hat, keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) hat und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. ..."

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